Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 04.10.2023 | |
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Aktenzeichen | 11 U 62/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:1004.11U62.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.02.2023 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 5 O 387/22 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass folgende Beitragsanpassungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Kranken-/ Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer … bis zum 28.02.2021 unwirksam waren:
für A…S…
im Tarif „A“ die Beitragsanpassung zum 01.07.2015 in Höhe von 1,18 €,
und für G… S…
a) im Tarif „B“ die Beitragsanpassung zum 01.04.2015 in Höhe von 14,68 €
b) im Tarif „B“ die Beitragsanpassung zum 01.04.2016 in Höhe von 103,08 € und
c) im Tarif „B“ die Beitragsanpassung zum 01.04.2017 in Höhe von 81,61 €
und der Kläger nicht zur jeweiligen Erhöhungszahlung verpflichtet war.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.021,23 € € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.09.2021 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 15.09.2021 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die unter 1) aufgeführte Beitragserhöhung vom 01.01.2019 bis zum 28.02.2021 gezahlt hat.
Im Übrigen werden die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Berufungsurteil wird für vorläufig vollstreckbar erklärt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 8.000,00 € festgesetzt.
I.
Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet.
Berufungsgründe sind gegeben, soweit das Landgericht von der formellen Rechtmäßigkeit der hier in Rede stehenden Beitragsanpassungen der Beklagten zum 01.04.2015, zum 01.07.2015, zum 01.04.2016 und zum 01.04.2017 ausgegangen ist. Insoweit beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, denn die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen rechtfertigen eine andere - für den Kläger günstige(re) - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Dies wirkt sich sowohl auf die geltend gemachten Zahlungs- als auch auf die Feststellungsansprüche aus, die im Umfang des hiesigen Urteilstenors begründet sind. Die weitergehenden Ansprüche, insbesondere die klägerseits gerügte Beitragsanpassung der Beklagten zum 01.04.2022 ist weder in formeller Hinsicht noch materiell zu beanstanden. Eine Heilung der unwirksamen Beitragsanpassungen erfolgte jedenfalls durch das von der Beklagten in der Anlage BLD 10 vorgelegte Schreiben vom 21.01.2021 zum 01.03.2021, weshalb ab diesem Zeitpunkt auch keine weitergehenden Nutzungen durch die Beklagte herauszugeben sind. Maßgeblich ist Folgendes:
A. Zunächst sind die Neufestsetzungen der Prämien in dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverhältnis mit der Versicherungsnummer KV … in dem Tarif „A“ für die versicherte A…S… zum 01.07.2015 in Höhe von 1,18 € und im Tarif „B“ für den Kläger zum 01.04.2015 in Höhe von 14,68 €, zum 01.04.2016 in Höhe von 103,08 € und zum 01.04.2017 in Höhe von 81,61 € in formeller Hinsicht zu beanstanden. In der Rechtsfolge der Unwirksamkeit besteht gemäß der Regelungen der §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 818 BGB eine Rückzahlungspflicht zu Unrecht geleisteter Prämienerhöhungen (vgl. BGH, Urt. v. 21.09.2022 - IV ZR 2/21, Rn. 26, zitiert nach juris), soweit diese nicht verjährt sind. Hieraus resultiert im Streitfall ein (unverjährter) Zahlungsanspruch in geltend gemachter Höhe von 3.021,23 € (220,20 € + 30,68 € + 1.546,20 € + 1.224,15 €) nebst Zinsen. Die dahingehenden Berechnungen des Klägers in seiner Berufungsbegründung (BB 4, dort die ersten vier Spiegelstriche) sind weitgehend richtig. Unzutreffend ist lediglich die Berechnung beim 2. Spiegelstrich, wo für die Beitragsanpassung zum 01.07.2015 im Tarif „A“ lediglich 26 Monate bis zur eingetretenen Heilung berechtigt sind. Weitergehende Zahlungsansprüche bestehen indessen nicht. Neben der Feststellung der unwirksamen Beitragsanpassungen - die allerdings bis zu dem Zeitpunkt zu beschränken war, an welchem diese durch die Mitteilung der Beklagten vom Januar 2021 (BLD 10, letzte Seite) geheilt wurde, konkret zum 28.02.2021 (vgl. § 203 Abs. 5 VVG) - ist weiterhin festzustellen, dass die Beklagte zur Herausgabe gezogener Nutzungen verpflichtet ist (vgl. hierzu grundlegend BGH, Urt. v. 16.12.2020 – IV ZR 294/19, Rn. 57 f., juris). Jedoch ist der Herausgabeanspruch betreffend die Nutzungen aus den zu Unrecht gezahlten Erhöhungsbeträgen bis zu dem Eintritt der Rechtshängigkeit im vorliegenden Fall begrenzt (BGH, a.a.O.). Mithin kommt die Herausgabe von Nutzungen nur für den Zeitraum bis zum 15.09.2021 in Betracht (s.a. BGH, Urt. v. 21.09.2022 - IV ZR 2/21, Rn. 32, juris).
Die Beitragsanpassung im Tarif „C“ zum 01.01.2022 ist formell wirksam erfolgt.
Soweit der Kläger nach Anhängigkeit erfolgte Zahlungsansprüche im Tarif „A“ geltend macht, ist dem ein Erfolg schon deshalb versagt, weil zwischenzeitlich eine Heilung der ursprünglichen formellen Unwirksamkeit eingetreten ist. Hierzu im Einzelnen:
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urt. v. 16.12.2020, IV ZR 294/19 - juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Versicherer muss dabei zwar nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben. Der Versicherungsnehmer muss den Mitteilungen aber mit der gebotenen Klarheit entnehmen können, dass eine Veränderung der genannten Rechnungsgrundlagen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20; Urt. v. 21.07.2021, IV ZR 191/20; Urt. v. 20.10.2021, IV ZR 148/20; Urt. v. 17.11.2021, IV ZR 113/20 - jeweils zitiert nach juris). Ihm muss zwar grundsätzlich verdeutlicht werden, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der betreffenden Rechnungsgrundlage gibt, dessen Überschreitung die in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat (vgl. insbesondere BGH, Urt. v. 30.11.2022 – IV ZR 294/20, BeckRS 2022, 36909 Rn. 17; BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20; Urt. v. 21.07.2021, IV ZR 191/20 - zitiert jeweils nach juris). Nicht erforderlich ist es hingegen, dem Versicherungsnehmer die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwerts oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlage mitzuteilen (BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 253/20, NJW 2022, 3358 Rn. 22; Urt. v. 16.12.2020 – IV ZR 314/19, a.a.O., Rn. 95 und IV ZR 294/19, VersR 2021, 240; OLG Hamm, Beschl. v. 23.06.2022 - 20 U 128/22). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat in ständiger Rechtsprechung an (vgl. statt vieler Urt. v. 29.03.2023 – 11 U 305/22; v. 15.03.2023 - 11 U 222/22 und 11 U 297/22; v. 01.03.2023 - 11 U 139/22 und 11 U 198/22; vgl. auch Urt. 25.01.2023 – 11 U 125/22; v. 18.01.2023 – 154/22; v. 21.12.2022 – 11 U 133/21; Urt. v. 14.11.2022 – 11 U 54/22). Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden (BGH, Urt. v. 30.11.2022 – IV ZR 294/20, BeckRS 2022, 36909 Rn. 16; Senat, jeweils a.a.O.).
2. Eine Bewertung der von der Beklagten verwendeten Beitragsanpassungsschreiben identischen bzw. im Wesentlichen gleichen Inhalts ist durch den Bundesgerichtshof für die Erhöhungen zum 01.04.2015, zum 01.04.2016 sowie für die Erhöhung zum 01.04.2017 (Urt. v. 30.11.2022 - IV ZR 302/20, Rn. 4 f., 15 ff., juris; Urt. v. 30.11.2022 – IV ZR 327/20, BeckRS 2022, 36830 Rn. 19,) erfolgt. Dieser Bewertung schließt sich der Senat in ständiger Rechtsprechung an und hält die verwendeten Schreiben nicht für formell hinreichend (statt vieler Urt. v. 24.02.2023 - 11 U 262/21 und 11 U 65/22 - Urt. v. 10.03.2023 - 11 U 111/22). Die in Rede stehende Beitragsanpassung zum 01.07.2015 unterscheidet sich hiervon nicht maßgeblich. Auf die hierzu ergangene BGH-Rechtsprechung, die den Prozessbevollmächtigten beider Parteien bekannt ist, hat der Senat auch im Rahmen der Erörterungen am 04.10.2023 im Verhandlungstermin abgestellt. Einen Grund zur Abweichung bietet dieser Rechtsstreit unter Berücksichtigung der Ausführungen des Landgerichts und der Beklagten in der Berufungserwiderung nicht.
3. Zutreffend hat das Landgericht hingegen die Beitragsanpassung der Beklagten zum 01.04.2022 für formell wirksam erachtet (LGU 11). Da die Berufung des Klägers hiergegen inhaltlich nichts vorbringt, kann es hierbei verbleiben.
B. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger ferner darauf, dass sein Bestreiten der materiellen Rechtmäßigkeit der formell wirksamen Beitragsanpassungen der Beklagten zu einer weitergehenden Stattgabe seiner Klage hätte führen müssen (vgl. hierzu eingehend BB 15 ff.).
1. Für den Senat ist zunächst nicht nachvollziehbar, unter welchem Gesichtspunkt der Kläger im Streitfall die materielle Rechtmäßigkeit hier in Rede stehenden Beitragsanpassungen überhaupt rügen möchte. Auf S. 18 der Berufungsbegründung klingt an, dass dies – wie auch erstinstanzlich ab S. 7 der Klageschrift (pauschal) behauptet – vor allem mit Blick auf die klägerseits gerügte Unvollständigkeit der dem Treuhänder übergebenen Unterlagen erfolgen solle.
Die Vollständigkeit der dem Treuhänder seitens der beklagten Versicherung übergebenen Unterlagen betrifft allerdings nicht die materielle Rechtmäßigkeit der jeweiligen Beitragsanpassung, sondern das hierfür vorgesehene Verfahren. Dies hat das Landgericht zutreffend erkannt (LGU 11 f.). Die dahingehende Rechtsauffassung entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu statt vieler die den Prozessbevollmächtigten beider Parteien bekannten Urt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; v. 12.07.2023 – 11 U 28/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; vgl. hierzu auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 10, juris; OLG Köln, a.a.O., Rn. 17), an denen auch die Ausführungen des Klägers in seiner Berufungsbegründung nichts zu ändern vermögen.
Nach § 155 Abs. 1 S. 2 VAG (bzw. § 12b Abs. 1 VAG a.F.) wird dem Treuhänder im Hinblick auf die Berechnung der Prämien auferlegt, dass er zu prüfen hat, ob diese mit den dafür bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Ist dies der Fall, ist die Zustimmung nach Satz 5 dieser Regelung zu erteilen. Was dagegen die in § 155 Abs. 2 VAG (bzw. § 12 b Abs. 2 VAG a.F.) gesondert geregelte Verwendung der (erfolgsunabhängigen und erfolgsabhängigen) RfB-Mittel angeht, die der Zustimmung des Treuhänders bedürfen, so heißt es demgegenüber lediglich, dass er darauf zu achten habe, dass die in der Satzung und den Versicherungsbedingungen bestimmten Voraussetzungen erfüllt und die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind (Senatsurt. v. 26.09.2023 – 11 U 65/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23, BeckRS 2023, 16581 zustimmend Günther, FD-VersR 2023, 458602, beck-online; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 21.02.2023 – 16 U 139/19, Rn. 69 ff., juris). Der Umstand, ob dem Treuhänder die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sind, betrifft demnach nicht die formelle oder materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassung als solcher (Senat, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 71, juris). Dieser Umstand und die daraus resultierende Folgefrage, ob nämlich der Treuhänder auf der Grundlage der – vollständig oder nicht – vorgelegten Unterlagen seine tatsächlich erteilte Zustimmung hätte erteilen dürfen, betrifft nach mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung nicht die Wirksamkeit der Beitragsanpassung, sondern ist Teil der aufsichtsrechtlichen Aufgaben des Treuhänders. Diese zu überprüfen ist aber nicht Sache der Zivilgerichte, sondern der Aufsichtsbehörde (vgl. mit überzeugender Begründung OLG Nürnberg, Beschl. v. 05.06.2023 – 8 U 3284/22, BeckRS 2023, 12283 Rn. 44). Zwar macht § 203 Abs. 2 S. 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Neufestsetzung der Prämie davon abhängig, dass der zustimmende Treuhänder die „technischen Berechnungsgrundlagen“ überprüft hat. Allein deren Unvollständigkeit als solche vermittelt dem Versicherungsnehmer nach zutreffender Auffassung des OLG Nürnberg, der der Senat folgt, aber keine Befugnis, die Wirksamkeit der Prämienanpassung mit Erfolg zu beanstanden. Der Wortlaut des § 203 VVG gibt insoweit keinen Aufschluss darüber, ob sich der Versicherungsnehmer im Prämienanpassungsstreit mit Erfolg auf die Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen berufen kann. § 203 Abs. 2 S. 1 VVG verlangt vielmehr lediglich, dass die Unterlagen den Treuhänder in die Lage versetzen müssen, die Beitragsanpassung nach Maßgabe des in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG in Verbindung mit § 155 VAG vorgeschriebenen Verfahrens zu überprüfen. § 155 Abs. 1 S. 3 und 4 VAG ordnen ausdrücklich an, dass dem Treuhänder „sämtliche“ Berechnungsgrundlagen, die inhaltlich „vollständig“ sein müssen, vorzulegen sind (statt vieler Senat, a.a.O.). Ob § 203 VVG insoweit aber nur einen Verweis auf das einzuhaltende Verfahren beinhaltet oder dessen Nichteinhaltung – hier: betreffend die Unterlagenvollständigkeit – vom Versicherungsnehmer mit Erfolg im Prämienanpassungsstreit gerügt werden können soll, geht aus dem Wortlaut nicht hervor (OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 45). Rechtssystematische Erwägungen und die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung sprechen jedenfalls nicht dafür, dass der Versicherungsnehmer die Wirksamkeit der Prämienanpassung allein mit der behaupteten Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen angreifen könnte (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O. unter Hinweis auf OLG Hamm, Hinweisbeschl. v. 12.05.2023 – 20 U 7/23). Die Zivilgerichte haben demnach den Treuhändervorgang an sich nicht zu überprüfen (vgl. Senat, a.a.O.).
2. Soweit der Kläger bereits in seiner Klageschrift bestritten hatte, dass aus den dem Treuhänder übergebenen Unterlagen die durchschnittliche Altersverteilung der von der Verteilung der Limitierungsmittel betroffenen Tarife erkennbar gewesen sei, worauf sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung wohl auch bezieht, verfängt auch dies nicht. Eine Kontrolle, die sich auf eine „Ausbalancierung“ der Limitierungsmaßnahmen über alle in einem Jahr anzupassenden Tarife hinweg zu erstrecken hätte und die der Versicherer – bei Strafe der Unwirksamkeit sämtlicher Beitragsanpassungen eines jeweiligen Jahres – durch ein verschriftlichtes Limitierungskonzept oder eine anderweitige ausführliche Dokumentation seiner jeweiligen tarifbezogenen Motivation zu ermöglichen hätte und ein damit verbundener Überprüfungsauftrag hinsichtlich der Angemessenheit der Verteilung auf die Versichertenbestände insgesamt durch den Treuhänder, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (Senat, a.a.O.). Insbesondere § 155 Abs. 2 S. 2, 3 VAG räumt dem Treuhänder ein eigenständiges Ermessen nicht ein. Von der Forderung eines Limitierungskonzeptes, einer Dokumentation oder auch nur eines ausführlichen Prüfvermerks des Treuhänders sind Expertenkommission und Gesetzgeber schon bei ihren Überlegungen weit entfernt gewesen; Anklang im Gesetz haben sie erst recht nicht gefunden (vgl. hierzu insgesamt und mit weiteren Nachweisen Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 87, juris).
3. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger zudem darauf, dass das Landgericht sein rechtliches Gehör dadurch verletzt haben soll, dass es seinen Vortrag als unzureichend und „ins Blaue hinein“ angesehen hat. Der Senat teilt insoweit die überzeugenden Ausführungen der Zivilkammer, die sich eingehend mit dem klägerischen Vortrag, insbesondere mit der Pauschalität seines Vorbringens befasst hat (LGU 12 ff.). Insbesondere hat das Landgericht von der Berufung unwidersprochen ausgeführt, dass der Kläger die Kalkulationen der Beklagten schon deshalb nicht in beachtlicher Weise angegriffen hat, der Kläger schon eine Neukalkulation nicht verlangt hat (LGU 12). Auch geht es dem Kläger im Streitfall offensichtlich gar nicht darum, die versicherungsmathematischen Grundlagen der Beklagten zu hinterfragen. Mit den beklagtenseits vorgelegten Informationen zur Berechnung der beiden in Rede stehenden Beitragsanpassungen hat er sich jedenfalls inhaltlich nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt.
4. Ungeachtet dessen ist der gesamte erstinstanzliche klägerische Vortrag des Klägers zur vermeintlichen materiellen Rechtswidrigkeit zu den in Rede stehenden Beitragsanpassungen „ins Blaue hinein“ erfolgt und damit prozessual unbeachtlich ist. Der Kläger hat für die behaupteten Rechtsverstöße im Prüfungsverfahren keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, sondern lediglich subjektive Zweifel mitgeteilt, die er auf einen – woran auch immer festgemachten – Eindruck stützt, dass in Bezug auf die Limitierungsmittelverwendung die treuhänderische Zustimmung ohne tatsächliche Prüfung der Voraussetzungen erteilt worden sei. Selbst wenn man – entgegen der vorgenannten Rechtsauffassung – das Prüfungsverfahren des Treuhänders einer zivilgerichtlichen Kontrolle unterwürfe, setzte diese unabhängig von der Verteilung der Beweislast zumindest voraus, dass insoweit Fehler durch den Kläger schlüssig vorgebracht werden. Hieran fehlt es vorliegend, denn Anlass für seinen Vortrag waren erklärtermaßen keine Ungereimtheiten, sondern bloße Spekulationen, denen ein tatsachenbasierter Vortrag seitens des Klägers nicht zugrundelag.
Hierzu im Einzelnen:
Im Ausgangspunkt tritt der Senat der klägerischen Rechtsauffassung bei, wonach die Frage einer materiell wirksamen Prämienerhöhung des privaten Krankenversicherers grundsätzlich uneingeschränkt der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die Klage auf Rückzahlung der Erhöhungsbeträge aufgrund einer behaupteten materiellen Unwirksamkeit der Prämienanpassung setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die der Kläger anführt und der auch der Senat folgt, nämlich nur voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von einer Prämienerhöhung hat und diese für materiell nicht berechtigt hält (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, juris Rn. 51; statt vieler auch Senatsurt. v. 12.07.2023 – 11 U 28/23). Auch folgt der Senat in diesem Zusammenhang der klägerseits angeführten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Prozessbeteiligten die Möglichkeiten haben müssen, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (Beschl. v. 28.12.1999 – 1 BvR 2203/98, juris). Zwar trifft den beklagten Krankenversicherer die Darlegungs- und Beweislast für die materiell Rechtsmäßigkeit der von ihm geltend gemachten Beitragsanpassung (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, r+s 2022, 462 Rn. 51 m.w.N.). Im Ansatz geht der Kläger daher zutreffend davon aus, dass ein Klagevortrag nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits dann schlüssig und erheblich ist, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Das gilt auch dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Dabei darf sie von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann.
Der Senat folgt der klägerischen Argumentation allerdings nicht, wonach der Bundesgerichtshof bei Rückforderungsansprüchen von Prämienzahlungen im Bereich der privaten Krankenversicherung von den allgemein geltenden zivilprozessualen Grundsätzen abweichen wollte und abgewichen ist. Unbeachtlich ist danach, was der Kläger im Ansatz auch noch richtig zugrundelegt, der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei aber dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, wobei dies einer strengen Kontrolle unterliegt (st. Rspr. BGH, z.B. Beschl. v. 10.01.2023 - VIII ZR 9/21,Rn. 14 f., juris, m.w.N.). Die Beweislast zu Lasten des Krankenversicherers wird demnach nur im Falle einer prozessual beachtlichen Beanstandung seitens des klagenden Versicherungsnehmers ausgelöst (vgl. Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 20, juris m.w.N.).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999 - 1 BvR 2203/98, r + s 2000, 167), das bei einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung eine materielle Überprüfung aus rechtsstaatlichen Gründen für geboten hält, was im Grundsatz auch der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht und der auch der Senat folgt (vgl. Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Danach ist das Interesse des Versicherungsnehmers an einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen mit einem schutzwürdigen Interesse des Krankenversicherers an der Geheimhaltung der Berechnungsgrundlagen zum Ausgleich zu bringen. Von Verfassungs wegen darf daher insoweit eine sachliche Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen nicht allein mit Rücksicht auf Geheimhaltungsinteressen der Versicherung gänzlich versagt werden.
Die Zivilgerichte haben deshalb zu prüfen, inwieweit einem Interesse der Krankenversicherers an Geheimhaltung durch die Anwendung der §§ 172 Nr. 2, 173 Abs. 2, 174 Abs. 3 S. 1 GVG (vgl. auch § 353d Nr. 2 StGB) Rechnung getragen werden kann. Sie haben auch zu klären, worauf dieses Interesse sich im Einzelnen bezieht (BVerfG, a.a.O.).
Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Bundesgerichtshof fordern hierbei allerdings, dass dadurch die im Zivilprozess geltenden Regeln der Darlegungs- und Substanziierungslast außer Kraft gesetzt würden (vgl. Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23).
Gemessen daran erfolgte das klägerische Bestreiten der jeweils materiell ordnungsgemäßen Beitragsanpassung im Streitfall, wie bereits auch in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle, die beim Senat seitens der klägerischen Prozessbevollmächtigten vertreten werden, anhängig waren und sind, offen erkennbar „ins Blaue hinein“ und ist damit prozessual unbeachtlich (vgl. hierzu bereits Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; Urt. v. 21.06.2023 - 11 U 336/22; s.a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 218/22, Rn. 11 ff. juris; dass., Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 222/22, Rn. 9 ff., juris; s.a. LG München, Urt. v. 01.06.2023 - 12 O 1228/19). Bei dem Vorbringen des Klägers ist weder für das Gericht noch für die Beklagte der Umfang des Bestreitens überhaupt erkennbar. Der Kläger hat hier weder erstinstanzlich noch in der gem. § 520 Abs. 3 ZPO maßgeblichen Berufungsbegründung Tatsachen vorgetragen, weshalb er von der materiellen Unwirksamkeit in dem jeweiligen Tarif ausgeht; vielmehr beschränkte er sich durchgehend auf das bloße (pauschale) Bestreiten der im Gesetz genannten Anpassungsvoraussetzungen. Auf der Grundlage des klägerischen Vortrags sind im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer materiellen Unwirksamkeit eines oder mehrerer Tarife, die Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, ersichtlich. Der Kläger hat weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren irgendwelche „tatsachenbasierten“ Umstände dafür dargetan, weshalb die hier in Rede stehenden Prämienanpassungen materiell fehlerhaft sein könnten (in diese Richtung auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 21, juris; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.06.2023 – 1 U 70/23, juris Rn. 10; Franz/Püttgen, VersR 2022, 1, 25; LG Duisburg, Urt. v. 23.05.2023 – 6 O 281/22, juris Rn. 42). Ein Verweis auf angeblich nicht eingehaltene Rechtsvorschriften stellt kein Sachvortrag dar, sondern ist erst Ergebnis der Bewertung des – hier fehlenden – Sachvortrages (vgl. Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Demzufolge ist der gleichermaßen pauschale Vortrag seiner Prozessbevollmächtigten, die nicht nur zu allen hier im Streit stehenden Beitragsanpassungen, sondern auch in zahlreichen Parallelverfahren, die eine Vielzahl von Tarifen verschiedenster Versicherer betreffen (vgl. auch unwidersprochen LGU 10), nicht tatsachenbasiert, sondern rein spekulativ. Greifbare Anhaltpunkte oder auch nur Vortrag zur Plausibilität bleibt der Kläger auch hier schuldig (vgl. auch LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 27). Allein das Bestehen von Anforderungen bietet jedoch keinen Anhalt für die Annahme, diese könnten nicht erfüllt sein (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.03.2023, I-13 U 125/22, zit n. LG Duisburg, Urt. v. 23.05.2023 – 6 O 281/22, BeckRS 2023, 16631 Rn. 21).
Mit Blick darauf hätte sich der Kläger ohne Weiteres etwa auf vergleichbare Anpassungen anderer Versicherungsunternehmen beziehen können. Der Kläger hat auch keine anderen Erkenntnisquellen herangezogen, um sein Vorbringen weiter zu substanziieren, was ihm ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre (vgl. Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). So hätte er Auskünfte bei der B… hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit des Tarifes einholen können. Hierzu fordert die B… – wie mit den Parteien im Senatstermin am 27.09.2023 erörtert - auf ihrer Webseite ausdrücklich auf. Der Kläger hat – wie die Kläger in zahlreichen Parallelverfahren auch - keinerlei konkrete Tatsachen vorgetragen, die einen gewissen Anhaltspunkt dafür liefern könnten, dass und aus welchem Grund die Beitragsanpassungen seitens der Beklagten in Bezug auf den Einsatz limitierender Maßnahmen nicht korrekt vorgenommen worden sein könnten (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 22, juris). Schließlich hat er sich nicht einmal ansatzweise mit den Darlegungen der Beklagten aus der Klageerwiderung und den Berechnungen der Beklagten befasst, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat und womit sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht weiter befasst hat. Der Kläger legt zwar mit der Klageschrift ausführlich abstrakt dar, welche Vorgaben bei der Verteilung der Limitierungsmittel zu beachten sind, versäumt dann indes auf den konkreten Einzelfall bezogen mitzuteilen, was er davon nicht eingehalten sehen will und hat nicht einmal die Einsichtnahme in die Unterlagen der Beklagten begehrt (zu einer ähnlichen Konstellation Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; vgl. auch LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 23).
Die hier vorgenommene Wertung entspricht im Übrigen auch der Ausgangslage, die der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag und auf die sich der Kläger insoweit ausdrücklich beruft (BB 12). Im genannten Bezugsverfahren hatte der Kläger zumindest – anders als der hiesige Kläger – einen greifbaren Anhaltspunkt, der ihn misstrauisch werden ließ und lassen durfte (vgl. bereits Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Die dortige Versicherung hatte nämlich in einem Umfang Beitragserhöhungen vorgenommen, der nach dem klägerischen (und zumindest insoweit substanziierten) Vortrag weit über den allgemeinen Entwicklungen bei den privaten Krankenversicherungen in vergleichbaren Tarifen aufwies.
Mit dieser Subsumtion liegt der Senat im Übrigen auch auf der Argumentationslinie des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Fallkonstellationen. So hat der BGH in einer Entscheidung zu Prämienanpassungen (BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20, Rn. 21) in einem gleichgelagerten Fall ausgeführt, dass der Kläger in diesem Verfahren im Wesentlichen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beitragsanpassungen, einer Abweichung der Rechnungsgrundlagen über den Schwellenwert und die Richtigkeit der Beitragskalkulation ins Blaue hinein bestritten haben könnte. Der Bundesgerichtshof hat insoweit – auch wenn er diese Frage letztendlich im genannten Bezugsfall offenlassen konnte, ausdrücklich ein Bestreiten „ins Blaue hinein“ in Erwägung gezogen. Für ein unzulässiges Bestreiten sprechen im Streitfall erhebliche (weitere) Gesichtspunkte, zumal eine Erhöhung der Prämien nur mit Zustimmung des aufsichtsrechtlich überwachten Treuhänders, der in der Argumentationslinie des BGH die Interessen der Gesamtheit der Versicherten wahrnimmt, demgemäß auch nicht im Lager des Versicherers steht, möglich ist (vgl. zu einer gleich gelagerten Argumentation bereits Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Dieser ist als Kontrollinstanz an die Stelle der Finanzaufsicht getreten. Alle Argumente, die der BGH gegen die Nichtüberprüfbarkeit der Unabhängigkeit des Treuhänders angeführt hat (vgl. hierzu grundlegend BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17, NJW 2019, 919 Rn. 48, 53, 55, 71), lassen sich – entgegen der klägerseits vertretenen Rechtsauffassung (vgl. hierzu BB 29) auch gegen die gerichtliche Prüfbarkeit aufgrund eines ausschließlich pauschalen Vortrags übertragen:
Wenn die Zivilgerichte im Bereicherungsprozess eine anhaltslose und umfassende materielle Prüfung von Voraussetzungen und Umfang der vorgenommenen Prämienerhöhung „ins Blaue hinein“ vorzunehmen hätten, wäre dadurch offensichtlich die Stabilität der Prämien gefährdet (vgl. hierzu BGH, a.a.O., Rn. 48 so auch Senat, Urt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Auch würde diese serienmäßige Prüfung die Gefahr mit sich bringen, dass eine Überprüfung ihrer Richtigkeit die Einhaltung des Äquivalenzprinzips und die dauerhafte Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen unterliefe (Arg. BGH, a.a.O., Rn. 49). Auch muss eine vorübergehende Äquivalenzstörung im Interesse der Beitragsstabilität vermieden werden (BGH, a.a.O., Rn. 49). Zudem darf der Zweck der Einschaltung des Prämientreuhänders bei dieser Aufgabe keine Überprüfungsmöglichkeit der materiellen Rechtmäßigkeit durch den einzelnen Versicherungsnehmer im Rechtsstreit über eine Prämienanpassung erfordern (BGH, a.a.O., Rn. 50), denn der Treuhänder übernimmt an dieser Stelle gerade die staatlichen Aufgaben. Die Einführung des Bedingungstreuhänders verfolgte überdies den Zweck, anstelle des bisherigen aufsichtsrechtlichen Instrumentariums der Bedingungsgenehmigung ein neues vertragsrechtliches Instrumentarium zu entwickeln. Dieses Instrumentarium sollte ein Ersatz für die bisherige aufsichtsrechtliche Qualitätskontrolle darstellen. Das bedeutete, dass die Wirksamkeit der Bedingungsänderung an die Prüfung und Zustimmung des Treuhänders geknüpft sein sollte (vgl. hierzu eingehend Senat, a.a.O.; Langheid/Wandt/Boetius, MüKO-VVG; 2. Aufl. 2017, § 203 Rn. 597 m.w.N.). Aus der engen Verzahnung zwischen Vertrags- und Aufsichtsrecht, wie sie in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG zum Ausdruck kommt, folgt zudem, dass der Zweck des Anpassungsrechts nach § 155 VAG, namentlich die dauerhafte Erfüllbarkeit der vertraglichen Verpflichtungen des Versicherers sicherzustellen und damit die Belange der Versicherten zu wahren sind und nicht durch eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung konterkariert werden dürfen (Langheid/Rixecker/Muschner, VVG., 7. Aufl. 2022, § 203 Rn. 37). Zwar ist der Treuhänder kein Organ der Versicherungsaufsicht (Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 603). Allerdings verpflichtet § 155 Abs. 3 Satz 5 VAG den Treuhänder, die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu unterrichten, wenn er zu einer notwendigen Prämienanpassung mit dem Versicherungsunternehmen keine übereinstimmende Beurteilung erzielen kann (Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 606). Zudem betont der BGH die unternehmerische Entscheidung, die der Prämienerhöhung zugrunde liegt (BGH, a.a.O., Rn. 52). Zudem ist dem BGH auch darin zuzustimmen, dass die Grenzen der dem Versicherer zustehenden Beurteilungsspielräume grundsätzlich im Rahmen der materiellen Überprüfung der Berechtigung des Versicherers zur Prämienanpassung gewährleistet werden müssen (BGH, a.a.O., Rn. 53). Dies setzt jedoch greifbare Anhaltspunkte für dahingehende Fehler voraus. Das dies in tausenden, bei den Instanzgerichten anhängigen und annähernd gleichgelagerten Individualfällen „ins Blaue hinein“ geprüft werden muss, mit dem Risiko gravierender inhaltlicher Divergenzen bei jedem einzelnen Tarif wird weder von den Vorschriften des VVG noch den Normen des VAG und somit überlagernd die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze gefordert. Dass der Bundesgerichtshof die vorgenannten Bedenken in der Grundsatzentscheidung vom 16.12.2020 (IV ZR 294/19) revidiert haben könnte ist fernliegend. Im Gegenteil, die Richtigkeit der hier vertretenen Rechtsauffassung wird vielmehr durch die jüngste Praxis des Bundesgerichtshofs bestätigt, denn der BGH geht selber nicht davon aus, dass es für den Einstieg in eine materielle Überprüfung der Wirksamkeit der jeweiligen Tarife ausreicht, dass der Kläger die materielle Rechtmäßigkeit lediglich behauptet, denn sonst hätte der BGH etwa in seiner Entscheidung vom 19.07.2023 (IV ZR 123/22, juris) die materielle Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen ohne eine weitere Sachprüfung nicht bejahen können und dürfen. Dass der für das Versicherungsrecht zuständige 4. Senat beim Bundesgerichtshof daher ohne jegliche Begründung von den allgemein anerkannten Grundsätzen abweichen wollte, die er im Übrigen in anderen Zusammenhängen nicht infrage stellt, liegt fern (vgl. bereits Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; überzeugend auch LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 25). Ohne Erfolg bezieht sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung auf obergerichtliche Verfügungen und Entscheidungen, die der Argumentation des Landgerichts im Streitfall vermeintlich entgegenstünden (insbesondere BB 33 ff.). Ob und inwieweit der dortige Sachvortrag dem hiesigen Sachvortrag vergleichbar ist, ist nicht ersichtlich.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war entgegen dem klägerischen Hilfsantrag (BB 3) nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO hierfür nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.