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Grundsteuer


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 18.04.2013
Aktenzeichen VG 1 K 398/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 33 Abs 1 GrStG

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt den teilweisen Erlass der Grundsteuer für das in ihrem Eigentum stehende, mit einem Bürogebäude bebauten Grundstück M.-straße in S. (Flurstück xx/3 der Flur X der Gemarkung S.).

Der Beklagte setzte mit Abgabenbescheid vom 8. Januar 2010 die Grundsteuer für das genannte Grundstück für das Jahr 2010 auf 9.315,04 € fest.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. Februar 2011 beantragte die Klägerin beim Beklagten den Erlass der Grundsteuer in Höhe von 25 %, da der normale Rohertrag um mehr als 50 % gemindert sei. Nach der dem Schreiben beigefügten Berechnung gab sie bei einer Gesamtfläche von 5.603 m², 35 Stellplätzen und 47 Tiefgaragenstellplätzen eine "mögliche Jahresrohmiete" von 1.031.811,00 € an; erzielt habe sie eine Miete von 500.818,40 €.

Der Beklagte erbat mit Schreiben vom 13. April 2011 von der Klägerin Angaben zur Größe der einzelnen Mietobjekte, zur geforderten Bruttokaltmiete, zum Leerstand-Zeitraum und zur Höhe der zuletzt vor dem Leerstand gezahlten Bruttokaltmiete sowie Nachweise über Vermietungsbemühungen. Unter dem 28. Mai 2011 übersandte die Bevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten vier Mietverträge, aus denen ersichtlich sei, dass 12,00 €/m² die übliche anzusetzende Miete sei. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 mit, dass die eingereichten Unterlagen zum Nachweis der Ertragsminderung nicht ausreichten, den beantragten Erlass zu begründen, da eine Nachvollziehbarkeit der Angaben für die vermieteten Flächen nicht gegeben sei.

Der Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 24. Oktober 2011 unter dem Betreff "Ablehnung Ihres Antrages auf Erlass der Grundsteuer nach § 33 GrStG" an die Bevollmächtigte der Klägerin und führte aus, dass die mit der Vorlage von vier Mietverträgen, die 274 m² bei einer Gesamtfläche des Objekts von ca. 5.603 m² erfassen, nachgewiesene Miete nicht ohne weiteres auf die anderen Flächen übertragen werden könnten. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 GrStG erfolge der Erlass aufgrund einer Schätzung der zu erwartenden Jahresrohmiete am Jahresanfang des Erlasszeitraumes. Eine Schätzung sei sachgerecht vorzunehmen und alle Umstände, die für die Schätzung von Bedeutung seien, seien zu berücksichtigen. Daher seien unterschiedliche, nicht vergleichbare Objekte unterschiedlich zu bewerten. Es werde nochmals gebeten, die angeforderten Unterlagen einzureichen, um beurteilen zu können, ob es sich bei den eingereichten Mietverträgen um miteinander vergleichbare und für die Schätzung der Jahresrohmiete repräsentative Unterlagen handele.

Mit Schreiben vom 8. November 2011 führte die Bevollmächtigte der Klägerin aus, dass die vorgelegten Mietverträge, die zeitnah um den Beginn des Erlasszeitraumes abgeschlossen worden seien, die aktuell übliche Miete zum 1. Januar 2010 nachwiesen. Die Bestandsmietverträge seien für die Ermittlung der üblichen Miete zu Beginn des Erlasszeitraumes ungeeignet, weil sie nicht aktuell seien. Sie werde der geforderten Aufwand nicht betreiben.

Mit "Einspruchsentscheidung" vom 22. November 2011 wies der Beklagte den "Einspruch vom 08.11.2011" als unbegründet zurück. Die eingereichten Mietverträge für vier Büroflächen seien nicht vergleichbar und könnten nicht zur Einschätzung des ganzen Objekts herangezogen werden, da sie sich hinsichtlich Größe, Lage und Mietpreis wesentlich unterschieden. Aus der Anlage zum Erlassantrag sei nicht ersichtlich, wie sich die angeführten Zahlen zusammensetzten. Eine Richtigkeitsprüfung sei daher nicht möglich gewesen.

Die Klägerin hat am 9. März 2012 Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg erhoben, das das Verfahren mit Beschluss vom 10. April 2012 an das erkennende Gericht verwiesen hat.

Zur Begründung der Klage führt die Klägerin aus, dass die von ihr dem Beklagten vorgelegten Mietverträge als Nachweis für die übliche Miete zu Beginn des Erlasszeitraumes anzuerkennen seien. Es sei nicht von Bedeutung, ob zu diesem Zeitpunkt eine Vermietung vorliege bzw. welcher Mietpreis tatsächlich erzielt werde. Die aktuell übliche Miete könne nicht anders als anhand neu abgeschlossener Mietverträge bewiesen werden. Der vom Beklagten angeführte Grundstücksmarktbericht könne für die Ermittlung der üblichen Jahresrohmiete ebenso wenig herangezogen werden wie die Gewerbemietenübersicht, da sie nur einen groben Überblick über das Marktniveau lieferten. Es sei kein Raum für diese Übersichten, wenn aktuell abgeschlossene Mietverträge vorlägen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der "Einspruchsentscheidung" vom 22. November 2011 zu verpflichten, die Grundsteuer für das Grundstück M.-straße in S. für das Jahr 2010 in Höhe von 2.328,76 € zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seine Ausführungen aus dem vorgerichtlichen Verfahren, dass die von der Klägerin beigebrachten Unterlagen nicht geeignet seien, den beantragten Erlass zu begründen, insbesondere den normalen Rohertrag für das Objekt der Klägerin zu belegen. Die übliche Jahresrohmiete zur Beginn des Erlasszeitraumes bewege sich im Flughafenumfeld von S. nach dem Grundstücksmarktbericht 2010 des Gutachterausschusses des Landkreises zwischen 6,00 und 9,50 € pro m² Nettokaltmiete. Nach der Gewerbemietenübersicht der IHK Cottbus für die Gemeinde S. lägen die Preise für Büro- und Praxisräume aller Größen in 1a-Lage (zu der die M.-straße gehöre) in 2010 innerhalb einer Spanne von 7,00 bis 12,00 €. Die vorgelegten Verträge spiegelten nur punktuell die im Mietobjekt im Erlasszeitraum erzielten Mietwerte wider.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28. Februar 2013 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (Beiakten I und II) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf teilweisen Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2010. Die "Einspruchsentscheidung" des Beklagten vom 22. November 2011 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).

Ein Erlassanspruch ergibt sich für die Klägerin nicht aus § 33 des Grundsteuergesetzes (GrStG) vom 7. August 1973 (BGBl. I S. 965), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794). Gemäß § 33 Abs. 1 GrStG wird die Grundsteuer in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat (Satz 1). Beträgt die Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer in Höhe von 50 Prozent zu erlassen (Satz 2). Vorliegend fehlt es an der erforderlichen Minderung des normalen Rohertrags des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent.

Die Minderung des Rohertrags berechnet sich aus der Gegenüberstellung des normalen Rohertrags und des tatsächlich erzielten Rohertrags. Letzteren hat die Klägerin, ohne dass Anhaltspunkte zu Zweifeln vorlägen, mit 500.818,40 € angegeben. Jedoch ist der normale Rohertrag des bebauten Grundstücks in der M.-straße in S. für 2010 nicht mit dem von der Klägerin angesetzten Betrag von 1.031.811,00 € zutreffend erfasst. Denn die Klägerin geht von unzutreffenden Voraussetzungen aus, wenn sie für ihre Ermittlung der Rohertragsminderung von einer "möglichen Jahresrohmiete" ausgeht und hierfür einen auf dem Mietmarkt erzielbaren Quadratmeterpreis von 12 € für die Büroflächen ihrer Immobilie zugrunde legt, der sich aus einzelnen von ihr zuletzt für Räume in dem Objekt abgeschlossenen Mietverträgen ergebe.

Normaler Rohertrag ist nach § 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GrStG bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete. Den Begriff der geschätzten üblichen Jahresrohmiete definiert das Grundsteuergesetz nicht. Und auch die Gesetzgebungsmaterialien zum Jahressteuergesetz 2009, durch das § 33 GrStG die hier einschlägige Fassung erhalten hat, bieten keine Begriffsbestimmung (BT-Drs. 16/11055 S. 116 f. und BT-Drs. 16/11108 S. 62 f.). Aufgrund der nahezu übereinstimmenden Begriffswahl mit § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GrStG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung, nach der der normale Rohertrag bei bebauten Grundstücken, deren Wert nach dem Bewertungsgesetz im Sachwertverfahren zu ermitteln ist, die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete ist, spricht viel dafür, dieses gesetzliche Tatbestandsmerkmal unter Heranziehung des § 79 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu interpretieren (vgl. VG München, Urteil vom 15. Dezember 2011 - M 10 K 11.2415 -, juris Rn. 25; FG Bremen, Urteil vom 9. Juni 2010 - 3 K 57/09 -, EFG 2010, 1813, juris Rn. 158; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 33 Rn. 11 [S. 501], Rn. 14 [S. 505]; Glier, Grundsteuer, Stand: Februar 2012, GrStG § 33 Anm. 8; Puhl, "Grundsteuererlass bei wesentlicher Ertragsminderung (§ 33 GrStG)", KStZ 2010, 67/88 [89] - so i.Ü. auch der von der Klägerin angeführte Erlass der Finanzbehörde Berlin vom 21. Januar 2009, Rn. 9). Danach ist die übliche Miete in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Da schon § 33 GrStG mit dem "Üblichen" auf das abhebt, was Objekte vergleichbarer Beschaffenheit an Ertrag bringen, und auch § 79 Abs. 2 BewG auf Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung abstellt, ist bei der Ermittlung der üblichen Jahresrohmiete ein Fremdvergleich mit anderen Objekten vergleichbarer Beschaffenheit maßgeblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2008 - BVerwG 9 C 8.07 -, Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 28, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1991 - BVerwG 8 C 13.89 -, Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 24, juris Rn. 11; OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16. September 2009 - 1 M 65/09 -, juris Rn. 27). Es kommt daher nicht darauf an, welche Miete für das jeweils betroffene Anwesen üblich gewesen sein mag. Der aus der Vermietung des Objekts selbst vor und nach dem Erlasszeitraum erzielte Ertrag spielt daher ebenso wenig eine Rolle (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14. November 2005 - 2 S 1884/03 -, juris Rn. 40; VG München, Urteil vom 15. Dezember 2011 - M 10 K 11.2415 -, juris Rn. 25). Schon aufgrund dessen kann mangels Fremdvergleich der Vorgehensweise der Klägerin nicht gefolgt werden, aus einzelnen Mietverträgen, die sie für Teile ihres Bürogebäudes abgeschlossen hatte, einen für dieses Objekt üblichen Mietpreis abzuleiten.

Da § 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GrStG auf das an Ertrag "Übliche" bzw. "Normale" abstellt, ist für die Schätzung der dem tatsächlichen Rohertrag gegenüber zu stellenden Vergleichsgröße der Jahresrohmiete zugleich vorgegeben, dass es nicht auf die unter optimalen Bedingungen auf dem Mietmarkt erzielbaren Erlöse aus dem Gesamtobjekt ankommen kann. Denn in Zeiten mangelnder Nachfrage und infolgedessen nachgebender Mieten treffen noch zu besseren Zeiten gezahlte Mieten für vergleichbare Räume in schon länger vorhandenen Gebäuden mit geringeren Mieten für neu auf den Markt gekommene Objekte zusammen; nichts anderes gilt für den umgekehrten Fall eines anziehenden Mietmarktes. In beiden Fällen gehen beide Endpunkte der Mietpreisspanne in die auf den Beginn des Erlasszeitraums zu schätzende übliche Miete für vergleichbare Räume ein (vgl. BFH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - II R 5/05 -, BFHE 218, 396, juris Rn. 17; FG Bremen, Urteil vom 9. Juni 2010 - 3 K 57/09 -, EFG 2010, 1813, juris Rn. 158). Nur dies spiegelt die realen Umstände wider, dass in einem größeren Objekt regelmäßig - je nach dem Zeitpunkt der Vermietung und dem jeweils vereinbarten Mietzins - unterschiedliche Mietverträge mit der Folge unterschiedlicher Mieterträge zusammentreffen. Daher ist der Rückgriff der Klägerin auf einen von ihr als marktfähiger Preis angesehener Mietzins von 12 €/m², den sie unter Ausblendung älterer Mietverträge allein aus aktuellen Vertragsschlüssen ermittelt hat, keine taugliche Grundlage für die Schätzung der üblichen Jahresrohmiete.

Die Klägerin hat keine anderen tragfähigen Grundlagen für eine Schätzung der üblichen Jahresrohmiete des Gebäudes in der M.-straße in S. benannt. Der von ihr allein angeführte "Orientierungsrahmen für Gewerbemieten in Berlin 2011" der IHK Berlin, der für das "Areal Flughafen Berlin-Brandenburg" im 2. Quartal 2011 eine Mietpreisspanne von 10 bis 20 €/m² pro Monat auflistet, ist für die hier fraglichen Zwecke untauglich. Zum einen gibt er nur Werte für das Jahr 2011 wieder, was aber außerhalb des gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 GrStG allein maßgeblichen Erlasszeitraumes 2010 liegt. Eine Gleichsetzung dieser Werte mit den Verhältnissen im Jahr 2010, wie sie die Klägerin im Schriftsatz vom 3. Juli 2012 vertritt, erscheint schon deshalb ausgeschlossen, weil die örtlichen Verhältnisse aufgrund des fortschreitenden Baus der neuen Flughafengebäude in S. und damit auch die den Mietpreis beeinflussenden Umstände einer stetigen Änderung unterlagen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich - worauf der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - die fraglichen Angaben auf das "Areal Flughafen Berlin-Brandenburg" beziehen und damit die am neuen Terminal des Flughafens Berlin-Brandenburg errichteten Bürogebäude erfassen dürften; zu diesen gehört das hier fragliche Objekt jedoch nicht.

Das Gericht erachtet demgegenüber den vom Beklagten mit Schreiben vom 26. Juli 2012 angeführten "Gewerbemieten-Service 2010" der IHK Cottbus, der für Büro- und Praxisräume in 1a-Lage in S. und mit gutem Nutzwert eine Mietpreisspanne von nettokalt 7 bis 12 €/m² nennt, als taugliche Schätzungsgrundlage, nicht zuletzt da er konkret auf die Lage im Bereich des (jetzigen) Flughafens Berlin-S. Bezug nimmt und die M.-straße als 1a-Lage definiert. Dass die Übersicht den Markt zutreffend wiederzugeben in der Lage ist, bestätigt auch ein vergleichender Blick auf die von der Klägerin vereinbarten Mieten, die sie in ihrem Schriftsatz vom 12. April 2013 aufgelistet hat. Angesichts der "Kurzeinschätzung" im "Gewerbemieten-Service", die einerseits eine gute Entwicklung attestiert und feststellt, dass hochwertige Flächen (bes. Büroflächen) in guter Lage nachgefragt werden, andererseits aber deutliche Lagedifferenzierungen und branchenbedingt große Mietspannenabweichungen bemerkt, erscheint im hier zu entscheidenden Fall eine Schätzung der üblichen Jahresrohmiete und damit des normalen Rohertrags auf der Basis einer Nettokaltmiete von 10 €/m² angebracht. Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass einerseits das Gebäude der Klägerin bereits zu mehr als der Hälfte der Fläche (zum Teil zu geringeren Quadratmeterpreisen) vermietet ist, andererseits aber das Gebäude nahe am Terminal des Flughafens Berlin-S. liegt und die freien Flächen nach den Angaben der Klägerin im Schriftsatz 12. April 2013 nach den Bedürfnissen des Interessenten eingerichtet werden können. Unter Einbeziehung der Nebenkosten sowie der Einnahmen für Stell- und Tiefgaragenplätze errechnet sich eine geschätzte übliche Jahresrohmiete von 897.459,00 €. Mit dem tatsächlich erzielten Rohertrag von 500.818,40 € ergibt sich eine Minderung von 396.640,60 € = 44,2 Prozent, was den Mindestwert des § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG nicht erreicht.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Grundsteuererlass nach § 227 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 2 AO zu. Finanzbehörden können danach Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung unbillig wäre. Die Anwendung dieser Bestimmung wird durch § 33 GrStG zwar nicht ausgeschlossen. Jedoch sind in §§ 32, 33 GrStG die Fälle der sachlichen Unbilligkeit der Grundsteuererhebung wegen Ertragslosigkeit bzw. -minderung abschließend geregelt; daneben kommt lediglich noch der allgemeine persönliche Billigkeitserlass nach § 227 AO in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 1982 - BVerwG 8 C 50.81 -, Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 18, juris Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 21. September 1984 - BVerwG 8 C 62.82 -, BVerwGE 70, 162, juris Rn. 20; BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1994 - BVerwG 8 B 229.93 -, Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 25, juris Rn. 5). Vorliegend fehlt es an jedem Anhaltspunkt für eine Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer aus persönlichen Gründen der Klägerin.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.