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Entscheidung 13 WF 193/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 15.02.2021
Aktenzeichen 13 WF 193/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0215.13WF193.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 25. September 2020 wird verworfen.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 25. September 2020 unter Aufrechterhaltung im Übrigen im zweiten Satz des ersten Absatzes sowie im zweiten, dritten und vierten Absatz der Ziffer 1 abgeändert:

Die Unterhaltsleistung mindert sich um das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind.

Der zu zahlende Betrag betrug von Oktober bis Dezember 2020 341 € und beträgt ab dem 1. Januar 2021 362,50 €.

Vom 1. Dezember 2025 bis zum 30. November 2031 sind 120 Prozent des jeweiligen Mindestunterhalts der 2. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind, und ab dem 1. Dezember 2031 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes E…, geboren am … Dezember 2019, sind 120 Prozent des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe, abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind, zu zahlen.

Der von dem Antragsgegner an den Antragsteller für das Kind E… zu zahlende rückständige Unterhalt für die Zeit vom 1. April 2020 bis 31. August 2020 wird auf insgesamt 1.560 € festgesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Wertstufe bis 1.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Titulierung seiner Verpflichtung zur Zahlung rückständigen und laufenden Kindesunterhalts. Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde dagegen, dass der Antragsgegner zur Zahlung des Unterhalts abzüglich des vollen Kindergelds verpflichtet wird, weil der Unterhaltsanspruch in voller Höhe, also abzüglich lediglich des hälftigen Kindergelds geltend gemacht wurde.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. September 2020, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist (Bl. 20 ff.), hat das Amtsgericht den Antragsgegner im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger zur Zahlung laufenden Kindesunterhalts in Höhe von 120 % des Mindestunterhalts für ein Kind in der ersten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des vollen Kindergeldes verpflichtet sowie zu Zahlung von Rückständen über 1.050 €.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde macht der Antragsteller geltend, dass nicht das volle, sondern nur das hälftige Kindergeld vom geltend gemachten Unterhaltsbetrag abgesetzt werden dürfe, und verfolgt insoweit seinen erstinstanzlichen Antrag weiter.

Der Antragsgegner wendet sich gegen den Beschluss, indem er einwendet, sich mit dem Jugendamt über eine Unterhaltszahlung in Höhe von monatlich 165 € geeinigt zu haben. Die Schreiben des Antragstellers und des Gerichts habe er im Übrigen gar nicht erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Beteiligtenvorbringens nimmt der Senat Bezug auf die im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze.

Der Senat hat den Antragsgegner auf die Unzulässigkeit seiner Beschwerde hingewiesen (Bl. 36).

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach § 256 S. 2 FamFG unzulässig. Mit ihr stützt er sich auf eine Einwendung nach § 252 Abs. 2 FamFG, hier eine andere als in § 252 Abs. 1 S. 1 FamFG genannte Einwendung, nämlich den Einwand, sich mit dem Jugendamt auf die Zahlung eines geringeren Betrags in Höhe von 165 € geeinigt zu haben. Nach § 256 S. 2 FamFG ist dieser Einwand nur zulässig, wenn er erhoben war, bevor der Festsetzungsbeschluss erlassen war. Dies ist nicht der Fall. Der Antragsgegner hat diesen Einwand erstmals zweitinstanzlich geltend gemacht.

Die Beschwerde ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Antragsteller behauptet, den Antrag des Antragstellers nicht zugestellt erhalten zu haben. Denn ausweislich der bei der Akte befindlichen Zustellungsurkunde ist dem Antragsgegner der Antrag am 11. August 2020 durch Einlegung in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung zugestellt worden (Bl. 15). Den Einwand, der Antrag sei ihm nicht zugestellt und damit nicht rechtshänig geworden, hat der Antragsgegner unzureichend ausgeführt. Die Zustellung der Antragsschrift und der vorgesehenen Hinweise (§ 251 I 2 FamFG) ist durch öffentliche Urkunde - die Postzustellungsurkunde (Bl. 15) - nachgewiesen. Die schlichte Behauptung, das dort Beurkundete sei nicht geschehen, reicht nicht aus.

Bei der Postzustellungsurkunde handelt es sich um eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO, an deren Beweiskraft der Senat gebunden ist. Der Antragsgegner hat auch keinen Sachverhalt dargelegt, der geeignet sein könnte, die Beweiskraft der beurkundeten Zustellung zu erschüttern. Hierzu hätte es zumindest einer substanziierten Darlegung der Umstände bedurft, die die Möglichkeit der Richtigkeit der Urkunde ausschließen (vgl. OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2011, 211; BGH, Beschluss vom 06.12.2004, Az.: AnwZ (B) 92/03 - juris).

Die bloße Versicherung, das Schriftstück nicht erhalten zu haben, genügt dafür jedoch ebensowenig wie die bloße, in aller Regel nicht völlig auszuschließende Möglichkeit, dass bei der Fertigung der Postzustellungsurkunde Fehler unterlaufen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2019 – AnwZ (Brfg) 21/18 –, Rn. 18 BGH, 06.12.2004, a.a.O. OLG Dresden Hinweisbeschluss v. 6.3.2019 – 4 U 163/19, BeckRS 2019, 7720 Rn. 6, beck-online).

Dasselbe gilt im Übrigen auch für die Zustellung des Schreibens des Antragstellers vom 21. April 2020 an den Antragsgegner, die ebenfalls durch Postzustellungsurkunde beurkundet ist (Bl. 6 f.)

III.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Insbesondere ist der Antragsteller mit dem Vortrag, der Unterhalt sei zu seinen Lasten unrichtig festgesetzt worden, beschwerdeberechtigt (vgl. Haußleiter/Eickelmann, FamFG, 2. A., 2017, § 256 Rn. 11).

Setzt das Gericht - wie hier - den Unterhalt geringer als beantragt fest, enthalten die Regelungen in §§ 256 und 252 FamFG hierzu keine Zulässigkeitseinschränkungen (vgl. Musielak/Borth/Grandel, FamFG, 6. A., 2018, § 256 Rn. 2, 3. Spiegelstrich).

Der Antragsteller, der sich auf einen Anspruchsübergang nach § 33 SGB II beruft, hat beantragt, lediglich das hälftige Kindergeld vom Unterhaltsbetrag abzuziehen. Das Amtsgericht hat abweichend hiervon, unter Berufung auf § 2 Abs. 2 Satz 1 UVG, das Kindergeld in voller Höhe abgezogen. Diese Vorschrift ist im hier in Rede stehenden Fall indes nicht einschlägig, weil es nicht um übergegangene Ansprüche aus Unterhaltsvorschussleistungen, sondern um Leistungen nach dem SGB II handelt.

Dem Antragsteller steht daher der volle, dem Kind zustehende Unterhaltsbetrag zu, auf den gemäß § 1612b Abs. 1 Nr. 1 BGB nur das hälftige Kindergeld anzurechnen ist. Dementsprechend ist der Beschluss zu ändern.

Hinsichtlich der Rückstände wurde das hälftige Kindergeld für den Zeitraum April bis August 2020 zum zugesprochenen Betrag hinzuaddiert. Soweit die rückständigen Beträge über den Abzug des vollen Kindergelds hinaus in zu geringer Höhe festgesetzt waren, war der angefochtene Beschluss nicht zu korrigieren. Denn der Antragsteller hat sich ausdrücklich nur gegen den Abzug des vollen Kindergelds gewandt. Hieran ist der Senat gebunden, vgl. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 308 ZPO.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 243 FamFG, die Wertfestsetzung auf den §§ 55 Abs. 2, 51 Abs. 1 und 2, S. 1 FamGKG.