Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 08.12.2010 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 S 56.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 146 Abs 4 S 3 VwGO, § 34 Abs 1 S 1 BauGB, § 7 Abs 2 BauO BB, § 11 Abs 3 BauO BB |
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 24. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7500 EUR festgesetzt.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist nicht aus den von den Antragstellern dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zu beanstanden.
1. Die Rüge der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe innerhalb der ihnen eingeräumten Frist zur Stellungnahme entschieden und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, ist unerheblich. Selbst wenn ihre Behauptung, die Berichterstatterin habe im Erörterungstermin am 21. Juni 2010 mündlich zugesagt, dass die Kammer nicht vor Ablauf der 26. Kalenderwoche entscheiden werde, zutreffend sein sollte, sind damit die Voraussetzungen für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 27. Januar 2010 nicht dargetan. Hat das Verwaltungsgericht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, so ist übersehenes oder aufgrund des Gehörsverstoßes unterbliebenes Vorbringen im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Oktober 2008 - OVG 12 S 110.08 -; Bayer. VGH, Beschluss vom 5. Juni 2009 - 11 CS 09.873 -, juris).
2. Das Vorbringen der Antragsteller, bei der genehmigten Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 5 Geschossen, 26 Wohneinheiten, 29 Tiefgaragenplätzen handele es sich um eine Ausnahmebebauung, die sich in keiner Weise in die Umgebung einfüge und ihnen gegenüber rücksichtslos sei, rechtfertigt keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob sich das Vorhaben hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche sowie des Maßes der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, da jedenfalls ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht vorliege. Es ist damit zu Recht davon ausgegangen, dass Nachbarn, die sich gegen ein nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilendes Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wenden, mit ihrem Begehren nur dann durchdringen können, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Für die Anwendung des bundesrechtlichen Rücksichtnahmegebots bleibt jedoch aus tatsächlichen Gründen regelmäßig kein Raum, soweit die durch dieses Gebot geschützten Belange auch durch spezielle bauordnungsrechtliche Vorschriften geschützt werden und das konkrete Vorhaben deren Anforderungen genügt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2010 - OVG 2 S 37.10 -). Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Vorhaben die landesrechtlichen Abstandsflächen einhalte und angesichts der gegebenen Grundstückssituation weder unter dem Gesichtspunkt der erdrückenden Wirkung des Vorhabens noch unter demjenigen der unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten ein Ausnahmefall erkennbar sei.
Inwiefern die Würdigung der hier gegebenen Grundstückssituation zu beanstanden sein sollte, wird in der Beschwerdebegründung nicht ausreichend dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat beispielhaft verschiedene Fälle, in denen die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung eine erdrückende Wirkung angenommen hat, angeführt und ist auf dieser Grundlage sowie unter Berücksichtigung der Innenstadtlage und der Feststellung, dass sich die Höhe des Vorhabens an der Höhe der Nachbarbebauung orientiere und die Entfernung des Vorhabens der Beigeladenen zu den Grundstücksgrenzen der Antragsteller 25 m betrage, zu dem Schluss gelangt, es handele sich dabei um einen derart weiten Abstand, dass von einer sog. Gefängnishof-Situation noch nicht die Rede sein könne. Dem treten die Antragsteller nicht mit der nötigen Substanz entgegen. Die schlichte Behauptung einer erdrückenden Wirkung durch die Massivität der geplanten 5-geschossigen Bebauung sowie „einer Entfernung von deutlich weniger als 25 m zur Grundstücksgrenze“ des Antragstellers zu 2. reicht hierfür nicht aus, zumal die sich aus § 6 BbgBO ergebenden Abstandsflächen deutlich eingehalten werden. Ebenso wenig genügt das Beschwerdevorbringen zu den geltend gemachten unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten in das gesamte Grundstück des Antragstellers zu 2. den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Auf die Feststellung des Verwaltungsgerichts, eine Einsichtnahme von den Loggien sei nur in den Garten, nicht in die Wohnräume der Antragsteller möglich und der Antragsgegner habe der Beigeladenen darüber hinaus eine Begrünung in Richtung der Grundstücksgrenze der Antragsteller aufgegeben, geht die Beschwerde nicht ein. Auch legen die Antragsteller nicht dar, dass die durch das Bauvorhaben der Beigeladenen geschaffenen Einsichtsmöglichkeiten in ihrer Intensität vergleichbar seien mit den Fällen, in welchen die Rechtsprechung unter diesem Aspekt einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme bejaht hat (vgl. z.B. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 10. März 2006 - OVG 10 S 5.05 -, juris Rn. 10 zur Einsehbarkeit in ein Wohnhaus von einem 33 Meter hohen Aussichtsturm). Die Antragsteller können nicht verlangen, dass das an ihre Grundstücke rückwärtig angrenzende Grundstück nicht oder nur so bebaut wird, dass die Möglichkeit eines Einblicks auf ihre Grundstücke nicht gegeben ist. Das Gleiche gilt bezüglich einer freien Sicht auf Grün- und Freiflächen. Ebenso wenig folgt aus dem Gebot der Rücksichtnahme ein Anspruch der Nachbarn darauf, von Wertminderungen in Bezug auf das Grundstück durch eine hinzukommende Bebauung verschont zu werden (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 - 4 B 128.98 -, NVwZ 1999, 879, 880).
3. Soweit der Antragsteller zu 1. meint, eine besondere schutzwürdige Stellung, auf die Rücksicht zu nehmen sei, ergebe sich daraus, dass sein zweigeschossiges Wohnhaus aus der Epoche des Bauhaus‘ unter Denkmalschutz stehe, rechtfertigt sein diesbezügliches Vorbringen gleichfalls nicht, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots anzunehmen. Allerdings können denkmalschutzrechtliche Bestimmungen eine drittschützende Wirkung zugunsten des Eigentümers eines Denkmals besitzen. Wie weit diese Wirkung reicht, ist grundsätzlich am Maßstab des Landesrechts zu beurteilen. Als bundesrechtlichen Mindeststandard hat das Bundesverwaltungsgericht herausgestellt, dass, soweit der denkmalrechtliche Umgebungsschutz objektiv geboten ist, er auch dem Eigentümer des Kulturdenkmals Schutz vermitteln muss. Jedenfalls wenn ein Vorhaben in der Umgebung des geschützten Kulturdenkmals dessen Denkmalwürdigkeit möglicherweise erheblich beeinträchtigt, muss der Eigentümer des Kulturdenkmals gemäß § 42 Abs. 2 VwGO befugt sein, die denkmalrechtliche Genehmigung des Vorhabens anzufechten (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 - 4 C 3.08 - BVerwGE 133, 347; Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2010, a.a.O.) Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Ansicht vertreten, es sei nicht ansatzweise zu erkennen, dass die hier in Rede stehende Nachbarbebauung eine erhebliche Beeinträchtigung zur Folge habe, da das Grundstück des Antragstellers zu 1. mit dem rückwärtigen Teil an das Vorhabengrundstück anschließe. Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerde nicht in der gebotenen Weise auseinander. Der pauschale Hinweis, das zweigeschossige Wohnhaus aus der Bauhaus-Epoche werde durch die Massivität der geplanten fünfgeschossigen Bebauung erdrückt und könne in keiner Weise seinen bislang prägenden Charakter entfalten, reicht hierfür ebenso wenig aus wie die nicht weiter sustanziierte Behauptung, das denkmalgeschützte Gebäude werde durch das Vorhaben „in seinem materiellen und immateriellen Wert nahezu vollständig entwertet“. Auch aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Beschluss vom 30. April 2010 - 19 L 24.10 -, juris) kann der Antragsteller zu 1. nichts für sich herleiten, da sich der vorliegende Sachverhalt grundlegend von demjenigen unterscheidet, welcher der angeführten Entscheidung zu Grunde lag, bei dem in geschlossener Bauweise unmittelbar an das Denkmal angrenzend ein höheres Gebäude mit auffälliger Fassadengestaltung errichtet werden sollte. Dass das brandenburgische Denkmalschutzgesetz über den bundesrechtlichen Mindeststandard hinausgehende drittschützende Regelungen enthält, legt der Antragsteller zu 1. ebenfalls nicht dar.
4. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt auch nicht aus den von den Antragstellern dargelegten Gründen gegen drittschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften. Soweit die Antragsteller rügen, die in der Baugenehmigung enthaltene Genehmigung einer Geländeaufhöhung um mehr als 1 m widerspreche den Vorgaben des § 7 Abs. 2 BbgBO, kann dahinstehen, ob diese Vorschrift drittschützend und im Fall einer vom Bauherrn zur Genehmigung gestellten Geländeerhöhung tatbestandlich anwendbar ist. Denn jedenfalls könnten die Antragsteller im Hinblick auf die von ihnen geltend gemachte Vernässung ihrer Grundstücke infolge der genehmigten Geländeerhöhung aus § 7 Abs. 2 BbgBO keine weitergehenden Rechte herleiten als aus § 11 Abs. 3 BbgBO. Hiernach müssen bauliche Anlagen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass u. a. durch Wasser und Feuchtigkeit keine Gefahren oder unzumutbare Belästigungen entstehen. Diese Vorschrift dient nicht nur dem Schutz der Bewohner und Benutzer der baulichen Anlage selbst, sondern auch dem Schutz des Nachbarn gegenüber Einflüssen aus der baulichen Anlage (vgl. Bauer in: Jäde/Dirnberger/Reimus, Bauordnungsrecht Brandenburg, Stand: Juli 2010, § 11 Rn. 62; ferner zu § 19 NBauO: Nds. OVG, Beschluss vom 12. Juli 1994 - 6 M 3522.94 -, juris Rn. 4).
Nach der im Rahmen eines Eilverfahrens nur möglichen summarischen Überprüfung der von den Antragstellern vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen der BBiG GmbH, die in der mündlichen Verhandlung durch einen der Verfasser erläutert worden sind, haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt, dass infolge des genehmigten Bauvorhabens für ihre Grundstücke Gefahren oder unzumutbare Belästigungen durch Vernässung drohen. Zwar beschreibt die Stellungnahme der BBiG GmbH vom 22. Juni 2010 plausibel die besonderen geologischen Verhältnisse auf den Grundstücken der Antragsteller und der Beigeladenen, die sich in der zwischen dem Heiligen See und dem Bassinplatz verlaufenden sog. holozänen Rinne befinden. Dort sind im Untergrund nahezu wasserundurchlässige Torf- und Muddeschichten anzutreffen, die im Zuge der fortschreitenden Besiedlung des Gebietes mit Sand, Schutt und Bauresten verfüllt worden sind. Das in den mehr oder weniger durchlässigen Schüttmassen niederschlagsbedingt anfallende Sickerwasser staut sich zusammen mit dem ohnehin vorhandenen Grundwasser auf den nicht durchlässigen Torf- und Muddeschichten auf, mit der Folge, dass das Grundwasser innerhalb der holozänen Rinne häufig und andauernd höher steht als außerhalb der Rinne (sog. Grundwasseranomalie). Die Antragsteller haben indes nicht mit der erforderlichen Plausibilität dargelegt, dass die nach ihren eigenen Angaben bereits seit Jahren immer wieder auftretende Vernässung ihrer Grundstücke sich infolge des Bauvorhabens der Beigeladenen in einem die Schwelle der unzumutbaren Belästigung erreichenden Ausmaß verschärfen würde. Die gutachterliche Stellungnahme vom 22. Juni 2010 beschreibt lediglich allgemein das Risiko, dass sich durch die mit dem geplanten Bauvorhaben einhergehende Geländeaufschüttung, die Versickerung von Grundwasser und die Errichtung eines unterirdischen Baukörpers (Tiefgarage) die Grundwasserstände auf den angrenzenden Grundstücken weiter erhöhen. Wie der Gutachter in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist eine genauere Prognose, in welchem räumlichen Bereich und in welchem Umfang sich die Grundwasserstände auf den Nachbargrundstücken erhöhen werden, nicht möglich.
Auch unter Berücksichtigung des Aspekts, dass die im Anstrom des Grundwassers auf die zu errichtende Tiefgarage liegenden Grundstücke der Antragsteller tendenziell stärker von der Stauwirkung des unterirdischen Baukörpers betroffen sein werden als andere angrenzende Grundstücke, belegt dieser Umstand für sich genommen nicht, dass infolge des Bauvorhabens eine die Erheblichkeitsschwelle überschreitende zusätzliche Vernässung auf den Grundstücken der Antragsteller eintreten wird. Denn die Aussage in der Stellungnahme der BBiG GmbH vom 7. September 2010, dass ein „Grundwasseraufstau vor der Tiefgarage höchstwahrscheinlich“ sei, die durch den Gutachter in der mündlichen Verhandlung dahingehend erläutert wurde, dass zwar eine seitliche Umströmung des Baukörpers stattfinde, aber „eine Unterströmung (…) als nachrangig zu betrachten“ sei, erscheint dem Senat bei summarischer Prüfung nicht schlüssig. Die für die Behinderung einer Unterströmung in der Stellungnahme vom 7. September 2010 genannte Begründung, dass „die Sohle der Tiefgarage (…) dicht über bzw. lokal bereits in den organischen Schichten liegt“, widerspricht dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten geologischen Schnitt einer Pegelbohrung auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2., wonach wasserundurchlässige Torf- und Muddeschichten im Baugebiet erst ca. 5 m unterhalb der Geländeoberfläche beginnen. Die genehmigte Tiefgarage befindet sich indes ausweislich der Baugenehmigung nur weniger als 2 m unterhalb des vor Beginn der Baumaßnahme vorhandenen Geländeverlaufs.
Dass es infolge der Geländeaufhöhung zu einer für die Grundstücke der Antragsteller erheblichen Erhöhung des Grundwasserspiegels kommt, ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt worden. In der Stellungnahme der BBiG GmbH vom 22. Juni 2010 wird beschrieben, dass die geplante Schüttung aufgrund der damit verursachten Verdrängung des Grundwassers und der besonderen Durchlässigkeitsbedingungen im Untergrund zu einem „temporären Anstieg des Grundwassers“ führen würde, wobei sich die ursprünglichen Grundwasserverhältnisse nach „geraumer Zeit“ wieder einstellen würden. Diese Aussage lässt keinen Schluss zu, in welchem Ausmaß und über welche Dauer die Grundstücke der Antragsteller betroffen sein werden. Auch haben die Antragsteller nicht mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Pegelganglinien für den Zeitraum von August bis September 2010, die nach dem 23. September 2010 einen deutlich höheren Anstieg der Pegelstände auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2. aufweisen als außerhalb der holozänen Rinne, belegt, dass Aufschüttungen auf dem Grundstück der Beigeladenen die Ursache für die auf ihren Grundstücken festgestellten höheren Wasserstände sind. Selbst wenn unterstellt wird, dass erste Aufschüttungen auf dem Vorhabengrundstück bereits im September 2010 und nicht erst - wie die Beigeladene vorträgt - im November 2010 vorgenommen worden sind, belegt der ohnehin nur für einen sehr kurzen Zeitraum aufgezeichnete Verlauf der Pegellinien nicht, dass gerade die Aufschüttungen ursächlich waren für die hohen Pegelstände auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2. Vielmehr erscheint es dem Senat ebenso plausibel, dass die starken Niederschläge Ende September 2010 wegen der besonderen Bodenverhältnisse im Bereich der Rinnenstruktur dazu geführt haben könnten, dass sich das niederschlagsbedingt anfallende Sickerwasser innerhalb der holozänen Rinne länger und intensiver aufstaut als außerhalb der Rinne und dies der Grund dafür ist, dass die Angleichung der beiden abgebildeten Pegellinien nach dem starken Anstieg Ende September 2010 einige Zeit in Anspruch nimmt. Gegen eine Ursächlichkeit der spätestens seit November 2010 auf dem Vorhabengrundstück vorgenommenen Aufschüttungen für die erhöhten Wasserstände auf den Grundstücken der Antragsteller spricht im Übrigen auch, dass nach der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Graphik über die Pegelganglinien im Zeitraum von 1994 bis 2002 schon in der Vergangenheit an der Messstelle innerhalb der holozänen Rinne ähnliche Höchststände zu verzeichnen waren wie der im November 2010 auf dem Grundstück des Antragstellers zu 2. gemessene Pegelstand von 30,4 m über NHN.
Schließlich wird auch eine drohende Vernässung der Grundstücke der Antragsteller infolge der in der Baugenehmigung enthaltenen Genehmigung der Versickerung von Teilen des Niederschlagswassers in Mulden nicht ausreichend belegt. In absoluten Mengen wird auf dem Grundstück der Beigeladenen nach der Realisierung des Bauvorhabens weniger Niederschlagswasser zur Versickerung gelangen als zuvor, weil ein Teil des auf die Dachflächen auftreffenden Niederschlagswassers auf dem Gründach verdunsten und das auf den vorderen Dachflächen aufgenommene Wasser in den Regenwasserkanal eingeleitet werden wird. Weshalb sich dennoch die Vernässungsgefahr für die angrenzenden Grundstücke erhöhen sollte, wird in den gutachterlichen Stellungnahmen der BBiG GmbH vom 22. Juni 2010 und 7. September 2010 nicht schlüssig erläutert. Dass die Freiflächen auf dem Grundstück der Beigeladenen, auf dem sich die Sickermulden befinden, nach der Fertigstellung des Vorhabens anteilig mehr Niederschlagswasser aufnehmen müssen als vorher, ist evident. Bei einer insgesamt reduzierten Aufnahmemenge auf dem Gesamtgrundstück belegt dies jedoch nicht ohne Weiteres eine Vernässungsgefahr für die angrenzenden Grundstücke der Antragsteller.
5. Die Rügen der Antragsteller, die sich im Hinblick auf die geltend gemachte Vernässung ihrer Grundstücke gegen eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg wenden, gehen ins Leere, denn die Frage, ob infolge der Baugenehmigung eine Vernässung ihrer Grundstücke droht, gehört - wie dargelegt - zum Prüfprogramm der Baugenehmigung. Auch in einem sich ggf. anschließenden Hauptsacheverfahren wäre eingehender als dies im Eilverfahren möglich ist zu klären, ob die drittschützende Vorschrift des § 11 Abs. 3 BbgBO verletzt ist. Ob daneben auch zivilrechtliche Ansprüche der Antragsteller gegeben sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den unterlegenen Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Antrag gestellt und sich daher einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).