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Entscheidung 25 Ta 498/11


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer Entscheidungsdatum 28.03.2011
Aktenzeichen 25 Ta 498/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 121 Abs 2 ZPO

Tenor

1.) Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Februar 2011 – 18 Ca 18068/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2.) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit dem am 26. November 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die anwaltlich vertretene Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Differenzlohn und Nachtzuschlägen in Höhe von 4.428,37 € brutto abzüglich bereits gezahlter 2.767,44 € netto nebst Zinsen in Anspruch genommen. Dies sollte das fällige Arbeitsentgelt für die Monate August, September und Oktober 2010 sein. Der Klage beigefügt war außergerichtliche Korrespondenz, aus der sich ergibt, dass die geltend gemachten Ansprüche von der Beklagten größtenteils anerkannt wurden. Die Beklagte war im gerichtlichen Verfahren nicht anwaltlich vertreten.

Im Gütetermin vom 20. Dezember 2010 erschien für die Klägerin deren Prozessbevollmächtigte sowie für die Beklagte niemand. Es erging antragsgemäß ein Versäumnisurteil, das rechtskräftig wurde.

Durch Beschluss vom 10. Februar 2011 wies das Arbeitsgericht u. a. den Antrag der Klägerin auf Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten mit der Begründung zurück, wegen des einfach gelagerten Falles sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich gewesen. Der Beschluss ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. Februar 2011 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2011, eingegangen beim Arbeitsgericht Berlin am gleichen Tag, hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, hiergegen sofortige Beschwerde erhoben und sich gegen die Zurückweisung des Beiordnungsantrags gewandt. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 11 a Abs. 3 ArbGG i. V. m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und im Übrigen auch zulässig, insbesondere auch form- und fristgerecht gemäß § 78 ArbGG i. V. m. §§ 569, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt. Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Berlin hat die Beiordnung einer Rechtsanwältin zu Recht abgelehnt.

1.

Die Klägerin hat gemäß § 121 Abs. 2 ZPO keinen Anspruch auf Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten. Nach dieser Vorschrift wird einer Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

a)

Im vorliegenden Fall war die Beklagte nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten. Es kommt deshalb hier allein darauf an, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

Ob die Vertretung durch eine Rechtsanwältin erforderlich erscheint, beurteilt sich im Einzelfall nach Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache sowie der Fähigkeiten der Partei, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Zu berücksichtigen ist ferner der Grundsatz, dass bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes die unbemittelte Partei einer bemittelten Partei weitgehend gleichgestellt sein soll. Der unbemittelten Partei darf die Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung im Vergleich zur bemittelten Partei nicht unverhältnismäßig erschwert werden und sie muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Hierbei ist eine weitgehende Angleichung, hingegen keine völlige Gleichstellung gegenüber der bemittelten Partei gefordert (BVerfG, Beschluss vom 18. März 2003 - 1 BvR 329/03 - NJW 2003, 448). Deshalb hat das Gericht im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu überprüfen, ob auch eine bemittelte Partei in dieser Lage unter Abwägung u. a. auch des Kostenrisikos vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätte (BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2001 - 1 BvR 391/01 - Rechtspfleger 2002, 212; BVerfG, Beschluss vom 18. März 2003 - 1 BvR 329/03 – a. a. O.; BAG, Beschluss vom 18. Mai 2010 – 3 AZB 9/10 – NJW 2010, 2748; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - NJW-RR 2009, 794). Abzustellen ist dabei nicht nur auf Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache für den Betroffenen, sondern auch auf die Fähigkeit der Partei, ihre Rechte selbst wahrzunehmen sowie sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Partei die Hilfe eines Urkundsbeamten der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts in Anspruch nehmen kann (BAG, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 3 AZB 9/10 – a. a. O.)

b)

Gemessen hieran war vorliegend eine Anwaltsbeiordnung nicht erforderlich.

Dem Rechtsstreit lag ein einfacher Sachverhalt zu Grunde, auf dessen Grundlage auch ein rechtlicher Laie ohne weiteres seine Rechte beim Arbeitsgericht allein verfolgen konnte. Die Ermittlung der Höhe der einzuklagenden Arbeitsvergütung verlangte lediglich eine einfache Rechenoperation. Grund und Höhe der Forderung standen fest und waren nach den von der Klägerin selbst beigefügten Unterlagen von der Beklagten unbezweifelt. Außergerichtlich hat die Beklagte anerkannt, die Differenzen hinsichtlich der Grundvergütung zwischen der vereinbarten und der abgerechneten Arbeitszeit nachzuzahlen. Auch bezüglich der Nachtarbeitszuschläge war eine Vergütung nach dem Tarifvertrag zugesagt. Dementsprechend erschien sie auch im Gütetermin nicht und ließ ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen, das rechtskräftig wurde. In solchen Fällen ist es einem Arbeitnehmer grundsätzlich zuzumuten, gegebenenfalls die Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts in Anspruch zu nehmen und den Gütetermin abzuwarten. Für sachdienliche Anträge im Gütetermin bedarf es aufgrund der besonderen Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber einer rechtsunkundigen und nicht vertretenen Partei keiner anwaltlichen Hilfe. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage war, die Rechtsantragstelle aufzusuchen und auf diesem Wege Klage zu erheben, bestehen nicht. Auch eine die Beiordnung rechtfertigende Unterlegenheit gegenüber der Beklagten lag nicht vor. Schließlich war aufgrund der außergerichtlichen Korrespondenz klar, dass die Beklagte keine Einwendungen gegen die erhobenen Ansprüche erheben würde. Angesichts dessen war unwahrscheinlich, dass es in der Güteverhandlung zu schwierigen rechtlichen Erörterungen kommen würde. Es war der Klägerin daher zuzumuten, zunächst die Güteverhandlung abzuwarten, um dann über die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zu entscheiden. Erst wenn kein Versäumnisurteil ergeht oder die Güteverhandlung scheitert, kann - wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen - eine Beiordnung erfolgen (ebenso LAG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Oktober 2010 – 3 Ta 582/10 -; LAG Hamm, Beschluss vom 05. Oktober 2010 – 14 Ta 477/09 -; LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss 29. Dezember 2009 – 2 Ta 145/09 -; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28. September 2009 – 3 Ta 134/09 -; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. August 2007 - 8 Ta 199/07 – jeweils zitiert nach juris).

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Klägerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Einer Festsetzung des Gebührenstreitwertes bedurfte es im Hinblick auf das Gebührenverzeichnis Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 4 GKG nicht. Die Klägerin hat die Gebühr für ihre erfolglose Beschwerde auch in voller Höhe zu tragen.

3.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG bestand keine Veranlassung.