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Entscheidung 3 K 5532/17


Metadaten

Gericht VG Potsdam 3. Kammer Entscheidungsdatum 29.12.2023
Aktenzeichen 3 K 5532/17 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2023:1229.3K5532.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 39 Abs 5 Nr 2 BNatSchG, Art 3 Abs 1 EGRL 147/2009, Art 3 Abs 2b EGRL 147/2009, Art 91 EUV 1306/2013, Art 92 EUV 1306/2013, Art 97 EUV 1306/2013, Art 99 EUV 1306/2013, Art 32 Abs 1 EUV 1307/2013, Art 33 Abs 1 EUV 1307/2013, Art 41f EUV 1307/2013, Art 43ff EUV 1307/2013, Art 49f EUV 1307/2013

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Landwirtschaftsunternehmen in Gestalt einer juristischen Person, wendet sich gegen die Kürzung von Direktzahlungen.

Im Jahre 2016 bemühte sie sich beim Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg darum, ein in der Gemarkung ... liegendes Grundstück (Flur , Flurstück ) für landwirtschaftliche Zwecke zum bereits vorhandenen Flächenbestand hinzuzupachten.

Am 6. April 2016 teilte der Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten mit, dass er sich des Umstandes bewusst sei, dass der in der Grundstücksmitte befindliche Teich durch einen unerkannten Rohrbruch seine Ausdehnung vergrößert habe. Das Grundstück, das in den vergangenen Jahren nicht landwirtschaftlich genutzt worden sei, solle in den kommenden Tagen gemulcht werden. Danach werde man sehen, wie weit man von dem „künstlich“ gefüllten Pool Abstand halten müsse und wie viel Fläche in Nutzung genommen werden könne.

Unter dem 14. April 2016 teilte das Ministerium der Finanzen der Klägerin im Zusammenhang mit den Verhandlungen über einen Pachtvertrag über das inmitten stehende Grundstück mit, dass keine Bedenken gegen den Beginn von Bestellarbeiten schon vor Abschluss eines Pachtvertrages bestünden.

Am 18. April 2016 wandte sich der Geschäftsführer der Klägerin an die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten und teilte mit, die Klägerin habe infolge der positiven Rückmeldung des Ministeriums begonnen, auf einer ca. 4 ha großen Fläche des Grundstückes Grasaufwuchs zu mulchen. Auf einer weiteren 4 ha umfassenden Fläche sei sie gerade dabei gewesen, Wurzelaustriebe von Weiden, die etwa fingerdick seien, zu mulchen. Das Biotop, das aus der zentral auf dem Flurstück gelegenen Wasserstelle und dem direkt angrenzenden Aufwuchs bestehe, habe man natürlich nicht verändert und habe das auch nicht vor. Vor Beginn der Mulcharbeiten habe die Klägerin geprüft, ob die Ackerfläche im FFH- oder SPA-Gebiet liege. Das sei nach vorliegendem Kartenmaterial nicht der Fall.

Die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten verwies auf naturschutzrechtliche Verbote und vereinbarte mit dem Geschäftsführer der Klägerin einen Vor-Ort-Termin für den 25. April 2016 ab, um abzustimmen, welche Flächen in die landwirtschaftliche Förderung genommen werden könnten.

Die Behörde fertigte über diesen Vor-Ort-Termin einen Kontrollbericht über eine Vor-Ort-Kontrolle zu Cross-Compliance im Zusammenhang mit der Bewilligung landwirtschaftlicher Beihilfen mit Blick auf die unionsrechtlichen Vorschriften zur Erhaltung der wild lebenden Vogelarten. Im Protokoll heißt es u.a., dass zur Kontrolle „Agro View“ sowie Fotos herangezogen worden seien. Unter Punkt 2.3 (Verstoß gegen vogelschutzspezifische Auflagen und Schutzgebieten) führt das Protokoll aus: „Es wurde am 18.04.2016 eine Beseitigung von ca. 250m auf einer Breite von 4 m mit einem Mulcher ein Weidengebüsch entfernt und auch ein ca. 3 ha Röhrichtbestand entfernt. In der Zeit vom 1.3. – 30.9. einen jeden Jahres ist dies entsprechend § 39 BNatSchG verboten.“ Zu Punkt 2.4 (Zerstörung der den Vogelarten als Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dienenden geschützten Landschaftsbestandteile/Naturdenkmäler und gesetzlich geschützte Biotope) heißt es: „Die Beseitigung von Bäumen, Büschen und Röhrichtbeständen, die als gesetzlich geschützte Biotope gelten, ist in diesem Falle unter der Nr. 30/0807-41 bei der Fachbehörde registriert.“ Schließlich heißt es zu Punkt 2.5 (Verstoß gegen Einhaltung der Verbote von Schutzgebietsverordnungen, soweit der Betriebsinhaber Flächen bewirtschaftet, die nach Maßgabe der sogenannten Artikel 30-Richtlinie förderfähig sind): Die Schläge sind nicht gebildet, da zu dem Zeitpunkt des Eingriffs noch kein Feldblock gebildet war. Die Gemarkung ... Flur  Flurstück  ist durch das Handeln betroffen.“. Die Behörde wertete dies unter allen in Betracht kommenden Kriterien als mittelschweren Verstoß. Im Anschluss an den Kontrollbericht befindet sich im Verwaltungsvorgang eine Luftaufnahme des Grundstücks, auf der sich u.a. an dessen nördlichem Rand parallel zur angrenzenden Straße eine blaue Strichmarkierung befindet, die mit dem Wert „236,09 m“ verbunden ist. Zudem finden sich dort Fotografien der Örtlichkeit, die mit Datumsstempel vom 25. April 2016 versehen sind. Die erste zeigt eine breite Schneise, die rechts und links einen gebüschartigen Bewuchs aufweist. Gegen den Kontrollbericht machte die Klägerin unter dem 17. Juni 2016 im Wesentlichen geltend, das Landwirtschaftsamt habe mitgeteilt, dass die Fläche „LN“ sei. Einwendungen gegen die landwirtschaftliche Nutzung seien nicht erhoben worden. Das Flurstück und die hier betroffene kleinere Teilfläche befinde sich gemäß Landschaftsrahmenplan der Unteren Naturschutzbehörde weder in einem SPA- noch in einem FFH-Gebiet. Auch aus veröffentlichtem Kartenmaterial sei ein Schutzstatus nicht ersichtlich. Allerdings sei aus dem Landschaftsrahmenplan bekannt, dass sich auf dem Gesamtgrundstück ein Biotop befinde. Das Biotop umfasse laut Landschaftsrahmenplan etwa 5 ha. Dieses ausgewiesene Biotop sei durch ihre, der Klägerin, Arbeiten in keiner Weise berührt worden. Ganz im Gegenteil sei ein großer Sicherheitsabstand eingehalten worden. Auf den Flächen, die von ihr vor dem Vor-Ort-Termin gemulcht worden seien, hätten sich keine Weidenbüsche oder Bäume oder Röhricht befunden. Es seien lediglich auf einer Fläche von einigen hundert Quadratmetern vereinzelt stehende maximal fingerdicke Wurzelaustriebe von Weiden abgemulcht worden. Diese Einzeltriebe führten nicht zu einer Charakterisierung als gesetzlich geschütztes Biotop.

Am 13. Mai 2016 beantragte die Klägerin beim Beklagten Agrarförderung in Gestalt der Basisprämie, Greeningprämie, Umverteilungsprämie und Junglandwirtprämie. Diesem fügte sie eine Luftbildaufnahme bei, auf der von ihr grafisch mit einem gewissen Abstand um die zentral gelegene Wasserstelle herum eine Abgrenzung von Ackerland und Unland eingezeichnet ist. Die auf der Anlage zum Vor-Ort-Protokoll vermerkte Schneise befand sich nach Maßgabe der dem Förderantrag beigefügten Aufnahme im Unland. Am 21. Juli 2016 bildete das Amt für Landwirtschaft des Beklagten für das inmitten stehende Grundstück einen Feldblock, der sich nur unwesentlich von der dem Förderantrag beigefügten Abgrenzung zwischen Ackerland und Unland unterscheidet.

Die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten bat in der Folge beim Landesamt für Umwelt des Landes Brandenburg um eine Feststellung des gesetzlich geschützten Biotops auf dem Streitgrundstück. Am 20. September 2016 übersandte das Landesamt für Umwelt an die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten eine aktuelle Abgrenzung des auf dem Streitgrundstück befindlichen „Biotopes .../L...“ als grafische Darstellung auf einem Luftbild. Ergänzend heißt es in der Mitteilung, durch höhere Wasserstände in den Jahren 2010-2012 habe sich die Biotopfläche deutlich vergrößert und es hätten sich ausgedehnte Weidengebüsche feuchter Standorte als gesetzlich geschützte Biotope um das temporäre Gewässer entwickeln können. Die grafische Darstellung deckt sich im Wesentlichen, jedenfalls aber in Bezug auf die bei dem Vor-Ort-Termin festgestellten Schneise, mit dem auf diesem Grundstück gebildeten Feldblock.

Als sich herausstellte, dass der vermeintlich an anderer Stelle des Grundstückes gemulchte Röhricht tatsächlich eine Landreitgras-Flur war, übersandte die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten dem Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurerneuerung einen geänderten Prüfbericht. Der Text zu Punkt 2.3 des Berichts wurde nunmehr auf folgenden Wortlaut beschränkt: „Es wurde am 18.04.2016 eine Beseitigung von ca. 250m Länge und 4m Breite mit einem Mulcher ein Weidengebüsch entfernt. In der Zeit vom 1.3. – 30.09. eines jeden Jahres ist dies entsprechend § 39 BNatSchG innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten verboten.“ Die Bewertungsmatrix für Cross Compliance-Verstöße gegen Art. 93 und Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. nationaler Gesetzgebung sei zugrundgelegt worden. Hierzu wird verwiesen auf § 5 Abs. 5 AgrarZahlVerpflV Code GLÖZ 4 PK 03 mit folgendem Wortlaut „Im Zeitraum 1. April bis 30. Juni auf ökologischen Vorrangflächen von § 5 Abs. 1 AgrarZahlVerpflV bzw. auf brachliegenden/stillgelegten Ackerland bzw. auf Dauergrünlandflächen ohne Erzeugung gemäht oder Aufwuchs zerkleinert.“

Mit Bescheid vom 30. Januar 2017 bewilligte der Landrat des Landkreises ..., Amt für Landwirtschaft, Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, der Klägerin für das Antragsjahr 2016 eine Beihilfe im Rahmen der Direktzahlungen für die Basisprämie, die Greeningprämie, die Umverteilungsprämie 2016, die Junglandwirtprämie sowie für die Erstattung von Mitteln aus der Haushaltsdisziplin 2014 in Höhe von 202.677,55 Euro und lehnte den Antrag im Übrigen im Hinblick auf vorgenommene Kürzungen ab. Zur Begründung führt der Bescheid zum Sachverhalt im Wesentlichen aus, dass sich dieser aus dem Antrag der Klägerin nebst Anlagen sowie den Ergebnissen der Verwaltungskontrolle und ggf. stattgefundenen Vor-Ort-Kontrollen ergebe, die zum Bestandteil des Bescheides gemacht würden. Weiterhin beruhe die Entscheidung auf den Ergebnissen von ggf. stattgefundenen Kontrollen der Cross Compliance Verpflichtungen. Wegen der Kürzungsgründe verweist der Bescheid auf dessen Anlage 3. Dort wird für alle Prämienarten eine Kürzung im Umfang von 3% mit der Begründung ausgewiesen: „Sie haben die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder den guten landwirtschaftlichen Zustand der landwirtschaftlichen Flächen gemäß Art. 93 der VO (EU) Nr. 1306/2013 nicht erfüllt. Zur weiteren Begründung wird auf die Anlage 5 des Bescheides verwiesen. Dort heißt es, die Kürzung wegen Verstoßes gegen Cross Compliance-Vorschriften in Höhe von 3 % resultiere aus der Vor-Ort-Kontrolle vom 25. April 2016 und den dort festgestellten Mängeln bezüglich der Vogelschutzrichtlinie Nr. 2009/147/EG in Verbindung mit nationaler Gesetzgebung und weiteren unionsrechtlichen Vorschriften. Folgende Mängel und Einzelbewertungen werden angeführt:

„1. Vogelschutzspezifische Auflagen in Schutzgebieten wurden nicht eingehalten. Bäume, Büsche und Röhrichtbestände, die als gesetzlich geschützte Biotope gelten, wurden am 18.04.2016 beseitigt. Dies sei im Zeitraum vom 01.03. – 30.09 eines Jahres nach § 39 Bundesnaturschutzgesetz verboten. Die Bewertung erfolgte durch die Fachbehörde (Untere Naturschutzbehörde) als Regelverstoß in Höhe von 3 %.

2. Geschützte Landschaftsbestandteile, Naturdenkmäler und gesetzlich geschützte Biotope, die als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte dienen, wurden beeinträchtigt bzw. zerstört. Bewertung durch die Fachbehörde ebenfalls als Regelverstoß mit Kürzung in Höhe von 3 %.“

Ausmaß und Schwere des Verstoßes würden bei der Tierkennzeichnung als mittel erachtet. Der Verstoß sei erstmalig festgestellt worden. Bei Regelverstößen gegen den vorgenannten Rechtsakt erfolge eine Kürzung von 3 % der Direktzahlungen. Die Einwendungen der Klägerin hätten zu keiner anderen Bewertung des Verstoßes durch die Untere Naturschutzbehörde beführt. Somit betrage der CC-Gesamtkürzungsbetrag 6.268,38 Euro.

Unter dem 6. Februar 2017 berichtigte das Amt für Landwirtschaft, Veterinär- und Lebensmittelüberwachung den Bescheid vom 30. Januar 2017 in Bezug auf die Angabe „Tierkennzeichnung“ und ersetzte sie durch das Wort „Vogelschutzes“.

Am 10. Februar 2017 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Januar 2017, soweit die Kürzungen betroffen sind. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die im Bescheid angeführten Mängel seien fehlerhaft und unsubstantiiert. Der Verweis auf die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle genüge nicht, denn der Prüfbericht vom 25. April 2016 sei fehlerhaft und enthalte keinen konkreten Feststellungen. Es seien keine Bäume beseitigt worden. Soweit ein langestreckte Bereich im nördlichen Teil des Grundstücks betroffen sei, der südlich des Grabens liege, sei dort kein Buschaufwuchs entfernt worden, da sich dort gegenwärtig 1,5 m hohe Büsche befänden. An dieser Stelle habe sie, die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Arbeiten verrichtet. Was einen ebenso langgestreckten Bereich nördlich des Grabens betreffe, so befinde sich dort ein wegähnlicher Streifen, weil dort eine Gas- oder Wasserleitung verlaufe. Dort seien, wie die Fotografien vom 25. April 2016 belegten, etwa fingerdicke Weidenwurzelaustriebe gemulcht gewesen. Doch habe sie, die Klägerin, die Arbeiten nicht veranlasst. Vielmehr seien dort mittlerweile erneut Buschentfernungsmaßnahmen erfolgt. Die Stadt habe jedoch mitgeteilt, dass an dieser Stelle Grabenarbeiten stattfänden, die der Unterhaltung und Freihaltung einer Erdgastrasse dienten. Auch eine Beseitigung von Schilf habe es nicht gegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2017, zugestellt am 9. September 2017, wies der Landrat des Landkreises ... den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führt die Behörde im Wesentlichen aus, nach der bereits erfolgten Reduzierung der Cross-Compliance-Verstöße auf die Beseitigung von Weidengehölzen auf einer Länge von etwa 250 x 4 m im nördlichen Teil des Grundstücks komme es insbesondere auf den Vortrag der Klägerin zur Beseitigung von Röhricht nicht mehr an. Hinsichtlich der Weidengehölze seien allerdings beide im Bescheid aufgeführten Vorwürfe erfüllt. Denn, was den Vorwurf zu 1) betreffe, sei nach den Feststellungen des Landesamtes für Umwelt die Entfernung in einem naturschutzrechtlich geschützten Gebiet entgegen der zu beachtenden Ruhezeit erfolgt. So verhalte es sich auch bezüglich des Vorwurfes zu 2), da das vorliegende Biotop Brut- und Ruheplätze verschiedener Vogelarten beherberge. Der Ansatz von 3 % Kürzung für die als mittelschwer eingestuften Verstöße sei nicht zu beanstanden, weil es sich dabei um den Regelfall handele und lediglich eine Abweichung nach unten oder oben gesondert zu begründen sei.

Mit der am 9. Oktober 2017 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt im Wesentlichen vor, das vom angefochtenen Bescheid in Bezug genommene Vor-Ort-Protokoll enthalte lediglich zu dessen Punkt 2.3 eine konkrete Feststellung. Der Vorwurf zu dessen Punkt 2.5 sei nicht nachvollziehbar. Denn es sei denklogisch nicht zu erklären, wie eine Vor-Ort-Kontrolle auf beantragten Betriebsflächen stattfinden sollte, wenn die dafür als Flächenkulisse vorgegebenen Feldblöcke noch nicht gebildet sein sollten. Soweit sich im Verwaltungsvorgang eine Luftaufnahme des Streitgrundstücks mit Kennzeichnung der hier betroffenen Fläche befinde (VV Bl. 697), sei diese nicht in den angegriffenen Bescheid einbezogen worden. Sie, die Klägerin, habe die streitige Mulchung auch nicht vorgenommen. Vielmehr habe es sich um Pflegearbeiten eines Gasleitungsbetreibers gehandelt.

Die Klägerin beantragt (wörtlich),

den Bescheid der Beklagten über Direktzahlungen gemäß Verordnung (EU) Nrn. 1306/2013 und 1307/2013 vom 30. Januar 2017 zum Az.: 16/34165/215/krü in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2017 – zugestellt am 11. September 2017 – aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält entgegen, dass nach der schriftlich eingeholten Stellungnahme des Gasleitungsbetreibers zwar Arbeiten auf dem Grundstück durchgeführt worden seien, diese jedoch im Einzelnen auf einem Luftbild grafisch festgehaltene Bereiche betreffe, die mit dem hier streitigen nicht identisch und im Übrigen nur punktuell gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Ordner) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 87a Abs. 2, Abs. 3, 101 Abs. 2 VwGO), ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthaft. Das Gericht versteht den schriftsätzlich gestellten Klageantrag gemäß § 88 VwGO in Anbetracht des übrigen Vorbringens dahin,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung seines Bescheides über Direktzahlungen vom 30. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2017 zu verpflichten, ihr den ungekürzten Gesamtbetrag in Höhe von 208.945,93 Euro, mithin weitere 6.268,38 Euro zu gewähren.

Die so verstandene Verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Kürzung des Gesamtbetrages um 3% ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Festsetzung ungekürzter Zahlungsansprüche der Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die begehrte Basisprämie, Greeningprämie, Umverteilungsprämie und Junglandwirteprämie sind in erster Linie die Artt. 32 Abs. 1, 33 Abs. 1, 43 ff., 41 f., 49 f. der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. Nr. L 347 S. 608 – im Folgenden: VO (EU) Nr. 1307/2013). Die danach erfolgte Berechnung des Gesamtbetrages einschließlich der Erstattung von Mitteln aus der Haushaltsdisziplin 2015 und der Kürzung von Mitteln wegen der Haushaltsdisziplin 2016 ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Da insoweit auch keine Fehler bei der Berechnung ersichtlich sind, bedarf die Bezugsgröße der hier inmitten stehenden Kürzung keiner Vertiefung.

2. Rechtsgrundlage für die vom Beklagten vorgenommenen Kürzung des Gesamtbetrages um 3 % sind die Artt. 91 und 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. L 347 vom 20. Dezember 2013, S. 549 – im Folgenden VO (EU) Nr. 1306/2013).

Nach Art. 91 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 wird gegen einen Begünstigten von Direktzahlungen im Sinne von Art. 92 UAbs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013, – wie hier die Klägerin – eine Verwaltungssanktion verhängt, wenn er die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Art. 93 VO (EU) Nr. 1306/2013 nicht erfüllt. Gemäß Art. 93 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 umfassen die in Anhang II der Verordnung aufgeführten Cross-Compliance Vorschriften die unionsrechtlichen Grundanforderungen an die Betriebsführung und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand. Sie betreffen die Bereiche Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen; Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen sowie Tierschutz.

Nach Anhang II der VO (EU) Nr. 1306/2013 gehört die Einhaltung der Artt. 3 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, 4 Abs. 1, 2 und 4 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20/7, S. 7 vom 26. Januar 2010 – im Folgenden: Richtlinie (EG) Nr. 2009/147) zur Grundanforderung an die Betriebsführung im Umweltschutz, Klimawandel, guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen mit dem Hauptgegenstand Biodiversität (GAB 2). Daneben sind auch die nationalen Vorschriften des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542 – Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) einzuhalten, jedenfalls soweit sie den vorgenannten Zielen der Biodiversität der VO (EU) Nr. 1306/2013 dienen. So verhält es sich mit der Vorschrift des § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG (in der hier für das Antragsjahr 2016 maßgeblichen Fassung des Gesetzes, die es durch Gesetz vom 6. Oktober 2011 – BGBl. I S. 1986 – erhalten hat), wonach es verboten ist, Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen. Denn wenngleich die Vorschrift nicht zur Umsetzung der Richtlinie (EG) Nr. 2009/147 eingeführt wurde, dient sie doch ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs vom 3. April 2009 (BR-Drs. 278/09, S. 212) den in der Anlage II der VO (EU) Nr. 1306/2013 zu GAB 2 genannten Zielen. Denn in der Begründung heißt es (BR-Drs. a.a.O.):

„Das zeitlich beschränkte Schneideverbot in Nummer 2 dient dem allgemeinen Schutz aller Arten, die auf die genannten Gehölze angewiesen sind. Neben weiteren Regelungen ist die Bestimmung wichtig, um das Blütenangebot für Insekten während des Sommerhalbjahres sicherzustellen, brütende Vogelarten zu schützen sowie Gehölze als Brutplatz in der Saison zu erhalten.“

In der Eingangsformulierung des Gesetzentwurfs wird ferner darauf hingewiesen, dass das Gesetz u.a. der Umsetzung Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. L 103 vom 25.4.1979, S. 1) dient. Diese Richtlinie wurde durch Art. 18 UAbs. 1 der im Anhang II der VO (EU) Nr. 1306/2013 zu GAB 2 genannten Richtlinie (EG) Nr. 2009/147 aufgehoben, enthielt jedoch eine zur aktuellen Vogelschutzrichtlinie (EG) Nr. 2009/147 wortgleiche Regelung in Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, wonach die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der in Artikel 2 der Richtlinie genannten Erfordernisse die erforderlichen Maßnahmen treffen, um für alle unter Artikel 1 der Richtlinie fallenden Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wiederherzustellen. Nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift gehören zur Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensstätten und Lebensräume insbesondere die Pflege und ökologisch richtige Gestaltung der Lebensräume in und außerhalb von Schutzgebieten (lit. b).

Gemäß Art. 91 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 findet die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist: Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten (lit. a); die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen (lit. b).

2. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

a. Der angefochtene Bescheid genügt den Anforderungen an die formelle Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten, insbesondere ist im insofern maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides die Voraussetzung der Begründungspflicht von schriftlichen Verwaltungsakten gemäß § 39 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfGBbg erfüllt. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. So liegt es hier insbesondere in Bezug auf die Konkretisierung der Fläche, auf der die streitige Mulchung im Umfang von etwa 250 x 4 m erfolgt ist. Denn der Widerspruchsbescheid bezieht die im Verwaltungsvorgang befindliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Beklagten ein, die als Anlagen Luftbildaufnahmen mit genauer Markierung der Position dieser Fläche auf dem Streitgrundstück enthalten.

b. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

aa. Die Klägerin hat gegen § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG verstoßen, indem sie zwischen dem 14. und 18. April 2016 auf einer Fläche von ca. 250 x 4 m Weidenaustriebe und damit ein sonstiges Gehölz im Sinne dieser Vorschrift gemulcht und damit abgeschnitten hat. Dies folgt zur Überzeugung des Gerichts aus den Feststellungen, die der Beklagte bei dem Vor-Ort-Termin am 25. April 2016 einschließlich der dabei angefertigten Fotodokumentation und nachfolgend markierten Luftbildaufnahmen getroffen hat. Es handelt sich dabei um eine Schneise, die im nördlichen Bereich des von der Klägerin im Jahre 2016 gepachteten Streitgrundstücks, etwa parallel zur nördlich angrenzenden ... festgestellt wurde. Dabei wird durch die vom Beklagten beigezogenen Dokumentation der örtlichen Vogelwarte eindrucksvoll belegt, welchen Schutzes das Streitgrundstück mit dem darauf befindlichen Feuchtgebiet „Langer Pfuhl“ in Bezug auf Vögel tatsächlich bedarf. Denn danach wurden in diesem Bereich alleine im Jahre 2016 15 Vogelarten registriert, die in den Anhängen der Richtlinie (EG) Nr. 2009/147 gelistet sind, davon fünf in Anhang I. Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie (EG) Nr. 2009/147 sind auf die in diesem Anhang aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

bb. Der Verstoß ist unmittelbar im Sinne von Art. 91 Abs. 2 Satz 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 der Klägerin anzulasten. Insbesondere vermag sie nicht mit ihrem Einwand zu überzeugen, nicht sie, sondern der Betreiber einer in diesem Bereich des Grundstückes verlaufenden Gastrasse habe im April 2016 diese Schneise angelegt. Dies folgt aus ihrem eigenen Vorbringen. Denn der Geschäftsführer der Klägerin wandte sich am 18. April 2016 an die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten und teilte mit, das Ministerium habe mitgeteilt, dass sie, die Klägerin, eine ca. 20 ha große Teilfläche des im Kataster als Ackerland eingetragenen Grundstücks in Nutzung nehmen könnten. Sie habe daraufhin begonnen auf einer etwa 4 ha großen Fläche den Grasaufwuchs zu mulchen. Auf einer weiteren etwa 4 ha umfassenden Fläche sei sie jetzt dabei gewesen, die Wurzelaustriebe von Weiden, die etwa fingerdick seien, zu mulchen. Daraus folgt für das Gericht, dass die Klägerin nach eigenem Vortrag an zwei Stellen auf dem Grundstück Mulcharbeiten durchgeführt hat. Zwei Flächen mit den Spuren von Mulcharbeiten wurden bei dem Vor-Ort-Termin identifiziert. Während eine Fläche zunächst vermeintlich Röhricht, später jedoch Landreitgras betraf, lag die weitere Fläche, eine Art Schneise, in einem Grundstücksbereich, der von Weiden bewachsen war. Die Klägerin bestätigt durch ihr eigenes Vorbringen, wo genau im nördlichen Bereich des Streitgrundstücks im Jahre 2016 ein schneisenartiger Freischnitt von Weidengehölzen festgestellt wurde. Denn sie selbst hat eine Fotodokumentation von Anfang des Jahres 2017 vorgelegt, die eine schneisenartig freigeschnittene Fläche inmitten von Weiden zeigt und hat hierzu behauptet, dass ihr die Mulcharbeiten in diesem Bereich im Jahre 2016 nicht zugerechnet werden könnten, weil an derselben Stelle der Betreiber der Gastrasse zu Beginn des Jahres 2017 eine Schneise freigelegt habe. Daraus will die Klägerin ableiten, dass es sich ebenso im Jahre 2016 verhalten habe. Allerdings dringt sie damit nicht durch. Denn der Betreiber der Gastrasse, dessen Mitarbeiter sie selbst zum Beleg ihrer Behauptung als Zeugen benannt hatte, hat klargestellt, dass in jenem Jahr nur punktuelle Arbeiten an anderen Stellen des Grundstücks durchgeführt wurden. Die Klägerin hat auch nichts dafür vorgetragen, dass sich die von ihr in der E-Mail vom 18. April erwähnte Fläche, auf der sie Weidenaustriebe beseitigt habe, tatsächlich an einer anderen Stelle des Grundstücks befunden hat.  Der Geschäftsführer der Klägerin hat überdies den Verstoß nach Maßgabe der Mitteilung einer Mitarbeiterin des Beklagten im Übrigen im Rahmen einer Besprechung eingeräumt (VV Bl. 619). Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

cc. Der Verstoß betrifft ferner die landwirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin im Sinne von Art. 91 Abs. 2 Satz 1 lit. a VO (EU) Nr. 1306/2013. Dies folgt bereits aus dem Vorbringen der Klägerin in der bereits erwähnten E-Mail vom 18. April 2016, in der sie ausführt, dass sie die Mulcharbeiten vor dem Hintergrund der Mitteilung des Ministeriums aufgenommen habe, sie dürfe einen als Ackerland ausgewiesenen Teil des Grundstücks (schon vor Abschluss des Pachtvertrages) in Nutzung nehmen.

dd. Der Verstoß betrifft auch eine Fläche des Betriebs der Klägerin im Sinne von Art. 91 Abs. 2 Satz 1 lit. b VO (EU) Nr. 1306/2013. Dabei ist „Betrieb“ gemäß Art. 91 Abs. 3 lit. a VO (EU) Nr. 1306/2013 als die Gesamtheit der von dem Begünstigten verwalteten Produktionseinheiten und Flächen zu verstehen, die sich im Hoheitsgebiet desselben Mitgliedsstaats befinden. So liegt es hier. Denn der Verstoß erfolgte auf dem Streitgrundstück, das die Klägerin als Ganzes im Laufe des Jahres 2016 gepachtet hat, um den landwirtschaftlich nutzbaren Teil des Grundstückes zu bewirtschaften.

Der Umstand, dass der Verstoß erfolgte, bevor die Klägerin einen Pachtvertrag über das Grundstück abgeschlossen, der Beklagte die beihilfefähigen Flächen eingerichtet, und die Klägerin den Antrag auf Gewährung von Direktzahlungen gestellt hatte, schließt die Anwendung der Vorschrift nicht aus. Denn zum einen ist sie auf Einwilligung des Grundstückseigentümers hin im Vorgriff auf einen beabsichtigten Vertragsschluss tätig geworden, der sodann erfolgt ist. Zum anderen muss die Vorschrift des Art. 91 Abs. 2 Satz 1 lit. b VO (EU) Nr. 1306/2013 in der Zusammenschau mit Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 gesehen werden. Danach ist die Verwaltungssanktion nach Art. 91 VO (EU) Nr. 1306/2013 explizit zu verhängen, wenn Cross-Compliance-Vorschriften in einem bestimmten Kalenderjahr zu „irgendeinem Zeitpunkt“ nicht erfüllt wurden. Danach kommt es auf eine ganzjährige Betrachtung der Flächen an, die im betreffenden Kalenderjahr zu einem beliebigen Zeitpunkt zum Betrieb des Begünstigten gehört haben.

3. Auf der Rechtsfolgenseite besteht zunächst kein Spielraum für die Behörde in Bezug auf die Verhängung einer Verwaltungssanktion als solcher gemäß Art 91 VO (EU) Nr. 1306/2013. Denn dies schreibt die Vorschrift zwingend vor. Soweit dem Beklagten ein Spielraum hinsichtlich der Höhe der Sanktionierung zukommt, hat er das ihm zukommende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, § 114 VwGO. Denn der Beklagte hatte dabei unionsrechtliche Regelungen zu berücksichtigen.

Nach Art. 99 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 wird zur Anwendung der Verwaltungs-sanktion gemäß Art. 91 der Verordnung der Gesamtbetrag der in Art. 92 der Verordnung genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen. Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 der Vorschrift berücksichtigt. Art. 101 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 sieht vor, dass die Kommission hierzu Näheres erlassen kann. Dies ist mit den Art. 73 ff. der VO (EU) Nr. 809/2014 und Art. 38 ff. VO (EU) Nr. 640/2014 erfolgt.

Art. 38 Abs. 2 bis 4 VO (EU) Nr. 640/2014 definiert die Begriffe Schwere, Ausmaß und Dauer eines Verstoßes näher. Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Begünstigten zurückzuführen, so wird eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich in der Regel auf 3 % des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, vgl. Art. 39 Abs. 1 VO (EU) Nr. 640/2014.

Wurde mehr als ein Verstoß in Bezug auf verschiedene Rechtsakte oder desselben Bereichs der Cross-Compliance festgestellt, so gelten diese Fälle zum Zweck der Festsetzung der Kürzung als ein einziger Verstoß, Art. 73 Abs. 2 VO (EU) Nr. 809/2014. Gemäß Art. 74 Abs. 1 VO (EU) Nr. 809/2014 wird das in Art. 39 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 640/2014 geregelte Verfahren zur Festsetzung der Kürzung nur dann auf jeden Verstoß getrennt angewendet, wenn mehrere fahrlässige Verstöße in Bezug auf verschiedene Bereiche der Cross-Compliance festgestellt wurden. Dann werden die sich ergebenden Kürzungssätze addiert. Die höchstmögliche Kürzung darf jedoch 5 % des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 nicht übersteigen. Vor diesem Hintergrund kann es auf sich beruhen, ob in dem hier streitigen Mulchen auf einer Fläche von etwa 250 x 4 m tateinheitlich auch ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 30 BNatSchG in Bezug auf eine erhebliche Beeinträchtigung eines Biotops zu sehen ist. Dafür spricht zwar einiges, nachdem das Landesamt für Umwelt am 20. September 2016 eine räumliche Ausdehnung des durch die Wasserstelle auf dem Streitgrundstück begründeten Biotops feststellte, die auch die im April 2016 angelegte Schneise umfasste. Allerdings würde es sich nach dem Maßstab des Art. 73 Abs. 2 VO (EU) Nr. 809/2014 für die Berechnung der Sanktion nicht auswirken.

Nach diesem Maßstab ist der Beklagte zu Recht von einem einzigen Verstoß ausgegangen. Denn die Vorwürfe betreffen denselben Bereich der Cross-Compliance im Sinne des Art. 93 Abs. 1 lit. b) VO (EU) Nr. 1306/2013 (Umweltschutz, Klimawandel, guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen nach Anhang II der VO (EU) Nr. 1306/2013). Auch die Einordnung als fahrlässiger Erstverstoß ist nicht zu beanstanden, sodass die für den Regelfall angeordnete Kürzung von 3 % vorzunehmen ist. Anhaltspunkte dafür, die eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.268,38 Euro festgesetzt.

G r ü n d e:

Der festgesetzte Streitwert entspricht dem streitbefangenen Geldbetrag (§ 52 Abs. 3 GKG).