Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer | Entscheidungsdatum | 27.07.2015 | |
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Aktenzeichen | 10 Ta 1125/15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 115 ZPO, § 120 ZPO |
Weder der Antrag auf Privatinsolvenz noch die Eröffnung der Privatinsolvenz stehen einer Ratenzahlung im Rahmen der Prozesskostenhilfe automatisch entgegen.
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Mai 2015 - 48 Ca 3036/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Die Klägerin hatte sich mit anwaltlicher Klage vom 28. Februar 2015 in erster Linie gegen eine fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung ihrer Arbeitgeberin gewandt. Am 8. April 2015 schlossen die Parteien im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht einen widerruflichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis fristgemäß unter Zahlung einer Abfindung beendet wurde. Ein Widerruf erfolgte nicht.
Der Klage war bereits ein Antrag zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für diese unter Beiordnung der Rechtsanwälte B. & D. nebst einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin beigefügt. In der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wies die Klägerin auf eine „ab Nov. 2014 beantragte Privatinsolvenz“ wegen einer Restschuld von 20.000,00 EUR hin. Gemäß dem Protokoll der Güteverhandlung wurde der Klägerin dort aufgegeben, binnen zwei Wochen unter Beifügung entsprechender Belege mitzuteilen, welche monatlichen Einkünfte sie zurzeit habe. Am 5. Mai 2015 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin verschiedene Unterlagen einschließlich eines ab dem 1. April 2015 begonnenen neuen Arbeitsverhältnisses und wies nochmals auf die beantragte Privatinsolvenz hin. Unter dem 8. Mai 2015 bat das Arbeitsgericht um Übersendung der Abrechnung für den Monat April 2015, die sodann vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter dem 26. Mai 2015 übersandt wurde.
Darauf errechnete das Arbeitsgericht ein einzusetzendes Einkommen von gerundet 269,00 EUR und bewilligte der Klägerin am 28. Mai 2015 Prozesskostenhilfe für die erste Instanz und ordnete die die Klägerin vertretende Rechtsanwaltskanzlei bei. Aufgrund des einzusetzenden Einkommens wurde die monatlich aus dem Einkommen zu zahlende Rate auf 134,00 EUR festgesetzt.
Gegen diesen ihren Rechtsanwälten am 8. Juni 2015 förmlich und der Klägerin formlos zugestellten Beschluss wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 27. Juni 2015. sie wies darauf hin, dass sie ihre finanzielle Situation einschließlich des Antrags auf Privatinsolvenz mit ihrem Anwalt ausführlich erörtert habe und er sich dabei positiv geäußert hätte, dass Prozesskostenhilfe bewilligt werde. Sie verstehe den Beschluss nicht, da sie doch das Verfahren gewonnen habe.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde aus den Gründen des Beschlusses vom 28. Mai 2015 nicht abgeholfen. Umstände für eine abweichende Entscheidung habe die Klägerin nicht dargelegt. Der Umstand der Privatinsolvenz allein stehe einer Ratenzahlungsverpflichtung nicht entgegen. Sodann wurde die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
In gerichtlichen Hinweisen vom 6. Juli 2015 hatte das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Berechnung des Arbeitsgerichts wohl nicht zu beanstanden sei. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass allein ein Antrag auf Privatinsolvenz daran nichts ändere. Zugleich wurde angemerkt, dass wie der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mitgeteilt worden sein müsste, im Urteilsverfahren der ersten Instanz vor den Arbeitsgerichten kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bestehe (§ 12a Abs. 1 Satz ArbGG). Darauf habe ein Rechtsanwalt vor Abschluss einer Vertretungsvollmacht ausdrücklich hinzuweisen (§ 12a Abs. 1 Satz ArbGG). Abgesehen davon, habe die Klägerin den Prozess aber auch nicht gewonnen, sondern dieser sei durch einen Vergleich beendet worden. Zugleich wurde der Klägerin empfohlen, aus Kostengründen ihre (sofortige) Beschwerde zurückzunehmen. Eine Stellungnahme der Klägerin dazu erfolgte nicht mehr.
II.
Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen, da sie nicht begründet ist.
1.
Grundsätzlich wird Prozesskostenhilfe unter Berücksichtigung der Einnahmen und der erforderlichen Ausgaben einer Partei geprüft und gegebenenfalls bewilligt. Zusätzlich werden die in § 115 Abs. 1 ZPO beschriebenen Freibeträge in Abzug gebracht. Verbleibt danach ein Teil des Einkommens als einzusetzendes Einkommen, ist entsprechend § 115 Abs. 2 ZPO die Hälfte des gerundeten Betrages als monatliche Rate einzusetzen.
2.
Das Arbeitsgericht hatte ein monatliches Einkommen von 1.700,00 EUR brutto gemäß dem befristeten Arbeitsvertrag der Klägerin und Abzüge von 708,71 EUR gemäß der Abrechnung für April 2015 angesetzt. Weiter wurde der Unterhaltsfreibetrag nach § 115 Abs. 1 ZPO mit 462,00 EUR und der dort in Nr. 1 b geregelte Erwerbstätigenfreibetrag mit 210,00 EUR in Abzug gebracht. Schließlich hatte das Arbeitsgericht den von der Klägerin selbst angegebenen Anteil an der Wohnungsmiete mit 50,00 EUR monatlich ebenfalls in Abzug gebracht. Weitere Ausgaben hatte die Klägerin weder in ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch in ihren Schriftsätzen vom 5. Mail 2015 oder 26. Mai 2015 und auch nicht in ihrer (sofortigen) Beschwerde vom 27. Juni 2015 angegeben.
3.
In dem angegriffenen Beschluss hat das Arbeitsgericht die von der Klägerin selbst angegebenen Einnahmen und sämtliche von der Klägerin angegebenen Ausgaben neben den gesetzlichen Freibeträgen vollständig berücksichtigt. Bei einem danach einzusetzenden Einkommen von 269,29 EUR ergab sich die vom Arbeitsgericht festgesetzte Rate von 134,00 EUR.
4.
Allein der mehrfach aufgeführte Antrag auf Privatinsolvenz ändert daran nichts. Selbst wenn das Verfahren zur Privatinsolvenz eröffnet werden sollte, führt das nicht automatisch zum Wegfall der Ratenzahlungen. Auch in Fällen der Insolvenz ist die Bedürftigkeit nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Denn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet nicht, dass die Betroffene zur Aufbringung der Prozesskosten nicht in der Lage ist. Der Schuldnerin verbleibt nämlich angesichts der im Gesetz festgeschriebenen Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen von ihrem Einkommen ein Betrag, der vom Insolvenzverfahren nicht erfasst wird und deshalb - nach Abzug der in § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO genannten berücksichtigungsfähigen Ausgaben - zum Bestreiten der Prozesskosten einzusetzen ist (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. September 2009 - 6 Ta 153/09, Kammergericht, Beschluss vom 7. September 2007 - 17 W 10/07 - NJOZ 2008, 533).
5.
Deshalb war die sofortige Beschwerde auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen. Ein Grund, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG rechtfertigen könnte, besteht nicht.