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Entscheidung VG 5 K 1300/20.A


Metadaten

Gericht VG Cottbus 5. Kammer Entscheidungsdatum 14.11.2023
Aktenzeichen VG 5 K 1300/20.A ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2023:1114.5K1300.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2020 wird aufgehoben, soweit der Asylantrag als offensichtlich unbegründet und nicht lediglich unbegründet abgelehnt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die kenianische Klägerin stellte in Deutschland einen Asylantrag. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an, dass sie Wahlhelferin gewesen und von oppositionellen Kräften geschlagen und bedroht worden sei.

Gemäß § 77 Abs. 3 AsylG sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes ab und verweist auf die Feststellungen in dem Bescheid vom 1. Juli 2020, mit dem die Beklagte den Antrag als offensichtlich unbegründet ablehnte.

Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Juli 2020 die Beklagte zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass ihre Abschiebung nach Kenia gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG verboten ist.

Die Beklagte bittet um Klageabweisung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Es steht schon nicht das von der Klägerin geltend gemachte Vorfluchtschicksal zur erforderlichen Überzeugungsgewissheit des Gerichts fest, während ansonsten Anknüpfungspunkte für eine Schutzzuerkennung fehlen.

Das Vorbringen der Klägerin ist nicht glaubhaft. Sie trägt zum Kerngeschehen widersprüchlich bzw. ungereimt vor.

In der Bundesamtsanhörung gab die Klägerin an, dass sie im Zuge der kenianischen Wahlen im Jahr 2017 als Wahlhelferin eines Kandidaten der Jubilee-Partei bei der Herstellung eines Videos mitgewirkt habe bzw. anwesend gewesen sei, mit welchem Manipulationen bei der Stimmauszählung zu Gunsten des oppositionellen Mitkonkurrenten dokumentiert worden seien. Dem Vorhalt der Beklagten im angefochtenen Bescheid, dass die Parlamentswahl zu einem Zeitpunkt stattgefunden habe, als sie bereits in Deutschland gewesen sei, hielt die Klägerin im Eilrechtsschutzverfahren entgegen, dass sich ihr ihr Vortrag nicht auf die Parlamentswahl selbst, sondern vorgängige Wahlen zum Nominierungsverfahren bezogen habe. Dies überzeugt nicht. Denn an dem Nominierungsverfahren, mit dem jenseits vernünftiger Zweifel das parteiinterne Auswahlverfahren der Jubilee-Partei zur Bestimmung eines Kandidaten für die Parlamentswahl gemeint ist, konnte nicht die „Nasa“-Partei bzw. „Cord-Koalition“ beteiligt sein, die es nach den weiteren Angaben der Klägerin aber gerade war, die die Stimmauszählung manipuliert hat. „Nasa“-Partei bzw. „Cord-Koalition“ kamen als Wahlgegner vielmehr erst bei der Parlamentswahl selbst ins Spiel. Konkurrent im parteiinternen Auswahlverfahren war nach den in der mündlichen Verhandlung erörterten Erkenntnissen (Wikipedia – Stichwort „Jaguar (Musiker)“ - sowie etwa den Zeitungen „The Nation“ vom 3. Mai 2017 und „Capital News“ vom 4. Mai 2017) vielmehr der damalige Jubilee-Abgeordnete Maina Kamanda, gegen den sich der Kandidat der Klägerin (Kanyi alias „Jaguar“) letztlich durchgesetzt hat. Vieles deutet darauf hin, dass sich die Klägerin die Medienberichterstattung, die es seinerzeit in Zusammenhang mit einer Wahlmanipulation bei dem parteiinternen Nominierungsverfahren der Jubilee-Partei gab, zur Strickung einer eigenen Verfolgungslegende zu eigen gemacht, dann aber mit den folgenden Parlamentswahlen vermengt hat.

Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Politiker Boniface von der ODM-Partei als denjenigen Akteur bezeichnet hat, der die Stimmauszählung manipuliert haben soll. Abgesehen davon, dass dies in Widerspruch zu der früheren Angabe steht, dass „Nasa“- Partei bzw. „Cord-Koalition“ die Wahl manipuliert hätten, war der Politiker Boniface von der ODM – Partei aber auch nicht Beteiligter an dem parteiinternen Nominierungsverfahren der Jubilee-Partei. Vielmehr ist der Politiker Boniface erst bei der Parlamentswahl selbst gegen den von der Klägerin unterstützten Kandidaten angetreten (Wikipedia, a.a.O.).

Gänzlich verwirrend und widersprüchlich wird das Vorbringen der Klägerin, wenn man ihre weiteren Aussagen in der mündlichen Verhandlung ins Auge fasst. Dort erklärte die Klägerin einerseits, dass der von ihr unterstützte Jubilee-Kandidat bereits (gewähltes) Parlamentsmitglied gewesen sei, als sie Kenia verlassen habe - was wiederum nicht in Einklang mit ihrer Behauptung steht, dass sich die fluchtauslösenden Ereignisse im Zuge bereits des vorgängigen Nominierungsverfahren abgespielt hätten -, um kurz darauf letztlich das genaue Gegenteil zu behaupten und zu bekunden, dass sie schon in Deutschland gewesen sei, als die Parlamentswahlen abgehalten wurden.

Zudem blieb die Klägerin auch eine Erklärung für die Steigerung ihres Vortrags in der mündlichen Verhandlung schuldig, nämlich dass sie verhaftet worden sei; beim Bundesamt war lediglich von Gewaltübergriffen und Bedrohungen durch den politischen Gegner die Rede. Vielmehr zog sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf zurück, dass sie sich nicht gerne an die damaligen Geschehnisse erinnere und verwirrt sei.

Im Übrigen nimmt das Gericht wegen der Begründung Bezug auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.

Aufzuheben ist allerdings das Verdikt der offensichtlichen Unbegründetheit, dessen strenge Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 155 Abs. 1 Satz 4 VwGO sowie § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.