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Ordnundgsgeldverfahren - Beschwerde - Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten - Hinweis auf Folgen des Ausbleibens - kein kontradiktorisches Verfahren - Kostenentscheidung - Obsiegen des Betroffenen (hier: Behörde)


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 25. Senat Entscheidungsdatum 03.11.2011
Aktenzeichen L 25 AS 1035/10 B ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 111 Abs 1 SGG, § 193 SGG, § 197a SGG, § 141 Abs 3 S 1 ZPO, § 46 Abs 1 OWiG, § 467 Abs 1 StPO

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2010 aufgehoben.

Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer dessen außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2010 ist aufzuheben.

Nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden. Nach § 202 SGG in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung kann gegen den ausgebliebenen Beteiligten Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Zwar ist der Beschwerdeführer von dem Sozialgericht mit Ladung vom 15. April 2010 unter Anordnung seines persönlichen Erscheinens in ordnungsgemäßer Vertretung zu dem Erörterungstermin am 4. Mai 2010 geladen worden. Die Auferlegung von Ordnungsgeld setzt indes nach § 111 Abs. 1 Satz 2 SGG voraus, dass der Beteiligte auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen wurde (vgl. auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2010 - L 5 AS 1114/09 B – juris). Daran fehlt es hier, denn in der von dem Beschwerdeführer übersandten Ladung des Sozialgerichts vom 15. April 2010 ist ein solcher Hinweis nicht enthalten. Ob der Beschluss daneben auch deshalb rechtswidrig ist, weil sich ihm nicht entnehmen lässt, dass das Sozialgericht das ihm wohl zustehende Auswahl- und Entschließungsermessen hinsichtlich der Verhängung von Ordnungsgeld ausgeübt hat (vgl. dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2010 - L 5 AS 1114/09 B – juris), kann demnach offen bleiben. Auch kann dahinstehen, ob das Sozialgericht das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers zur „Veranlassung einer Klageerwiderung“ überhaupt anordnen durfte und ob der Einwand des Beschwerdeführers, eine Klageerwiderung vom 21. August 2009 „fernschriftlich“ am 20. April 2010 an das Sozialgericht übersandt zu haben, beachtlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Beschwerdeführer gehört nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen. Eine Kostenentscheidung ist notwendig, weil es billig erscheint, dass in dem Fall, in dem das Gericht zu Unrecht ein Ordnungsmittel verhängt und der Betroffene sich erfolgreich zur Wehr gesetzt hat, die Staatskasse die dadurch verursachten Kosten übernehmen muss (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2010 - L 5 AS 1114/09 B – juris -, das zu dem gleichen Ergebnis gelangt, indem es § 46 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in Verbindung mit § 467 Abs. 1 der Strafprozessordnung anwendet). Von einer Kostenentscheidung, nach der die Staatskasse die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, sieht der Senat ab, weil – unabhängig davon, ob Gerichtskosten hier überhaupt anfallen –die Staatskasse jedenfalls von ihrer Zahlung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes befreit wäre.

Im Übrigen handelt es sich bei dem hier vorliegenden Beschwerdeverfahren um kein kontradiktorisches Verfahren, so dass es keine Beteiligten gibt, die einander Kosten erstatten könnten (vgl. Senat, Beschlüsse vom 9. Mai 2011 – L 11 SB 237/10 B – und vom 10. Mai 2011 – L 11 SB 285/09 B; Bundesgerichtshof<BGH>, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07 -, alle bei juris). Soweit der BGH in dem genannten Beschluss ausführt, die Auslagen gingen zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei, so dass eine gesonderte Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen habe, folgt der Senat dem für das sozialgerichtliche Verfahren jedenfalls dann nicht, wenn die Kostengrundentscheidung für das zugrunde liegende Hauptsacheverfahren - wie hier - nach § 193 SGG zu ergehen hat. Denn nach § 193 SGG wird nur über die außergerichtlichen Kosten der am Hauptsacheverfahren Beteiligten entschieden. Selbst wenn es sich bei den Kosten für das hiesige Beschwerdeverfahren überhaupt um außergerichtliche Kosten des Beschwerdeführers handeln könnte, schiede hier ein Kostenerstattungsanspruch des Beschwerdeführers gegen die nach § 183 Satz 1 SGG kostenrechtlich privilegierte Klägerin gemäß § 193 Abs. 4 SGG aus, weil es sich bei dem Beschwerdeführer ungeachtet der Tatsache, dass er nach § 64 Abs. 3 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch von den Gerichtskosten befreit ist, um einen Gebührenpflichtigen nach § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG handelt. Im Übrigen hat vorliegend das Sozialgericht der Klage durch rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 10. November 2010 stattgegeben und den Beschwerdeführer zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin verurteilt, so dass die vom BGH vorgeschlagene Lösung hier auch aus diesem Grund ins Leere geht.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).