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Arbeitsunfall - psychische Gesundheitsstöungen - Angststörung - Ursachenzusammenhang


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 09.10.2014
Aktenzeichen L 2 U 94/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 56 SGB 7

Leitsatz

1. Die Feststellung mittelbarer psychischer Unfallfolgen setzt voraus, dass jeder Teil der Ursachenkette nach den Maßstäben der Theorie von den wesentlichen Bedingung geprüft wird (Anschluss an BSG, Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R).

2. Ein prolingierter Heilungsverlauf als angeblicher Grund einer Angst vor Arbeitsplatzverlust, in deren Folge sich eine Angsterkrankung entwickelt, muss daher tatsächlich vorliegen und festgestellt werden, um als wesentliche Bedingung in Betracht zu kommen.

3. Rein subjektiv entwickelte Befürchtungen können ebenso wenig wie wunschbedingte Vorstellungen einen wesentlichen Ursachenzusammenhang begründen. Solche Befürchtungen - hier trotz guter Deutschkenntnisse nicht wettbewerbsfähig als Kita-Erzieherin zu sein - sind als konkurrierende Ursache zu bewerten und gegen das Unfallereignis abzuwägen (siehe auch BSG aaO Rn 38).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente unter Anerkennung weiterer Folgen des Arbeitsunfalls vom 9. Januar 2004 über den 14. März 2006 hinaus.

Die 1956 geborene Klägerin war seit 1993 bei dem V e. V. als Erzieherin tätig. Am 9. Januar 2004 rutschte sie auf dem Weg zur Arbeit bei Glatteis aus und fiel auf den rechten Ellenbogen. Sie setzte ihren Weg zunächst fort, nahm die Arbeit auf, suchte aber wegen zunehmender Schmerzen um die Mittagszeit den Durchgangsarzt Prof. Dr. B auf. Dieser diagnostizierte eine komplexe Verletzung des rechten Ellenbogengelenkes mit Capitulum humeri Fraktur mit Dislokation und Fraktur der Gelenkrolle und eine Radiusköpfchenmeißelfraktur, so dass die Klägerin noch am selben Tag operiert werden musste. An die Operation schloss sich ein stationärer Krankenhausaufenthalt bis zum 20. Januar 2004 an. Nachdem Prof. Dr. B zuletzt im Zwischenbericht vom 19. August 2004 bestätigt hatte, die Klägerin leide noch immer unter Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk, wurde die am 2. August 2004 begonnene Arbeits- und Belastungserprobung abgebrochen und am 30. August 2004 eine erneute Operation des rechten Ellenbogengelenkes durchgeführt, bei der das Osteosynthesematerial entfernt wurde. Auch aus der anschließend vom 09. bis zum 30. September 2004 durchgeführten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme wurde die Klägerin arbeitsunfähig entlassen. In weiteren Zwischenberichten vom 4. Oktober 2004 und 27. Oktober 2004 führte Prof. Dr. B unter anderem aus, zwar bestehe zurzeit noch keine Arbeitsfähigkeit, die (weitere) Verordnung einer Haushaltshilfe sei aber nicht mehr erforderlich, der rechte Arm der Klägerin sei nunmehr ausreichend belastbar, um einfache Tätigkeiten ausführen zu können. Mit der Klägerin sei die Durchführung einer weiteren Arbeits- und Belastungserprobung vereinbart worden. Diese wurde vom 1. November 2004 bis zum 14. März 2005 durchgeführt. Nach Inanspruchnahme ihres Jahresurlaubs nahm die Klägerin ihre Tätigkeit vollschichtig wieder zum 25. April 2005 auf.

Arbeitsunfähigkeit bestand in den Folgejahren ausweislich der Mitteilung des Arbeitgebers der Klägerin vom 24. Oktober 2013 wie folgt:

10. Oktober bis 14. Oktober 2005 (5 Tage)
15. November bis 20. November 2005 (6 Tage)

6. Juli bis 7. Juli 2006 (2 Tage)

4. Januar bis 5. Januar 2007 (2 Tage)
18. Dezember bis 21. Dezember 2007 (4 Tage)

11. Dezember bis 12. Dezember 2008 (2 Tage)

20. Oktober bis 30. Oktober 2009 (11 Tage)

2. Februar bis 5. Februar 2010 (4 Tage)
26. Juli bis 29. Juli 2010 (4 Tage)
27. September bis 29. September 2010 (3 Tage)

27. April bis 29. April 2011 (3 Tage)
17. Juni bis 24. Juni 2011 (8 Tage)
14. Juli bis 29. Juli 2011 (15 Tage)

10. Januar bis 13. Januar 2012 (4 Tage)
5. März bis 9. März 2012 (5 Tage)
15. März bis 21. März 2012 (7 Tage)
und seit 13. August 2012.

Die Dipl.-Psych. D führte in ihrem Behandlungsbericht nach Ablauf von fünf Sitzungen am 5. Januar 2005 unter anderem aus, die Klägerin habe im Rahmen der therapeutischen Gespräche gute Fortschritte gemacht. Sie unterscheide stärker zwischen ihren Insuffizienzgefühlen aufgrund der Bewegungseinschränkung und Schwierigkeiten, die durch andere Ursachen zu Stande kämen. Sie habe klarere Vorstellungen, wie sich alltägliche Probleme in Kooperation mit den anderen lösen ließen und könne diese in ihrem Team zum Ausdruck bringen. Sie akzeptiere ihre derzeitige Bewegungseinschränkung besser, was zu einer angemesseneren Schonhaltung und weniger Überforderungssituationen führe; dies reduziere auch die Schmerzen. Die depressiven Zustände gingen allmählich zurück und sie entwickle positivere Perspektiven für ihr weiteres Arbeitsleben. Auch die Ängste vor erneuten Unfällen gingen zurück.

In einer Stellungnahme vom 17. Februar 2005 führte der Facharzt für Nervenheilkunde, Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. Dr. W unter anderem aus, dem Grunde nach sei die einwirkende Belastung samt Sturz und Bruch des rechten Ellenbogengelenkes über eine alltagstypische Beeinträchtigung der Lebensführung nicht hinausgegangen. Aus chirurgischer Sicht hätten auch keine besonderen Komplikationen vorgelegen, welche den Heilungsverlauf beeinträchtigt hätten. Bei den von der Klägerin geäußerten Ängsten im Hinblick auf die Wiederaufnahme ihrer Berufstätigkeit und bei den Depressionen handle es sich somit nicht um Unfallfolgen, da das Unfallereignis selbst über eine Gelegenheitsursache nicht hinausgegangen sei.

In einem ersten Rentengutachten vom 2. Juni 2005 bewertete Prof. Dr. B die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit für die Zeit vom 13. März 2005 bis zum 30. März 2005 mit 30 v.H. und im Anschluss daran bis zum 30. Juni 2006 mit 20 v.H. In einer weiteren ärztlichen Stellungnahme vom 8. August 2005 schätzte er die MdE auch ohne Einbeziehung der weiterhin von ihm als unfallbedingt angesehenen reaktiven Depression mit 20 v.H. ein. Mit Stellungnahme vom 12. Oktober 2005 teilte er mit, die Beschwerden der rechten Schulter würden von ihm bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit und Aufnahme der Arbeit im August 2005 als unfallbedingt angesehen. Die jetzt wieder aufgetretenen Beschwerden könnten jedoch nicht mehr auf den Arbeitsunfall von Januar 2004 zurückgeführt werden, da die notwendige Ursache der funktionellen Beschwerden (Behandlung mit Oberarmgips mit konsekutiver Fehlhaltung) bei jetzt nahezu beschwerdefreier Funktion im Ellbogengelenk nicht mehr gegeben sei.

Die von der Beklagten ebenfalls erneut befragte Dipl.-Psych. D führte in ihrem Bericht vom 15. Juli 2005 unter anderem aus, der Antrieb der Klägerin sei normal, die depressive Symptomatik sei zurückgegangen, es bestehe ein normales Aktivitätsniveau im Alltag. Die Klägerin habe im Rahmen der therapeutischen Gespräche gute Fortschritte gemacht. Sie halte die Therapie in Bezug auf die psychologischen Folgen des Unfalls für erfolgreich abgeschlossen.

Der mit der erneuten Begutachtung der Klägerin beauftragte Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. F schlug in seinem Gutachten vom 23. März 2006 im Anschluss an die unfallbedingte Arbeitslosigkeit für die Zeit vom 14. März 2005 bis zum 14. März 2006 eine MdE von 20 v.H. vor und schätzte die MdE ab 15. März 2006 lediglich noch mit 10 v.H. ein.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2006 gewährte die Beklagte der Klägerin daraufhin für die Zeit vom 14. März 2005 bis zum 14. März 2006 eine Rente nach einer MdE in Höhe von 20 v.H.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine fachchirurgische Stellungnahme (nach ambulanter Untersuchung der Klägerin) des Facharztes für Chirurgie Dr. V vom 29. November 2006 ein und veranlasste die Begutachtung der Klägerin durch den Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. B, der in seinem Gutachten vom 6. September 2007 unter anderem ausführte, auch er schätze die MdE, die allein aus den noch verbliebenen Beschwerden des rechten Armes resultiere, derzeit und auf Dauer mit 10 v.H. ein.

Der ebenfalls mit der Begutachtung der Klägerin beauftragte Facharzt für Nervenheilkunde K führte in seinem Gutachten vom 29. Juli 2007 unter anderem aus, bei der Klägerin lägen eine unfallunabhängige depressiv ängstlich gefärbte Anpassungsstörung (ICD-10: F43. 22) sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10: F45.4) vor. Das zurückliegende Trauma - Sturz bei Glatteis ohne Schädelverletzung - reiche in seiner Schwere nicht aus, um die chronifiziert geklagten Beschwerden, auch im Hinblick auf den gesamten Heilungsverlauf, der von Behandlern und Klägerin sehr diskrepant erlebt worden sei, zu erklären. Insofern sei von einer Gelegenheitsursache auszugehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, die im Widerspruchsverfahren durchgeführten Ermittlungen hätten keine MdE über den 14. März 2006 hinaus in rentenberechtigendem Grade ergeben.

Nachdem die Klägerin ihre Klage vor dem Sozialgericht Berlin im Wesentlichen damit begründet hatte, dass die erheblichen Schmerzen des rechten Armes nicht ausreichend gewürdigt worden seien, führte der als Sachverständiger bestellte Facharzt für Orthopädie Dr. W in seinem Gutachten vom 15. November 2008 unter anderem aus, unstreitig habe sich die Klägerin durch den Sturz auf das rechte Ellenbogengelenk eine Komplexverletzung (wie im ersten Durchgangsarztbericht bereits beschrieben) zugezogen. Nach seiner Einschätzung handle es sich jedoch nicht um eine Verletzung besonderer Schwere und Komplexizität mit einem außergewöhnlichen Behandlungsverlauf. Auch er schätze die MdE ab Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit im März 2005 zunächst mit 20 v.H. ein und ab 15. April 2006 (gemeint ist offensichtlich der 14. März 2006) bis auf weiteres mit 10 v.H. Die Findung der Bemessungshöhe im Zuge von Gelenkverletzungen orientiere sich primär an den funktionellen Möglichkeiten. Prof. Dr. B habe ein marginales Streckdefizit von 5° und eine auch als gering einzustufende Beugelimitierung um 20° bei ansonsten guter Gesamtbeweglichkeit ermittelt. Die Umwendbewegung sei nicht verändert gewesen. Die Narben- und Weichteilsituation sei als reizfrei bezeichnet worden. Die Muskelumfänge hätten eine Vermehrung zu Gunsten des rechten Armes (Rechtshänderin) aufgewiesen. Keinesfalls könne somit von einer nachvollziehbaren, dauerhaften Gebrauchsminderung dieses Armes ausgegangen werden. Es fänden sich somit in der Summation keinerlei Indizien dafür, abweichend von den guten funktionellen Untersuchungsergebnissen im März 2006 eine höhere MdE-Bemessung als 10 v.H. weiter zu gewähren.

Auch nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 19. Januar 2009 erneut geltend gemacht hatte, dass die Funktionsfähigkeit ihres rechten Armes falsch eingeschätzt worden sei, verblieb der Sachverständige Dr. W in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Februar 2009 bei seiner Einschätzung im Gutachten.

Der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ebenfalls als Sachverständiger bestellte Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Arzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie (Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des AKlinikums) Prof. Dr. Z hat in seinem Gutachten vom 12. Juli 2010 unter anderem ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine komplexe Angststörung mit erhöhter Angstbereitschaft, Panikanwandlungen, einzelnen phobischen Symptomen und gestörter Schmerzverarbeitung (ICD-10: F41.3: sonstige gemischte Angststörung). Diese sei im Sinne der erstmaligen Entstehung auf den Unfall vom 9. Januar 2004 zurückzuführen. Eine dem Unfall vorausgehende psychische Störung sei nicht nachweisbar. Das Unfallereignis habe die seelische Erkrankung nicht unmittelbar hervorgerufen. Vielmehr seien mittelbare Unfallfolgen ursächlich von Bedeutung. Der prolongierte Heilungsverlauf habe zur Ausbildung spezifischer Befürchtungen beigetragen, welche die Charakteristik einer isolierten Phobie angenommen hätten. Dem Angst- und phobischen Störungen inhärenten Chronifizierungsrisiko entsprechend sei es zu einer Ausweitung der Symptomatik gekommen. Eine vorübergehende depressive Teilsymptomatik habe sich mittlerweile zurückgebildet. Zurückgeblieben sei ein geringfügiges anhaltendes komplexes Angstsyndrom mit mäßig ausgebildeten sekundären Vermeidungsstrategien. Die Sorge um die beruflich-soziale Integration und um den möglichen Verlust der (finanziellen) Selbstständigkeit sei als wesentliches unfallbezogenes Belastungsmoment zu werten. Mitursächlich seien mutmaßlich dispositionelle Faktoren gewesen, im Besonderen eine bestimmte prämorbide Persönlichkeitsstruktur - mit erhöhter Trennungssensibilität und Neigung zur Besorgnisbildung - sowie eine Labilisierung der psychophysischen „Abwehr“ durch menopausale Umstellungsprozesse. Diese Faktoren für sich allein würden die jetzige seelische Erkrankung jedoch nicht zu erklären vermögen. Als dispositioneller „Hintergrund“ seien sie von untergeordneter kausaler Bedeutung. Die seelischen Unfallfolgen hätten sich erst sekundär ausgebildet. In charakteristischer Weise hätten sich erste Anzeichen der Angststörung erst dargeboten, als der Arbeitserprobungsversuch im August 2004 gescheitert sei. Zunächst habe sich eine isolierte Phobie ausgeprägt. Diese sei alsbald durch eine depressive Symptomatik kompliziert worden. Unter psychotherapeutischer Behandlung habe sich das depressiv getönte Krankheitsbild zurückgebildet. Gegenwärtig finde sich lediglich eine residuale komplexe Angstsymptomatik, die das Wohlbefinden der Klägerin zwar signifikant beeinträchtige, ihrer Erwerbstätigkeit aber nicht prinzipiell entgegenstehe. Die unfallbedingte MdE auf psychiatrischem Fachgebiet sei gegenwärtig auf 20 v.H. zu schätzen. Unter Berücksichtigung der unfallchirurgisch definierten MdE ergebe sich eine unfallbedingte Gesamt-MdE von 25 v.H. Die psychiatrische unfallbedingte MdE habe zum Zeitpunkt der Aufnahme der psychotherapeutischen Behandlung Ende 2004 bei 40 v.H. gelegen. Mit allmählicher Rückbildung der depressiven Symptomatik, Beendigung der Psychotherapie und Rückkehr zu vollschichtiger Tätigkeit sei gegen Ende des Jahres 2005 das jetzige Niveau psychischer Beeinträchtigung erreicht worden.

Die Beklagte trat diesem Gutachten unter Übersendung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Psych. M vom 20. Januar 2011 entgegen.

Mit Urteil vom 7. März 2011 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Sachverständige Dr. W habe vor dem Hintergrund der nur geringen messbaren Funktionsstörungen des rechten Armes völlig plausibel die MdE der Klägerin ab 15. April 2006 und bis auf weiteres mit lediglich 10 v.H. bewertet. In Übereinstimmung mit dem von der Beklagten beauftragten Gutachter K werte die Kammer den streitgegenständlichen Arbeitsunfall als bloße Gelegenheitsursache im Hinblick auf ein bei der Klägerin bestehendes psychiatrisches Beschwerdebild. Dem Gutachten des Prof. Dr. Z könne sich die Kammer nicht anschließen.

Gegen das ihr am 10. März 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. April 2011 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Zur Begründung trägt sie unter anderem vor, bereits anlässlich der Untersuchung durch den Gutachter K habe sie auf ihre Wesensveränderung seit dem Unfall hingewiesen. Ursache hierfür seien die erheblichen, nach wie vor bestehenden Ängste bei der Arbeit. Sie befürchte, dass sie den körperlichen Anforderungen nicht mehr gewachsen sei und die kleinen Kinder nicht adäquat betreuen könne. Sie gehe nicht mehr mit den Kindern raus und habe das Gefühl, auf der Arbeit allen zur Last zu fallen. Dies wirke sich auch auf ihr Privatleben aus. Zuhause sei sie kaum belastbar und wolle in Ruhe gelassen werden. Bis zum Unfall habe sie keine Probleme bei der Arbeit gehabt. Erst Prof. Dr. Zhabe jedoch ihre Erkrankung richtig eingeschätzt und eine komplexe Angststörung mit erhöhter Angstbereitschaft, Panikanwandlungen, einzelnen phobischen Symptomen und gestörter Schmerzverarbeitung diagnostiziert. Diesen Ausführungen des Prof. Dr. Z sei zu folgen. Er sei der erste und einzige Gutachter, der sich in ihre besondere Situation nach dem Unfall hineinversetzt habe. In den Berichten würden von Anfang an ihre psychischen Schwierigkeiten bei der Rückkehr ins Arbeitsleben beschrieben. Insgesamt habe sich der Prozess der Rückkehr in das Arbeitsleben über 1 ¼ Jahr hingezogen. Hierbei sei es - wie von dem Sachverständigen Prof. Dr. Z nachvollziehbar dargelegt - zu der Entstehung einer Entwicklung einer isolierten Phobie, nämlich aufgrund der schmerzhaften funktionellen Einschränkungen den Arbeitsaufgaben nicht mehr gewachsen zu sein, gekommen. Hierzu sei ergänzend auf die besonderen Umstände ihrer Arbeitsplatzsituation hinzuweisen, die dem Sachverständigen Prof. Dr. Z nicht in diesem Ausmaß bewusst gewesen seien. Sie sei seit 1982 als Erzieherin in einer zweisprachigen Kindertagesstätte tätig. Hier würden sowohl deutsche als auch türkische Kinder gemeinsam betreut. Die Erzieherinnen würden jeweils, je nach Herkunft, deutsch oder türkisch mit den Kindern sprechen. Sie spreche - aufgrund ihrer Abstammung - natürlich türkisch mit den Kindern. Dies tue sie ausschließlich und dies sei auch so ausdrücklich erwünscht. Das heiße, dass sie zum Unfallzeitpunkt mehr als 20 Jahre allein mit sehr kleinen Kindern gearbeitet habe und das ausschließlich in ihrer Muttersprache. Bis heute sei sie nie gezwungen gewesen, in ihrer Rolle als Erzieherin auf Deutsch zu kommunizieren. Insofern sei ihre Angst nach dem Unfall, durch die nun aufgetretenen körperlichen Einschränkungen ihren Arbeitsplatz zu verlieren, noch sehr viel nachvollziehbarer als dies bereits durch Prof. Dr. Zeiler unterstellt worden sei. Mit der Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, sei die Sorge gekoppelt gewesen, keinen neuen Arbeitsplatz zu finden. Sie traue sich bis heute nicht zu, eine Arbeit als Erzieherin bzw. Sozialarbeiterin auszuüben, bei der sie ausschließlich Deutsch sprechen oder mit älteren Kindern oder gar Jugendlichen arbeiten müsse. Insofern sei ihre Befürchtung, die sehr kleinen Kinder, mit denen sie gearbeitet habe, aufgrund der körperlichen Einschränkungen nicht mehr halten, auffangen oder schützen zu können, mit der Angst verbunden gewesen, deshalb den Arbeitsplatz zu verlieren und gleichzeitig keinen neuen Arbeitsplatz finden zu können. Das wiederum hätte für sie bedeutet, dass sie ihre Familie nicht mehr finanziell hätte unterstützen können. Für die Familie wäre der Verlust des Arbeitsplatzes mit erheblichen finanziellen Einbußen und der Aufgabe des bisherigen Lebensstandards verbunden gewesen. Ob diese Angst berechtigt gewesen sei oder nicht, könne dahingestellt sein. Tatsächlich verfüge sie über sehr gute Deutschkenntnisse. Die Auffassung, nicht über ausreichende (deutsche) Sprachkenntnisse zu verfügen, sei jedoch typisch für Frauen, gerade aus dem islamischen Kulturkreis. Insofern spiele der biografische und kulturelle Hintergrund hier eine wesentliche Rolle, um die Entstehung der Phobien nachvollziehen zu können. Der von der Beklagten überreichten Stellungnahme des Dr. B könne nicht gefolgt werden. Diese lasse ihre spezielle Arbeitssituation als Erzieherin in einer deutsch-türkisch-sprachigen Kindertagesstätte völlig außer Acht. Sowohl der Sachverständige Prof. Dr. Z als auch der im Berufungsverfahren bestellte Sachverständige R hätten diese jedoch als wesentlich für die Entstehung der psychischen Symptomatik nach dem Unfallereignis vom 9. Januar 2004 angesehen. Wesentlich für die Annahme einer Kausalität durch den Sachverständigen R sei, dass der Unfall zur Aufgabe der stabilisierenden beruflichen Tätigkeit geführt habe. Nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit im März 2005 sei sie in der Ausübung ihrer Tätigkeit durch den Unfall weiterhin eingeschränkt gewesen. Der Sachverständige R sei davon ausgegangen, dass die Spezialisierung auf die Tätigkeit als Kindergärtnerin in einem deutsch-türkischen Kindergarten und die Aufgabe dieser Tätigkeit nach dem Unfall von hoher Bedeutung für die späterhin eingetretene psychische Dekompensation gewesen sei. Die kontinuierliche Verunsicherung darüber, ob sie die verantwortungsvolle Aufgabe trotz der bestehenden Einschränkungen weiterhin würde ausüben können, habe im Laufe der Zeit zu der bestehenden Angst- und Somatisierungsstörung geführt. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sie aufgrund ihrer Ausbildung und türkischen Herkunft keine Alternativen zu der bestehenden Tätigkeit für sich gesehen habe. Insbesondere besitze sie keine Erzieherinnenausbildung, die sie zur Arbeit mit Jugendlichen berechtigen würde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr auch über den 14. März 2006 hinaus eine Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und beruft sich auf eine von ihr übersandte beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 5. Februar 2013.

Der im Berufungsverfahren als Sachverständiger bestellte Arzt für Neurologie und Psychiatrie R hat in seinem Gutachten vom 8. Januar 2013 unter anderem ausgeführt, zwar sei es bei der Klägerin zunächst durch die Psychotherapie Anfang 2005 vorübergehend zu einer Besserung der psychischen Erkrankung gekommen, damit sei das psychiatrische Krankheitsgeschehen jedoch nicht endgültig angehalten worden. Rückblickend sei vielmehr von einer vorübergehenden Linderung des Krankheitsgeschehens auszugehen, während sich nachfolgend erneut psychiatrische Krankheitssymptome im unverkennbar inhaltlichen und ursächlichen Kontext zum Unfallgeschehen entwickelt hätten. Dessen Bedeutung sei insbesondere darin zu sehen, dass eben diese Form des Unfalls zur Aufgabe der die Klägerin stabilisierenden und ihre psychische Belastbarkeit stützenden beruflichen Tätigkeit geführt habe. Gerade in Anbetracht der Spezialisierung auf diese Tätigkeit und Angewiesenheit auf deren Ausübung als türkisch-sprachige Kindergärtnerin, deren Erwerbsbiografie auf eine derartige Tätigkeit angelegt erscheine, sei es von hoher Bedeutung für die späterhin eingetretene psychische Dekompensation, dass sie diese Tätigkeit verloren habe. Einzugehen sei - wie bereits von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung beschrieben - auch auf die Frage nach der konkreten Bedeutung und den Auswirkungen des hier dargestellten Unfallgeschehens auf die psychische, mithin auch biografische Entwicklung der Klägerin. Der Arbeitsunfall und die damit verbundene Aufgabe der beruflichen Tätigkeit seien ja ohne Zweifel auf engste Weise verbunden. Außerdem sei eine Wiederaufnahme des für die psychische Verfassung der Klägerin außerordentlich wichtigen Berufes eben nicht allein wegen der Fraktur des Ellbogens und Oberarms, sondern wegen der hinzukommenden psychiatrischen Symptomatik nicht möglich gewesen. Zu erörtern sei mithin die Frage, in welchem Umfang ein derart gravierendes psychisch traumatisierendes biografisches Ereignis bei zweifellos bestehender Vorbelastung als Grundlage der späterhin aufgetretenen psychiatrischen Störungssymptomatik und so auch der aktuellen Beschwerdesymptomatik zu sehen sei. Aus Sicht der aktuellen Begutachtung, übereinstimmend mit Prof. Dr. Z, sei weder von einer Gelegenheitsursache auszugehen noch erscheine es sinnvoll einen mittelbaren Zusammenhang zwischen psychiatrischer Symptomatik und Arbeitsunfall in Abrede zu stellen, da sich der Unfall als ein Geschehen darstelle, dass eben gerade ursächlich und keineswegs austauschbar zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit gezwungen habe. Die Einschätzung des Prof. Dr. Z, dass Trennungs- und Entwurzelungserfahrungen den dispositionellen Untergrund für psychische Störungen darstellen würden, sei gewiss zutreffend, ebenso seien biografische Übergangsperioden häufig mit erhöhter Vulnerabilität „derart strukturierter Persönlichkeiten“ verbunden. Jedenfalls, so könne übereinstimmend mit Prof. Dr. Z festgestellt werden, sei gerade vor dem Hintergrund der bereits stattgehabten psychiatrischen Belastungen der so strukturierten vulnerablen Persönlichkeit der Klägerin, der Verlust ihrer wesentlichsten haltgebenden Struktur, des speziell auf sie zugeschnittenen Arbeitsplatzes als türkisch-sprechende Kita-Erzieherin von ganz eminenter Bedeutung im Sinne einer schweren psychischen Traumatisierung. Die Klägerin habe offenkundig bereits seit der frühen Jugend leistungsorientiert und mit hochgesteckten Selbsterwartungen gelebt. Sie habe bei diversen Vorbelastungen nunmehr den Verlust einer für sie ganz wesentlichen haltgebenden Struktur durch den Arbeitsunfall erfahren. Hinzuweisen sei auf den ausgedehnten Heilungsvorgang, der nicht dem üblichen zu erwartenden Heilungsverlauf entspreche, sondern bereits durch die psychiatrische Überlagerung prolongiert verlaufen sei. Zusammenfassend lägen bei der Klägerin eine generalisierte Angststörung (ICD-10: F41.1) mit phobischer Symptomatik, eine Somatisierungsstörung (ICD-10: F45.0) sowie ein Zustand nach Fraktur des rechten Ellenbogens und Oberarms vor. Die generalisierte Angststörung sei als mittelbare Unfallfolge einzuschätzen. Die unfallbedingte MdE sei mit 20 v.H. einzuschätzen. Die Gesamt-MdE betrage 25 v. H.

Auch in ergänzenden Stellungnahmen vom 9. August 2013 und 03. Februar 2014 hat der Sachverständige R erneut ausgeführt, dass die Klägerin durch den Unfall mit Fraktur des rechten Ellenbogens auf lange Zeit psychisch erkrankt sei, weil sie verletzungsbedingt um ihre Arbeitsstelle habe fürchten müssen, die eine konkret geschilderte ganz erhebliche Rolle in ihrer persönlichen, sozialen und Krankheitsentwicklung spiele.

Der Senat hat Auskünfte des Arbeitgebers vom 16. und vom 24. Oktober 2013 sowie vom 01. Juli 2014 eingeholt. Hierin hat der Arbeitgeber u. a. mitgeteilt, dass keinerlei Bestrebungen bestanden hätten, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu beenden. Vielmehr sei man davon überzeugt gewesen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit werde wieder aufnehmen können, wozu es ja dann auch gekommen sei. Es seien mit der Klägerin daher keinerlei Gespräche über eine Auflösung oder Kündigung des Arbeitsverhältnisses geführt worden.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, denn das Urteil des Sozialgerichts Berlin sowie der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Unfallfolgen oder auf Gewährung einer Verletztenrente auch über den 14. März 2006 hinaus, denn eine MdE in rentenberechtigendem Grade über diesen Zeitpunkt hinaus ergibt sich nicht.

Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Verletztenrente ist § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Anspruch auf Verletztenrente haben danach Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge des Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist erforderlich, dass sowohl zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis als auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung ein innerer ursächlicher Zusammenhang besteht. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Arbeitsunfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung für die Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 02. Mai 2001, Az.: B 2 U 16/00, SozR 3-2200, § 551 RVO Nr. 16 m. w. N.). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (BSG, Urteil vom 06. April 1989, Az.: 2 RU 69/87, zitiert nach juris).

Die unfallrechtliche Kausalität ist in zwei Schritten festzustellen. Zunächst ist in naturwissenschaftlich-philosophischem Sinn festzustellen, ob das Unfallereignis hinweggedacht werden kann, ohne dass die Gesundheitsschädigung entfiele (Äquivalenztheorie). Steht danach fest, dass das Unfallereignis Ursache in naturwissenschaftlich-philosophischem Sinne ist, weil es nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass auch die Gesundheitsstörung entfiele, ist in einem zweiten - wertenden - Schritt festzustellen, ob dieses mitursächliche Unfallereignis auch die wesentliche Ursache der Gesundheitsstörung ist.

Für diese wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; vgl. Krassney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band III, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: Januar 2006, § 8 Rdnr. 314; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kapitel 1.5, Seite 24 f.). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als „wesentlich“ anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als „Gelegenheitsursache“ oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f. = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005, Az.: B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils Rdnr. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62. 220, 222 f. = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005, B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils Rdnr. 11). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Es gibt keine Beweisregel, nach der bei Fehlen anderer Ursachen die Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn automatisch auch die wesentliche ist (BSG vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R m. W. N., zitiert nach juris).

Diese vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 09. Mai 2006 ausführlich dargelegten Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten für alle als Unfall- oder Berufskrankheitsfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen und damit auch für psychische Störungen.

Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Folge einer Berufskrankheit und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern (BSG Urteil vom 29. Januar 1986 - 9b RU 56/84; vgl. BSG Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 50/02 RErforderlich ist aber jeweils eine einzelfallbezogene positive Feststellung sowohl der Verursachung nach der Bedingungstheorie als auch der wesentlichen Verursachung der vorliegenden Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen. Das bloße Fehlen von konkurrierenden Ursachen genügt bei komplexen Krankheitsgeschehen, die mehrere Ursachen haben können, gerade nicht (BSG Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R;BSG Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 13/05 R, zitiert nach Juris). Beweismaßstab für die haftungsbegründende Kausalität ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit vgl. bspw.BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 5/05 Rzitiert nach Juris)

Die Frage, ob danach ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem schädigenden Ereignis und einem Gesundheitsschaden besteht, ist in erster Linie nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Im Rahmen seiner richterlichen Überzeugungsbildung hat das Gericht alles Erforderliche zu tun, um diese Frage zu klären (§§ 103, 128 SGG), wobei es sich des Urteils fachkundiger Sachverständiger zu bedienen hat, um mit deren Hilfe festzustellen, ob nach den einschlägigen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen das angeschuldigte Ereignis die wahrscheinliche Ursache des bestehenden Gesundheitsschadens ist. Maßgebend ist hierfür grundsätzlich die herrschende medizinische Lehrmeinung, soweit sie sich auf gesicherte Erkenntnisse stützen kann. Andererseits ist es nicht Aufgabe des Gerichts, sich mit voneinander abweichenden medizinischen Lehrmeinungen im Einzelnen auseinanderzusetzen und darüber zu entscheiden, welche von ihnen richtig ist (BSG, Urteile vom 20. September 1977, Az.: 8 RU 24/77, vom 12. November 1986, Az.: 9 b RU 76/86, und vom 26. Februar 1997, Az.: 9 b V 221/96, zitiert nach juris). Weiter ist zu berücksichtigen, ob das angeschuldigte Unfallereignis nach genereller herrschender medizinischer Lehrmeinung überhaupt geeignet ist, die angeschuldigten Gesundheitsstörungen hervorzurufen (BSG vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R m. W. N., zitiert nach juris).

In Anwendung dieser Grundsätze steht für den Senat fest, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden die Unfallfolgen umfassend und zutreffend anerkannt hat. Weitere Gesundheitsstörungen, insbesondere des psychiatrischen Fachgebietes, sind zumindest über den Zeitpunkt der Beendigung der Zahlung von Verletztengeld über den 14. März 2006 hinaus nicht Unfallfolge. Hinsichtlich der Beschwerden des rechten Armes sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, aus denen es die Berufung insoweit als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die bei der Klägerin diagnostizierte Angststörung, die nach dem Sachverständigen R als generalisierte Angststörung (ICD-10: F41.1) und nach dem Sachverständigen Prof. Dr. Z als sonstige gemischte Angststörung (ICD-10: 41.3) zu bewerten ist, lässt sich weder unmittelbar noch mittelbar hinreichend wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall vom 09. Januar 2004 zurückführen.

1.a. Weder der Arbeitsunfall selbst noch die direkte Arbeitsunfallfolge, die Beschwerden (Bewegungseinschränkungen, Schmerzen) im rechten Arm, haben zu der Angststörung der Klägerin geführt. Dies behauptet weder die Klägerin noch lässt es sich den auf psychiatrischem Fachgebiet eingeholten Gutachten entnehmen.

1.b. Soweit die Klägerin im Zuge der Behandlung der Verletzung des rechten Armes und den damit verbundenen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen eine längere depressive Reaktion ausgebildet hatte, wie sich dem Bericht der Dipl.-Psych. D vom 05. Januar und 15. Juli 2005 entnehmen lässt, ist dies für den Senat durchaus nachvollziehbar, denn dass Schmerzen und Bewegungsbehinderungen Befürchtungen, Sorgen und depressive Verstimmungen mitbedingen können, erscheint plausibel.

Allerdings ist bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die Dipl.-Pysch- D lediglich auf eine Beschreibung des Gesundheitszustandes der Klägerin beschränkt hat, jedoch keine Kausalitätsüberlegungen hinsichtlich der längeren depressiven Reaktion angestellt hat. Sie führt hierzu lediglich in ihrem abschließenden Bericht vom 15. Juli 2005 unter anderem aus, die Klägerin unterscheide (nunmehr) stärker zwischen ihren Insuffizienzgefühlen aufgrund der Bewegungseinschränkungen und Schwierigkeiten, die durch andere Ursachen zu Stande kommen. Die depressiven Zustände seien zurückgegangen, sie habe weitgehend positive Perspektiven für ihr weiteres Arbeitsleben. Insofern kommt diesem Bericht eine gewisse Bedeutung zu, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlussberichtes bzw. der letzten Behandlung am 30. Mai 2005 bereits wieder ihre Arbeit aufgenommen und über einen ganzen Monat ausgeführt hatte. Wenn die Dipl.-Psych.- Dnunmehr ausführt, dass die Klägerin positive Perspektiven für ihr weiteres Arbeitsleben sehe, werden damit Versagensängste hinsichtlich ihres Berufes nicht (mehr) beschrieben und haben offensichtlich zu diesem Zeitpunkt auch nicht bestanden.

1.c. Die längere depressive Reaktion war damit mit Abschluss der Behandlung durch die Dipl.-Psych. D und Beendigung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bereits wieder zurückgegangen, so dass sie keine MdE über das Ende des Verletztengeldbezuges hinaus (mehr) bedingte.

2. Die Angststörung der Klägerin ist auch nicht als Folge einer Fehlbehandlung oder eines prolongierten Heilungsverlaufes – noch – ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen, denn es ist weder zu einer Fehlbehandlung noch zu einem – objektiv – prolongierten Heilungsverlauf gekommen.

Zwar war die erste Belastungserprobung im August 2004 wegen zunehmender Schmerzen in der rechten Schulter und im rechten Arm abgebrochen worden. Auch die am 01. November 2004 begonnene zweite Arbeitserprobung musste am 11. November 2004 aufgrund der von der Klägerin geklagten Schmerzen erneut vorübergehend unterbrochen werden. Bei der anschließenden Untersuchung der Klägerin durch Prof. Dr. B zeigte sich das Ellenbogengelenk allerdings frei beweglich bei Myogelosen und Druckschmerz im Bereich des musculus trapezius rechts – also keineswegs im Ellenbogen. Zu der Mitbehandlung durch die Dipl.-Psych. Dwar es aufgrund von Ängsten der Klägerin, ihrer Verantwortung als Erzieherin nicht mehr gerecht werden zu können, gekommen, da bereits Professor Dr. B diesen Widerspruch zwischen dem objektiv funktionell immer besser werdenden Bewegungsausmaß des rechten Ellenbogens und den Ängsten der Klägerin nicht erklären konnte. Bereits diese Behandlung erfolgte also keineswegs aufgrund einer aus chirurgischer Sicht objektiv bestehenden Einschränkung der Funktionsfähigkeit des rechten Ellenbogens. Vielmehr sollte durch die Dipl.-Pysch. Dder Widerspruch zwischen objektiven Befunden und der subjektiven Wahrnehmung der Klägerin geklärt werden. Ein aus chirurgischer Sicht prolongierter Heilungsverlauf der Beschwerden der Klägerin am rechten Ellenbogen lässt sich den Berichten des Prof. Dr. B nicht entnehmen. Für den Senat schlüssig und nachvollziehbar hat der Sachverständige R diesen Heilungsverlauf, der – nach seiner Einschätzung - nicht dem üblichen zu erwartenden Heilungsverlauf entsprach, denn auch als „bereits durch die psychiatrische Überlagerung prolongiert“ verlaufen beschrieben. Auch hieraus wird deutlich, dass bereits frühzeitig eine Diskrepanz zwischen objektiven Gegebenheiten und subjektiver Wahrnehmung der Klägerin bestand, die unter anderem den Heilungsverlauf verzögerte. Die Aussage des Sachverständigen R wird zunächst durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. W gestützt, der ausführte, nach seiner Einschätzung habe es sich bei der Verletzung des rechten Armes nicht um eine Verletzung besonderer Schwere und Komplexizität mit einem außergewöhnlichen Behandlungsverlauf gehandelt. Auch der im Verwaltungsverfahren tätige Gutachter K hatte bereits im Juli 2007 darauf hingewiesen, dass der Heilungsverlauf von Behandlern und Klägerin sehr diskrepant erlebt worden sei. Ein objektiv prolongierter Heilungsverlauf lässt sich nach alledem nicht feststellen, es ist vielmehr davon auszugehen, dass dieser – wie von dem Sachverständigen R bereits ausgeführt – unfallunabhängig psychiatrisch überlagert war. Als unfallbedingte Ursache der Störung der Klägerin scheidet er somit aus.

3. a. Die Angststörung ist auch nicht mittelbare Unfallfolge, denn weder trat wegen der Unfallfolgen ein Arbeitsplatzverlust ein noch drohte er objektiv. Soweit sowohl der Sachverständige R als auch Prof. Dr. Z die Angststörung für eine mittelbare Unfallfolge halten, kann der Senat dem nicht folgen. Ursache der Angststörung ist nach beiden Sachverständigen die Angst der Klägerin während der Zeit der Beschäftigungslosigkeit aufgrund von Arbeitsunfähigkeit - die der Sachverständige R bereits als „Aufgabe der Tätigkeit“ bezeichnet und damit dem tatsächlichen Verlust des Arbeitsplatzes gleich stellt - vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Diese Angst der Klägerin vor dem Arbeitsplatzverlust stellt jedoch zur Überzeugung des Senats eine rein innere Ursache für die - nach Aussagen der Sachverständigen - sich daraus entwickelnde Angststörung dar, denn ein tatsächlicher Verlust des Arbeitsplatzes ist nicht eingetreten, die Klägerin konnte ihre Tätigkeit vielmehr nach Beendigung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (und ihres daran anschließenden Jahresurlaub) Ende April 2005 wieder aufnehmen. In den Folgejahren war die Klägerin lediglich kurzzeitig - 2005 an 11, 2006 an 2, 2007 an 6, 2008 an 2, 2009 an 11, 2010 an 11 und 2011 an 26 Kalendertagen - arbeitsunfähig erkrankt. Eine andauernde Erkrankung der Klägerin trat erst 2012 ein. Damit hatte die Klägerin nach Abschluss der Behandlung ihre Tätigkeit ab November 2004 zunächst im so genannten Hamburger Modell und schließlich im April 2005 vollschichtig wieder aufgenommen, von einem Arbeitsplatzverlust -wie ihn der Sachverständige R in seinem Gutachten vom 8. Januar 2013 annimmt - kann damit keine Rede sein. Er fällt als Ursache der Angsterkrankung damit bereits aus. Der Klägerin drohte objektiv auch kein Arbeitsplatzverlust, denn ihr Arbeitgeber äußerte gegenüber der Klägerin keinerlei Absicht das Arbeitsverhältnis zu beenden; selbst nachdem die Klägerin ab August 2012 mehr als ein Jahr arbeitsunfähig erkrankt war, bestand das Arbeitsverhältnis im Oktober 2013 noch fort. Objektiv betrachtet bestand somit im Anschluss an den Arbeitsunfall im Januar 2004 zu keinem Zeitpunkt die Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes, vielmehr hat der Arbeitgeber der Klägerin ausdrücklich dargelegt, dass er von einer Rückkehr der Klägerin in ihre Tätigkeit überzeugt gewesen sei.

3.b. Sowohl der Sachverständige R als auch Prof. Dr. Z führen aber die rein subjektive Befürchtung der Klägerin, den konkret auf ihren Lebenslauf zugeschnittenen Arbeitsplatz nicht mehr ausüben zu können, und die dann von ihr befürchtete Arbeitslosigkeit – noch – ursächlich auf den Arbeitsunfall zurück. Dieser rechtlichen Wertung, die im Übrigen das Gericht und nicht der medizinische Sachverständige zu treffen hat, kann sich der Senat nicht anschließen.

Für die Anerkennung weiterer Gesundheitsschäden ist es ausreichend, aber auch notwendig, dass diese im Sinne der Theorie von der wesentlichen Bedingung auf dem Unfallereignis beruhen. Dieser Ursachenzusammenhang ist – wie sonst auch - mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festzustellen. Vorliegend steht nach den Gutachten des Arztes R und des Prof. Dr. Z fest, dass Ursache der Angststörung die Vorstellung der Klägerin, arbeitslos zu werden und keine neue Arbeit zu finden, ist.

Diese Störung ist auch – zunächst - in naturwissenschaftlich-philosophischem Sinne als durch die Beschwerden des rechten Armes nach und damit als durch den Arbeitsunfall verursacht anzusehen. Denn der Arbeitsunfall und die Verletzung des rechten Armes der Klägerin lassen sich nicht hinweg denken, ohne dass die anschließende Furcht vor dem Arbeitsplatzverlust und drohender Arbeitslosigkeit und die daraufhin entstandene Angststörung entfallen (conditio sine qua non). Auf der zweiten Stufe der Prüfung kann aber im wertenden Sinne der Wesentlichkeit ein Ursachenzusammenhang zwischen den als Arbeitsunfallfolgen anerkannten Beschwerden des rechten Armes und der Furcht vor Arbeitsplatzverlust und andauernder Arbeitslosigkeit und daraus folgend der psychiatrischen Erkrankung nicht festgestellt werden.

Zwar können auch mittelbare psychische Unfallfolgen entstehen und sind auch zu entschädigen, wenn sie durch den Arbeitsunfall wesentlich verursacht sind ( § 11 Abs. 1 SGB VII, so ausdrücklich, BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R, zitiert nach juris Rn. 31). Dies setzt aber voraus, dass jeder Teil der Ursachenkette nach den oben aufgezeigten Maßstäben herausgearbeitet und festgestellt wird.

aa. Zunächst kommen die verbliebenen leichten, mit einer MdE von lediglich 10 v.H. zu bewertenden Beschwerden des rechten Armes als Ursache für einen Arbeitsplatzverlust nicht in Betracht, denn diese hätten einer Tätigkeitsaufnahme auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und selbst einer solchen als Erzieherin nicht entgegengestanden, wie sich unter anderem daran zeigt, dass die Klägerin nach Abschluss der Behandlung und Arbeitserprobung ab Mitte 2005 ihre Tätigkeit - mit lediglich geringen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in den Folgejahren - wieder vollschichtig verrichten konnte. Sie stehen damit – wie der tatsächliche Verlauf zeigt (die Klägerin hat ihre Tätigkeit wieder aufgenommen) - selbst einer Weiterführung der Tätigkeit als Erzieherin für sehr kleine Kinder mit einem dementsprechenden Pflegeaufwand nicht entgegenstehen.

bb. Die Beschwerden im rechten Arm können auch nicht als wesentlich für die von der Klägerin entwickelte Vorstellung, ihr drohe ein Arbeitsplatzverlust, angesehen werden. Der Arbeitgeber hat nach den Ermittlungen des Senats zu keinem Zeitpunkt des Erkrankungsverlaufs auch nur im Entferntesten angedeutet, die Klägerin könne ihren Arbeitsplatz verlieren, sei es wegen der Beschwerden im rechten Arm, sei es wegen der Fehlzeiten wegen Arbeitsunfähigkeit nach dem Unfall. Die Klägerin selbst ist den Ausführungen ihres Arbeitgebers auch gar nicht entgegen getreten. Damit steht fest, dass es keinen äußeren Anlass i.S. der Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung für die Entwicklung der Angststörung gab. Nach den Explorationen der Sachverständigen ergibt sich vielmehr eine naheliegende unfallfremde Erklärung für die entstandene Angsterkrankung. Danach hat die Klägerin ihren Arbeitsplatz in gewisser Hinsicht als „Schonarbeitsplatz“ verstanden, da ihr nachgelassen wurde, allein oder zumindest im Wesentlichen türkisch mit den Kindern zu sprechen, obwohl sie nach ihrem Vortrag im Berufungsverfahren die deutsche Sprache gut beherrscht. Die Angst, auf anderen Kita-Arbeitsplätzen auf Deutsch mit den Kindern sprechen zu müssen und einer solchen Anforderung nicht gewachsen zu sein, kann aber nicht i.S. der Wesentlichkeit mit den Unfallfolgen in Zusammenhang gebracht werden. Denn die beschriebene von der Klägerin letztlich auch nur vermutete Unzulänglichkeit ist völlig unabhängig von Gesundheitsstörungen orthopädischer Genese, auch wenn letztere Anlass i.S. einer Gelegenheitsursache für das Entstehen der Angststörung sein mögen. Die Angststörung ist daher unfallfremd und steht nur in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen.

cc. Wesentlich im Sinne der Kausalitätstheorie für die Angst der Klägerin vor Arbeitsplatzverlust sind zur Überzeugung des Senats deshalb keine äußeren Umstände, sondern allein die Vorstellung der Klägerin, dass ihr ein Arbeitsplatzverlust drohe. Dies stellt jedoch eine innere Ursache dar. Es gab auch im zeitlichen oder kausalen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall der Klägerin keinen anderen Anhalt dafür, dass ein Arbeitsplatzverlust drohte. Insbesondere wurde durch den Arbeitgeber nichts unternommen, was für einen drohenden Verlust des Arbeitsplatzes gesprochen hätte. Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass wunschbedingte Vorstellungen seitens eines Versicherten, z.B. allgemein nach einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben oder nach Entschädigung, einen wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen nicht begründen können (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, zitiert nach juris, Rn. 38 m.w.N.) Diese Vorstellungen stellen vielmehr konkurrierende Ursachen dar, die nach dem oben zur Theorie von der wesentlichen Bedingung Gesagten einem Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der psychischen Störung entgegenstehen. Was für Wünsche gilt, gilt entsprechend für deren Gegenteil, nämlich für objektiv nicht begründbare Befürchtungen, die ebenso der Phantasie des Versicherten entspringen mögen, wie die eben angesprochenen Wünsche.

dd. Im Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen, d.h. unter Einbeziehung sowohl der medizinischen Sachverständigengutachten als auch der Auskünfte des Arbeitgebers der Klägerin, steht für den Senat fest, dass der Unfall und die aus ihm folgenden Verletzungen des rechten Armes zwar der Anlass für die Entstehung der Angststörung der Klägerin waren, jedoch insoweit keine äußere Ursache darstellen, denn die von der Klägerin entwickelten Ängste beruhen nicht auf äußeren Umständen - beispielsweise auf dem Verhalten Ihres Arbeitgebers - sondern auf inneren Umständen - nämlich ihrer eigenen Vorstellung des möglichen Verlustes ihres Arbeitsplatzes und stehen in keinem Verhältnis zu den tatsächlich vorliegenden Befunden.

Allein die Tatsache, dass sich die Angsterkrankung der Klägerin im Anschluss an den Arbeitsunfall und die daraus folgenden nach Abschluss der Behandlung geringen Beschwerden entwickelt hat, führt nicht dazu, dass die Kausalität zwischen Arbeitsunfall und Angsterkrankung zu bejahen ist.

ee. Dem widersprechen auch nicht die Ausführungen des Sachverständigen R. Soweit dieser ausführt, die Bedeutung des Arbeitsunfalls sei insbesondere darin zu sehen, dass eben diese Form des Unfalls zur Aufgabe der die Klägerin stabilisierenden und ihre psychische Belastbarkeit stützenden beruflichen Tätigkeit geführt habe, ist dies für den Senat schon deshalb unverständlich, weil die Klägerin zwar unfallbedingt arbeitsunfähig war, ihren Arbeitsplatz aber wieder aufnehmen konnte. Wenn aber schon eine Arbeitsunfähigkeit zur Dekompensation der Klägerin führen konnte, dann war offensichtlich die Anlage für eine Angststörung sehr leicht ansprechbar. Inwieweit diese Arbeitsunfähigkeit – nur weil sie unfallbedingt war – eine besondere Bedeutung haben soll, erschließt sich jedenfalls nicht. Von einer bleibenden – wesentlichen – Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes aufgrund von Unfallfolgen wurde zu keiner Zeit gesprochen. Sie sind wie der Sachverständige Dr. W ausgeführt hat, tatsächlich auch nicht zurückgeblieben. Im Übrigen ist es für den Senat auch aus dem Lebenslauf der Klägerin nachvollziehbar, dass bei ihr überhaupt ein Zustand bestand, der dekompensieren konnte.

Soweit die beiden Belastungserprobungen abgebrochen werden mussten und dies als Beleg für die Berechtigung der Angst vor dem Arbeitsplatzverlust angeführt wird, handelt es sich aus Sicht des Senates um einen Zirkelschluss, denn die Belastungserprobungen mussten keineswegs wegen der Beschwerden im Ellenbogen abgebrochen werden, sondern in erster Linie, weil die Klägerin sich entgegen den objektiven Befunden für nicht ausreichend belastbar hielt, was der Sachverständige R im Hinblick auf den prolongierten Behandlungsverlauf bereits als psychiatrische Überlagerung bezeichnete.

Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit stellt damit für die sich daraus entwickelnde Angststörung der Klägerin lediglich eine nicht von der Unfallversicherung zu entschädigende Gelegenheitsursache dar.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.