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Hund; gefährlicher -; bissiger -; Hundehalter; Haltungsuntersagung; Sicherstellung; Anordnung der sofortigen Vollziehung; Leinen- und Maulkorbzwang; Mehrfamilienhaus; Unzuverlässigkeit des Hundehalters; Interessenabwägung; unzureichendes Bestreiten; Schutzbehauptung; Kosten der Verwahrung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 02.12.2013
Aktenzeichen OVG 5 S 31.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 146 Abs 4 VwGO, § 146 Abs 6 VwGO, § 16a S 2 Nr 2 TierSchG, § 3 Abs 1 S 1 Nr 5 HuHV BB 2004, § 3 Abs 1 S 3 HuHV BB 2004, § 3 Abs 3 S 2 HuHV BB 2004, § 5 Abs 1 HuHV BB 2004, § 5 Abs 2 HuHV BB 2004, § 8 Abs 1 Nr 2 HuHV BB 2004

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragstellers vom 4. November 2013 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren wird abgelehnt.

Die Kosten der Beschwerde hat der Antragsteller zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 12. September 2013 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 29. August 2013, mit der ihm unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Haltung seines Schäferhundes „Rocko“, Chip Nr. ..., untersagt (Ziffer 2) und die sofortige Sicherstellung des Hundes angeordnet wird (Ziffer 3). Das Verwaltungsgericht Potsdam hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei „Rocko“ um einen gefährlichen Hund, der auch in Zukunft eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Mensch oder Tier darstelle und bei dessen Haltung sich der Antragsteller als unzuverlässig erwiesen habe.

II.

Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO nur im Rahmen der vom Antragsteller dargelegten Beschwerdegründe befindet, ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist bei Zugrundelegung dieses Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden.

Der Einwand der Beschwerde gegen die erstinstanzlichen Feststellungen zu dem Vorfall am 17. August 2013, bei dem der Schäferhund des Antragstellers den Mops des Zeugen S... auf dem zur R... gelegenen Hof des Mehrfamilienhauses A... in K. tot biss, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO das die Gefährlichkeit des Schäferhundes begründende Merkmal in § 8 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz der Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Halten und Führen von Hunden (HundehVBbg) vom 16. Juni 2004 (GVBl. II, S. 458) - einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen - auf der Grundlage der Schilderung des Zeugen S... (Schreiben vom 19. August 2013) und der Bekundungen der Zeugin S... (Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Ordnungsamtes am 22. August 2013 sowie Schreiben vom 29. August 2013), die den Vorfall von einem straßenseitigen Fenster im Obergeschoss des gegenüber liegenden Hauses R... aus beobachtete, als erfüllt angesehen. Danach führte der Zeuge S..., der wie der Antragsteller in dem Mehrfamilienhaus A... wohnt, seinen Mops hinter dem Haus aus, als der Antragsteller mit seinem Schäferhund und einem weiteren kleineren Hund den Hof betrat. Der Mops wandte sich dem kleineren Hund zu. Daraufhin rannte der Schäferhund auf den Mops zu, biss ihn in die Kehle und schüttelte ihn. Der Mops war sofort tot. In der Folge trug der Schäferhund den Mops längere Zeit im Maul herum, bis er von ihm abließ.

Der Antragsteller räumt ein, dass ihm nicht bekannt sei, was die Zeugen im Einzelnen gesehen hätten, weil er die Verwaltungsakte nicht eingesehen habe. Da die Zeugin S... aber nicht auf dem Hof gewesen sei, habe sie den Vorfall gar nicht sehen können, insbesondere nicht aus ihrer Wohnung, weil ihr von dort aus die Sicht durch Bäume, Büsche und ein Stallgebäude versperrt gewesen sei. Zum Beleg dieser Behauptung beruft sich der Antragsteller auf vier Fotos, auf denen Bäume, Büsche und Bauteile abgebildet sind. Wegen des Tathergangs beruft er sich auf die Schilderung im Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 18. Oktober 2013.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Zunächst übersieht der Antragsteller, dass das Verwaltungsgericht seine Darstellung, der Mops des Zeugen S... habe seinen Schäferhund am fraglichen Tag angeknurrt und angesprungen, woraufhin „Rocko“ sich gewehrt und den Mops totgebissen habe, zu seinen Gunsten als wahr unterstellt hat, obgleich der Antragsteller seine Behauptungen nicht in geeigneter Weise glaubhaft gemacht hat. Die entscheidungstragende Annahme im angefochtenen Beschluss indes, wonach „Rocko“ den Mops trotz dessen erkennbarer Unterwerfungsgestik tot gebissen habe, hat der Antragsteller nicht einmal bestritten. Ein solches einfaches Bestreiten findet sich auch weder in dem in Bezug genommenen Schriftsatz vom 18. Oktober 2013 noch in früheren Schriftsätzen.

In der Beschwerdebegründung bestreitet der Antragsteller letztlich nicht die Tatsache eines tödlichen Bisses trotz Unterwerfungsgestik als solche, sondern die entsprechende Wahrnehmung der Zeugen. Ungeachtet der Unerheblichkeit dieser Art des Bestreitens sei angemerkt, dass die Zeugin S... den Vorfall nicht - wie der Antragsteller offenbar meint - aus dem Fenster ihrer Wohnung, sondern aus dem Fenster der Wohnung ihrer Mutter im Oberschoss des Hauses R... beobachtet hat. Von dem wesentlichen Inhalt der Zeugenaussage hat der Antragsteller spätestens seit Inempfangnahme der Antragserwiderung vom 3. Oktober 2013 Kenntnis bzw. hätte er seither Kenntnis haben können. Weshalb „wegen des Eilverfahrens bisher nicht die Möglichkeit“ bestanden hat, die Verwaltungsakte einzusehen, erläutert er nicht. Einen Versuch der Einsichtnahme bei der Behörde oder bei dem Verwaltungsgericht hat er jedenfalls nicht unternommen. Mit den vier eingereichten Fotos vermag der Antragsteller die Aussage der Zeugin S... nicht in Zweifel zu ziehen. Sie lassen schon nicht erkennen, welches Grundstück sie abbilden, welche Richtung sie zeigen und zu welchen Gebäuden die abgebildeten Bauteile gehören.

Die Würdigung im angegriffenen Beschluss, dass „Rocko“ als bissig und gefährlich gelte, weil er einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer Unterwerfungsgestik tot gebissen habe, worin ein artunübliches Verhalten und ein Anzeichen gesteigerter Aggressivität anderen Hunden gegenüber gesehen werden müsse, lässt sich durch Verweis auf ein im Hauptsacheverfahren erst noch beizubringendes Sachverständigengutachten nicht ernstlich in Frage stellen. Angesichts der durch den Beißvorfall gezeigten Gefährlichkeit des Hundes kommt es auch auf die von der Beschwerde in Bezug genommenen Einschätzungen des Charakters des Hundes durch andere Personen nicht an.

Ebenso erfolglos bleiben die Einwendungen der Beschwerde gegen die weiteren Feststellungen des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe wiederholt gegen die sich aus § 3 Abs. 1 Satz 3 (zu ergänzen: § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5) und Abs. 3 Satz 2 HundehVBbg ergebende und überdies durch sofort vollziehbare Verfügung vom 20./22. August 2013 angeordnete Leinen- und Maulkorbpflicht verstoßen und sich infolgedessen als unzuverlässig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 HundehVBbg erwiesen. Der Vortrag, er habe sich seit dem 20. August 2013 vergeblich um den Erwerb eines Maulkorbs für seinen Schäferhund bemüht, aber bis zur Wegnahme des Hundes am 26. August 2013 einen solchen nicht erwerben können, stellt sich angesichts des Zeitablaufs und der Tatsache, dass es sich bei dem Maulkorb für einen Schäferhund um einen nicht ungewöhnlichen Bedarfsartikel handelt, als Schutzbehauptung dar. Zudem erklärt das Fehlen eines passenden Maulkorbs nicht das pflichtwidrige Ausführen des Hundes ohne Leine. In dem auch hierzu in Bezug genommenen Schriftsatz vom 18. Oktober 2013 werden die Angaben der Zeuginnen S... und S..., der Schäferhund sei am 21. und am 25. August 2013 unangeleint auf dem Hof des Mehrfamilienhauses A... ausgeführt worden bzw. unbeaufsichtigt gewesen, in unzureichender Weise als „falsch und vollkommen unsubstantiiert“ bestritten.

Gegen die Sicherstellung seines Hundes hat der Antragsteller lediglich eingewandt, er könne von seiner Arbeitsunfähigkeitsrente von 730 € die monatlichen Unterbringungskosten von 405 € nicht aufbringen. Die mit der Verwahrung des Hundes verbundene Kostenbelastung ist jedoch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr ohne Belang. Anders als die tierschutzrechtliche Fortnahmeverfügung nach § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG regelt die ordnungsrechtliche Sicherstellungsverfügung nach § 5 Abs. 2 HundehVBbg die Kostentragungspflicht nicht einmal dem Grunde nach.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung die Angaben des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung im Interesse einer zügigen Bearbeitung unberücksichtigt gelassen.

Die offenkundige Aussichtslosigkeit der Beschwerde führt zugleich zur Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags, der sich ohnedies nur auf die beabsichtigte Rechtsverfolgung, d.h. nur auf die Beschwerde, nicht aber auf das erstinstanzliche Verfahren beziehen kann (vgl. § 166 VwGO, § 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).