Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 22.11.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 3 S 103/23 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:1122.OVG3S103.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 Abs 6 SchulG BE, § 23 Abs 9 Nr 1 GymOV BE |
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde tragen die Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, das den Umfang der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht bestimmt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Änderung der angegriffenen Entscheidung, mit der das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsteller abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die Änderung der Wahl eines Leistungskurses der Antragstellerin zu 1 vorläufig für zulässig zu erklären.
Die Beschwerde stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Antragsteller hätten den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, nicht erfolgreich in Frage.
Die Antragstellerin zu 1 besucht als Schülerin der Jahrgangsstufe 11 das erste Kurshalbjahr der Qualifikationsphase. Zwischen den Beteiligten steht die von ihr am 5. September 2023 erklärte Änderung der Wahl des Leistungskurses von Geografie zu Kunst im Streit. Nach § 23 Abs. 9 Nr. 1 der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (VO-GO) ist eine Änderung der Wahl der als erstes und zweites Prüfungsfach gewählten Leistungskursfächer (vgl. § 23 Abs. 1 VO-GO) während des Besuchs der Qualifikationsphase bis zu einem von der Schule festgelegten – hier eingehaltenen – Termin am Beginn des ersten Kurshalbjahres im Rahmen der organisatorischen Möglichkeiten der Schule zulässig. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Schule im Hinblick auf die ihr nach § 4 Abs. 6 SchulG zugewiesene Aufgabe, den Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen, und das ihr danach eingeräumte Recht, den Unterricht sowie die außerunterrichtliche und ergänzende Förderung und deren zweckmäßige Organisation selbständig und eigenverantwortlich zu gestalten, ein weites schulorganisatorisches Ermessen zusteht. Der Sache nach hat das Verwaltungsgericht weiter zugrunde gelegt, dass die Schule durch die in pflichtgemäßer Ausübung dieses Ermessens getroffenen schulorganisatorischen Entscheidungen den Rahmen bestimmt, innerhalb dessen die Wahl der Leistungskurse gemäß § 23 Abs. 9 Nr. 1 VO-GO noch zu Beginn der Qualifikationsphase geändert werden kann. Die Beschwerde stellt diesen rechtlichen Ansatz nicht grundsätzlich infrage und beanstandet auch die von der Schule zugrunde gelegte schulorganisatorische Vorgabe nicht, durch eine am Beginn der Qualifikationsphase vorgenommene Änderung der Leistungskursfächer sollten keine Leistungskurse mit weniger als 8 und mehr als 18 Schülerinnen und Schülern entstehen, weil an der zu diesem Zeitpunkt regelmäßig bereits abgeschlossenen Einrichtung der Kurse und der damit zusammenhängenden Einsatzplanung der Lehrkräfte nichts mehr geändert werden solle.
Soweit die Beschwerde den von der Schule in einem Fall zugelassenen Wechsel einer Schülerin oder eines Schülers von Geschichte zu Kunst als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) beanstandet und geltend macht, der Wechsel könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass in dem Leistungskurs Geschichte 18 Schülerinnen und Schüler gewesen seien, da damit die Höchstgrenze der Kapazität noch nicht überschritten gewesen sei, berücksichtigt dies nicht alle von der Schule zugrunde gelegten schulorganisatorischen Vorgaben. Die Schule hat den ablehnenden Bescheid vom 13. September 2023 u.a. darauf gestützt, dass aus schulorganisatorischen Gründen der Wechsel des Leistungskurses nur von einem Kurs mit einer höheren Anzahl an Schülerinnen und Schülern in einen Kurs mit weniger Schülerinnen und Schülern stattfinden könne. Der Antragsgegner hat erstinstanzlich vorgetragen, ein Wechselwunsch dürfe nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr seien die Auswirkungen des Wechselwunsches auf die bereits eingerichteten Kurse zu berücksichtigen. Nach der mit der erstinstanzlichen Antragserwiderung vorgelegten Stellungnahme des Schulleiters liege den von der Schule zugrunde gelegten Rahmenbedingungen für schulorganisatorische Möglichkeiten zur Kursumwahl der Grundsatz der Gleichbehandlung zugrunde (Gleichbehandlung von Schülerinnen und Schülern sowie eine vergleichbare Belastung der Lehrkräfte). Unter Berücksichtigung dieser schulorganisatorischen Vorgaben und Ziele ist es voraussichtlich nicht als gleichheitswidrig oder sonst ermessensfehlerhaft zu beanstanden, dass die Schule zwar in einem Fall den Wechsel von Geschichte zu Kunst als zulässig angesehen, den weiteren Wechselwünschen zum Leistungskursfach Kunst dagegen nicht entsprochen hat, denn mit dem einen Wechsel aus dem Geschichtskurs trat kein zusätzliches Ungleichgewicht in der Stärke der Leistungskurse ein. Zwar stieg damit die Belegung eines Kunst-Leistungskurses von 16 auf 17. Dem stand aber die Absenkung der Belegung des Geschichtskurses von 18 auf 17 gegenüber. Hingegen hätte die Zulassung der weiteren Wechselwünsche die schon zuvor ungleichmäßige Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die eingerichteten Leistungskurse weiter verstärkt. Nach der von der Schule vorgelegten Übersicht wollten außer der Schülerin oder dem Schüler aus dem Leistungskurs Geschichte drei Schülerinnen und Schüler (darunter die Antragstellerin zu 1) aus dem mit 12 Personen belegten Leistungskurs Geografie zum Leistungskursfach Kunst wechseln, daneben eine Schülerin oder ein Schüler aus dem mit 13 Personen belegten Leistungskurs „Inf“ und eine Schülerin oder ein Schüler aus dem mit 8 Personen belegten Leistungskurs „Ch“. Hierdurch wäre die ohnehin bereits erheblich unter der von der Schule vorausgesetzten durchschnittlichen Kursstärke von 16 Schülerinnen und Schülern liegende Belegung in den abgewählten Leistungskursen weiter verringert und in einem Fall sogar die minimale Kursstärke von 8 unterschritten worden. Auf der anderen Seite wäre die Belegung der Kunst-Leistungskurse auf bis zu 19 gestiegen. Mit der Entscheidung, eine derart ungleiche Belegung der Leistungskurse als Folge der nachträglichen Änderung der Kurswahl im Interesse einer gleichmäßigen Betreuung aller Schülerinnen und Schüler sowie einer weitgehend gleichmäßigen Belastung der Lehrkräfte auszuschließen, überschreitet die Schule nicht den ihr zustehenden schulorganisatorischen Ermessensspielraum. Die Schule ist nicht gehalten, eine Änderung der Leistungskursfächer stets bis zur Ausschöpfung der von ihr für die Notwendigkeit einer Kursteilung und Einrichtung eines zusätzlichen Leistungskurses zugrunde gelegten Obergrenze einer Belegung von 18 Schülerinnen und Schülern zuzulassen, sondern darf die schulorganisatorische Vorgabe machen, dass durch eine erst am Beginn der Kursphase erklärte Änderung eines Leistungskursfachs ein bereits deutlich unterfrequent belegter Kurse nicht noch weniger stark frequentiert wird und gleichzeitig ein schon überdurchschnittlich stark belegter Kurs noch weitere Schülerinnen und Schüler aufnehmen muss. Dies war offenbar der Sinn der in dem Ablehnungsbescheid erwähnten Regel, dass aus schulorganisatorischen Gründen der Wechsel des Leistungskurses nur von einem Kurs mit einer höheren Anzahl an Schülerinnen und Schülern in einen Kurs mit weniger Schülerinnen und Schülern stattfinden könne.
Ohne überzeugende Gründe macht die Beschwerde weiter geltend, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Kurswahländerung aus schulorganisatorischen Gründen nicht der Zeitpunkt der Behördenentscheidung maßgeblich, sondern es komme darauf an, wie viele Änderungswünsche zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch aktuell (gewesen) seien und welche Teilnehmerzahl sich sodann in den Kursen Kunst und Geografie errechneten. Vor dem Hintergrund, dass die Leistungskurse im ersten und zweiten Prüfungsfach nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 VO-GO vollständig in die Gesamtqualifikation eingebracht werden müssen, befristet § 23 Abs. 9 Nr. 1 VO-GO die Möglichkeit einer Änderung auf einen von der Schule festgelegten Termin am Beginn des ersten Kurshalbjahres der Qualifikationsphase. Daraus lässt sich ableiten, dass die Wahl dieser Kurse nach Ablauf dieser Frist verbindlich feststehen soll. Dies schließt es aber aus, für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Kurswahländerung auf später eintretende Umstände, wie namentlich darauf abzustellen, ob die betroffenen Schülerinnen und Schüler ihren Änderungswunsch im Wege eines Rechtsmittels weiter verfolgen oder nicht. Entgegen der Beschwerde musste das Verwaltungsgericht auch nicht aufklären, welche der abgegebenen Änderungsanträge im Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung noch aktuell waren und ob die betroffenen Kurse in ihrer Durchführung gefährdet waren, denn wie ausgeführt kommt es auf die Sachlage am Ende der von der Schule bestimmten Frist für eine Änderung der Kurswahl an. Es bestand kein Anhaltspunkt dafür, dass einer der zuvor erklärten Wechselwünsche zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aufrecht erhalten werden sollte. Ebenso wenig kam es aus den oben ausgeführten Gründen allein darauf an, ob infolge eines Wechselwunsches ein Leistungskurs in seiner Durchführung gefährdet war.
Die Beschwerde legt auch nicht erfolgreich dar, dass die Schule die individuellen Interessen der Antragstellerin zu 1 nicht ausreichend berücksichtigt hat oder die Ablehnung sie unverhältnismäßig beeinträchtigt. Soweit die Beschwerde bemängelt, die Ermessensentscheidung hätte die Erschwernisse wie die zusätzlichen Wegeanstrengungen berücksichtigen müssen, die sich daraus ergeben, dass der Leistungskurs Geografie nicht an der Stammschule der Antragstellerin zu 1 sondern an einer kooperierenden anderen Schule (vgl. § 2 Abs. 4 VO-GO) unterrichtet wird, widerspricht sie der Annahme des Verwaltungsgerichts, alles spreche dafür, dass die Antragstellerin zu 1 im Vorfeld der ursprünglichen Leistungskurswahl ausreichend Gelegenheit gehabt habe, sich über die relevanten Umstände zu informieren, nicht grundsätzlich, sondern macht nur noch geltend, die vollständigen Umstände, etwa der konkrete Stundenplan oder die Pausenzeiten, seien damals noch nicht bekannt gewesen. Dass wegen der Wege zwischen den beiden Schulen mit unzumutbaren Belastungen zu rechnen ist, legt die Beschwerde, die sich nicht zu den hierauf bezogenen erstinstanzlichen Ausführungen in der Stellungnahme des Schulleiters verhält, jedoch nicht dar.
Generell ist für die Gewichtung der betroffenen Interessen der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen, dass diese das ihnen zustehende Wahlrecht bei der Kurswahl (vgl. § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 2 VO-GO) bereits im Rahmen der ursprünglichen Kurswahl ausüben konnten, die hier schon im zweiten Halbjahr der Jahrgangsstufe 10 stattgefunden hat. Die grundlegende Kurswahl muss aus schulorganisatorischen Gründen bereits rechtzeitig vor dem Beginn der Qualifikationsphase erfolgen, um der Schule die notwendige komplexe Planung zu ermöglichen, die ggf. mit kooperierenden Schulen abgestimmt werden muss und in die räumlich-personelle Gesamtplanung der Schule eingebunden ist. Am Beginn des ersten Kurshalbjahrs müssen die wesentlichen organisatorischen Festlegungen bereits getroffen sein, so dass regelmäßig keine weitgehenden Änderungen mehr zugelassen werden können. Die auf schulorganisatorische Gründe gestützte Versagung einer Änderung der Leistungskurse wird zu diesem Zeitpunkt allenfalls wegen besonders gewichtiger Gründe in der Person der Schülerin oder des Schülers als unverhältnismäßig angesehen werden können. Einen solchen Ausnahmefall zeigt die Beschwerde nicht auf.
Eine andere Entscheidung ist auch nicht wegen der Leistungsunterschiede der Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geografie geboten, von denen die Beschwerde ausgeht, weil die von der kooperierenden Schule kommenden Schülerinnen und Schüler dort in der Sekundarstufe I einen umfangreicheren (ganzjährigen) Geografieunterricht erhalten haben. Dass die Antragstellerin zu 1 deshalb unzumutbare Nachteile zu erwarten hat, macht die Beschwerde nicht glaubhaft. Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der Äußerung des Schulleiters zugrunde gelegt, dass die Fachbereiche beider Schulen den Sachverhalt unterschiedlicher Stundentafeln in der Sekundarstufe I eingehend besprochen hätten und deshalb in fachlicher Hinsicht keinen Nachteil für die Schülerinnen und Schüler der Stammschule der Antragstellerin zu 1 erwarteten. An dieser pädagogischen Einschätzung zeigt die Beschwerde keinen gerichtlich zu beanstandenden Fehler auf.
Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde schließlich, soweit sie am Ende die Frage aufwirft, ob es bei freien Kapazitäten statthaft sei, einen Änderungswunsch zu versagen. Wie bereits ausgeführt, war die Schule im Rahmen des ihr zustehenden schulorganisatorischen Ermessens nicht verpflichtet, eine Änderung der Kurswahl bis zu der bei der Einrichtung der Leistungskurse zugrunde gelegten Belegungsobergrenze zuzulassen. Daraus ergibt sich zugleich, dass die Schule nicht zu einer Verlosung vermeintlich noch freier Plätze verpflichtet war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).