Gericht | VG Frankfurt (Oder) 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.11.2023 | |
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Aktenzeichen | VG 7 K 1588/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2023:1116.7K1588.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 58 Abs 2 S 2 BauO BB 2016, § 921 BGB, § 42 Abs 2 VwGO |
1. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausschluss öffentlich-rechtlicher Nachbaransprüche innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 C 20.85 -, juris; Urteil vom 12. März 1998 - 4 C 3/97 -, juris Rn. 18 ff. m.w.N.) ist auf den Fall übertragbar, dass bauaufsichtliches Einschreiten wegen baurechtlicher Mängel einer gemeinschaftlichen Grenzeinrichtung (§ 921 BGB) in Gestalt einer Nachbarwand begehrt wird, die im Miteigentum des Klägers und des Nachbarn steht.
2. Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten eines der Miteigentümer der Nachbarwand kommt in diesem Fall nur in Betracht, wenn zivilgerichtlicher Rechtsschutz nicht rechtzeitig erlangt werden kann oder dieser ausnahmsweise nicht effektiv wäre (hier verneint).
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
Der Kläger begehrt das ordnungsbehördliche Einschreiten des Beklagten gegenüber den Beigeladenen wegen der Schwächung einer Hauswand, die grenzscheidig steht und die Doppelhaushälften des Klägers und der Beigeladenen voneinander trennt.
Der Kläger ist – seit seinem Eigentumserwerb im Jahr 1990 – Miteigentümer des Flurstückes 9 ... der Flur 8 ... in der Gemarkung F ... und als solcher Eigentümer der von ihm bewohnten Doppelhaushälfte mit der postalischen Anschrift V ... . Das Haus des Klägers wurde aufgrund der Baugenehmigung vom 1. September 1928 als „Kleinwohnhaus nebst Anbau“ in der ehemals B ... errichtet. Die Beigeladenen sind Eigentümer des benachbarten, mit der angrenzenden Doppelhaushälfte bebauten Flurstückes 9 ... mit der postalischen Anschrift V ... .
Im Zuge von Umbauarbeiten in der Doppelhaushälfte der Beigeladenen wurde im Jahr 1992 ein in einem Wandschlitz der Gebäudetrennwand verlaufendes Abwasserrohr ersetzt. Im Jahr 2008 erfolgte eine Erweiterung dieses Wandschlitzes für die Verlegung von Trinkwasserrohren. Der Kläger stellte daraufhin Risse auf seiner Wandseite fest.
Der Kläger beantragte deshalb beim Beklagten, dass dieser gegen die Beigeladenen einschreite und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die fachgerechte Verfüllung des Schlitzes verfüge. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Februar 2010 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2010 zurück. Der Kläger sei nicht als Nachbar im Sinne des öffentlichen Baurechts anzusehen, weil beiden Grundstückseigentümern die Unterhaltung der Nachbarwand obliege. Auch sei von einer verfahrensrechtlichen Verwirkung von eventuellen Abwehrrechten auszugehen. Der Kläger habe selbst ausgeführt, dass ihm die Lage der Schachtführung zumindest aus einem Bauschaden im Jahr 1992/93 bekannt sei und er daraufhin Baumaßnahmen in Form einer Wandinstandsetzung getroffen habe.
Die dagegen am 11. Mai 2010 erhobene Klage wies der Einzelrichter der erkennenden Kammer nach vorheriger Beweisaufnahme mit Urteil vom 12. Dezember 2014 (VG 7 K 451/10) teilweise ab und verpflichtete den Beklagten im Übrigen zur Neubescheidung.
Die Klage sei zulässig. Der Kläger sei trotz des Umstands, dass die gemeinsame Grenz- oder Nachbarwand in je hälftigem Miteigentum des Klägers einerseits und der Beigeladenen andererseits stehe und damit zivilrechtlich gemeinsame bzw. wechselseitige Rechte und Pflichten der Eigentümer bestünden, klagebefugt. Etwaige Abwehrrechte seien zwar in Bezug auf einen durch den Wandschlitz geminderten Schallschutz verwirkt, nicht aber in Bezug auf den vorbeugenden Brandschutz und die Standsicherheit des Gebäudes. Die Klage sei aber nur teilweise begründet. Der Kläger habe keinen gebundenen Anspruch auf Einschreiten. Zwar bestünden auf der Grundlage der im Gutachten gegebenen und in der mündlichen Verhandlung erläuterten sachverständigen Stellungnahme des Sachverständigen gravierende Anhaltspunkte dafür, dass die Nachbarwand infolge des eingezogenen Schachtes jedenfalls die erforderlichen Brandwandeigenschaften nicht erfülle. Jedoch hätten die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen durch den Sachverständigen letztlich aufgrund der Weigerung der Beigeladenen, die erforderliche Bauteilöffnung mit Gewährung des Zutritts zu ihrer Wohnung zu ermöglichen, nicht getroffen werden können. Der richtige Weg sei insofern, der Behörde durch die mit dem Urteil auferlegte Neubescheidung mittelbar die ihr zuvörderst obliegende Sachverhaltsaufklärung nach Maßgabe des Urteils aufzuerlegen. Insoweit habe die Klage Erfolg.
Der Beklagte beauftrage daraufhin die Erstellung eines weiteren Gutachtens. Über die Beurteilung der schlitzgeschwächten Wand unter dem Gesichtspunkt der Standsicherheit, des Brandschutzes und des Schallschutzes hinaus wurde der Gutachtenauftrag dahin erweitert, ob eine im Jahr 2002 unter der Gebäudetrennwand vorgenommene – von beiden Nachbarn zu gleichen Teilen finanzierte und vom Kläger gegenüber dem Beklagten später beanstandete – Hohlraumverfüllung mit sog. Schaumbeton infolge einer wasserschadensbedingten Hohlraumbildung zulässig ist. Nachdem die Beigeladenen dem Gutachter diesmal den Zutritt gewährten, kam er in seinem Gutachten vom 18. März 2016 unter anderem zu der Einschätzung, dass sowohl der Brandschutz als auch die Standsicherheit weiter gewährleistet sei.
Hinsichtlich des Brandschutzes legte der Gutachter seiner Einschätzung zugrunde, dass die Gebäudetrennwand aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen und feuerbeständig (Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten [F90]) sein müsse. Die vorgefundene Ausführung der Gebäudetrennwand aus Kalksandstein-Mauerwerk mit beidseitigem Kalkzementputz bestehe ausschließlich aus nicht brennbaren Baustoffen. Gemäß DIN 4102-4, Punkt 4.5, habe eine Mauerwerkswand aus Kalksandsteinen, vermauert mit Normalmörtel (ohne Putz), unabhängig vom Auslastungsgrad eine Feuerwiderstandsdauer von F90-A, wenn sie eine Mindestdicke von 115 mm aufweise. Die Nachbarwand habe im Wandschlitzverlauf eine Restwanddicke von genau 115 mm.
Die durch den vertikalen Wandschlitz geschwächte Nachbarwand sei auch uneingeschränkt standsicher. Alle anfallenden Lasten würden sicher aufgenommen und bis in den Baugrund abgeleitet. Selbst bei Ansatz einer vollständigen Trennung der Nachbarwand im Wandschlitzverlauf verfüge das Doppelhaus über eine ausreichende Anzahl von aussteifenden, über die Geschosse durchgehenden, tragenden Wände, sodass die Gebäudeaussteifung im Hinblick auf einwirkende horizontale Kräfte uneingeschränkt gegeben sei.
Mit Blick auf die Hohlraumverfüllung gelangte der Gutachter zu der Einschätzung, dass ein regelkonformer Eignungsnachweis nur durch die nachträgliche Beantragung und Einholung einer Zustimmung im Einzelfall beim Bautechnischen Prüfamt des Landes Brandenburg erbracht werden könne. Aus rein ingenieurmäßiger, statisch-konstruktiver Sicht spreche allerdings viel für die Erteilung einer Zustimmung. Die Druckfestigkeit entspreche zum Beispiel der Druckfestigkeit eines mit dem zugelassenen Hochdruckinjektionsverfahren hergestellten Unterfangungskörpers. Zudem seien die Bestandteile von erhärtetem Schaumbeton auch im erdberührten, nicht frostbelasteten Bereich als dauerhaft und gebrauchstauglich einzuschätzen.
Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 16. Juli 2016 unter Bezugnahme auf die Feststellungen des Gutachters erneut ein Einschreiten gegen die Beigeladenen ab.
Mit Schreiben vom 15. August 2016 bat der Beklagte den Kläger bis zum 5. September 2016 um Mitteilung, ob dessen Anzeigen und Fragen zur Hohlraumverpressung als Antrag auf ordnungsbehördliches Einschreiten gewertet werden sollen. Dies bejahte der Kläger mit Schreiben vom 4. September 2016, das am Folgetag beim Beklagten einging. Nachdem der Kläger dem Beklagten Untätigkeit vorgeworfen hatte, bat der Beklagte mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 um Klarstellung, in welchen Belangen der Kläger sich beeinträchtigt fühle, ob er eine Gefahr festgestellt habe, und welche Handlungen er konkret begehre. Mit Schreiben vom 31. Juli 2017 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er das Verfahren hinsichtlich eines ordnungsbehördlichen Einschreitens betreffend die Hohlraumverfüllung eingestellt habe, weil keine Rückmeldung des Klägers erfolgt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2017 wies der Beklagte den im Wesentlichen mit Zweifeln am Gutachten begründeten Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16. Juli 2016 ab. Der Kläger stelle lediglich Behauptungen auf.
Am 21. April 2017 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Seiner Ansicht nach seien infolge des Wandschlitzes die sich aus § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. §§ 12 Abs. 1, 13, 14, 15 und 30 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) ergebenden Anforderungen und infolge der Hohlraumverfüllung die sich aus § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. §§ 12 Abs. 1, 17 bis 21 BbgBO ergebenden Anforderungen nicht (mehr) erfüllt.
Er äußert den Verdacht, dass durch widersprüchliche und falsche Angaben versucht werde, die Offenlegung der tatsächlichen Bauausführung zu verhindern und zu verschweigen. Er bestreitet in diesem Zusammenhang auch, dass sich an der sachlichen und fachlichen Richtigkeit nach der Bauordnung orientiert worden sei. Insgesamt habe der Beklagte den Sachverhalt verkannt bzw. nicht hinreichend aufgeklärt, obschon seine Mitarbeiter ausgebildete Bauingenieure seien. Dessen Aussagen seien überwiegend als spekulativ anzusehen. Hinsichtlich des Gutachters bestehe weiter der Verdacht der Parteilichkeit.
Hinsichtlich des Wandschlitzes macht der Kläger im Einzelnen unter anderem geltend:
Entgegen der Ansicht des Beklagten stünden sich keine Nutzungseinheiten/Wohnungen gegenüber. Vielmehr lägen zwei selbstständige Gebäude mit geringer Höhe vor. Die Nachbarwand hätte dementsprechend als Gebäudeaußenwand begutachtet werden müssen. Die Schlitzungen hätten ferner einer Genehmigung bedurft. Sie seien auch materiell illegal. Es bestehe der Verdacht, dass unzulässige Bauarten und Bauprodukte verwendet worden seien. Infolge der Wandschlitzung seien die Anforderungen an eine Brandwand nicht mehr erfüllt. Für Brandwände ergebe sich ausweislich einer Stellungnahme von P ..., dass hier entsprechend Nr. 4.8 und Tabelle 45 der DIN 4102-4 eine Mindestwanddicke von 24 cm erforderlich sei. Der Gutachter habe sich stattdessen fälschlicherweise an Nr. 4.5 derselben DIN-Vorschrift orientiert. Die Erleichterungen nach § 30 Abs. 3 BbgBO könnten nicht herangezogen werden, weil sie für Gebäude vorgesehen seien, die eine eigene Abschlusswand hätten. Hier teilten sich die Gebäude aber eine Abschlusswand. Die Statik der Nachbarwand sei infolge der Schlitzung ebenfalls beeinträchtigt. Die entsprechende Nachweisführung des Gutachters sei ungenügend. Es seien insbesondere die aus dem Nachbargebäude der Beigeladenen stammenden Lasteintragungen nicht berücksichtigt worden. Unerklärlich sei, weshalb Lasteintragungen und die Elemente der Aussteifungskonstruktion der Nachbarwand im Dachgeschoss verschwiegen und die Schachtführung insgesamt wie auch für jede Geschossebene mit den konstruktiven Angaben nicht dargestellt worden seien. Auch sei der Schallschutz beeinträchtigt. Insofern habe er (der Kläger) entsprechende Sachverständigengutachten vorgelegt. Schließlich sei auch das Prinzip der spannungsfreien Verlegung hinsichtlich der in den Wandschlitz eingebrachten Rohre zu beachten. Dessen Einhaltung sei nach den Unterlagen nicht sichergestellt. Es drohten somit sonstige Gefahren.
Hinsichtlich der Hohlraumverfüllung macht der Kläger im Einzelnen unter anderem geltend:
Eine Verwirkung nachbarlicher Abwehrrechte komme insoweit nicht in Betracht. Die Beigeladenen seien 2014 aufgefordert worden, Nachweise über eine ordnungsgemäße Ausführung zu erbringen. Als eine Reaktion ausgeblieben sei, sei der Beklagte informiert und Ende 2014 wegen Untätigkeit angezeigt worden. Im Jahr 2016 sei der Beklagte erneut zum Einschreiten aufgefordert worden. Dementsprechend fehle es auch nicht am erforderlichen Vorverfahren. Im Übrigen sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Vorverfahren entbehrlich sei, wenn sich die Behörde – wie hier – endgültig auf die Ablehnung des Antrags festgelegt habe. Die Verfüllung sei formell illegal. Sie sei auch materiell illegal, weil ein nicht zugelassener Baustoff verwendet worden sei, der nicht den Mindestanforderungen der DIN 4123 genüge, weshalb eine unmittelbare Gefahr nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei unverantwortlich, dass der Gutachter ohne Beweisführung die Eignungsfähigkeit des verwendeten Materials bescheinigt habe. Die Beigeladenen seien insoweit als Störer anzusehen, weil ursächlich für den Wasserschaden, der zur Hohlraumverfüllung geführt habe, durch sie geschaffene ungesicherte Öffnungen in der Außenwand ihrer Haushälfte gewesen seien.
Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 hat der Kläger unter anderem weitere Einwände gegen das Gutachten vom 18. März 2016 erhoben, auf die verwiesen wird (Blätter 79 bis 82 der Gerichtsakte).
Weiter macht der Kläger eine Interessenkollision hinsichtlich des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen geltend, weil dieser ihn bereits in der Vergangenheit (2002) vertreten habe.
Ferner hat der Kläger unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Beweisvereitelung darauf hingewiesen, dass auf dem Grundstück der Beigeladenen im Jahr 2022 und 2023 weitere Bauarbeiten vorgenommen würden. Er macht außerdem geltend, dass im Schachtbereich eine sog. Miwo-Ausstopfung vorgefunden worden sei, die dort zur gezielten Verhinderung der Einsichtnahme angebracht worden sei.
Schließlich hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Position bzw. Ausbreitung der Wandschlitzung auf der Seite der Beigeladen durch Einführen eines Endoskops durch ein Bohrloch im Bereich der auf seiner Wandseite gemauerten Schlitzung erkundet habe. Er sei dabei auf eine Dämmungsschalung für Rohre gestoßen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass sich die beiden Schlitzungen nach dem Aufstemmen der Schlitzung auf der Seite der Beigeladenen berührten, es also zu einem Mauerdurchbruch gekommen sei. Auf die diesbezügliche Bilddokumentation des Klägers nebst von ihm angefertigter Zeichnung wird verwiesen (Bl. 278 f. der Gerichtsakte).
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, gegen die Beigeladenen zu verfügen, dass der Schacht in der Nachbarwand zum klägerischen Grundstück fachgerecht verschlossen wird,
2. weiter den Beklagten zu verurteilen, gegen die Beigeladenen zu verfügen, eine Unterfangung unterhalb der vom Wassereinbruch beeinträchtigten Gründung des Wohnhauses der V ... unter Einhaltung der technischen Regeln unter der Vorgabe, dass Nachteile oder Beeinträchtigungen des Grundstücks V ... durch diese Maßnahmen nicht verursacht werden können, herzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt seine Bescheide im Wesentlichen unter Verweis auf deren Begründungen. Ergänzend macht er geltend, dass im Hinblick auf die Hohlraumverfüllung das erforderliche Vorverfahren nicht stattgefunden habe.
Die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie verweisen im Wesentlichen auf die gutachterlichen Feststellungen. Ergänzend führen sie unter anderem aus, dass der Kläger wegen etwaiger Standsicherheitsbeeinträchtigungen seines eigenen Hauses vorrangig selbst als Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen sei. Zivilrechtliche Ansprüche seien bereits seit Jahren verjährt. Schließlich liege auch keine Interessenkollision vor. Gegenstand der damaligen Beauftragung durch den Kläger seien lediglich zivilrechtliche Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Überflutung des Kellers gewesen.
In der mündlichen Verhandlung ist der vorgerichtlich vom Beklagten bestellte Gutachter als Sachverständiger vernommen worden. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den (übrigen) Inhalt der Gerichtsakte sowie der Gerichtsakte zum Verfahren VG 7 K 451/10 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Entgegen der Ansicht des Beklagten steht der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. nicht entgegen, dass insoweit kein Vorverfahren (vollständig) durchgeführt worden ist. Der Kläger hatte hier gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 4. September 2016 ausdrücklich erklärt, dass er von ihm (auch) ein ordnungsbehördliches Einschreiten hinsichtlich der Hohlraumverfüllung begehrt. Der Beklagte durfte daraufhin nicht einfach das Verfahren einstellen, weil sich der Kläger (vermeintlich) nicht weiter zu Rückfragen geäußert hatte. Hat ein Betroffener nämlich einen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens geltend gemacht, muss dieser Antrag durch Verwaltungsakt beschieden werden (vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auf. 2023, § 9 Rn. 200). Das hier einschlägige Fachrecht sieht eine Verfahrenseinstellung ohne Sachentscheidung nicht vor (vgl. zu dieser Möglichkeit allgemein Schmitz, ebd.). Die Klage ist deshalb insoweit als Untätigkeitsklage nach § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig.
2. Auch die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) ist für beide Klageanträge jedenfalls im Ergebnis (noch) zu bejahen.
Dies folgt allerdings nicht bereits aus der materiellen Rechtskraft des Urteils des Einzelrichters der erkennenden Kammer vom 12. Dezember 2014. Als präjudizielle Bindung wirkt sich die Rechtskraft eines Urteils in einem zweiten Prozess, in dem die rechtskräftig entschiedene Frage vorgreiflich für die Beurteilung des nunmehr zur Entscheidung stehenden Rechtsverhältnisses ist, zwar in der Weise aus, dass das rechtskräftige Urteil ohne Sachprüfung der Entscheidung in dem zweiten Verfahren zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - 2 C 7/01 -, juris Rn. 15). Die Rechtskraft erstreckt sich aber nicht auf die einzelnen Urteilselemente, also nicht auf die tatsächlichen Feststellungen, die Feststellung einzelner Tatbestandsmerkmale und sonstige Vorfragen oder Schlussfolgerungen, auch wenn diese für die Entscheidung tragend gewesen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 15/10 -, juris Rn. 20). Liegt – wie hier – eine rechtskräftige Entscheidung vor, in der die Zulässigkeit der Klage ausdrücklich oder konkludent bejaht worden und dementsprechend eine Entscheidung in der Sache ergangen ist, bindet dies das Gericht des Zweitprozesses bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Klage deshalb nicht, wenn sich in einem Folgeprozess erneut die Zulässigkeitsfrage stellt. Denn es handelt sich bei der Bejahung der Zulässigkeit nur um eine nicht in Rechtskraft erwachsende Vorfrage (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage 2023, § 322 Rn. 157 m.w.N.).
Abweichend von der Einschätzung des Einzelrichters der erkennenden Kammer im Urteil vom 12. Dezember 2014 erachtet es die Kammer mit Blick auf die Klagebefugnis durchaus als relevant, dass die betreffende Nachbarwand hier im hälftigen Miteigentum einerseits der Eigentümer des klägerischen Grundstücks – einschließlich des Klägers – und andererseits der Beigeladenen steht (zur eigentumsrechtlichen Lage näher sogleich unten).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt nämlich für eine öffentlich-rechtliche Nachbarklage eines Sondereigentümers, mit der dieser sich gegen die Art der Nutzung der im Sondereigentum eines anderen Miteigentümers derselben Eigentümergemeinschaft im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) stehenden Wohnung wendet, regelmäßig die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1988 - 4 C 1/86 -, juris Rn. 10). Diese Rechtsprechung (vgl. zu ihrer Fortgeltung auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 1. Dezember 2020 VGH München, Urteil vom 10. März 2022 - 22 B 19.196 -, juris Rn. 71 ff.) erscheint der Kammer auf die vorliegende Fallkonstellation im Ergebnis übertragbar (siehe dazu sogleich weiter unten). Die Klagebefugnis muss hier gleichwohl (noch) bejaht werden. Denn die Klagebefugnis fehlt nur dann, wenn die Verletzung einer drittschützenden Vorschrift offensichtlich und eindeutig nicht gegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8/01 -, juris Rn. 15). Davon kann hier nicht die Rede sein, weil sich zum einen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu WEG-Fällen nicht bereits auf den ersten Blick aufdrängt. Zum anderen hat das Bundesverwaltungsgericht gerade offen gelassen, ob eine Ausnahme von dieser Rechtsprechung in Fällen anzuerkennen ist, in denen nicht (nur) Eigentumsschutz geltend gemacht wird, sondern – wie hier – ein Anspruch auf behördliches Einschreiten gegen Gesundheitsgefahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1988 - 4 C 1/86 -, juris Rn. 10 a.E.).
II. Die Klage ist allerdings unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf das begehrte Einschreiten des Beklagten gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO). Dementsprechend ist er durch den Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2017 nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Bereits der Anwendungsbereich für öffentlich-rechtliche Nachbarschutzansprüche ist hier nicht eröffnet, denn die oben aufgezeigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Situation innerhalb einer Eigentümergemeinschaft nach dem WEG ist auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar (dazu 1.). Ein Ausnahmefall, nach der auch nach dieser Rechtsprechung der Anwendungsbereich des öffentlich-rechtlichen Nachbarrechts eröffnet ist, liegt hier nicht vor (dazu 2.). Die materielle Rechtskraft des Urteils des Einzelrichters der erkennenden Kammer vom 12. Dezember 2014 steht diesem Ergebnis nicht entgegen (dazu 3.). Im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Verstöße gegen die Vorschriften über Bauprodukte (§ 16b ff. BbgBO), insbesondere im Zusammenhang mit der Hohlraumverfüllung, fehlt es darüber hinaus auch deshalb an einer subjektiven Rechtsverletzung des Klägers, weil diese Vorschriften nicht nachbarschützend sind (dazu 4.).
1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1988 (a.a.O.) reiht sich in eine Reihe ähnlicher Entscheidungen ein. So hat das Bundesverwaltungsgericht die erforderliche Klagebefugnis mangels öffentlich-rechtlicher Schutzansprüche ferner sowohl für Klagen von Wohnungseigentümern gegen bauliche Maßnahmen auf Gemeinschaftseigentum (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 C 20/85 -, juris) als auch für die Klage des Miteigentümers eines Grundstücks gegen die einem anderen Miteigentümer erteilte Teilungsgenehmigung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 1988 - 4 B 67/88 -, juris) verneint.
Dieser Ausschluss öffentlich-rechtlicher Schutzansprüche innerhalb der Miteigentümergemeinschaft wird in den genannten Entscheidungen mit dem Hinweis darauf begründet, dass es zwischen den an der Gemeinschaft Beteiligten an einer Rechtsbeziehung fehle, die der für das baurechtliche Nachbarverhältnis kennzeichnenden und für die Gewährung öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz maßgebenden “Dreiecksbeziehung” entspreche. Der Sondereigentümer sei vielmehr als Inhaber eines nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes besonders ausgestalteten Miteigentumsrechts in die Gemeinschaft der Eigentümer eingebunden; der Inhalt der sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimme sich in erster Linie nach den zwischen den Wohnungseigentümern geltenden besonderen Vereinbarungen und Beschlüssen. Konflikte zwischen Sondereigentümer und der Eigentümergemeinschaft sowie zwischen einzelnen Sondereigentümern seien sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich anhand der im Wohnungseigentumsgesetz vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten zu lösen.
Diese Besonderheiten liegen auch in der vorliegenden Fallkonstellation in vergleichbarer Weise vor.
Auch hier fehlt es an der Dreiecksbeziehung, die für das öffentlich-rechtliche Nachbarrecht typisch ist (dazu a.). Die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und den Beigeladenen hinsichtlich der streitgegenständlichen Wand ähneln zudem der Situation innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (dazu b.).
a. Das öffentliche Baunachbarrecht, also die Summe der öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die nicht nur im Interesse der Allgemeinheit Anforderungen an das Bauvorhaben stellen, sondern auch im Interesse einzelner, die von den Auswirkungen des Bauvorhabens besonders betroffen sein können, ist – wie das öffentliche Baurecht insgesamt – grundstücksbezogen, wobei Grundstück in aller Regel das Buchgrundstück im grundbuchrechtlichen Sinn ist. Dieser – unbestrittene – Grundsatz ist zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt; er liegt aber einer Reihe von Vorschriften des öffentlichen Baurechts zugrunde. Aus diesem Grundsatz folgt, dass Nachbar im Sinne des öffentlichen Baurechts, also potentiell berechtigter Dritter nachbarschützender Vorschriften, nur derjenige sein kann, der Rechte an einem anderen Grundstück als dem Baugrundstück hat (vgl. VGH München Urteil vom 27. Oktober 1992 - 1 B 92.538 -, BeckRS 1992, 4903). Ein Anspruch auf öffentlich-rechtliches Einschreiten gegen das eigene Grundstück steht dem Eigentümer dementsprechend nicht zu (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 30. Dezember 2020 - 1 B 348/20 -, juris Rn. 9).
Hier sind der Kläger und die Beigeladenen zwar nicht Miteigentümer ein und desselben Grundstücks. Sie sind aus den nachfolgenden Gründen aber Miteigentümer der streitgegenständlichen Wand, die gerade Gegenstand des behördlichen Einschreitens gegen die Beigeladenen sein soll. Dies macht die beiden Fallkonstellationen nach Auffassung der Kammer hinreichend vergleichbar.
Bei der streitgegenständlichen Wand handelt es sich um eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 ZPO in Form einer sog. Nachbar- bzw. Kommunwand. An einer solchen Wand besteht nach dem Anbau hälftiges Miteigentum der beiden Grundstückseigentümer (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 216/13 -, juris Rn. 11).
Eine Nachbarwand ist eine auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Mauer, die zum wechselseitigen Anbau bestimmt ist. Bestand bei der Errichtung eine beiderseitige Verabredung der Nachbarn oder wenigstens eine einseitige Erwartung des Erbauers, dass der Nachbar die Mauer für den Bau seines Hauses benutzen kann, wird die Mauer mit dem Anbauen von dem überbauten Grundstück aus eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung. Ein Anbau in diesem Sinne liegt jedoch nur vor, wenn die Wand dadurch (auch) zu einem wesentlichen Bestandteil des an ihr errichteten Nachbargebäudes wird. Die Zweckbestimmung der Wand muss sich auf einen solchen Anbau richten. Erforderlich ist eine feste, bautechnische Verbindung der beiden benachbarten Gebäude. Für ein Einfügen zur Herstellung des Nachbargebäudes als dessen wesentlicher Bestandteil i.S.v. § 94 Abs. 2 BGB bedarf es einer unmittelbaren, technischen Inanspruchnahme der Mauer für bauliche Zwecke des Nachbarhauses, etwa durch Auflegen oder Einlassen von Tragebalken in dieselbe, während ein bloßes Nebeneinander beider Baukörper nicht ausreicht. Die Einordnung als wesentlicher Bestandteil nach § 93 BGB setzt voraus, dass das Nachbargebäude ohne die Mauer an so schwerwiegenden Mängeln litte, dass es seine Selbständigkeit ein für alle Mal einbüßte. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Nachbarhaus ohne die Mauer keine Standsicherheit besäße. Werden Reihen- oder Doppelhäuser durch einen zweischaligen Wandaufbau, also durch zwei separate Wände, geschieden, handelt es sich dementsprechend nicht um eine Nachbarwand, weil die Wände die Standsicherheit der Gebäude jeweils eigenständig gewährleisten (vgl. zu alledem BGH, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 25/21 -, juris Rn. 15).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist hier von einer Nachbarwand auszugehen. Die Mauer steht unstreitig auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze. Ihre Bestimmung zum wechselseitigen Anbau folgt eindeutig aus den alten Bauunterlagen zum Gebäude. Ohne die Mauer wären beide Doppelhaushälften hier auch nicht mehr für sich standsicher. Denn nach den insoweit selbst vom Kläger nicht in Frage gestellten Ausführungen im Gutachten vom 18. März 2016 handelt es sich um eine einschalig gemauerte Gebäudetrennwand (Seite 7, vorletzter Absatz des Gutachtens). Wären die Gebäudehälften ohne sie für sich standsicher, so hätte im Übrigen schon kein Anlass für die Begutachtung bestanden.
b. Weiter ist hier auch die Ausgestaltung der zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Miteigentümern der Nachbarwand mit der Situation innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft vergleichbar.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht mehrfach betont hat, dass das Wohnungseigentum lediglich eine besondere Form des Miteigentums darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 C 20/85 -, juris Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1988 - 4 C 1/86 -, juris Rn. 10). Juristisch stehe das Miteigentum im Vordergrund; das Sondereigentum bilde nur sein Anhängsel. Die Rechtsverhältnisse unter Miteigentümern richteten sich grundsätzlich allein nach dem bürgerlichen Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1998 - 4 C 3/97 -, juris Rn. 19 f.). Gemessen daran können schon deshalb keine Zweifel an der Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung bestehen, weil es hier um „echtes“ Miteigentum im Sinne des § 1008 BGB geht.
Soweit das Bundesverwaltungsgericht weiter auf die besondere Ausgestaltung, die das Sondereigentum im Wohnungseigentumsgesetz gefunden hat, abgestellt hat, kann dahinstehen, ob es sich dabei lediglich um ergänzende Hilfserwägungen oder die Entscheidung maßgeblich (mit-)tragende Erwägungen handelt. Denn eine vergleichbare Ausgestaltung hat auch das Miteigentum an einer Nachbarwand als gemeinschaftliche Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB gefunden. Auch für das Verhältnis der Miteigentümer einer solchen Nachbarwand untereinander bestehen nämlich besondere Rechtsvorschriften materieller Art über die Abgrenzung der gegenseitig zustehenden Befugnisse (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1988 - 4 C 1/86 -, juris Rn. 12). So kann jeder Nachbar die gemeinsame Grenzeinrichtung zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, (nur) insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird (§ 922 Satz 1 BGB). Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen (§ 922 Satz 2 BGB). Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden (§ 922 Satz 3 BGB). Nach § 922 Satz 4 BGB finden ferner ergänzend die §§ 741 ff. BGB Anwendung. Danach steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands den Teilhabern gemeinschaftlich zu (§ 744 Abs. 1 BGB). Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen (§ 744 Abs. 2 BGB). Nach § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB kann durch Stimmenmehrheit eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Fehlt es an einem entsprechenden Mehrheitsbeschluss oder einer Vereinbarung zwischen den Teilhabern, kann jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen (§ 745 Abs. 2 BGB). Diese Vorschriften sind im Wesentlichen mit den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Bestimmungen des WEG vergleichbar.
Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht besteht hier kein maßgeblicher Unterschied (mehr). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Rechtsverhältnisse innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft insoweit auf § 43 WEG a.F. verwiesen, wonach das zuständige Amtsgericht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Antrag eines Wohnungseigentümers auch über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander in einem besonders ausgestalten Verfahren (vgl. § 43 Abs. 2 und §§ 44 ff. WEG a.F.) zu entscheiden hatte. Zum einen ist aber bereits zum 1. Juli 2007 das Gerichtsverfahren in Wohnungseigentumssachen vom Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in das streitige Verfahren der Zivilprozessordnung überführt worden (vgl. Elzer, WuM 2007, 295 ff. unter VI.). Zum anderen hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner späteren Rechtsprechung klargestellt, dass für den Ausschluss der Klagebefugnis allein maßgeblich ist, dass das Sondereigentum schon keinen materiellen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch enthält (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1998 - 4 C 3/97 -, juris Rn. 23).
2. Es greift hier auch kein Ausnahmefall von der nach alledem auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Wohnungseigentümergemeinschaft ein.
Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Klagebefugnis hinsichtlich eines behördlichen Einschreitens gegen einen anderen Sondereigentümer derselben Wohnungseigentümergemeinschaft ausnahmsweise in den Fällen gegeben ist, in denen nicht (nur) Eigentumsschutz geltend gemacht wird, sondern ein Anspruch auf behördliches Einschreiten gegen Gesundheitsgefahren, die von einer bestimmten Art der Nutzung eines anderen Sondereigentums ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1988 - 4 C 1/86 -, juris Rn. 10).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung werden hierzu unterschiedliche Standpunkte vertreten.
Nach Ansicht des VGH Mannheim greift der Ausschluss öffentlich-rechtlicher Schutzansprüche innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls nicht für immissionsschutzrechtliche Ansprüche (vgl. Urteil vom 21. September 1993 - 10 S 1735/91 -, juris Rn. 28 zu Rauchbelästigungen durch einen Kamin).
Das OVG Münster hält einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls dann für möglich, wenn eine unmittelbare Gefährdung besonders wichtiger Rechtsgüter vorliegt (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 - 7 A 3350/06 -, juris Rn. 34 ff.; ebenso OVG Weimar, Beschluss vom 11. Januar 2023 - 1 EO 348/22 -, juris Rn. 27).
Schließlich hat sich das OVG Koblenz in neuerer Zeit auf den Standpunkt gestellt, dass für die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Differenzierung keine Notwendigkeit besteht. Der zivilrechtliche Rechtsschutz sei auch insoweit ausreichend. Denn es seien keine Einschränkungen des den Miteigentümern gewährten zivilgerichtlichen Rechtsschutzes insbesondere im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Gesundheitsschutz erkennbar (vgl. Urteil vom 26. Februar 2019 - 8 A 11076/18 -, juris Rn. 38; ebenso VG München, Urteil vom 15. Oktober 2019 - M 16 K 18.126 -, juris Rn. 42; zumindest tendenziell ebenso VGH München, Urteil vom 10. März 2022 - 22 B 19.196 -, juris Rn. 86 und VG Berlin, Urteil vom 28. Mai 2019 - 19 K 12.16 -, juris Rn. 28).
Die erkennende Kammer schließt sich im Grundsatz der Ansicht des OVG Koblenz an. Es leuchtet in der Tat nicht ein, weshalb für Gesundheitsgefahren andere Grundsätze gelten sollten. Eine Ausnahme sieht die erkennende Kammer gleichwohl in ganz besonders gelagerten Fällen für geboten an, nämlich zum einen wenn – in rechtsgedanklicher Anlehnung an § 1 Abs. 2 Brandenburgisches Polizeigesetz – zivilgerichtlicher Rechtsschutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist (dazu a.) oder – zum anderen – dieser ausnahmsweise nicht effektiv wäre (dazu b.).
a. Ersterer Ausnahmefall kann nur bei derart akuten bzw. dringenden Gefahren für Leib und Leben angenommen werden, dass kein weiteres Zuwarten mehr in Betracht kommt (Gefahr im Verzug). Eine solche Situation liegt hier weder unter dem Gesichtspunkt der Standsicherheit noch des Brand- oder des Schallschutzes vor.
Hinsichtlich der Standsicherheit hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass seine statischen Berechnungen in jeder Hinsicht auf der sicheren Seite lagen.
Hinsichtlich des Brandschutzes ist zwar einerseits zu beachten, dass es zum Wesen brandschutzrechtlicher Vorschriften gehört, dass diese zum Schutz von Leben und Gesundheit gerade auch vorsorgliche Schutzbestimmungen für einen bei vielen Bauten nicht sehr wahrscheinlichen, andererseits aber – etwa auch im Hinblick auf mutwillige Brandstiftung – auch nicht auszuschließenden Fall eines Brandes treffen (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 18. Oktober 1999 - 4 TG 3007/97 -, juris Rn. 18). Für die Frage, ob der Kläger insoweit auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden kann, muss daher gerade (auch) die Situation nach Eintritt eines – jederzeit möglichen – Brandereignisses betrachtet werden. Es ist also grundsätzlich zu fragen, inwieweit die Rettungschancen im Fall eines Brandereignisses beeinträchtigt wären. Andererseits kann hier aber auch die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Brandereignisses als solche nicht völlig außer Acht gelassen werden. Denn auch das Zivilprozessrecht eröffnet die Möglichkeit, bei akuten Gesundheitsgefahren Eilrechtsschutz zu erlangen (vgl. Burzynska/Fontana, in: Große-Suchsdorf, Niedersächsische Bauordnung, 10. Aufl. 2020, § 68 Rn. 10: „Die Eilbedürftigkeit der Beseitigung von Gesundheitsgefahren dürfte jedoch kein Grund zur Gewährung öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes sein, weil nach §§ 935 ff. ZPO die Möglichkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung besteht.“). Gemessen daran ist es dem Kläger auch hinsichtlich des Brandschutzes zuzumuten, den Zivilrechtsweg zu beschreiten. Es sind mit Blick auf ein Brandereignis hier keine besonderen Gefahrenquellen ersichtlich. Zudem wäre der Brandschutz hier allenfalls partiell, nämlich im Bereich der Wandschlitzungen beeinträchtigt.
Schließlich sind auch im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Schallschutzmängel, hinsichtlich derer aus den Gründen des Urteils des Einzelrichters vom 12. Dezember 2014, denen die Kammer insoweit folgt, ohnehin schon Verwirkung eingetreten ist, keine akuten Gesundheitsgefahren ersichtlich. Insoweit ist zudem noch nicht einmal ersichtlich, dass sie überhaupt den Bereich bloßer Komfortbeeinträchtigten verlassen und die Schwelle zu einer echten Gesundheitsgefahr überschreiten.
Selbst wenn man hier eine akute Gesundheitsgefahr annehmen würde, so könnte der Kläger nicht ein Einschreiten in der beantragten Form verlangen. Vielmehr könnte der Beklagte in einer solchen Situation ermessensfehlerfrei nur mit einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung beider Haushälften reagieren. Denn nur dies würde in einer solchen Situation dem Gebot effektiver Gefahrenabwehr gerecht werden. Es liegt aber auf der Hand, dass dem Kläger daran nicht gelegen ist und aus Rechtsgründen wohl auch nicht sein kann. Selbst wenn es anders wäre, müsste er dies sinnvollerweise im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO durchsetzen. Dass er – zumal bereits zum zweiten Mal – allein zur Hauptsacheklage gegriffen hat, zeigt vielmehr, dass er schon selbst nicht von einer akuten Gefahrenlage auszugehen scheint.
b. Es bestehen auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass zivilgerichtlicher Rechtsschutz hier ausnahmsweise nicht effektiv wäre.
Anderes folgt insbesondere nicht aus dem Eintritt der von den Beigeladenen geltend gemachten Verjährung zivilrechtlicher Ansprüche. Denn entsprechende Ansprüche sind allenfalls teilweise verjährt.
Eine Verjährung kommt hier zwar vor allem hinsichtlich eines Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB wegen eines Verstoßes der Beigeladenen gegen das Veränderungsverbot nach § 922 Satz 3 BGB in Betracht. Denn die Veränderungen der Nachbarwand, die der Kläger hier beanstandet und die zur Entstehung des Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 i.V.m. § 922 Satz 3 BGB geführt haben könnten, wurden unstreitig bereits vor mehr als zehn Jahren vorgenommen. Damit greift hier insoweit die kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren nach § 199 Abs. 4 BGB ein. Für Schadensersatzansprüche des Klägers dürfte Ähnliches gelten.
Im Hinblick auf den Anspruch des Klägers aus § 922 Satz 4 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB auf ordnungsgemäße Verwaltung der Nachbarwand ist jedoch eine andere Beurteilung angezeigt. Denn zur fast wortlautidentischen Vorschrift des § 21 Abs. 4 WEG a.F. (entspricht heute im Wesentlichen § 18 Abs. 2 WEG) hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich klargestellt, dass der sich daraus ergebende Anspruch des Wohnungseigentümers grundsätzlich unverjährbar ist. Ist eine Maßnahme im Interesse einer ordnungsmäßigen Verwaltung notwendig, erfordere diese ständig ihre Durchführung. Eine solche gleichsam ständig neu entstehende Dauerverpflichtung könne nicht verjähren (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2012 - V ZR 177/11 -, juris Rn. 10). Zur ordnungsgemäßen Verwaltung zählt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade auch die Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Anforderungen etwa hinsichtlich des Brandschutzes (vgl. Urteil vom 23. Juni 2017 - V ZR 102/16 -, juris Rn. 8 m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, weshalb im Hinblick auf § 745 Abs. 2 BGB andere Grundsätze gelten sollten. Darüber hinaus steht dem Kläger nach § 922 Satz 4 i.V.m. § 744 Abs. 2 BGB auch ein Selbsthilferecht im Hinblick auf die zur Erhaltung des Gegenstands (hier der Nachbarwand) notwendigen Maßnahmen zu. Zu den notwendigen Erhaltungsmaßnahmen dürfte ebenfalls die Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Anforderungen zählen, jedenfalls solche, die – wie hier – die Standsicherheit und den Brandschutz betreffen. Auch dieser Duldungsanspruch dürfte entsprechend der Rechtsprechung zu § 21 Abs. 4 WEG a.F. unverjährbar sein.
Der Kläger wäre zwar in beiden Fällen nach § 922 Satz 4 BGB i.V.m. § 748 BGB grundsätzlich zur hälftigen Kostentragung verpflichtet. Dabei handelt es sich aber um dispositives Recht (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 3. November 2006 - 14 U 214/05 -, juris Rn. 11). Angesichts der unterschiedlichen Verursachungsbeiträge hinsichtlich des Zustands der Nachbarwand erscheint es deshalb durchaus denkbar, dass der Kläger gegenüber den Beigeladenen nach § 922 Satz 4 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB auch eine abweichende Kostentragung verlangen könnte, weil nur sie billigem Ermessen entspricht. Dies kann aber auf sich beruhen, weil dem Kläger eine hälftige Kostentragung hier in jedem Fall zumutbar ist. Er hat es nämlich selbst zu vertreten, wenn weitergehende zivilrechtliche Ansprüche, die die Beigeladenen vollständig mit den Kosten belasten würden, verjährt sein sollten. Entscheidend für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren ist allein, dass der Kläger in zivilrechtlicher Hinsicht nicht schutzlos dasteht.
3. Schließlich steht auch die materielle Rechtskraft des Urteils des Einzelrichters der erkennenden Kammer vom 12. Dezember 2014 der vorstehend dargelegten Auffassung der Kammer nicht entgegen.
Soweit ein rechtskräftiges Bescheidungsurteil zu einer Rechtsvoraussetzung keine verbindlichen Ausführungen enthält, besteht diesbezüglich keine Rechtskraftwirkung. Insbesondere nehmen an der Rechtskraft eines Bescheidungsurteils auch solche tatsächlichen und rechtlichen Umstände nicht teil, die im Zeitpunkt des Urteils zwar schon vorlagen, vom Gericht im Urteil aber nicht erörtert wurden (vgl. VGH München, Beschluss vom 9. Januar 2018 - 22 ZB 17.939 -, juris Rn. 10). So verhält es sich hier im Hinblick auf die Frage der subjektiven Rechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt der Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtsvoraussetzung für einen Anspruch des Klägers auf Einschreiten des Beklagten gegen die Beigeladenen. Dieser Aspekt wurde im Urteil des Einzelrichters nicht erörtert.
4. Mit Blick auf die vom Kläger weiter geltend gemachten Verstöße gegen die Vorschriften über Bauprodukte (§ 16b ff. BbgBO), insbesondere im Zusammenhang mit der Hohlraumverfüllung, ist ihm darüber hinaus der fehlende nachbarschützende Charakter dieser Bestimmungen entgegenzuhalten. Der betroffene Nachbar hat nämlich nur dann einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, wenn die streitige bauliche Anlage gegen Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. OVG Münster, Urteil vom 9. März 2012 - 2 A 2732/10 -, juris Rn. 29). Den Regelungen über Bauprodukte lässt sich jedoch kein Drittschutz zugunsten individualisierbarer Personen und insbesondere zugunsten von Nachbarn entnehmen (vgl. VGH München, Beschluss vom 8. März 2018 - 15 CE 17.2599 -, juris Rn. 40 m.w.N.). Jenseits davon fehlen entsprechend der nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters im Gutachten vom 18. März 2016 konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die erfolgte Hohlraumverfüllung die Standsicherheit des Gebäudes berührt.
III. Die gerichtliche Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dabei entsprach es nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, den Kläger auch mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten, weil diese in der mündlichen Verhandlung einen Sachantrag gestellt und sich damit nach § 154 Abs. 3 VwGO einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils im Kostenpunkt ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.