Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 18.01.2024 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 9/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0118.13UF9.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde des Antragsgegners und unter Zurückweisung der Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird Ziffer 2. des Teilbeschlusses des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 30.11.2022 - 3 F 147/20 - im zweiten, dritten und fünften Absatz abgeändert.
Ziffer 2. erhält im zweiten Absatz folgende Fassung:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Zentralen Bezügestelle des Landes Brandenburg (Vers.-Nr. (X4)) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 1.057,45 € monatlich auf dem vorhandenen Konto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. (X1)), bezogen auf den 30.06.2020, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Ziffer 2. erhält im dritten Absatz folgende Fassung:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. (X1)) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 0,5820 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. (X3)), bezogen auf den 30.06.2020, übertragen.
Ziffer 2. erhält im fünften Absatz folgende Fassung:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der S… Lebensversicherung a. G. (Vers.-Nr. (X2)) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 7.842,39 € nach Maßgabe des Tarifs 65B (beitragsfreie Rentenversicherung nach AVMG) und der Teilungsordnung vom 01.10.2013, bezogen auf den 30.06.2020, übertragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter der Antragstellerin und dem Antragsgegner gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 6.300 € festgesetzt.
Dem Antragsgegner wird für die Rechtsverfolgung im zweiten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt und Rechtsanwalt Jochen Hirschberg in Eisenhüttenstadt als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet.
I.
Die beteiligten Ehegatten beanstanden die auf einen Teil der Ehezeit beschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs im Rahmen ihrer Scheidung als unzutreffend.
Sie schlossen am 26.07.1980 die Ehe, aus der zwei mittlerweile erwachsene Söhne hervorgegangen sind. Über den Trennungszeitpunkt - bereits im Jahr 2015 oder erst am 09.04.2020 - sind sie sich uneins. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin vom 16.06.2020 ist dem Antragsgegner am 16.07.2020 zugestellt worden.
Die Antragstellerin war bis zu ihrer Pensionierung im Sommer 2023 in Vollzeit als verbeamtete Lehrerin tätig. Die Ehegatten haben seit dem Jahr 2006 den Familienunterhalt im wesentlichen von ihrem Gehalt in Höhe von rund 3.000 € nach Abzug von Steuern und Vorsorgeaufwendungen bestritten.
Der Antragsgegner war während der Ehezeit als Angestellter in einem Baubetrieb tätig, bis dieser Ende Februar 2006 aufgelöst wurde. Nach dreimonatiger Arbeitslosigkeit machte er sich im Juni 2006 mit einer sogenannten Ich-AG in der Baubranche selbstständig. Sein Unternehmen hat in der Folgezeit keine oder nur minimale Gewinne abgeworfen, die der Antragsgegner im wesentlichen in den Erwerb von Baumaschinen für sein Unternehmen investiert hat.
Die Ehegatten bewohnten bis zum Auszug der Antragstellerin am 03.04.2020 ein in ihrem gemeinsamen hälftigen Eigentum stehendes Hausgrundstück, in dem sich die Ehewohnung befindet, die der Antragsgegner seitdem allein bewohnt.
Nach den - auch im zweiten Rechtszug von keinem Beteiligten beanstandeten - Auskünften der beteiligten Versorgungsträger haben die Ehegatten während der Ehezeit vom 01.07.1980 bis 30.06.2020 folgende dem Versorgungsausgleich unterliegende Anwartschaften erworben:
Antragstellerin:
Gesetzl. RV | Ehezeitanteil: | 25,0963 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 800,32 € |
Ausgleichswert: | 12,5482 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 400,16 € | |
korresp. Kapitalwert: | 88.452,91 € | |
Beamtenversorgung | Ehezeitanteil: | 2.114,90 € monatlich |
Ausgleichswert: | 1.057,45 € monatlich | |
korresp. Kapitalwert: | 241.325,32 € | |
Antragsgegner: | ||
Gesetzl. RV | Ehezeitanteil: | 1,1640 Entgeltpunkte = Monatsrente 38,47 € |
Ausgleichswert: | 0,5820 Entgeltpunkte = Monatsrente 19,24 € | |
korresp. Kapitalwert: | 4.389,73 € | |
Gesetzl. RV | Ehezeitanteil: | 23,1906 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 739,55 € |
Ausgleichswert: | 11,5953 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 369,77 € | |
korresp. Kapitalwert: | 81.735,88 € | |
Private AV | Ehezeitanteil: | 16.169,87 € |
Ausgleichswert: | 7.842,39 € |
Die Antragstellerin hat einen Ausschluss, hilfsweise eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf die Zeit vom Beginn der Ehe bis zum 31.05.2016 beantragt (Bl. 24 Hauptakte, Bl. 49, 53 VA-Heft). Seit dem 01.05.2015 hätten sie und der Antragsgegner in der Ehewohnung getrennt gelebt. Sie habe ab diesem Zeitpunkt, nachdem der Antragsgegner ihr Bettzeug vor die Tür des bislang gemeinsamen Schlafzimmers geworfen habe, die beiden ehemaligen Kinderzimmer als Schlafzimmer und Wohnzimmer für sich allein genutzt, der Antragsgegner habe die bisherigen gemeinsamen Schlaf- und Wohnzimmer allein weitergenutzt (Bl. 15). Sie habe nicht mehr für ihn eingekauft. Er habe sich an ihren Einkäufen bedient, ohne dass sie damit einverstanden gewesen wäre. Seine Wäsche habe sie allenfalls versehentlich mitgewaschen, weil im Haus nur eine Waschmaschine vorhanden gewesen sei. Gemeinsame Urlaube und Familienfeiern habe es nicht mehr gegeben. Seitdem er sie im Juli 2015 mit Bier aus einem Bierglas übergossen und ihr in aggressiver Weise gedroht habe, sie solle sich besser in ihrem Zimmer einschließen, ansonsten werde etwas Schlimmes passieren, sei ihre Trennungsabsicht unumstößlich. Er habe sie in den sich anschließenden Jahren bis zu ihrem Auszug zu erpressen versucht, indem er gedroht habe, die von ihr bewohnten Zimmer nicht mehr zu beheizen (Bl. 25). Er habe sie häufig angeschrien, beleidigt und ihr gedroht, um sie aus der Ehewohnung zu vertreiben. Er habe sie im März 2020 aus dem Haus ausgesperrt, so dass sie im Kalten habe stehen müssen. Sie sei von ihm so eingeschüchtert worden, dass sie erst im April 2020 die Kraft zum Auszug habe aufbringen können. Er habe seit 2015 weder Dienstleistungen zu ihren Gunsten erbracht, noch sich an den im Haus und auf dem Grundstück zu erbringenden Garten-, Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten beteiligt. Insbesondere habe er seine Aufgabe, für die Beheizung der Ehewohnung zu sorgen, massiv vernachlässigt, so dass sie häufig im Kalten saß und kein warmes Wasser hatte. Trotz ihrer Aufforderung habe er auch ab dem Jahr 2015 die monatlichen Zahlungen für seine Riesterrente nicht selbst übernommen, so dass sie diese Zahlungen - wie bereits jahrelang zuvor - bis zu ihrem Auszug aus eigener Tasche bezahlt habe. Auch an den gemeinsamen Verbindlichkeiten - Strom, Gas, Telefon, Zeitung, Hausversicherungen, Grund- und Hundesteuer, Instandhaltungs- und Reparaturkosten - habe er sich nicht beteiligt, so dass sie bis zu ihrem Auszug aus ihrer Tasche monatlich durchschnittlich 450 € allein habe aufbringen müssen. Seit Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit im Jahr 2006 habe er weder durch Zahlungen zum Familienunterhalt beigetragen, noch für seine ausreichende Altersvorsorge gesorgt, obwohl er dazu in der Lage gewesen sei und sie ihn dazu aufgefordert habe. Entgegen ihrer Aufforderung habe er seine Selbständigkeit nicht aufgegeben, nachdem er daraus kaum Gewinne erwirtschaftet habe.
Der Antragsgegner hat die vollumfängliche Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt und eingewandt (Bl. 21 Hauptakte, 44, 65, 81 VA-Heft), die Trennung sei erst durch den Auszug der Antragstellerin im April 2020 erfolgt. Bis dahin hätten die Ehegatten trotz getrennter Schlafzimmer nicht getrennt gelebt. Alle Räume der Ehewohnung seien für den anderen Ehegatten zugänglich gewesen, die Antragstellerin habe für sich und ihn eingekauft, gekocht, ihm das Essen bereit gestellt, seine Wäsche gewaschen und die von ihm genutzten Räume gesäubert. Er habe stets das gesamte Haus beheizt und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, sie nicht absichtlich aus dem Haus ausgesperrt und ihr nicht gedroht, das Haus nicht mehr für sie zu beheizen. Er habe nach besten Kräften durch seine Arbeitsleistungen und seine Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt beigetragen. Wegen der Kreditraten, die er zur Abzahlung der erworbenen Baumaschinen habe aufbringen müssen, habe er nur in geringerem Umfang Gewinne erzielt, die er zum Familieneinkommen beisteuern konnte (Bl. 65 VA-Heft).
Durch den angefochtenen Teilbeschluss vom 30.11.2022 (Bl. 42) hat das Amtsgericht, nachdem es die Folgesache Güterrecht vom Scheidungsverbund abgetrennt hat, die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich dergestalt durchgeführt, dass die Versorgungsanwartschaften, die die Ehegatten im Zeitraum vom 01.06.2016 bis zum Ehezeitende erworben haben, unberücksichtigt geblieben sind. Der Trennungswille der Antragstellerin sei ab dem 01.05.2015 verfestigt und die Trennung teilweise vollzogen gewesen. Der Antragsgegner habe es in vorwerfbarer Weise unterlassen, Vorsorge für seine Alterssicherung zu treffend und angemessen zum Familienunterhalt beizutragen. Er habe die Erlöse aus seiner selbständigen Tätigkeit im wesentlichen für Investitionen in sein Unternehmen verwendet, anstatt damit zum Familienunterhalt beizutragen.
Das Amtsgericht hat, nachdem es zusätzliche Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt hat (Bl. 38, 47, 67, 86 VA-Heft), die die Ehezeitanteile und Ausgleichswerte unter Außerachtlassung der im Zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 30.06.2020 erworbenen Anwartschaften mitgeteilt haben, den Versorgungsausgleich wie folgt durchgeführt:
Antragstellerin: | ||
Gesetzl. RV | Ehezeitanteil: | 25,0963 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 800,32 € (unverändert) |
Ausgleichswert: | 12,5482 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 400,16 € | |
korresp. Kapitalwert: | 88.452,91 € | |
Ehezeitanteil: | 1.757,60 € monatlich | |
Ausgleichswert: | 878,80 € monatlich | |
korresp. Kapitalwert: | 200.554,82 € | |
Antragsgegner: | ||
Gesetzl. RV | Ehezeitanteil: | 1,0770 Entgeltpunkte = Monatsrente 35,59 € |
Ausgleichswert: | 0,5385 Entgeltpunkte = Monatsrente 17,80 € | |
korresp. Kapitalwert: | 4.061,63 € | |
Gesetzl. RV | Ehezeitanteil: | 23,1906 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 739,55 € |
(unverändert) | Ausgleichswert: | 11,5953 Entgeltpunkte (Ost) = Monatsrente 369,77 € |
korresp. Kapitalwert: | 81.735,88 € Private AV | |
Ehezeitanteil: | 11.949,28 € | |
Ausgleichswert: | 5.974,64 € |
Mit seiner Beschwerde vom 30.12.2022 (Bl. 77, Bl. 11 der elektronischen Akte, im Folgenden: elA) verfolgt der Antragsgegner die Durchführung eines unbeschränkten Versorgungsausgleichs weiter. Die Trennung sei erst durch den Auszug der Antragstellerin im April 2020 erfolgt. Er habe sie niemals beleidigt, bedroht oder körperlich angegriffen, mit Ausnahme des Vorfalls im Juli 2015, als er im Zuge einer verbalen Auseinandersetzung den letzten Schluck Bier aus seinem Glas auf sie geschüttet habe. Er habe bis zum Auszug der Antragstellerin die Brennholzgewinnung, Beheizung des Hauses, Warmwasserversorgung, Gartenarbeit sowie Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten auf dem Grundstück durchgeführt. Stets habe er nach besten Kräften versucht, mit seinem Gewerbe Gewinne zu erzielen, um zum Familieneinkommen beizutragen. Er habe die Zahlungen an seine Rentenversicherung selbst erbracht; die Antragstellerin habe nur die Beitragszahlungen für seine Riester-Rente übernommen (Bl. 60). Er habe zwar nicht in gleichem Maß durch Zahlungen zum Familienunterhalt beigetragen, aber sich darum bemüht, dies durch Eigenleistungen zu kompensieren (Bl. 27 elA). Er habe sich weder an ihrem Konto bedient, noch ihr Vermögen zu schmälern versucht.
Der Antragsgegner beantragt (Bl. 11 elA),
unter Abänderung des Teilbeschlusses des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 30.01.2022 (3F 147/20) den Versorgungsausgleich gemäß dem Halbteilungsgrundsatz ohne Beschränkungen durchzuführen.
Die Antragstellerin beantragt (Bl. 17 elA),
die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 15.02.2023 beantragt die Antragstellerin weiter (Bl. 17 elA),
den Versorgungsausgleich auszuschließen.
Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags trägt sie ergänzend vor, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei grob unbillig, da der Antragsgegner in illoyaler Weise unterlassen habe, für seine Altersvorsorge zu sorgen, obwohl im das möglich gewesen wäre. Er habe aus seiner Selbständigkeit Gewinne erwirtschaftet, die er hierfür hätte einsetzen können, anstelle sie in Baumaschinen zu investieren, und habe damit in seine eigene Tasche gewirtschaftet, anstelle zum Familienunterhalt beizutragen. Sie sei schon mit der Aufnahme seiner Selbständigkeit, die nicht notwendig gewesen sei, nicht einverstanden gewesen. Er habe ihre Einwendungen ignoriert. In der Trennungszeit habe er versucht, sein Vermögen zu verschieben, indem er seine werthaltigen Bauwerkzeuge und seine Miteigentumshälfte am Hausgrundstück zum Verkauf angeboten habe. Er habe sich weder finanziell noch durch tatsächliche Arbeitsleistungen am gemeinsamen Leben beteiligt, habe weder Garten- noch Pflegearbeiten oder Reparaturen erbracht, das Haus nicht geheizt, sie bei Kälte aus dem Haus ausgesperrt und über Jahre hinweg gedemütigt, bedroht und beleidigt. Bis zu ihrem Auszug 2020 habe er sich nicht an den gemeinsamen Hauskosten beteiligt, die stets ausschließlich vom Konto der Antragstellerin gezahlt worden seien (Bl. 61f. elA).
Der Senat entscheidet, wie angekündigt (Bl. 31 elA), über die Beschwerde ohne Durchführung eines Erörterungstermins, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Es ist nicht ersichtlich, zu welchem zusätzlichen Erkenntnisgewinn eine mündliche Verhandlung führen könnte.
II.
1. Die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin sind nach §§ 58 ff., 66, 228 FamFG statthaft und zulässig. Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch in der Sache begründet und führt zur Durchführung des Versorgungsausgleichs, ohne dass ein Teil der während der Ehezeit erwirtschafteten Versorgungsanwartschaften der Ehegatten unberücksichtigt bleibt. Gründe, aufgrund derer der Versorgungsausgleich nach § 27 VersAusglG auszuschließen sein könnte oder ein Teil der Versorgungsanwartschaften unberücksichtigt bleiben könnte, sind nicht ersichtlich, so dass die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin als unbegründet zurückzuweisen ist.
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs kommt - ganz oder teilweise - nach § 27 VersAusglG dann in Betracht, wenn die Umstände des Einzelfalls es ausnahmsweise rechtfertigen, von dem Grundgedanken der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an allen während der Ehezeit geschaffenen Vermögenswerten abzuweichen (BGH FamRZ 2021, 1609; 2009, 205). Der Versorgungsausgleich dient der Aufteilung von gemeinsam erwirtschaftetem Altersvorsorgevermögen der Ehegatten, welches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der beiden Ehegatten rechtlich zugeordnet war (BVerfG FamRZ 2003, 1173; BGH FamRZ 2017, 26) und trägt damit dem Gedanken Rechnung, dass die Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit der Ehegatten im Keim auch eine Versorgungsgemeinschaft ist (BGH NJW 2008, 296; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.04.2021, 2 UF 159/20, juris; OLG Dresden, NJW-RR 2021, 582). Die Härteklausel des § 27 VersAusglG stellt dabei ein Gerechtigkeitskorrektiv dar, indem sie als Ausnahmeregelung eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Entscheidung in solchen Fällen ermöglicht, in denen die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zur „Prämierung“ einer groben Verletzung der aus der ehelichen Gemeinschaft folgenden Pflichten führen oder gegen die tragenden Prinzipien des Versorgungsausgleichs verstoßen würde. Da § 27 VersAusglG eine anspruchsbegrenzende Vorschrift ist, trägt derjenige Ehegatte, der sich gegen die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs wendet, für die tatsächlichen Voraussetzungen der Vorschrift die Darlegungs- und Feststellungslast. Die so feststellbaren Umstände müssen die sichere Erwartung rechtfertigen, dass sich der uneingeschränkte Versorgungsausgleich grob unbillig zulasten des Ausgleichspflichtigen auswirken würde (OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 24.03.2020, 15 UF 185/19, juris; OLG Saarbrücken, FamFR 2013, 228).
Die für das Vorliegen von Ausschlussgründen darlegungs- und feststellungsbelastete Antragstellerin (vgl. Senat, B. v. 22.02.2022, 13 UF 25/21, juris) hat weder für einen kompletten noch einen auf einen Teil der Ehezeit beschränkten Ausschluss des Versorgungsausgleichs hinreichend konkrete Umstände und Tatsachen dargelegt.
Greifbare Tatsachen für ein Fehlverhalten des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens oder im Zuge der Trennung, das einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen könnte, hat die Antragstellerin auf das diesbezügliche Bestreiten des Antragsgegners nicht hinreichend konkret dargelegt.
Nach Durchführung eines sämtliche während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften umfassenden Versorgungsausgleichs verbleibt beiden Ehegatten jeweils eine Rente bzw. Pension in Höhe von je 1.846,01 € monatlich (400,16 € gesetzliche Rentenversicherung Ehefrau + 1.057,45 Beamtenversorgung + 369,77 € + 19,24 € gesetzliche Rentenversicherung Ehemann) sowie je 7.842,39 € aus der privaten Altersversorgung des Antragsgegners. In korrespondierenden Kapitalwerten ausgedrückt wird der Antragsgegner durch den vollumfänglich durchgeführten Versorgungsausgleich im Umfang von 235.810,26 € begünstigt (88.452,92 € gesetzliche Rentenversicherung Ehefrau + 241.325,32 € Beamtenpension minus 86.125,59 gesetzliche Rentenversicherung Ehemann minus 7.842,39 private Altersvorsorge). Bei vollständigem Ausschluss des Versorgungsausgleichs verblieben der Antragstellerin monatliche Renten- und Pensionszahlungen in Höhe von 2.915,22 € (800,32 € gesetzliche Rentenversicherung + 2.114,90 € Beamtenpension) und dem Antragsteller eine Rente in Höhe von 778,02 € (gesetzliche Rentenversicherung) sowie ein Kapitalwert von 16.169,87 € aus der privaten Altersversorgung.
Die erstinstanzlich erfolgte Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Außerachtlassung der Ehezeit vom 01.06.2016 bis zum Ehezeitende führt zu einer Kürzung der dem Antragsgegner monatlich zufließenden Renten- und Pensionszahlungen um knapp 180 €. Aufgrund des erstinstanzlichen Versorgungsausgleichs verfügt die Antragstellerin aus ihrer gesetzlichen Rentenversicherung über eine monatliche Rente in Höhe von 400,16 € (12,5482 Entgeltpunkte mit Ost-Dynamik), eine monatliche Beamtenpension in Höhe von 1.236 € (2.114,90 € minus 878,80 €) sowie vom Antragsgegner auf sie übertragene Anwartschaften aus gesetzlicher Rentenversicherung in Höhe einer monatlichen Rente von 17,80 € (0,5385 Entgeltpunkte) und 369,77 € (11,5953 Entgeltpunkte mit Ost-Dynamik), in der Summe mithin monatliche Renten- und Pensionszahlungen in Höhe von 2.023,73 € (400,16 + 1.236 + 17,80 + 369,77) zuzüglich eines Kapitalbetrags von 5.974 € aus der privaten Altersvorsorge des Antragsgegners. Dem Antragsgegner verbleiben aus seiner gesetzlichen Rentenversicherung eine monatliche Rente mit West-Dynamik in Höhe von 20,67 € (38,47 € minus 17,80 €), mit Ost-Dynamik in Höhe von 369,77 € (11,5953 Entgeltpunkte-Ost) sowie von der Antragstellerin auf ihn übertragene Anrechte aus gesetzlicher Rentenversicherung in Höhe von monatlich 400,16 € (12,5482 Entgeltpunkte mit Ost-Dynamik) und Pensionszahlungen in Höhe von 878,80 €, in der Summe mithin monatliche Zahlungen in Höhe von 1.669 € zuzüglich eines ihm verbleibenden Kapitalbetrags aus seiner privaten Altersvorsorge in Höhe von 10.195 € (16.169,87 € minus 5.974,64 €). Durch den erstinstanzlich durchgeführten Versorgungsausgleich wird der Antragsgegner - in Kapitalwerten ausgedrückt - nur im Umfang von 197.236,23 € begünstigt (88.452,92 € gesetzliche Rentenversicherung Ehefrau + 200.554,82 € Beamtenversorgung Ehefrau minus 85.797,51 € gesetzliche Rentenversicherung Ehemann minus 5.974 € private Altersversorgung Ehemann).
Ein vorwerfbares Fehlverhalten des ausgleichsberechtigten Ehegatten kann einen vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG rechtfertigen. Aufgrund der Auswirkungen auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten, der wegen des im Versorgungsausgleich geltenden Teilhabegedankens grundsätzlich Anspruch auf die Hälfte der in der Ehezeit gemeinsam erworbenen Versorgungsanrechte hat, kommt ein Ausschluss bei ganz besonders ins Gewicht fallenden Verfehlungen in Betracht, z.B. wenn der Ausgleichsberechtigte schuldhaft eine schwere Straftat gegen den Verpflichteten oder dessen nahen Angehörigen begangen hat (BGH BeckRS 2009, 17257; FamRZ 1990, 985, 986; Senat MDR 2019, 996; Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 27 VersAusglG Rn. 105f.). Die Verfehlung muss den Ausgleichspflichtigen objektiv und nachhaltig so belastet haben, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs unerträglich erscheint. Dabei müssen sich die Folgen, die sich aus dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs für den Ausgleichsberechtigten ergeben, gemessen an dem Zweck des Versorgungsausgleichs bei objektiver Würdigung in einem angemessenen Verhältnis zu der Belastung des Ausgleichspflichtigen stehen, die dieser durch die Verfehlung(en) erlitten hat (BGH BeckRS 2009, 17257).
Der vom Antragsgegner eingeräumte Angriff auf die Antragstellerin durch Ausschütten eines Bierglases im Juli 2015 erreicht weder für sich genommen, noch zusammen mit dem von der Antragstellerin weiter behaupteten, vom Antragsgegner bestrittenen Aussperren aus dem Haus, und Unterlassen einer angemessener Beheizung der Wohnräume, das Ausmaß einer Verfehlung, das einen vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen könnte. Da die Antragstellerin auf das Bestreiten des Antragsgegners weitere Übergriffe des Antragsgegners auf ihre Person nicht hinreichend konkret dargelegt hat, sind die von ihr behaupteten, seit dem Jahr 2015 andauernden Drohungen und Beleidigungen nicht festzustellen. Psychisch ausgeübter Druck, geringfügige körperliche Angriffe und Beleidigungen und sonstige verbale Attacken im Rahmen einer „krisenhaften Entwicklung“ der Ehe genügen regelmäßig nicht für die Annahme einer den vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigenden Unbilligkeit (BGH BeckRS 2009, 17257; OLG Naumburg BeckRS 2017, 140974; OLG Zweibrücken BeckRS 2016, 15065; OLG Hamm BeckRS 2013, 13579; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche, Versorgungsausgleichsrecht, 3. Aufl. 2018, § 27 VersAusglG Rn. 63).
Es ist insbesondere nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht hinreichend konkret vorgetragen, dass die Auswirkungen des festgestellten Übergriffs des Antragsgegners - das Übergießen mit dem Bierglas - derart gravierend waren, dass sie im Verhältnis der bis zum Jahr 2015 gelebten Ehezeit von rund 35 Jahren rechtfertigen könnten, dass der Antragsgegner auf eine Teilhabe an den von der Antragstellerin erwirtschafteten Anrechten, mithin eine Kürzung seiner monatlichen Rente um rund 1.000 € (778 € anstelle von 1.846 €), oder, bei dem erstinstanzliche ausgesprochenen Ausschluss des Versorgungsausgleichs, um rund 180 € (1.666 € statt 1.846 €) hinzunehmen haben könnte. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner bei einem vollständigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nur über eine das Existenzminimum tangierende Altersvorsorge verfügen würde, während der Antragstellerin auch bei vollständiger Durchführung des Versorgungsausgleichs hinreichende Anwartschaften verbleiben.
Hinreichend konkrete Tatsachen für einen vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs sind auch nicht dadurch festzustellen, dass der Antragsgegner seit dem Jahr 2006 nicht mehr in einem mit der Antragstellerin vergleichbaren Umfang bzw. gar nicht mehr zum Familienunterhalt beigetragen hat. Denkbar wäre dies, wenn zureichende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Antragsgegner seine Verpflichtung zum Unterhalt der Familie beizutragen, in grober Weise verletzt hätte (so bereits § 1587 c Nr. 3 BGB a. F.). Dafür genügt jedoch nicht bereits die Nichtleistung eines Beitrags zum Familienunterhalt. Erforderlich ist vielmehr eine gröbliche, mithin eine über eine bloße Nichtzahlung von Unterhalt hinausgehende, nachhaltige und auf einem besonders pflichtwidrigen Verhalten beruhende Beeinträchtigung des oder der Unterhaltsberechtigten, die dadurch in Not oder eine wirtschaftlich schwierige Lage geraten, etwa zur Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen gezwungen werden (BGH FamRZ 1987, 49; NJW 1986, 1934; OLG Zweibrücken BeckRS 2016, 15065; OLG Hamm BeckRS 2012, 13248; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche § 27 VersAusglG Rn. 60).
Hieran gemessen ist nicht ersichtlich oder von der Antragstellerin durch tragfähige Umstände dargelegt, dass der wirtschaftliche Misserfolg des Baubetriebs auf einem grob pflichtwidrigen Verhalten des Antragsgegners beruht haben könnte. Allein die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach dem unverschuldeten Verlust des Arbeitsplatzes als Angestellter vermag selbst dann, wenn er damit dem Wunsch der Antragstellerin zuwider gehandelt haben mag, noch kein pflichtwidriges Verhalten zu begründen (vgl. OLG Naumburg FamRZ 2008, 2284; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche, § 27 VersAusglG Rn. 51), zumal die Antragstellerin nichts von Substanz dafür vorträgt, den Schritt des Antragsgegners in die Selbständigkeit nicht zumindest geduldet zu haben. Der andauernde wirtschaftliche Misserfolg des Antragsgegners vermag selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass er diesen durch wirtschaftlich unvernünftige Investitionen in wertvolle Baumaschinen herbeigeführt oder zumindest intensiviert hat, nicht auf ein grob pflichtwidriges Handeln schließen lassen. Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner - entgegen seines Vortrags - mithilfe der angeschafften Baumaschinen nicht etwa Unternehmensgewinne zu erzielen erhofft und auf die Rentabilität seiner Investitionen vertraut hat, sind nicht ersichtlich und von der Antragstellerin nicht dargelegt.
Darüber hinaus ist aber insbesondere auch nicht ersichtlich oder von der Antragstellerin vorgetragen, dass das Ausbleiben eines Beitrags des Antragsgegners zum Familienunterhalt seit dem Jahr 2006 zu einer schwierigen wirtschaftlichen Lage der Familie im Sinne einer ernstzunehmenden Existenzgefährdung geführt habe. Allein der Umstand, dass seit dem Jahr 2006 das Familieneinkommen allein durch die Erwerbseinkünfte der Antragstellerin gesichert wurde, lässt eine derartige Annahme nicht zu. Dass das Familieneinkommen ab dem Jahr 2006 zur Sicherstellung des bisher von den Ehegatten gepflegten Lebensstandards nicht ausgereicht haben könnte, trägt die Antragstellerin nicht vor, und dafür ist auch im Übrigen nichts ersichtlich.
Greifbare Anhaltspunkte für Handlungen des Antragsgegners im Zusammenhang mit seiner Unternehmensführung, die auf dessen Absicht schließen lassen könnten, das Familienvermögen zu schmälern, sind ebenfalls nicht ersichtlich oder von der Antragstellerin auf das Bestreiten des Antragsgegners nicht hinreichend konkret dargelegt. Manipulationen am Versorgungsvermögen können den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen, wenn es sich um eine illoyale Manipulation im bewussten Zusammenhang mit der bevorstehenden Scheidung handelt, der Ausgleichsberechtigte also zumindest bedingt vorsätzlich und treuwidrig die Erhöhung des eigenen und die Verringerung des Vermögens des anderen Ehegatten beabsichtigt (Senat B. v. 22.03.2023, 13 UF 16/23, juris; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche § 27 VersAusglG Rn. 51). Dafür hat die Antragstellerin nichts von Substanz vorgetragen.
Weiter ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Antragsgegner jedenfalls ab dem Zeitpunkt seiner selbständigen Tätigkeit in erheblich geringerem Umfang Versorgungsanwartschaften erwirtschaftet hat als die Antragstellerin, keine den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigende Verfehlung. Ein vorwerfbares Verhalten kommt insoweit nur in Betracht, wenn es zu einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Ehe führt, die sich zumindest mittelbar auf den gemeinsamen Erwerb von Altersvorsorgevermögen auswirkt (Senat, B. v. 22.02.2022, 13 UF 25/21, juris; KG Berlin NJ 2022, 416). Dafür ist vorliegend aber nichts ersichtlich. Beide Ehegatten verfügen, wie oben dargestellt, nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs über eine Altersvorsorge in Form monatlicher Zahlungen von 1.846 € sowie eines Kapitalwerts aus einer Riesterrente in Höhe von je 7.800 €, die - insbesondere unter Berücksichtigung des Eigentums am Grundstück - für keinen von beiden die Inanspruchnahme von Sozialleistungen erwarten lässt, so dass ein existenzgefährdendes Verhalten des Antragsgegners nicht in Rede steht.
2. Die durch die angegriffene Entscheidung erfolgte Beschränkung des Ausgleichs der während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften der Ehegatten auf die vom Ehezeitbeginn bis zum 31.05.2016 jeweils erworbenen Anwartschaften hält auch unter dem Gesichtspunkt einer trennungsbedingten wirtschaftlichen Verselbständigung der Ehegatten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf einen Teil der Ehezeit kann aus Billigkeitsgründen in Betracht kommen, wenn (1) eine besonders lange Trennungszeit im Verhältnis zur Ehezeit vorliegt und (2) die Ehegatten während dieser Trennungszeit wirtschaftlich vollständig entflochten waren und (3) die weiteren wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse der Ehegatten im Wege einer Gesamtabwägung die Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf den Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens rechtfertigen (BGH FamRZ 2021, 1609; B. v. 29.03.2006, XII ZB 2/02; Senat B. v. 22.02.2022, 13 UF 25/21, juris; OLG Dresden NJW-RR 2021, 582; OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, Beschluss v. 24.03.2020, 15 UF 189/19, juris). In diesen Fällen ist der Versorgungsausgleich regelmäßig auf den Zeitraum zu beschränken, an dem ein Scheidungsantrag erstmals hätte gestellt werden können, mithin nach Ablauf des Trennungsjahrs (BeckOGK/Maaß, 1.11.2023, § 27 VersAusglG Rn. 62).
Diese - kumulativ zu erfüllenden - Voraussetzungen sind hier nicht festzustellen. Die Ehezeit dauerte 40 Jahre an; selbst wenn die Trennung der Ehegatten - wie die Antragstellerin behauptet - bereits am 01.05.2015 erfolgt wäre, läge eine sogenannte lange Trennungszeit nicht vor. Eine Trennungszeit von 5 Jahren stellt 1/8 einer 40 Jahr langen Ehezeit und 1/7 der Zeit des 35 Jahre andauernden ehelichen Zusammenlebens dar. Eine sogenannte lange Ehezeit wird von der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung, von der abzuweichen der Senat keine Veranlassung hat, erst bei einer Trennungszeit von 1/2 der Ehezeit (BGH NJW 2006, 158) oder 2/3 der Ehezeit (Senat B. v. 22.02.2022, 13 UF 25/21, juris) bejaht, bei einer Trennungszeit, die nur 1/6 der Ehezeit oder weniger beträgt, aber abgelehnt (BGH FamRZ 2016, 35).
Darüber hinaus ist dem Vortrag der Antragstellerin auch nichts zu entnehmen, was die - für die Feststellung einer Trennung erforderliche - Aufhebung der zwischen ihr und dem Antragsgegner bestehenden häuslichen Gemeinschaft (§ 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu dem von ihr behaupteten Zeitpunkt nahe legen könnte. Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft ist gemäß § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB zwar auch innerhalb der Ehewohnung möglich, wenn ein der konkreten Wohnsituation entsprechendes Höchstmaß an räumlicher Trennung nachgewiesen ist (vgl. BGH FamRZ 1979, 1360), wozu allein das Vorliegen getrennter Schlafzimmer nicht ausreichend ist (Senat FamRZ 2021, 1869; BeckOGK/S. Kappler, 1.8.2021, § 1567 Rn. 33). Andererseits schließt die gemeinsame Nutzung von Räumen, die der Hygiene und Versorgung dienen (Küche, Toilette, Bad, Waschküche), sofern solche Räume in der Ehewohnung nur einmal vorhanden sind, die Annahme eines Getrenntlebens auch nicht aus. Mit Ausnahme der zwangsläufig gemeinsam zu nutzenden Räume darf aber kein Zimmer der ehelichen Wohnung mehr gemeinsam genutzt werden, sondern sie müssen strikt getrennt genutzt werden (Senat, FamRZ 2021, 1869; FamRZ 2021, 367).
Vorliegend fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag der Antragstellerin zu einem getrennten Wohnen der Antragsbeteiligten innerhalb der Ehewohnung seit dem 01.05.2015. Nur wenn konkret dargelegt wird, welche Räume innerhalb der Ehewohnung von welchem Ehegatten allein, welche gemeinsam genutzt werden, ob und wenn ja, welche Mahlzeiten getrennt oder gemeinsam eingenommen werden, ob und wenn ja, welche Versorgungsleistungen noch füreinander übernommen werden, ob und wenn ja, welche Berührungspunkte zwischen den Ehegatten noch bestehen, liegt eine hinreichend substantiierte Tatsachengrundlage zur Beurteilung vor, ob die ehelichen Gemeinsamkeiten in allen Lebensbereichen aufgegeben wurde und damit das Nichtbestehen einer häuslichen Lebensgemeinschaft innerhalb der Ehewohnung festzustellen ist (vgl. Senat FamRZ 2021, 1869; OLG Bremen FamRZ 2000, 1417). Daran fehlt es vorliegend. Die Antragstellerin ist dem Einwand des Antragsgegners, alle Räume der Ehewohnung seien auch nach dem 01.05.2015 beiden Ehegatten frei zugänglich geblieben, nicht entgegen getreten, so dass von einer räumlichen Trennung der Ehegatten innerhalb der Ehewohnung nicht ausgegangen werden kann, zumal sie nach ihrem eigenen Vortrag bis zu ihrem Auszug aus der Ehewohnung am 03.04.2020 Versorgungsleistungen für den Antragsgegner übernommen und erwartet hat, dass er seinerseits weiterhin Versorgungsleistungen zu ihren Gunsten erbringe.
Weiter ist dem Vorbringen der Antragstellerin auch eine vollständige wirtschaftliche Entflechtung der Ehegatten ab dem von ihr behaupteten Trennungszeitpunkt nicht zu entnehmen. Eine wirtschaftliche Entflechtung liegt vor, wenn die Ehegatten ihre Eigentums- und Vermögensverhältnisse vollständig getrennt haben und keine Wirtschaftsgemeinschaft mehr bilden (Senat, B. v. 22.02.2022, 13 UF 25/21, juris; OLG Zweibrücken BeckRS 2014, 19907; BeckOGK/Maaß § 27 VersAusglG Rn. 60). Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Antragstellerin aber auch nach dem 01.05.2015 sämtliche anfallenden Hauskosten, sämtliche Lebenshaltungskosten und sogar Kosten, die allein den Antragsgegner betrafen (private Rentenversicherung, Hundesteuer und - versicherung), getragen.
3. Auf die Beschwerde des Antragsgegners ist deshalb der Ausgleich der von den Ehegatten während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften ungekürzt durchzuführen. Da sich ausweislich der - von keinem Beteiligten beanstandeten - Auskünfte der weiteren Beteiligten zu 1) und 3) vom 07.12.2020 und 26.07.2022 durch die Außerachtlassung der vom 01.06.2016 bis zum 30.06.2020 gegenüber einem ungekürzten Ausgleich keine Reduzierung der jeweiligen Höhe des Ausgleichswerts der Anrechte der Antragstellerin und des Anrechts des Antragsgegners mit Ost-Dynamik aus gesetzlicher Rentenversicherung ergibt, bedarf Ziffer 2. im ersten und vierten Absatz der angefochtenen Entscheidung keiner Abänderung.
Im zweiten Absatz von Ziffer 2. der angefochtenen Entscheidung ist, entsprechend der von keinem Beteiligten beanstandeten Auskunft der weiteren Beteiligten zu 4) vom 07.06.2021, ein durch eine Monatsrente ausgedrücktes Anrecht aus Beamtenversorgung mit einem Ausgleichswert von 1.057,45 € zugunsten des Antragsgegners zu begründen. Da die weitere Beteiligte zu 4) keine interne Teilung vorsieht, hat die Teilung extern zu erfolgen, § 16 Abs. 1 VersAusglG, durch Begründung eines in Entgeltpunkte umzurechnenden (§ 16 Abs. 3 VersAusglG) Anrechts des Antragsgegners auf dessen vorhandenem Konto bei der weiteren Beteiligten zu 1), der Trägerin seiner gesetzlichen Rentenversicherung (§ 16 Abs. 1 VersAusglG).
Im dritten Absatz von Ziffer 2. der angefochtenen Entscheidung ist, der unbeanstandet gebliebenen Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1) vom 26.07.2022 folgend, ein Anrecht des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit West-Dynamik im Wege der internen Teilung (§ 10 Abs. 1 VersAusglG) in Höhe von 0,5820 Entgeltpunkten zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.
Im fünften Absatz von Ziffer 2. der angefochtenen Entscheidung ist, ausweislich der von keinem Beteiligten beanstandeten Auskunft der weiteren Beteiligten zu 2) vom 06.10.2021, ein in einem Kapitalwert ausgedrücktes Anrecht des Antragsgegners aus privater Altersvorsorge im Wege der von der weiteren Beteiligten vorgeschlagenen internen Teilung (§ 10 Abs. 1 VersAusglG) in Höhe von 7.842,39 € (nach Abzug der Teilungskosten, § 13 VersAusglG) zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 150 Abs. 4, 1 FamFG.
Die Wertfestsetzung folgt §§ 55 Abs. 2, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Beschwerdegegenständlich waren 5 Anrechte.
IV.
Die Entscheidung, dem Antragsgegner auf seinen Antrag vom 27.03.2023 (Bl. 30 elA) Verfahrenskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlung für die Rechtsverfolgung und - verteidigung im zweiten Rechtszug zu bewilligen, beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114, 115, 119 ZPO.
Anlass, in Ansehung der Beschwerdeentscheidung die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.