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Entscheidung 8 O 181/22


Metadaten

Gericht LG Potsdam 8. Zivilkammer Entscheidungsdatum 12.07.2023
Aktenzeichen 8 O 181/22 ECLI ECLI:DE:LGPOTSD:2023:0712.8O181.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 28. November 2014 zu den Darlehensnummern 7346825012 und 7346825020 keine Ansprüche gegen die Kläger zustehen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.855,92 € zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger schlossen am 28. November 2014 zusammen mit ihrem Sohn Stephan H. zwei Darlehensverträge mit der DSL-Bank. Der Darlehensnennbetrag des einen Vertrages zur Kontonummer 73...012 betrug 139.500,00 €, der des anderen 20.000,00 € zur Kontonummer 73...004. Die DSL-Bank war bis zum Jahr 2000 in staatlichem Besitz, gehörte dann zur Deutschen Postbank AG und ist heute eine Niederlassung der Deutsche Bank AG. Zweck der Verträge war die Finanzierung eines Hauskaufes durch den Sohn Stephan H. . Dieser hatte seinen Eltern versprochen, sie in seinem Haus gegen Zahlung einer Miete wohnen zu lassen, sowie sich um sie zu kümmern, wenn sie pflegebedürftig werden sollten. Am 15.09.2014 schrieben Stephan H. und seine Schwester Petra L. an die Beklagte bzw. ihren Vermittler Herrn G. u.a.:

„Mein Bruder möchte das Objekt DHH in Nauen allein erwerben. Wohnen würde er dann oben mit seiner Tochter (Clara, gemeinsames Sorgerecht – 14 Tage bei Ihr, 14 Tage bei Ihm) ist realistisch, siehe Objektbeschreibung und die untere Etage würden meine Eltern bewohnen (Mietsvertrag). Bezugsfähig ist die DDH ab 1. November 2014.“

Die Annuitätendarlehen sahen eine Rückzahlung in einem Zeitraum von 15 Jahren für das kleine und von über 47 Jahren für das große Darlehen vor. Die vereinbarten monatlichen Raten betrugen 444,08 € und 188,35 €. In den Darlehensverträgen ist allein das Konto des Herrn Stephan H. in Bezug auf die Ratenzahlung benannt und dieser zahlte die Raten auch allein. Am 13.01.2015 schloss, wie von ihm und den Klägern von Anfang an geplant und vereinbart, Stephan H. allein den Kaufvertrag über das Objekt F.straße … in Nauen. Auf Veranlassung der Beklagten begab sich Stephan H. desweiteren am 02.02.2015 zum Notariat Kurz-Simsheimer in Berlin und unterzeichnete die Sicherungserklärung zu einer Grundschuld in Höhe von 139.500,00 Euro. Am 24. Februar 2015 genehmigten die Kläger die Sicherungsvereinbarung. Sie übernahmen die persönliche Haftung für die Grundschuld. Am 1. Mai 2015 unterzeichneten die Kläger mit Stephan H. einen Mietvertrag über eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses. Dieser ist als Anlage K 16 zur Akte gelangt. Der Mietvertrag begann am 02.08.2015 und lief auf unbestimmte Zeit. Die Miete für die 70 qm2 große Wohnfläche im Erdgeschoss betrug 392,00 Euro. Zzgl.140,00 Euro Betriebskostenvorschuss waren insgesamt mithin 532,00 Euro zu zahlen. Inwieweit die Miete tatsächlich gezahlt wurde ist ebenso umstritten wie die Zahlung der vereinbarten Mietsicherheit in Höhe von 800,00 Euro. Unter § 27 „Sonstige Vereinbarungen“ ist festgehalten, dass die Kläger ein lebenslanges Wohnrecht in der Wohnung haben (vgl. Anlage K 16, Bl. 72 Anlagenheft Kläger). Im Jahr 2020 überschrieb Stephan H. das Haus auf seine Frau, seine spätere Alleinerbin Nicole H., schenkweise, ohne die Kläger darüber zu informieren. Stephan H. starb am 18.06.2021. Die Beklagte lehnte die Bitte der Kläger auf Haftentlassung ab, eine Ablösung sei nur gegen Vorfälligkeitsentschädigung möglich.

Der Kläger war bei Abschluss der Verträge am 28.11.2014 66 Jahre alt, die Klägerin war 68. Die Kläger bezogen Renten in Höhe von 1.150,58 € und 885,71 € und der Kläger arbeitete zusätzlich im Rahmen eines Minijobs mit einer Vergütung von monatlich 400,00 €. Sonstige Einkünfte oder irgendwelches Vermögen besaßen und besitzen die Kläger nicht.

Die Kläger behaupten, Zweck der Darlehensverträge sei die Finanzierung eines Hauskaufes durch den Sohn Stephan gewesen. Stephan H. habe seine Eltern, die Kläger, gebeten, ihnen bei den Verhandlungen mit dem Finanzvermittler Herrn G. beizustehen. Sie hätten für die Finanzierung Bürgschaften übernehmen sollen, ihnen könne als Bürgen finanziell nichts passieren. Stephan H. könne den Kredit für das Haus sicher und allein mit der Miete von den Mietern/Eltern bezahlen, allerdings müssten die Eltern eben als zusätzliche Personen und Bürgen unterschreiben, dann hätte die Bank kein Problem und er könne sich das Haus kaufen. Die Kläger seien zu keiner Zeit ordnungsgemäß darüber informiert worden, welche vertraglichen Pflichten sie eingingen. Selbst nach dem Unterschriftstermin am 28.11.2014 hätten sie jahrelang geglaubt, lediglich Bürgen zu sein und erst nach dem Tod ihres Sohnes sei ihnen klar geworden, dass sie als Darlehensnehmer mit voller persönlicher Haftung eingebunden gewesen seien. Mit der Rückzahlung der Kredite seien sie jedoch von Anfang an, wie für die Beklagte auch ersichtlich, krass finanziell überfordert gewesen, so dass ihre Mithaft sittenwidrig sei.

Die Kläger beantragen,

wie erkannt

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass die Kläger als „echte“ Darlehensnehmer und nicht als bloße Mithaftende anzusehen seien, so dass eine Sittenwidrigkeit nicht in Betracht käme. Die Kläger seien in den Darlehensverträgen ausdrücklich als Darlehensnehmer bezeichnet und hätten zudem beim Notar als „Kreditnehmer“ die persönliche Haftung für die Grundschuld erklärt, ohne dass sie durch die Beklagte hierzu gedrängt worden seien. Bei Abgabe ihrer Vertragserklärungen sei mithin unabhängig von den Erklärungen des Stephan H. offenkundig gewesen, dass sie Darlehensverträge abgeschlossen hätten und keine Bürgschaftsverträge. Die Kläger hätten die streitgegenständlichen Darlehensverträge gemeinsam und gleichberechtigt mit ihrem Sohn unterzeichnet. Die Kläger seien zudem ebenso auch an den vorangegangenen Vertragsverhandlungen maßgeblich beteiligt gewesen. Die Verwendung der Darlehensvaluta für den Erwerb einer Immobilie habe dem gemeinsamen Wunsch entsprochen. Die Kläger hätten an der Darlehensgewährung insoweit ein ganz erhebliches persönliches Eigeninteresse gehabt, nachdem von Anfang an beabsichtigt gewesen sei, dass auch sie in die finanzierte Immobilie einziehen und der Sohn sich um sie kümmern solle. Sie hätten ein Wohnrecht ebenso erhalten wie die häusliche Pflege ohne ihrerseits Schenkungs - oder Erbschaftssteuer zahlen zu müssen. Dieser Wunsch sei der Beklagten gegenüber auch entsprechend kommuniziert worden. Zudem sei die Miethöhe weder ortsüblich noch tatsächlich gezahlt worden. Selbst bei Annahme einer bloßen Mithaftung lägen zudem die Voraussetzungen einer krassen finanziellen Überforderung nicht vor. Die monatliche Zinsbelastung für die beiden streitgegenständlichen Darlehen betrüge EUR 456,32 (EUR 327,82 + EUR 128,50). Der monatliche Pfändungsfreibetrag habe bei Vertragsabschluss EUR 1.045,04 betragen. Der Kläger zu 2) habe die monatliche Zinsbelastung daher aus dem pfändbaren Teil seines Einkommen – hier EUR 505,49 – aufbringen können. Jedenfalls sei die tatsächliche Vermutung für ein sittenwidriges Ausnutzen der Kläger durch deren Eigeninteresse an der Finanzierung wiederlegt. Letztlich habe der klägerische Prozessbevollmächtigte auch weder ein außergerichtliches Mandat gehabt noch hätten die Kläger diesbezügliche Zahlungen geleistet.

Für die weiteren Einzelheiten der widerstreitenden Parteivorträge wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zunächst zulässig.

Das Gericht ist örtlich und sachlich zuständig. Der Klageantrag zu 1) beinhaltet eine negative Feststellungsklage, mit der Erfüllungsansprüche der Beklagten auf Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen geleugnet werden sollen. Bei einer solchen negativen Feststellungsklage richtet sich die örtliche Zuständigkeit „spiegelbildlich“ nach der Leistungsklage umgekehrten Rubrums und dem für eine solche Leistungsklage maßgeblichen Erfüllungsort nach den §§ 269, 270 BGB. Für die Bestimmung des Erfüllungsortes ist die Verpflichtung der Kläger maßgeblich, deren Nichtbestehen sie richterlich festgestellt wissen wollen. Ausschlaggebend ist mithin die Zahlungsverpflichtung der Kläger und Darlehensnehmer. Hierfür ist Erfüllungsort der Wohnsitz der Kläger. Für die negative Feststellungsklage von Darlehensnehmern gegen die den Kredit gewährende Bank ist mithin der Wohnsitz des Darlehensnehmers für die örtliche Zuständigkeit ausschlaggebend. Die Kläger wohnen im Landgerichtsbezirk Potsdam. Das Feststellungsinteresse folgt aus § 256 ZPO, nachdem die Beklagte zu erkennen gegeben hat und gibt, aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen Zahlungsansprüche gegen die Kläger geltend machen zu wollen.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die Kläger waren bei Vertragsabschluss mit der Darlehenshaftung finanziell krass überfordert, so dass sich ihre Mithaftung aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen als sittenwidrig und damit nach § 138 BGB als unwirksam darstellen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- und Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Missverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab. Zwar reicht selbst der Umstand, dass der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und/oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Fall krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat ( vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2005, Az.: XI ZR 325/03).

Entgegen der Auffassung der Beklagten findet die vorgenannte Rechtsprechung im Vorliegenden Anwendung. Denn die Grundsätze der sogenannten „Bürgschaftsrechtsprechung“ gelten nicht nur für Bürgschaften, sondern auch für die Mithaftung für Darlehensverträge (BGH, Urteil vom 15. November 2016 - XI ZR 32/16 m.w.N.; BGH, Urteil vom 5. November 1996, Az.: XI ZR 274/95). Die Grundsätze der Sittenwidrigkeit von Haftungsübernahmen sind nicht auf bestimmte Verwandtschaftsbeziehungen beschränkt, wie Kinder und Ehegatten, sondern erfassen auch die Eltern eines Hauptschuldners (BGH, Urteil vom 26. April 2001, Az.: IX ZR 337/98).

Bei den Klägern handelt es sich lediglich um Mithaftende. Die Kläger sind in den Verträgen zwar als Mitdarlehensnehmer bezeichnet. Jedoch ist nicht die Bezeichnung entscheidend.

Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes – sachliches und/oder persönliches Interesse – an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (vgl.BGH, Urteil vom 06.10.1998, Az.: XI ZR 244/97). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschließlich nach den Verhältnissen auf Seiten der Mitdarlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloß Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (BGH, Urteil vom 04.12.2001, Az. XI ZR 56/01). Zur Abgrenzung "echter" von lediglich "unechten" Darlehensnehmern reichen zudem mittelbare Vorteile des haftenden Darlehensnehmers oder Bürgen nicht aus. Es muss sich vielmehr um einen direkten rechtlichen Vorteil handeln (Schimanski und andere Bankrechtshandbuch, 3. Auflage § 98 Rdnr. 238; Kammergericht, Urteil vom 04.06.2002, Az.: 4 U 124/01; OLG Dresden, Beschluss vom 17.07.2006, Az.: 12 W 769/06; BGH, Urteil vom 16.06.2009, Az.: XI ZR 539/07).

Ein solcher unmittelbarer Vorteil ist im Vorliegenden nicht in dem Umstand begründet, dass die Kläger mit ihrem Sohn einen Mietvertrag abgeschlossen hatten und das finanzierte Objekt somit ebenfalls nutzen wollten. Denn hierin liegt gerade kein "unmittelbarer und ins Gewicht fallender geldwerter Vorteil" durch den Abschluss der Darlehensverträge. Das bloße Mitbewohnen eines gekauften Hauses stellt keinen Vorteil dar, der vernünftigerweise eine hoffnungslose Überschuldung ausgleichen könnte. Dies gilt hier umso mehr, als die Kläger durch die mietvertragliche Vereinbarung mit ihrem Sohn auch schuldrechtlich zu ortsüblichen Mietzahlung in Höhe von 532,00 Euro monatlich verpflichtet waren. Inwieweit tatsächlich Mietzahlungen erfolgten - was die Beklagte bestreitet - erweist sich als irrelevant, da sich zum einen die diesbezügliche schuldrechtliche Verpflichtung aus der Anlage K 16 ergibt. Zum andern stellt sich die entgeltliche Mitnutzung einer Immobilie auf der Grundlage eines Mietvertrages in keinem Fall als geldwerter direkter Vorteil der Darlehensübernahme dar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Mietvertrag vorgesehen Wohnrecht, nachdem es sich unstreitig um eine lediglich schuldrechtliche Vereinbarung und gerade nicht um ein im Grundbuch eingetragenes dingliches Wohnrecht handelte. Alleineigentümer der finanzierten Immobilie war allein Stephan H., der Sohn der Kläger.

Ein Eigeninteresse wird auch nicht durch die Hoffnung der Haftenden begründet, in Zukunft vielleicht einmal von dem Eigentümer gepflegt zu werden. Denn auch insoweit fehlt es an einem direkten, geldwerten Vorteil durch die Kreditvergabe, dies abgesehen davon, dass insoweit eine vage Zusage und keine entsprechend, durchsetzbare Verpflichtung des Sohnes im Raum stand.

Gegen eine Mitdarlehensnehmerschaft der Kläger spricht letztlich auch der Umstand, dass ihr Sohn das Darlehen allein bedient hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR 114/03).

Darüberhinaus waren die Kläger nach der somit anwendbaren „Sittenwidrigkeitsrechtsprechung“ auch finanziell krass überfordert. Eine solche finanzielle Überforderung liegt vor, wenn die Verbindlichkeit, für die der Bürge oder Mithaftende einstehen soll, so hoch ist, dass bereits bei Vertragsschluss nicht zu erwarten ist, er werde - wenn sich das Risiko verwirklicht - die Forderung des Gläubigers wenigstens zu wesentlichen Teilen tilgen können (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97). Davon ist bei nicht ganz geringfügigen Hauptschulden jedenfalls dann auszugehen, wenn der Bürge voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen der Hauptschuld aufzubringen vermag.

Die Zinslast aus den beiden Darlehen beträgt im Vorliegenden unstreitig 456,33 €. Der Pfändungsfreibetrag lag im November 2014 bei 1.045,04 €. Bei einem monatlichen Einkommen von 1.150,53 Euro (Rente), zuzüglich Einkünften aus einem Minijob in Höhe von 400, 00 Euro, wie es der Kläger gegenüber der Beklagten in 2014 angegeben hatte, hat er grundsätzlich monatlich 505,49 Euro über dem Pfändungsfreibetrag zur Verfügung (1.550,53 Euro abzüglich 1.045,04 Euro). Vermögen hatte der Kläger nicht. Der Kläger ist allerdings gegenüber seiner Frau, der Klägerin, unterhaltspflichtig. Das Einkommen der Klägerin liegt bzw. lag unter der Pfändungsfreigrenze. Zieht man vom pfändungsfreien Einkommen des Klägers in Höhe von 505,49 Euro nun 393,30 € ab, konnte er bei Vertragsschluss mit einem verfügbaren Einkommen von 112,00 Euro die Darlehenszinsen nicht bedienen. Die Klägerin besitzt kein Vermögen und ihr monatlich verfügbares Einkommen lag mit 885,71 € unter dem Pfändungsfreibetrag, so dass sie ebenfalls nicht zum Ausgleich der anfallenden Darlehenszinsen in der Lage war.

Die nach alledem begründete Vermutung, dass die Kläger als Eltern des Stephan H. die Kreditverträge lediglich aus emotionaler Verbundenheit unterzeichnet haben, ist letztlich auch nicht widerlegt. Auch wenn ein Kreditinstitut der Gefahr vorbeugen wollte, dass der echte Darlehensnehmer Vermögenswerte auf Angehörige überträgt und somit dem Einflussbereich des Kreditinstituts entzieht, kann dies als berechtigtes Interesse und Ausschlussgrund für die Sittenwidrigkeit nicht herangezogen werden (BGH-Urteil v. 14.11.2000, Az.: XI ZR 248/99).

Die streitgegenständlichen Darlehensverträge verstoßen folglich im Hinblick auf die Klägerin und auf den Kläger gegen § 138 BGB und sind daher im Verhältnis zu beiden unwirksam, was im Tenor zu 1) festzustellen war.

Die Berechtigung zur Einforderung der angefallenen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 241Abs. 2, 280 BGB, nachdem das Bestreiten der Beklagtenseite im Hinblick auf den Ausgleich der diesbezüglichen Rechnung des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26.08.2021 ersichtlich ebenso ins Blaue hinein erfolgte wie dasjenige der Mandatierung der Klägervertreter.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.