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Entscheidung 16 S 25/23


Metadaten

Gericht LG Frankfurt (Oder) 6. Zivilkammer Entscheidungsdatum 26.10.2023
Aktenzeichen 16 S 25/23 ECLI ECLI:DE:LGFRANK:2023:1026.16S25.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Teil- und Versäumnisschlussurteil des Amtsgerichts Strausberg vom 05.01.2023, Az. 24 C 134/22, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Wohnung im Hause XXXXXXXXXXX in XXXXXXXXXXXXX, Dachgeschoss links (WE XXX) mit Wirkung zum 31.08.2022 beendet war.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf die Wertstufe bis 4.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache hinsichtlich des Hauptantrags zur Feststellung Erfolg.

1. Die außerordentliche Kündigung der Kläger vom 28.07.2022 hat das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis bereits zum 31.08.2022 beendet.

Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB steht dem Mieter das Recht zur fristlosen Kündigung u.a. dann zu, wenn der Vermieter ihm den vertragsgemäßen Gebrauch an der Mietsache ganz oder zum Teil nicht gewährt oder wieder entzieht.

So verhält es sich hier. Dabei kommt es auf die Frage, ob die Beklagte den Klägern eine Erlaubnis zur Tierhaltung erteilt hatte nicht entscheidungserheblich an.

Ist eine Genehmigung zur Tierhaltung - hypothetisch unterstellt - einmal erteilt, kann der Vermieter sie – egal ob die Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört oder nicht – grundsätzlich nicht einseitig widerrufen. Nur wenn er hierfür besondere Gründe anführt, ist seinem Interesse der Vorrang einzuräumen. Ein solcher wichtiger Grund kann z.B. gegeben sein, wenn das Tier die Hausbewohner belästigt, gefährdet oder Gestank bzw. besondere Ruhestörungen verursacht (Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. § 535 Rn. 565a m.w.Nw.). Solches hat die Beklagte weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt. An einem substantiierten Vorbringen, das und ggf. wann gerade der von den Klägern gehaltene Hund seine Notdurft in den Beeten des streitgegenständlichen Hausgrundstücks verrichtet haben soll, fehlt es vorliegend. Einzelheiten lassen sich dem sehr pauschal gehaltenen Vorwurf in der Anlage K8 nicht entnehmen.

Wird die Tierhaltung - wie hier - nicht generell verboten, sondern behält sich der Vermieter durch eine Formularklausel allgemein die Zustimmung zur Tierhaltung vor (beschränktes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), liegt darin jedenfalls die Zusage, über die Tierhaltung unter Beachtung der betroffenen Interessen im Einzelfall zu entscheiden (Eisenschmid aaO Rn. 563). Der Mieter wird bei Vereinbarung einer Vorbehaltsklausel regelmäßig davon ausgehen können, dass der Vermieter seiner Abwägungspflicht nachkommen und die Zustimmung nur bei gewichtigen Gründen versagen wird (Eisenschmid aaO Rn. 564 m.w.Nw.; Blank/Börstinghaus in: Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. § 535 Rn. 567 m.w.Nw.). Der Vermieter kann die Zustimmung versagen, wenn wegen der Größe der Wohnung und der Anzahl der Bewohner eine artgerechte Haltung des Tieres nicht gewährleistet ist. Andererseits kann der Mieter auf das Tier unter gesundheitlich-psychischen und therapeutischen Gründen angewiesen sein oder der Vermieter bereits anderen Mietern eine Erlaubnis erteilt haben (Eisenschmid aaO Rn. 564).

Gewichtige Gründe, die gegen eine Tierhaltung sprechen könnten, hat die Beklagte nicht angeführt. Die von den Klägern angemietete Wohnung weist mit 102 m² eine hinreichende Größe für die Haltung eines XXXXXXXXXXX auf. Dass der Hund Ruhestörungen verursacht oder das Hausgrundstück verschmutzt, hat die Beklagte, wie oben ausgeführt, nicht vorgetragen. Darauf, dass die Tierhaltung ohne vorherige Einholung einer Zustimmung den Vertragspflichten zuwiderläuft, kommt es bei der inhaltsbezogenen Abwägung nicht an.

In der Folge ist - für den Fall dass nicht zuvor eine entsprechende Erlaubnis erteilt worden war - jedenfalls von einer Verpflichtung der Beklagten zur Erlaubniserteilung auszugehen, ohne dass es einer Beweisaufnahme über das Angewiesensein des Klägers auf die Hundehaltung oder die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bedarf.

Einer Abmahnung hat es vor Ausspruch der hierauf nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 gestützten Kündigung nicht bedurft, da diese keinen Erfolg versprochen hat. Auf die Aufforderung der Kläger, ihnen die Erlaubnis zur Hundehaltung bis zum 10.07.2022 zu erteilen, hat die Beklagte erwidern lassen, dass eine solche ohne Vorlage - objektiv nicht gebotener - Nachweise betreffend gesundheitlicher Probleme der Mieter nicht erteilt werde.

Auf eine angeblich fehlende Kausalität der unvollständigen Gebrauchsgewährung durch die Beklagte für den erfolgten Kündigungsausspruch kommt es nicht an. Ebensowenig erfordert es das dem Mieter eingeräumte Recht zur außerordentlichen Beendigung des Mietverhältnisses, dass ihm ein Zuwarten auf den Zeitpunkt, zu dem die ordentliche Kündigung möglich ist, nicht zumutbar ist. Für die Wirksamkeit einer auf unzureichende Gebrauchsgewährung gestützte Kündigung der Mieterseite genügt es vielmehr grundsätzlich, dass einer der in § 543 II 1 Nrn. 1 bis 3 BGB aufgeführten Tatbestände vorliegt (BGH, Urt. v. 24.09.2009, VIII ZR 142/08, beck-online Rn. 15 f).

2. Zwar ist die in Ansehung des Kostenausspruchs über den für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits erhobene Beschwerde in der Berufung aufgegangen (vgl. Muthorst in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. § 99 Rn. 14). Allerdings ist der auf die Erledigterklärung des Hilfsantrags ergangene Kostenausspruch mit Bescheidung des Hauptantrags ex tunc gegenstandslos geworden und weder in der Kostenentscheidung noch der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.

3. Der Zahlungsantrag ist im ersten Rechtszug anhängig geblieben.

4. Die Kostenentscheidung für den Berufungsrechtszug ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO. Die Verteilung der Kosten des ersten Rechtszugs vermag wegen des dort noch anhängigen Verfahrensteils nicht zu erfolgen. Vielmehr wird das Amtsgericht den Ausgang des Berufungsverfahrens bei der Kostenverteilung in seinem Schlussurteil zu berücksichtigen haben (vgl. Muthorst in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. § 99 Rn. 12).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach §§ 41, 47, 48 GKG, 3 ZPO.