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Grundsteuer


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 13.09.2013
Aktenzeichen VG 1 K 694/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 2 WasG BB, Art 106 Abs 6 GG, § 25 GrStG, § 40 GrStG

Leitsatz

Zur Zulässigkeit der Refinanzierung von Beiträgen einer Gemeinde zu Wasser und Bodenverbänden über Erhöhung der Grundsteuerhebesätze.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Pächterin verschiedener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in einer Größe von ca. 1.800 ha im Gebiet der Gemeinde S. Zudem zählt zum Unternehmen ein Geschäftsgrundstück am Firmensitz.

Am 28. Juli 2010 erließ der Beklagte für die Veranlagungszeiträume 2008, 2009 und 2010 Grundsteuerbescheide, mit denen er für die landwirtschaftlichen Flächen folgende Beträge geltend machte:

Grundsteuer

Gemarkung

Kassenzeichen

2008   

2009   

2010   

gesamt

                

10.546,51 €

10.546,51 €

9.550,38 €

30.643,40 €

        

03/0/001-001

7.288,27 €

7.288,27 €

6.599,88 €

21.176,42 €

        

03/0/001-001

472,20 €

472,20 €

427,60 €

1.372,00 €

        

03/0/001-001

4.519,59 €

4.519,59 €

4.092,71 €

13.131,89 €

        

03/0/001-001

5.959,07 €

5.959,07 €

5.396,23 €

17.314,37 €

        

03/0/001-001

3.192,85 €

3.192,85 €

2.891,28 €

9.276,98 €

        

03/0/001-001

Ebenfalls am 28. Juli 2010 erging seitens des Beklagten ein Bescheid für das Geschäftsgrundstück (Kassenzeichen 03/00/001-001), mit dem der Beklagte für die Jahre 2007 bis 2010 Grundsteuer in Höhe von jeweils 357,35 € (2007, 2008, 2009) bzw. 359,33 € (2010), insgesamt einen Betrag von 1.074,03 €, festsetzte.

Die Klägerin führte zur Begründung ihres mit Schreiben vom 27. August 2010 erhobenen Widerspruchs an, dass die Berechnung der Grundsteuer A und B insbesondere in Zusammenhang mit der damit verbundenen Miterhebung der Beiträge für den Wasser- und Bodenverband nicht nachvollziehbar und erörterungsbedürftig sei. Sie bat um Übersendung der Kalkulation für die Berechnung der Grundsteuer A einschließlich des Beitrags für den Wasser- und Bodenverband.

Der Beklagte erläuterte unter dem 6. Oktober 2010, dass ausgehend vom Verhältnis der land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie der bebauten und unbebauten Flächen im Gemeindegebiet von 82,66 % zu 17,34 % die Umlagen der Wasser- und Bodenverbände in Höhe von insgesamt 57.419,65 € auf die "A- und B-Steuern" aufgeteilt und der zu deren Finanzierung erforderliche Hebesatz ermittelt worden sei.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11. November 2010 führte die Klägerin zur Begründung des Widerspruchs weiter aus, die Grundsteuerbescheide verstießen gegen das Brandenburgische Wassergesetz. Bis 2005 seien Bescheide über die Grundsteuer und zur Refinanzierung der Wasser- und Bodenverbandsbeiträge getrennt erstellt worden, womit gewährleistet gewesen sei, dass die Grundsätze des Wassergesetzes und des Grundsteuergesetzes volle Beachtung fänden. Nach dem Wassergesetz sei jeder Grundstückseigentümer entsprechend seiner Flächengröße zu belasten. Damit decke sich, dass die Gemeinde ihrerseits für die gesamte ihr gehörende Fläche den Beitrag zu entrichten habe. Nach der alten Methode habe sich für sie eine Belastung aus Grundsteuer und Gewässerunterhaltungsgebühr von 11,82 € je Hektar ergeben. Nach der neuen Praxis der Gemeinde erhöhe sich die Belastung durchschnittlich um 40 % im Jahr. Bei ihrer Berechnung des Hebesatzes beziehe die Gemeinde viele Flächen nicht mit ein, da an Grundeigentümer wegen der geringen Flächengröße bei der Grundsteuer A keine Grundsteuerbescheide ergingen und Gemeindeeigentum der Steuer nicht unterliege. Damit werde gegen den Grundsatz verstoßen, dass Abgaben vor Steuern gingen. Es könne zwar ein Bescheid ergehen, der aber die Abgabe oder Umlage neben der Steuer ausweisen müsse. Auch werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt und willkürlich würden einzelne besser gestellt, da Kleinflächeneigentümer von einer Abgabe befreit seien, die bei ihr wiederum aufgeschlagen werde. Zudem liege eine Verstoß gegen das Wassergesetz vor, denn Schuldner sei nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 BbgWG der Eigentümer, nicht der Nutzer oder Pächter. Schließlich seien die Grundlagen in Form der Hebesatz-Satzungen zu bestreiten.

Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2012 als unbegründet zurück. Eine Refinanzierung des von den Gemeinden zu entrichtenden Gewässerunterhaltungsbeitrags durch die Grundsteuer sei auf der Grundlage des § 80 Abs. 2 BbgWG nicht zu beanstanden. Denn den Gemeinden komme in Bezug auf die Refinanzierungsart eine Wahlfreiheit zu. Auch liege ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsgebot des § 64 Abs. 2 BbgKVerf nicht vor, da die Bestimmung des § 80 Abs. 2 BbgWG die speziellere Norm darstelle. Zudem gelte dieses landesrechtliche Gebot nicht gegenüber der bundesrechtlich geregelten Grundsteuer. Die Bescheide verstießen nicht gegen den Gleichheitssatz. Hinsichtlich der Grundsteuerschuldnerschaft bei landwirtschaftlichen Flächen enthalte § 40 GrStG eine Sonderregelung. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 GrStG liege nicht vor. Die angewendeten Hebesätze seien in den Haushaltssatzungen der Gemeinde S. beschlossen und bekannt gemacht worden. Die Haushalts- und Hauptsatzungen seien wirksam. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 13. Juni 2012 zugestellt.

Die Klägerin hat am 12. Juli 2012 Klage erhoben. Sie wende sich gegen die konkrete Anwendung des § 80 Abs. 2 BbgWG. Nach dem früheren Umlageverfahren habe die Gemeinde zunächst die umlagepflichtigen Flächen zu ermitteln gehabt. Von den Gesamtflächen habe sie die Flächen anderer Verbandsmitglieder und ihre Eigentumsflächen abgezogen. Soweit für diese Verbandsbeiträge zu entrichten waren, seien diese bei der Gemeinde angefallen. Im Übrigen seien die Beiträge über die einzelnen Grundstückseigentümer, ungeachtet ob grundsteuerpflichtig oder nicht, refinanziert worden. Nach der neuen Methode refinanziere die Gemeinde ihre Beiträge für die gesamte Fläche. Der Hebesatz werde solange angehoben, bis auch Beiträge für die Eigentumsflächen der Gemeinde und die Beiträge für nicht-grundsteuerpflichtige Eigentümer gedeckt seien. Damit befreie der Hebesatz die einen von ihren Beiträgen zum Wasser- und Bodenverband, indem er zugleich anderen diese Beitragslasten auferlege. Dies verstoße gegen das Grundgesetz. Der Beklagte handele bei der Festsetzung des Hebesatzes willkürlich, wenn er zunächst den Teil der Beiträge, der sich auf seine Eigentumsflächen beziehe, selbst getragen habe, und sich nach Änderung des § 80 BbgWG eigener Gebühren entledige und diesen Teil über die Erhöhung des Hebesatzes Dritten aufbürde. Er handele zudem gegen den Wortlaut des § 80 BbgWG, der eine Belastung der Eigentümer, nicht aber der Nutzer vorsehe.

Die Klägerin beantragt,

die Grundsteuerbescheide des Beklagten vom 28. Juli 2010 für die Veranlagungszeiträume 2008, 2009 und 2010 zu den Kassenzeichen 03/0/001-001, 03/0/001-001, 03/0/001-001, 03/0/001-001, 03/0/001-001, 03/00/001-001 und 03/0/001-001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt Bezug auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides und führt ergänzend an, dass die in § 80 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 BbgWG bestimmten Voraussetzungen für die Erhebung von Umlagen zur Refinanzierung von Gewässerunterhaltungsbeiträgen nicht für die Refinanzierung über Grundsteuern Geltung hätten. Für die Festsetzung der Grundsteuerhebesätze seien allein die dafür geltenden gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Hierbei besäßen die Gemeinden aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit einen weiten Ermessensspielraum, dessen Grenzen hier nicht überschritten seien. Weder liege eine erdrosselnde Wirkung vor noch sei eine evidente Willkürlichkeit der Hebesatzfestsetzung erkennbar. Er habe beim Wechsel der Refinanzierungsart für die gemeindlichen Gewässerunterhaltungskosten hin zur Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes nicht willkürlich gehandelt, da § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG dies zulasse. Es sei auch nicht willkürlich, dass bei der Festsetzung der Hebesätze die Kosten der Unterhaltungsbeiträge ohne Herausrechnung des gemeindeeigenen Anteils angesetzt würden. Denn die Einschränkung des § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG, dass Verbandsbeiträge nur für solche Grundstücke, die nicht im Eigentum der Gemeinde stünden, umgelegt werden könnten, gelte nur für den Fall, dass sich eine Gemeinde für die Umlage der Kosten entscheide.

Den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die angefochtenen Grundsteuerbescheide lehnte die Kammer mit rechtskräftigem Beschluss vom 1. Februar 2013 - VG 1 L 242/12 - ab.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. Mai 2013 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte zum vorliegenden Aktenzeichen und zu den Aktenzeichen VG 1 L 242/12, 1 K 1136/07 und 1 K 311/09 sowie die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (Beiakten I und II) Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Grundsteuerbescheide des Beklagten vom 28. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2012 sind bezüglich der Veranlagungszeiträume 2008, 2009 und 2010 rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer sind vorliegend § 1 Abs. 1, §§ 13 ff., § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 1, § 40 des Grundsteuergesetzes (GrStG) vom 7. August 1973 (BGBl. I S. 965), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794). Danach haben Grundstückseigentümer, soweit kein Befreiungstatbestand (§§ 3, 4 GrStG) vorliegt, Grundsteuer zu entrichten. An die Stelle des Grundstückseigentümers tritt bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Beitrittsgebiet der Nutzer dieses Vermögens (§ 40 GrStG i.V.m. § 125 des Bewertungsgesetzes). Die Steuer berechnet sich nach dem Messbetrag (§ 13 Abs. 1 GrStG) und dem von der Gemeinde festgelegten Hebesatz (§ 25 Abs. 1 GrStG).

Der Beklagte hat die Grundsteuer unter Berücksichtigung des Grundsteuermessbetrags in dem Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes vom 7. Januar 2008 und der darin zugleich geregelten Zerlegung des Steuermessbetrages, an die der Beklagte gemäß §§ 182 Abs. 1, 184 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO), die nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 AO entsprechend für die Grundsteuer gilt, gebunden ist, und der jeweils in § 3 der Haushaltssatzung der Gemeinde S. für das Haushaltsjahr 2008 vom 5. März 2008 (Amtsblatt für das Amt vom 15. März 2008), für das Haushaltsjahr 2009 vom 8. Juni 2009 (Amtsblatt für das Amt vom 20. Juni 2009) sowie für das Haushaltsjahr 2010 vom 19. Mai 2010 (Amtsblatt für das Amt vom 19. Juni 2010) geregelten Hebesätze für die Steuerjahre 2008, 2009 und 2010 für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (Grundsteuer A) und für Grundstücke (Grundsteuer B) zutreffend festgesetzt.

Die von der Klägerin geltend gemachten Einwände gegen die erfolgte Grundsteuererhebung, die sich im Kern gegen die Festsetzung der Hebesätze durch die Gemeinde S. richten, greifen nicht durch.

Gemäß § 1 und § 25 GrStG bestimmt die Gemeinde, ob und in welcher Höhe, d.h. mit welchem Hebesatz, sie von dem in ihrem Gemeindegebiet liegenden Grundbesitz Grundsteuer erhebt. Diese Regelung beruht darauf, dass das Hebesatzrecht der Gemeinden in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich garantiert ist. Von dieser Ermächtigung hat die Gemeindevertretung der Gemeinde S. Gebrauch gemacht und die Hebesätze für die Grundsteuer A für 2008 auf 847 v.H., für 2009 auf 847 v.H. und für 2010 auf 767 v.H. sowie die Hebesätze für die Grundsteuer B für 2008 auf 361 v.H., für 2009 auf 361 v.H. und für 2010 auf 363 v.H. festgesetzt.

Soweit die Klägerin einwendet, sie werde mit einem Hebesatz belastet, der unter Verletzung des Gleichheitsgebotes nach Art. 3 GG und unter Verstoß gegen § 80 des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG) ermittelt worden sei, dringt sie damit nicht durch. Zwar kann der beschwerte Steuerpflichtige in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den Grundsteuerbescheid im Wege der sogenannten Inzidentprüfung auch die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des von der Gemeinde festgesetzten und angewendeten Hebesatzes verlangen. Insofern ist das Gericht aber lediglich berechtigt und verpflichtet zu prüfen, ob die betreffende Satzung, die die Grundlage für die Hebesätze bildet, formell- und materiell-rechtlich gültig ist oder ob sie gegen höherrangiges Recht verstößt. Außerhalb dieser Rechtskontrolle liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde als Normgeber, den Hebesatz zu bestimmen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. Februar 2006 - 4 ZB 05.1169 -, BayVBl 2007, 213, juris Rn. 12; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 5). Dabei ist hinsichtlich des gerichtlichen Prüfungsmaßstabes für die Festsetzung des Hebesatzes Folgendes zu beachten: Nach Art. 106 Abs. 6 GG steht das Aufkommen der Grundsteuer den Gemeinden zu. Diese haben dabei gemäß § 25 Abs. 1 GrStG das Recht, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Wegen der in Art. 106 Abs. 6 GG verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil ihrer Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet. Dementsprechend sind weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen - und entsprechend legitimierten - Gesetzgebers zu stellen. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist vielmehr ausschließlich, ob die getroffene Regelung über den grundsteuerrechtlichen Hebesatz im Ergebnis mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - BVerwG 8 C 32.90 -, NVwZ 1994, 176, juris Rn. 8 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, EFG 2011, 1277, juris Rn. 20; Troll/Eisele, GrStG, § 25 Rn. 4). Der Entschließungsspielraum der Gemeinde erfasst unter anderem die Frage, auf welche Weise die kommunale Aufgabenerfüllung finanziert wird. So steht es in der originären Befugnis der Gemeinde, nach ihrer Beurteilung die Steuersätze der Gemeindesteuern, insbesondere die Hebesätze für die Grund- oder die Gewerbesteuer, in unterschiedlicher Höhe zu beschließen. Daher hat die Gemeinde das Recht, die Hebesätze für die Grundsteuer autonom nach ihren jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen. Bei der damit im Zusammenhang stehenden eigenverantwortlichen Abschätzung des Finanzbedarfs darf die Gemeinde keine grob unsachlichen, also evident willkürlichen Entschließungskriterien maßgeblich werden lassen. Zudem darf die Grundsteuer die ihr unterworfenen Bürger nicht übermäßig belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen. Die Steuer darf also gemessen an einer normalen finanziellen Leistungskraft keine "erdrosselnde" Wirkung haben. Dies ist jedoch erst dann gegeben, wenn nicht nur ein einzelner Grundsteuerpflichtiger die ihn treffende Grundsteuer nicht mehr aufbringen kann, sondern wenn die Gesamtheit der Grundsteuerpflichtigen die Grundsteuer unter normalen Umständen nicht mehr aufbringen kann (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, EFG 2011, 1277, juris Rn. 21). Zusammenfassend beschränkt sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG bei der Kontrolle satzungsrechtlicher Hebesatzfestlegungen die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht und umfasst nicht die Überprüfung nach Art ermessengeleiteter Verwaltungsakte (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - BVerwG 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188, juris Rn. 34; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 13.08 -, juris Rn. 40).

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der genannten Haushaltssatzungen der Gemeinde S. hat die Klägerin nicht geltend gemacht; solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Das im Schriftsatz vom 11. November 2010 geäußerte allgemeine Bestreiten "rechtzeitiger und rechtmäßiger Beschlüsse" über die Hebesätze gibt, da die Klägerin dies auch nach Vorlage der Satzungsunterlagen durch den Beklagten im Laufe des Klageverfahrens nicht substantiiert hat, keinen Anlass zu einer weitergehenden Überprüfung des Satzungsgebungsverfahrens.

Materiell-rechtlich erweist sich die Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuern A und B für die Steuerjahre 2008 bis 2010 ebenfalls als wirksam. Denn gemessen an den oben dargelegten Vorgaben ist hinsichtlich der durch die Gemeinde S. festgelegten Hebesätze eine Überschreitung des Entscheidungsspielraumes oder ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht festzustellen. Es begegnet insbesondere keinen Bedenken, dass die Gemeinde S. die Grundsteuer für die Refinanzierung der von ihr an den Wasser- und Bodenverband "Mittlere Spree" und den Wasser- und Bodenverband "Nördlicher Spreewald" zu entrichtenden Beiträge nutzt und die Hebesätze mit Blick auf diese finanzielle Belastung des kommunalen Haushalts festgesetzt hat.

Wie bereits dargelegt, entscheidet die Gemeinde autonom darüber, wie sie die finanziellen Mittel für ihre Aufgabenerfüllung aufbringt, soweit keine gesetzliche Bestimmung diesen Spielraum einschränkt. Eine solche gesetzliche Begrenzung hinsichtlich der Frage, wie die Kommune die Aufwendungen refinanziert, die sie für die Mitgliedschaft in den Wasser- und Bodenverbänden für Aufgaben der Gewässerunterhaltung (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 1 BbgWG) zu leisten hat, besteht in Brandenburg nicht (mehr). Sie ergibt sich insbesondere nicht aus § 80 BbgWG. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 2004 (GVBl. 2005 I S. 50), der seine Gestalt durch das am 1. Februar 2004 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben vom 17. Dezember 2003 (GVBl. I S. 294) erhalten hat und bis zum 31. Dezember 2008 galt, können Gemeinden die von ihnen an die Verbände zu zahlenden Verbandsbeiträge sowie die bei der Umlegung der Verbandsbeiträge entstehenden Verwaltungskosten nach dem Maßstab des § 80 Abs. 1 Satz 1 BbgWG auf die Grundstückseigentümer der grundsteuerpflichtigen Grundstücke umlegen. Nach der Änderung des § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG durch das insoweit zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften vom 23. April 2008 (GVBl. I S. 62) gilt, dass Gemeinden, soweit sie sich nicht für eine andere Art der Finanzierung entscheiden, die festgesetzten Verbandsbeiträge für Grundstücke, die nicht im Eigentum der Gemeinde stehen, sowie die bei Umlegung der Verbandsbeiträge entstehenden Verwaltungskosten umlegen können (Umlage). Nach diesen bereits im Wortlaut eindeutigen Bestimmungen liegt es gerade in der Entscheidungsfreiheit der Gemeinde, ob sie die Verbandsbeiträge durch eine Umlage oder auf andere Weise refinanziert. In § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG 2004 wird dies deutlich durch die Verwendung des ein Ermessen eröffnenden Wortes "können" (womit gerade eine deutliche Abkehr von der bis zum 31. Januar 2004 geltenden Fassung des § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Juli 1994 [GVBl. I S. 302] verbunden ist ["Die Gemeinden legen die von ihnen an den Unterhaltungsverband zu zahlenden Verbandsbeiträge nach § 7 des Kommunalabgabengesetzes … durch Gebühren um."]). Noch deutlicher bringt es die seit 2009 geltende Gesetzesfassung zum Ausdruck, die die Möglichkeit einer Umlage gleichsam subsidiär benennt, soweit keine andere Art der Finanzierung durch die Gemeinde gewählt wurde. Dies entspricht in beiden Änderungsschritten auch dem Willen des Gesetzgebers. Nach der Gesetzesbegründung zum Zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben (LT-Drs. 3/6324) sollte es den Gemeinden mit der Neufassung des § 80 Abs. 2 BbgWG gestattet werden, von der Umlagemöglichkeit nach eigenem Ermessen Gebrauch zu machen oder andere zulässige und weniger aufwendige Refinanzierungsmöglichkeiten zu nutzen. Die Gemeinden sollten danach hinsichtlich der Refinanzierung des Gewässerunterhaltungsbeitrages gerade nicht mehr auf die Erhebung einer Gewässerunterhaltungsumlage festgelegt sein (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2010 - OVG 9 N 55.09 -, NVwZ-RR 2010, 537, juris Rn. 7). Im Rahmen der Begründung des Gesetzes zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften (LT-Drs. 4/5052) wird ausgeführt, dass nunmehr ausdrücklich auf die Möglichkeit verwiesen werde, auch allgemeine Finanzierungsquellen zu nutzen, wofür beispielsweise eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes oder andere örtliche Steuern in Betracht kämen.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Gemeinde S. bei der Festsetzung der Grundsteuerhebesätze für die streitgegenständlichen Steuerjahre 2008, 2009 und 2010 grob unsachliche, also evident willkürliche Entschließungskriterien herangezogen hat. Legt man die Ausführungen des Beklagten während des Widerspruchsverfahrens im Schriftsatz vom 6. Oktober 2010 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin dahingehend zugrunde, dass diese die maßgeblichen Erwägungen der Gemeindevertretung für die Bestimmung der Hebesätze wiedergeben - wovon mangels substantiierter Rügen der Klägerin auszugehen ist -, sind willkürliche Kriterien bei der Bestimmung der Hebesätze nicht ersichtlich. Danach wurden die von der Gemeinde zu leistenden Beiträge zu den Wasser- und Bodenverbänden im Verhältnis der land- und fortwirtschaftlichen Flächen einerseits und der bebauten und unbebauten Flächen andererseits am Gemeindegebiet aufgeteilt und die Hebesätze der Grundsteuer A für land- und fortwirtschaftlichen Flächen bzw. der Grundsteuer B für Grundstücke so festgesetzt, dass diese (Teil-)Beträge daraus refinanziert sind.

Das hiergegen gerichtete Vorbringen der Klägerin begründet keine Rechtswidrigkeit der Hebesatzfestsetzung und der Grundsteuererhebung in den Bescheiden vom 28. Juli 2010. Denn die Klägerin geht bereits in ihrem gedanklichen Ansatz fehl. Die Klägerin legt ihrer Argumentation offenbar ein Verständnis zugrunde, wonach es sich bei der Refinanzierung der Beiträge zu Wasser- und Bodenverbänden über die Grundsteuer nach wie vor um eine Umlage handele. Dies ist aber irrig. Es geht vorliegend nicht um die Zuordnung eines konkreten Vorteils an einen bestimmten Kreis von Abgabenpflichtigen. Dies wäre mit dem Charakter einer Steuer unvereinbar, die gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass sie nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt (vgl. § 3 Abs. 1 AO). Im Vordergrund steht die Erzielung von Einnahmen zur Deckung eines Ausgabepostens unter verschiedenen anderen eines kommunalen Haushalts (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 9 A 3207/02 -, NVwZ-RR 2004, 219, juris Rn. 10; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. November 2009 - 14 A 131/08 -, NWVBl 2010, 242, juris Rn. 9, jeweils zur Refinanzierung der Straßenreinigung durch Grundsteuererhöhung; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Februar 1998 - 2 S 1648/97 -, NVwZ 1998, 1325, juris Rn. 2). Dementsprechend besteht auch kein "Umlagemaßstab" für die Ermittlung von Grundsteuerhebesätzen. Ein solcher folgt insbesondere nicht aus § 80 BbgWG. Sowohl § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG 2004 als auch § 80 Abs. 2 Satz 3 BbgWG 2009 sehen einen Maßstab "Verhältnis der Flächen" (§ 80 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BbgWG 2004) bzw. "vom Verband erfasste und veranlagte Fläche" (§ 80 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BbgWG 2009) allein für den Fall vor, dass sich die jeweilige Gemeinde für eine Umlage als Refinanzierungsform für die von ihr zu zahlenden Verbandsbeiträge entscheiden sollte. Für alternative Arten der Finanzierung enthält § 80 BbgWG nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck keine Vorgaben. Daher verfängt gerade auch der Einwand der Klägerin nicht, die Gemeinde S. ziehe für die Zuordnung der zu entrichtenden Verbandsbeiträge zu den Hebesätzen der Grundsteuer einen anderen "Maßstab" heran als er zuvor für die Gewässerunterhaltungsgebühren bestanden habe. Denn dies ist zwangsläufige Folge des zulässigen Wechsels der Refinanzierungsart (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2010 - OVG 9 N 55.09 -, NVwZ-RR 2010, 537, juris Rn. 7). Dass sich die Abgabenbelastung der Klägerin infolge dieses Wechsels erhöht, ist aus demselben Grund kein durchgreifender Einwand gegen die Bestimmung der Grundsteuerhebesätze durch die Gemeinde S. Auch soweit sie sich gegen die festgelegten Hebesätze mit dem Argument wendet, sie könne nach § 80 BbgWG für Beiträge zu den Wasser- und Bodenverbänden als Pächterin von landwirtschaftlichen Flächen nicht herangezogen werden, verkennt sie, dass die Regelungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG 2004 bzw. des § 80 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BbgWG 2009 wiederum allein für den Fall einer Umlage gelten, der hier gerade nicht einschlägig ist. Ihre Grundsteuerschuldnerschaft auch für die gepachteten Flächen ergibt sich zweifelsfrei aus § 40 GrStG.

Tragfähige Anzeichen für eine evidente Unsachlichkeit der hier maßgeblichen Hebesätze dahingehend, dass die dadurch erzielten Einnahmen nicht zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erforderlich wären, sondern der Kapitalbildung der Gemeinde dienten (vgl. hierzu Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - 4 ZB 06.2567 -, NVwZ-RR 2008, 53, juris Rn. 12), liegen nicht vor.

Für eine erdrosselnde Wirkung der durch die Gemeinde S. für die Jahre 2008, 2009 und 2010 festgesetzten Grundsteuerhebesätze in dem oben beschriebenen Sinn, dass sie für die Gesamtheit aller Steuerpflichtigen und nicht nur für einzelne Grundstückseigentümer zu nicht mehr tragbaren Steuerbelastungen führen, besteht keinerlei Anhaltspunkt.

Der grundsteuerlichen Refinanzierung der Verbandsbeiträge zu den Wasser- und Bodenverbänden durch die Gemeinde S. steht - sollte die Klägerin mit ihrem Vorbringen im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11. November 2010, die Gemeinde verstoße gegen den "Grundsatz …, dass Abgaben vor Steuern gehen", eine entsprechende Rüge erheben - auch die in § 3 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) und § 64 Abs. 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) geregelte grundsätzliche Subsidiarität der Steuererhebung nicht entgegen (vgl. im Einzelnen hierzu: OVG Berlin -Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2010 - OVG 9 N 55.09 -, NVwZ-RR 2010, 537, juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.