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Klageart bei Streit um Eintritt einer Genehmigungsfiktion - Verhältnis von Verpflichtungsklage, gerichtet auf Erteilung einer Baugenehmigung, und einer Feststellungsklage, gerichtet auf Vorliegen der Genehmigungsfiktion - Umfang der Tatbestandswirkung eines lediglich den Ausgangsbescheid aufhebenden Widerspruchsbescheids in einer Verpflichtungskonstellation - Ernstliche Richtigkeitszweifel (verneint) - Verfahrensmangel (verneint) - Anforderungen an das Vorliegen einer „aktenwidrigen Feststellung“ - Grundsätzliche Bedeutung (verneint)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 30.11.2023
Aktenzeichen OVG 10 N 61/20 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:1130.OVG10N61.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 69 Abs 4 S 3 BauO BE, § 69 Abs 3 BauO BE, § 42 Abs 1 Alt 2 VwGO, § 43 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. Juli 2020 wird abgelehnt.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Umnutzung eines ehemaligen Stellplatzes der BVG in einen Lagerplatz auf dem Grundstück R...R... in Berlin (Flurstücke , , , Flur der Gemarkung Q...). Gegen die Ablehnung ihres Bauantrags vom 6. Juli 2018 mit Bescheid vom 27. August 2018 durch das Bezirksamt Lichtenberg wandte sich die Klägerin im Wege des Widerspruchs und hat am 13. August 2019 Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben. Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen dem Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 15. August 2019 stattgegeben, den Bescheid vom 27. August 2018 aufgehoben und anschließend den Antrag an das Bezirksamt Lichtenberg zurückgegeben. Die weiterhin fortgeführte Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

II.

Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung, der auf die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, hierzu unter 1.), einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, hierzu unter 2.), und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, hierzu unter 3.), gestützt wird, hat in der Sache keinen Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

1. Mit ihrem Zulassungsvorbringen zeigt die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht auf.

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris Rn. 17 m.w.N.) und nicht nur die Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, juris Rn. 9). Daran fehlt es hier.

a. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei deswegen zu beanstanden, weil es unzutreffend angenommen habe, dass die Genehmigungsfiktion des § 69 Abs. 4 Satz 3 BauO Bln i.V.m. § 69 Abs. 3 BauO Bln nicht eingetreten sei.

Sie führt aus, nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2019 sei die Monatsfrist nach § 69 Abs. 4 „Satz 4“ BauO Bln (gemeint ist wohl § 69 Abs. 4 Satz 3 BauO Bln) i.V.m. § 69 Abs. 3 BauO Bln neu in Gang gesetzt worden. Die Nachforderung vom 17. September 2019 sei unberechtigt und wegen der Fiktion nach § 69 Abs. 4 Satz 2 BauO Bln unbeachtlich. Der Widerspruchsbescheid stelle eine planungsrechtliche Stellungnahme i.S.d. § 69 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BauO Bln dar, dessen verbindliche Feststellungen es dem Bezirksamt verwehrten, Nachforderungen zu stellen. Demnach hätte das Verwaltungsgericht richtigerweise feststellen müssen, dass die Genehmigung seit dem 30. September 2019 als erteilt gelte und die Klage im Übrigen abweisen müssen.

Das greift nicht durch. Für die Beantwortung der Frage, ob ernsthafte Zweifel bestehen, ist auf den Tenor abzustellen, nämlich darauf, ob die Entscheidung im Ergebnis richtig oder unrichtig ist. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht, die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des Berufungsverfahrens und damit für das Ergebnis des Prozesses mit Sicherheit bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, juris Rn. 7 ff.; OVG Berlin, Beschluss vom 5. März 1998 - OVG 8 M 9.98 -, juris Rn. 2; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 9. Oktober 2018 - 2 A 263/18 -, juris Rn. 5).

So liegt es hier: Wenn – wie die Klägerin einwendet – die von ihr begehrte Baugenehmigung aufgrund des Eintritts der Genehmigungsfiktion gemäß § 69 Abs. 4 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 BauO Bln als erteilt gelten würde, hätte dies zur Folge, dass ihre ausdrücklich auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, unzulässig wäre. Damit zeigt das Zulassungsvorbringen keine Unrichtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Ergebnis auf.

Steht zwischen einem Bauherrn und der Bauaufsichtsbehörde der Eintritt einer Genehmigungsfiktion in Streit, so ist das Begehren entweder im Wege der Feststellungsklage, § 43 VwGO, zu verfolgen (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 20. Dezember 2006 - 9 UE 1572/06 -, juris Rn. 35; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Februar 2020 - 1 LB 1/17 -, juris Rn. 27; zu § 22 Abs. 5 BauGB VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 1. März 2011 - 7 K 1008/08 -, juris Rn. 38 ff.; zu § 42a VwVfG und § 65 Abs. 5 Satz 3 LBauO VG Neustadt (Weinstraße) - Urteil vom 24. September 2012 - 4 K 398/12.NW -, juris Rn. 19 ff.) oder es ist – soweit die entsprechenden Vorschriften dies vorsehen – eine Verpflichtungsklage zu erheben, die auf die Erteilung einer Bescheinigung über den Eintritt der Genehmigungsfiktion gerichtet ist (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 12. Februar 2009 - 2 A 256/08 -, juris Rn. 27; Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 9. Dezember 2019 - 8 A 26/16 -, juris Rn. 21). Ob in der vorliegenden Konstellation eine Feststellungs- oder eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Fiktionsbescheinigung gem. § 69 Abs. 4 Satz 5 BauO Bln statthaft wäre (siehe zum Meinungsstand nur Baer, Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 3. EL August 2022, VwVfG § 42a Rn. 60; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 42a Rn. 96 f.), kann dahinstehen. Keiner der vorgenannten Anträge ist hier gestellt worden: Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2020 durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin formulierten Klageantrags beschränkt sich dieser auf eine Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, obwohl die Beteiligten zuvor schriftsätzlich den Eintritt der Genehmigungsfiktion thematisiert hatten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei einer auf das Vorliegen einer Genehmigungsfiktion gerichteten Feststellungsklage auch nicht um ein Minus im Verhältnis zu einer Verpflichtungsklage, die auf Erteilung der Baugenehmigung selbst gerichtet ist. Vielmehr stellte die Feststellungsklage insoweit ein aliud dar, was sich bereits mit Blick auf den unterschiedlichen Prüfungsumfang- und -inhalt ergibt. So umfasst die Prüfung, ob eine Genehmigungsfiktion eingetreten ist, allein das Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 Abs. 4 Satz 3, Abs. 3 BauO Bln, wohingegen die gerichtliche Prüfung einer auf die Erteilung der Baugenehmigung in der Sache gerichtete Verpflichtungsklage diese nicht in den Blick zu nehmen hat, sondern sämtliche in dem entsprechenden Verfahren zu prüfenden materiell-rechtlichen Voraussetzungen einschließlich der bauordnungs- und -planungsrechtlichen Anforderungen miteinschließt. Dementsprechend stehen die auf das Vorliegen einer Genehmigungsfiktion gerichtete Feststellungsklage und die Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung vielmehr im Verhältnis von Haupt- zu (eigentlichem) Hilfsantrag (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Februar 2020, a.a.O., Rn. 15 ff., 26, 58; Baer, a.a.O.; zu den Begriffen Buchheister, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 44. EL März 2023, VwGO § 44 Rn. 3). An einem solchen Hauptantrag fehlt es hier indes.

Unter Berücksichtigung dessen ist festzustellen, dass, wenn die Genehmigungsfiktion gemäß § 64 Abs. 4 Satz 3, Abs. 3 BauO Bln tatsächlich eingetreten wäre, die hier ausschließlich erhobene Verpflichtungsklage unzulässig sein würde, was auch das Verwaltungsgericht zu Recht zugrunde gelegt hat. Auch einer fingierten Baugenehmigung kommt die gleiche Wirkung zu wie einer ausdrücklich erteilten, denn es handelt sich um einen Verwaltungsakt kraft gesetzlicher Fiktion. Dementsprechend besteht ein darüberhinausgehender Anspruch auf Erteilung der bereits als erteilt geltenden Baugenehmigung nicht, wobei dahinstehen kann, ob für eine entsprechende Verpflichtungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde oder ob sie bereits unstatthaft wäre.

b. Soweit die Klägerin ferner geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht auf die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens abgestellt, weil es die Bindungswirkung des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2019 nicht hinreichend beachtet habe, rechtfertigt das Vorbringen nicht die Zulassung der Berufung.

Die Klägerin wendet ein, durch den Widerspruchsbescheid sei die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens auch für das Verwaltungsgericht verbindlich festgestellt worden. Im Umfang seiner materiellen Bestandskraft komme dem Bescheid eine Tatbestandswirkung zu, die auch von den Gerichten zugrunde zu legen sei. Hier habe der Widerspruchsbescheid das Planungsrecht abschließend behandelt, indem dargelegt worden sei, dass sich das Vorhaben in die nähere Umgebung einfüge. Das Erfordernis des Einfügens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB schließe das Rücksichtnahmegebot mit ein. Andere entscheidungstragende Gründe habe das Verwaltungsgericht nicht benannt.

Hiermit vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Entgegen ihrer Auffassung kommt dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 2019 keine Wirkung dergestalt zu, dass das Verwaltungsgericht Berlin an die bauplanungsrechtliche Einschätzung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gebunden wäre. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass bestandskräftigen Verwaltungsakten grundsätzlich eine sog. Tatbestandswirkung zukommen kann, was bedeutet, dass Behörden und Gerichte an die getroffenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Feststellungen gebunden sind (vgl. nur Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 121 Rn. 17; Goldhammer, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 3. EL August 2022, VwVfG § 43, Rn. 75, jeweils m.w.N.). Diese Wirkung und deren inhaltliche Reichweite wird indes durch den Regelungsgehalt bestimmt, den sich die behördliche Entscheidung nach dem objektiven Empfängerhorizont beimisst. Dabei ist maßgeblich auf den Tenor der Verwaltungsentscheidung abzustellen, ergänzend kann die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Wegen des in § 37 Abs. 1 VwVfG verankerten Bestimmtheitsgebots verbietet es sich, in einen Verwaltungsakt verbindliche „Zwischenentscheidungen“ hineinzulesen, die dort nicht hinreichend klar zum Ausdruck kommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 3 C 6.13 -, juris Rn. 18).

Dies zugrunde gelegt ist festzustellen, dass sich die Tatbestandswirkung des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2019 ausweislich seines hier allein relevanten Tenors zu 1. darauf beschränkt, dem Widerspruch der Klägerin stattzugeben, indem der Ablehnungsbescheid vom 27. August 2018 aufgehoben wird. Aus der weiteren Begründung ergibt sich lediglich, dass im vorliegenden Fall eine Zurückverweisung an die Ausgangsbehörde erfolgt. Soweit die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ferner am Ende der Begründung des Widerspruchsbescheids ausführt

„Ich werde das Bauaufsichtsamt Lichtenberg verpflichten, vorbehaltlich der abschließenden Prüfung, die Baugenehmigung zu erteilen, sofern nicht andere Versagungsgründe, die hier nicht geprüft wurden, dem entgegen stehen“,

handelt es sich um die Ankündigung einer noch gegenüber der Ausgangsbehörde zu ergehenden verwaltungsinternen Verpflichtung, die jedoch nicht Gegenstand des Widerspruchsbescheids selbst geworden ist. Neben dem insoweit eindeutigen Tenor des Widerspruchsbescheids und der Formulierung dieser Passage spricht dafür insbesondere auch, dass die Senatsverwaltung in einem separaten, allein an das Bezirksamt Lichtenberg gerichteten Anschreiben vom 21. August 2019 eine solche Verpflichtung ausgesprochen hat. Diese Verpflichtung ist jedoch nicht Teil des Widerspruchsbescheids selbst und kann somit nicht an dessen Tatbestandswirkung teilhaben. Infolge dessen liegt in dieser Konstellation nicht einmal ein sog. Bescheidungswiderspruchsbescheid vor (vgl. zur Bindungswirkung eines solchen BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.07 -, juris Rn. 12 ff.). Eine wie hier erfolgte Aufhebung und Zurückverweisung eröffnet einer Ausgangsbehörde grundsätzlich eine erneute Entscheidungsfreiheit, bei der sie an die Entscheidung der Widerspruchsbehörde nur insoweit gebunden ist, als dass sie die zur Aufhebung der früheren Entscheidung führende rechtliche Beurteilung nicht außer Acht zu lassen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1960 - III C 210.58 -, BVerwGE 10, 183 f.). Ist folglich durch den Widerspruchsbescheid selbst die Ausgangsbehörde nur eingeschränkt gebunden, findet in einer Verpflichtungssituation wie der hier vorliegenden erst recht keine Bindung des Verwaltungsgerichts an die der Aufhebung der Ausgangsbescheidung zugrunde liegenden bauplanungsrechtlichen Erwägungen der Widerspruchsbehörde statt. Aus dem Schreiben vom 21. August 2019 folgt nichts Gegenteiliges, da es sich um einen nicht der Bestandskraft fähigen rein verwaltungsinternen Vorgang handelt.

c. Soweit die Klägerin sich ferner gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, ihr Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, mangelt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den insoweit entscheidungstragenden Erwägungen.

Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob die maßgebliche nähere Umgebung dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets entspreche, § 4 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB, oder eine Gemengelage vorliege, die eine Beurteilung allein auf Basis des § 34 Abs. 1 BauGB erfordere, da in beiden Fällen die klägerseits begehrte Nutzung unzulässig sei. Darauf aufbauend prüft das Verwaltungsgericht alternativ die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens sowohl unter der Annahme eines faktischen Baugebietes als auch nach den Maßgaben des § 34 Abs. 1 BauGB. Soweit das Zulassungsvorbringen demgegenüber pauschal einwendet, das Verwaltungsgericht habe, da es die Frage der Gebietszuordnung offen gelassen habe, den Rahmen, nach dem sich die Zulässigkeit ihres Vorhabens richte, „nicht aufgespannt“, zeigt es nicht auf, weswegen aus diesem Grund die rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu beanstanden sein sollten.

Auch soweit die Klägerin meint, bei Vorliegen einer Gemengelage sei der beantragte Lagerplatz auch dann als gewerbliche Nutzung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, wenn es in der Nähe kein Vorbild gebe, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dieses hat zwar zugrunde gelegt, dass die Nutzung „Lagerplatz für Baustoffe“ in der näheren Umgebung ohne Vorbild sei. Es hat indes darüber hinaus maßgeblich darauf abgestellt, dass die klägerseits begehrte Nutzung hinsichtlich der typischen Störintensität eines Lagerplatzes nicht mit der vorangegangenen Nutzung als Stellplatzanlage für Busse vergleichbar, das Störpotential in Ermangelung von entsprechenden Angaben im Bauantrag nicht ermittelbar und das Vorhaben aufgrund des spezifischen Störpotentials einer Lagernutzung geeignet sei, bodenrechtlich relevante Spannung sowie ein Planungserfordernis auszulösen. Ferner könne das Vorhaben auch gegenüber der umgebenden Nutzung aufgrund von Lärm und Staub rücksichtslos sein, wobei der klägerische Antrag in Ermangelung konkreter Angaben, insbesondere auch hinsichtlich der konkreten Lagerflächen und etwaiger Umfriedungen, eine abschließende Beurteilung nicht zulasse. Auf diese Erwägungen geht das Zulassungsvorbringen nicht ein.

Dies gilt auch, wenn man das als Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO bezeichnete Vorbringen der Klägerin zu einer vermeintlich aktenwidrigen Feststellung dahingehend auslegt, dass sie der Sache nach auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung geltend zu machen sucht. Insoweit führt die Klägerin aus, das Verwaltungsgericht belege nicht, weswegen von dem Lagerplatz Emissionen durch Radlager und Lastkraftwagen ausgehen würden, greife insoweit nicht auf gerichtsbekannte Kenntnisse zurück und setze sich in Widerspruch zu den Ausführungen des Widerspruchsbescheids. Die Klägerin übersieht jedoch, dass das Verwaltungsgericht diese auf S. 13 des angegriffenen Urteils getroffenen Aussagen nicht auf den konkreten Fall bezogen hat, sondern vielmehr das generell von einem Lagerplatz ausgehende mögliche Störpotential näher charakterisiert und mit dem von einem Stellplatz für Busse potentiell einhergehenden Beeinträchtigungen verglichen hat. Eine abschließende Einschätzung des konkreten Störpotentials sei indes aufgrund der mangelhaften Angaben im Bauantrag nicht möglich. Dass dies unzutreffend sein soll, legt das aufgezeigte Zulassungsvorbringen nicht dar. Auf die im Rahmen des Widerspruchsbescheids getroffenen Ausführungen kommt es – wie zuvor dargelegt – nicht an.

d. Auch der Einwand der Klägerin, dem Anspruch auf Erteilung der Genehmigung stünden nicht die Nachforderungen des Beklagten entgegen, verfängt nicht.

Zum einen ist bereits nicht hinreichend dargetan, welche Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des klägerischen Vorhabens aus diesem Grund unzutreffend sein sollten. Soweit die Klägerin auf S. 8 des angegriffenen Urteils Bezug nimmt, betreffen die dortigen Ausführungen die im Rahmen der Zulässigkeit der Klage zutreffend verortete Frage des Eintritts einer Genehmigungsfiktion.

Zum anderen fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den insoweit tragenden Erwägungen der angegriffenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, der Bauantrag gelte nicht gemäß § 69 Abs. 4 Satz 2 BauO Bln als vollständig, darauf gestützt, dass diese Vollständigkeitsfiktion nach dem Willen des Gesetzgebers nur solche Unterlagen erfasse, die bereits allgemein für jeden Bauantrag angefordert würden. Zudem sei die Einbeziehung von Unterlagen in diese Fiktion auch widersprüchlich, da das Vorliegen eines vollständigen Bauantrags zu einem Zeitpunkt fingiert werde, zu welchem die für das Bauplanungsrecht zuständige Stelle noch gar nicht beteiligt worden sei und ihre Befugnis nach § 69 Abs. 2 Satz 6 BauO Bln nicht habe wahrnehmen können. Insgesamt solle die Vollständigkeitsfiktion nicht über die fehlende Bescheidungsfähigkeit des Bauantrags hinweghelfen und dadurch eine Baugenehmigung gesetzlich fingieren, die hinsichtlich ihres Regelungsgehalts völlig unbestimmt wäre. Soweit die Klägerin hiergegen lediglich einwendet, dies sei unrichtig, da das Planungsamt mit seiner Stellungnahme vom 7. August 2018 das Vorhaben für unzulässig gehalten und somit keine Unterlagen nachgefordert habe und die Frist nach § 69 Abs. 2 Satz 6 BauO Bln hinsichtlich der Bauaufsichtsbehörde nicht einschlägig sei, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den aufgezeigten Erwägungen des Verwaltungsgerichts, insbesondere zu der gesetzgeberischen Intention und dem Sinn und Zweck der Norm mit Blick auf eigentlich bescheidungsunfähige Bauanträge.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen des Vorliegens eines Verfahrensmangels, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, zuzulassen.

a. Ohne Erfolg macht das Zulassungsbegehren geltend, eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs liege vor, weil das Verwaltungsgericht auf die Frage der Bindungswirkung des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2019 nicht eingegangen sei, so dass es einen wesentlichen Aspekt übergangen habe.

Das Gebot rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht dazu, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Davon, dass das Gericht ihm unterbreitetes Vorbringen auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt, ist grundsätzlich auszugehen. Auch ist es nicht erforderlich, dass das Gericht sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzt. Vielmehr ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan, wenn das Gericht sich in seiner Begründung mit dem für die Entscheidung erheblichen Kern des Beteiligtenvorbringens jedenfalls zu den Fragen, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung sind, auseinandersetzt. Erst wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht jedoch nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen. Ebenso wenig verpflichtet es das Gericht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst. Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt insbesondere keinen Schutz davor, dass ein Gericht aus Gründen des materiellen Rechts Parteivorbringen nicht weiter aufnimmt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2022 - OVG 10 N 4/21 -, juris Rn. 50).

Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht vor. Entgegen der Ansicht der Klägerin entfaltet – wie bereits ausgeführt – der Widerspruchsbescheid vom 15. August 2019 in bauplanungsrechtlicher Hinsicht keine das Verwaltungsgericht bindende Tatbestandswirkung, so dass etwaige Ausführungen hierzu unberücksichtigt bleiben konnten.

b. Soweit die Klägerin ferner einen Verfahrensmangel in Form einer aktenwidrigen Feststellung geltend zu machen sucht und somit eine Verletzung des Grundsatzes der freien richterlichen Überzeugungsbildung gemäß § 108 Abs. 1 Nr. 1 VwGO geltend macht, verhilft dies ihrem Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht zum Erfolg.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es gehört hiernach zur Aufgabe des Gerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung seine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Dem hat es das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde zu legen. Wie es seine Überzeugung bildet, wie es also die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise würdigt, unterliegt seiner „Freiheit“. Die Einhaltung der daraus entstehenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigen oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Die „Freiheit“ des Gerichts ist aber dann überschritten, wenn es entweder seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen; diese Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz können als Verfahrensmängel gerügt werden (BVerwG, Beschluss vom 28. März 2012 - 8 B 76.11 -, juris Rn. 8 m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt hat es die Klägerin nicht vermocht, eine aktenwidrige Feststellung hinreichend darzulegen. Zum einen zeigt das Zulassungsvorbringen nicht schlüssig auf, dass überhaupt eine dem Akteninhalt widersprechende Einschätzung des Verwaltungsgerichts vorliegt, da es an einer hinreichend substantiierten Bezugnahme auf diejenigen Bestandteile der Akte fehlt, welche den Ausführungen des Verwaltungsgerichts entgegenstehen sollen. Allein das Fehlen eines Immissionsschutzgutachtens enthält keine positive Aussage darüber, dass Emissionen durch Radlader und Lastkraftwagen nicht verursacht werden. Auch die Bezugnahme auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids sind unergiebig, da diesem eine entsprechende Tatbestandsfeststellung nicht zu entnehmen ist. Zum anderen verkennt die Klägerin, dass das Verwaltungsgericht in der in Bezug genommenen Passage allgemeine Aussagen zum konkreten Störpotential eines Lagerplatzes getroffen und eine Subsumption im konkreten Fall mangels hinreichend aussagekräftiger Unterlagen gerade nicht vorgenommen hat. Worin hier die aktenwidrige Feststellung mit Blick auf das konkret in Frage stehende Vorhaben liegen soll, erschließt sich nicht.

3. Der seitens der Klägerin angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) führt ebenfalls nicht zu der erstrebten Zulassung der Berufung.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Berufungsverfahren geklärt werden muss. Das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt daher zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung neben der Bezeichnung der Frage Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und zur Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage. Nicht klärungsbedürftig ist eine Frage, deren Beantwortung sich ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Januar 2023 – OVG 10 N 75.22 –, juris Rn. 16). Auch fehlt es an der allgemeinen Bedeutung der Sache regelmäßig, wenn lediglich die Anwendung von (in sich nicht zweifelhaften) Vorschriften auf den konkreten Fall in Rede steht oder wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ausschlaggebend von einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abhängt (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 124 Rn. 127; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 124 Rn. 38).

Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Indem die Klägerin lediglich anführt, es könne grundsätzlich darüber entschieden werden, ob ein Widerspruchsbescheid eine Entscheidung im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 2 BauO Bln sei und ob ein die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens bejahender Widerspruchsbescheid die Nachforderung planungsrechtlich relevanter Angaben nach § 69 Abs. 2 Satz 6 BauBln ausschließe, legt sie weder dar, dass insoweit eine Rechtsfrage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung vorliegt, noch stellen sich diese Fragen – wie unter 1.a. ausgeführt worden ist – in entscheidungserheblicher Weise.

Auch mit dem klägerischen Vorbringen, dass grundsätzlich geklärt werden könne, ob ein bestandskräftiger Widerspruchsbescheid, in dem die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens festgestellt werde, das Verwaltungsgericht binde, wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht aufgezeigt. Diese Frage lässt sich ohne weiteres – wie die Ausführungen unter 1.b belegen – für den vorliegenden Fall klären. Zudem hängt der Umfang einer vermeintlichen Tatbestandswirkung ausschlaggebend von einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und insbesondere von einer Auslegung des angegriffenen Bescheids ab, so dass eine über den vorliegenden Fall hinausgehende Bedeutung nach den aufgezeigten Maßstäben nicht ersichtlich ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).