Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 17.05.2023 | |
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Aktenzeichen | 11 U 144/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0517.11U144.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung der Kläger gegen das am 13. April 2022 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 14 O 225/21 - wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils und dieses Beschlusses gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Kläger verlangen im Deckungsprozess Schadenersatz aus einem Architektenvertragsverhältnis.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei im Deckungsprozess nicht begründet. Das gegen den Architekten ergangene Versäumnisurteil sei nicht bindend, weil die Beklagte als Versicherer keine Chance gehabt habe, die ihr eingeräumten Rechte im Haftpflichtprozess wahrzunehmen. Auf eine Durchbrechung der Bindungswirkung des Haftpflichtprozesses nach §§ 158 e, 158 d Abs. 2 VVG komme es nicht mehr an. Die Beklagte sei zudem leistungsfrei, weil sie keinen Versicherungsschutz für wissentliche Pflichtverletzungen und Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung aufgrund vorsätzlich oder grob fahrlässig fehlerhafter Einschätzung der technischen, finanziellen oder personellen Ressourcen gewährt habe. Nach dem Vortrag der Kläger zu den Pflichtverletzungen des Architekten hafte die Beklagte demzufolge nicht.
Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird im Übrigen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit der Berufung, mit der sie die Klageanträge weiterverfolgen.
Die Kläger meinen, das im Haftpflichtprozess erwirkte Versäumnisurteil entfalte in diesem Deckungsprozess Bindungswirkung. Zwar sei die Beklagte von ihnen, den Klägern, nicht über die tatsächliche Einreichung der Klage beim Landgericht Neuruppin informiert worden. Die Beklagte sei aber vorab von ihnen in die Lage versetzt worden, sich ohne Weiteres diese Kenntnis zu verschaffen und sodann von ihrer Prozessführungsbefugnis Gebrauch machen zu können. Diese Möglichkeit habe die Beklagte bewusst nicht genutzt.
Der Anspruch scheitere auch nicht an einem bedingungsgemäßen Leistungsausschluss. In diesem Zusammenhang rügen die Kläger die Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss nicht vor. Woraus sich die Anwendbarkeit der Klausel D Z.1.1 und 1.4 ergeben solle, habe das Landgericht offen gelassen. Vor allem fehle es an der Kausalität. Die Beklagte habe nichts dazu vorgetragen, dass die geltend gemachten Schäden auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Einschätzungen des Architekten zurückzuführen seien. Ebenso wenig habe die Beklagte eine wissentliche Pflichtverletzung des Architekten als ihres Versicherungsnehmers vorgetragen.
Die Kläger beantragen,
1. unter Abänderung des am 13.05.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Geschäftszeichen 14 O 225/21, die Beklagte zu verurteilen, an
sie 68.508,98 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 01.07.2020 zu zahlen,
2. unter Abänderung des am 13.05.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Geschäftszeichen 14 O 225/21, die Beklagte zu verurteilen, die Kläger als Gesamtgläubiger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.530,76 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit gegenüber der Kanzlei … freizustellen,
3. unter Abänderung des am 13.05.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Geschäftszeichen 14 O 225/21, die Beklagte zu verurteilen, die Kläger als Gesamtgläubiger von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.816,97 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit gegenüber der Kanzlei … freizustellen,
hilfsweise,
4. das am 13.05.2022 verkündete Urteis des Landgerichts Frankfurt (Oder), Geschäftszeichen 14 O 225/21, aufzuheben und den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die Kläger durch Beschluss vom 8.2.2023 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, deren Berufung als offensichtlich unbegründet zurückweisen.
Die Kläger haben zu diesem Hinweis mit Schriftsatz vom 5.4.2023 Stellung genommen.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 8.2.2023 Bezug genommen.
Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 5.4.2023 vorgetragenen Einwände führen zu keiner anderen Bewertung.
1. Der Einwand der Kläger, ihre Aktivlegitimation resultiere aus ihrem Direktanspruch gegen die Beklagte gemäß § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VVG, greift nicht durch.
a) Soweit der Senat im Hinweisbeschluss vom 8.2.2023 Ausführungen dazu gemacht hat, dass die Kläger bereits nicht aktivlegitimiert seien (Abschnitt I, lit. B Nr. 1 der Gründe), bezog sich dies – nur - auf den (versicherungsrechtlichen) Deckungsanspruch aus Abschn. G Nr. 1.1 … i.V.m. § 100 und § 1 Satz 1 VVG. Hierzu haben sich die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 5.4.2003 nicht verhalten.
b) Einen haftungsrechtlichen Direktanspruch der Kläger als geschädigten Dritten gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VVG gegen die Beklagte als Pflichthaftpflichtversicherer dagegen hat der Senat unter Abschnitt I lit. B Nr. 2 der Gründe des Hinweisbeschlusses vom 5.4.2003 ausgehend vom Vorbringen der Kläger ausdrücklich in Betracht gezogen. Einen solchen Anspruch hat der Senat auch nicht wegen fehlender Aktivlegitimation der Kläger verneint. Er hat vielmehr ausführlich dargelegt, dass und warum die Kläger einen solchen Anspruch schon nicht schlüssig vorgetragen haben und dass ihnen diese Darlegungslast selbst dann obläge, wenn sie zuvor ein rechtskräftiges Urteil gegen den Architekten als Versicherungsnehmer der Beklagten erstritten hätten. Denn die bindende Kraft einer rechtskräftigen Entscheidung im Haftpflichtprozess ist auf Konstellationen beschränkt, in denen ein – versicherungsrechtlicher – Deckungsanspruch verfolgt wird. Sie gilt dann nicht, wenn der Geschädigte – hier die Kläger – den Haftpflichtversicherer seines Schädigers – hier die Beklagte – nachfolgend gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG im Wege der Direktklage in Anspruch nehmen (BGH, Urteil vom 18.12.2012, VI ZR 55/12, Rn. 11 ff.). Unabhängig davon und ohne, dass es nach Vorstehendem darauf ankäme, hätte das von den Klägern gegen den Architekten und Versicherungsnehmer der Beklagten erwirkte Versäumnisurteil aus den im Hinweisbeschluss vom 8.2.2023 angeführten Gründen (Abschnitt I lit. B Nr. 1 a.E.), die durch das Vorbringen der Kläger im Schriftsatz vom 5.4.2023 nicht entkräftet werden, auch keine Bindungswirkung entfalten können.
2. Dazu, dass und warum das von den Klägern gegen den Architekten und Versicherungsnehmer der Beklagten erwirkte Versäumnisurteil keine Bindungswirkung in diesem Rechtsstreit zu ihren Gunsten entfaltet, hat der Senat bereits vorstehend unter Nr. 1 ausgeführt. Darauf wird verwiesen.
3. Im Übrigen ist entgegen der Auffassung der Kläger auch eine – den Leistungsausschluss der Beklagten begründende – wissentliche Pflichtverletzung des Architekten und Versicherungsnehmers der Beklagten anzunehmen. Wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss vom 8.2.2023 ausgeführt hat, indizieren die von den Klägern vorgetragenen Verstöße gegen elementare berufliche Pflichten durch zunächst grobe Vernachlässigung grundlegender Architektenaufgaben – zum Teil trotz klägerischer Erinnerung beziehungsweise Mahnung – und die nachfolgende vollständige Einstellung der Tätigkeit ab ca. Ende Mai 2018 die Wissentlichkeit der Pflichtverletzung (BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, Rn. 20 f.). Diesen Vortrag hat sich die Beklagte zu Eigen gemacht. Einer weiteren Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, bedurfte es auch danach nicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO. Der Beschluss des Senates ist gemäß § 794 Nr. 3 ZPO hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens ohne Weiteres vollstreckbar, so dass es insoweit keines besonderen Ausspruches bedarf.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 S. 1 GKG.