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Verrechnung - bestandskräftige Forderung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 31. Senat Entscheidungsdatum 23.02.2012
Aktenzeichen L 31 R 486/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 86a Abs 2 SGG, § 52 SGB 1

Leitsatz

Gegenstand einer Verrechnung nach § 52 SGB 1 kann nur eine bestands- bzw. rechtskräftige Forderung sein. Ein vorläufig vollstreckbarer Beitragsbescheid i.S.d. § 86 a Abs 2 SGG reicht nicht aus.

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte die Altersrente des Klägers mit einer Forderung der Beigeladenen verrechnen kann.

Die Beklagte gewährte dem 1934 geborenen Kläger, der die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt, auf seinen Antrag vom 07. Juli 1992 mit Bescheid vom 13. Oktober 1994 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Juli 1992 und auf seinen Antrag vom 19. April 1999 mit Bescheid vom 14. Juni 1999 anstelle der bisherigen Rente eine Regelaltersrente ab 1. August 1999 mit einem monatlichen Zahlbetrag i.H.v. 307,23 DM (Zahlbetrag am 1. August 1999). Mit weiterem Rentenbescheid vom 23. November 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die bisher gezahlte Rente werde ab 1. August 1999 neu berechnet. Grund für die Neuberechnung sei eine Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses. Die Beklagte errechnete ab 1. August 1999 nunmehr einen monatlichen Zahlbetrag i.H.v. 284,04 DM sowie eine Überzahlung für die Zeit vom 1. August 1999 bis zum 31. Dezember 1999 i.H.v. 115,95 DM, die sie von dem Kläger zurückforderte. Beiträge zur Krankenversicherung wurden in Höhe von monatlich 20,58 DM und zur Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 2,61 DM gefordert. Mit weiterem Bescheid vom 16. Dezember 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie berechne auch die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Juli 1999 neu, auch insoweit habe sich das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis geändert. Es ergebe sich eine Überzahlung i.H.v. 204,77 DM, die zurückgefordert werde. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 erläuterte die Beigeladene hierzu, dass nach dem ab 1. Oktober 1998 gültigen neuen deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen auf Personen, die nicht unter den persönlichen Geltungsbereich der EWG-Verordnung 1408/71 fallen würden, materiellrechtlich und verfahrensmäßig die EWG-Verordnungen über Soziale Sicherheit anzuwenden seien. Da der Kläger Bezieher einer deutschen Rente und Schweizer Staatsangehöriger sei und in Österreich wohne, sei für ihn ab 1. Oktober 1998 die deutsche KVdR nach dem deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen, nach Maßgabe der Verordnungen (EWG) Nummer 1408/71 und 574/72 des Rates der Europäischen Gemeinschaften über Soziale Sicherheit durchzuführen (§ 3 Nr. 2 in Verbindung mit § 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV). Mit weiteren Bescheiden vom 1. Oktober 2002, vom 26. November 2002 sowie vom 17. Februar 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Regelaltersrente (zunächst ab 1. Juni 2002, schließlich) ab 1. November 2002 neu berechnet werde. Grund hierfür sei, dass sich das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis erneut geändert habe. Mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 24. Oktober 2002 erläuterte die Beigeladene hierzu, mit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (Sektoralabkommen) zum 1. Juni 2002 seien die EWG-Verordnungen auch für schweizerische Staatsangehörige maßgeblich. Der Bezug einer schweizerischen Rente, welcher bis dahin nach dem deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen nicht zu berücksichtigen gewesen sei, sei ab 1. Juni 2002 in die Entscheidung zur KVdR einzubeziehen. Da für ihn die längste Zeit die schweizerischen Rechtsvorschriften gegolten hätten, seien ab 1. Juni 2002 die Leistungen von der schweizerischen Krankenkasse zu übernehmen.

Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 11. Oktober 2002 – welches die Beklagte an die Beigeladene weiterleitete - gegen den Rentenbescheid vom 1. Oktober 2002 und beantragte, weiterhin Mitglied in der Deutschen KVdR zu bleiben. Den Widerspruch wies die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2003 zurück.

Mit weiterem Schreiben vom 11. November 2002 erläuterte die Beigeladene dem Kläger (nunmehr) die Grundlagen der Beitragsberechnung hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Oktober 2002 bestehenden KVdR und führte insbesondere aus, dass Beiträge nicht nur aus dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch aus vergleichbaren Einnahmen zu berechnen seien und forderte den Kläger auf, Auskunft über die Höhe seiner Versorgungsbezüge zu geben. Da der Kläger hierauf keine Auskünfte erteilte, berechnete die Beigeladene mit Bescheid vom 6. Dezember 2002 eine Beitragsschuld für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Oktober 2002 in Höhe von insgesamt 12.980,82 €. Gegen diesen Bescheid ging der Kläger nicht vor.

Mit (formlosem) Verrechnungsersuchens vom 26. März 2003 wandte sich die Beigeladene an die Beklagte und ermächtigte diese, eine Forderung über nicht verjährte Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezügen i.H.v. 13.501,98 € mit der gesetzlichen Rente zu verrechnen.

Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 16. April 2003 teilte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 04. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2004 mit, sie werde gegen seine Rente in Höhe von monatlich 166,24 € ab 01. September 2003 80,00 € aufrechnen bzw. verrechnen und ihm daher von diesem Zeitpunkt an nur noch 86,24 € zahlen. Sie sei durch die Beigeladene ermächtigt worden, geschuldete Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 13.501,98 € zu verrechnen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin reichte der Kläger im November 2004 Nachweise über sein Einkommen ein. Daraufhin korrigierte die Beigeladene ihre Beitragsforderung mit Schreiben vom 03. Januar 2005 und forderte nunmehr Beiträge in Höhe von 9.296,81 € sowie Säumniszuschläge in Höhe von 2.234,00 €, mithin insgesamt einen Betrag von 11.530,85 €. Gegen dieses Schreiben legte der Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2005 „Protest“ ein.

Mit Bescheid vom 10. August 2004 berichtigte die Beklagte die Begründung des angefochtenen Bescheides vom 04. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2004.

Mit Urteil vom 22. März 2010 hob das Sozialgericht Berlin den Bescheid vom 04. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. August 2004 auf und verpflichtete die Beklagte, die im Zuge der Aufrechnung einbehaltenen Rentenbeträge an den Kläger auszuzahlen. Zur Begründung führte es unter anderem aus, das Schreiben der Beigeladenen vom 03. Januar 2005 sei als Änderungsbescheid auszulegen, den der Kläger angefochten habe. Zwar könne das Gericht nicht über diesen Widerspruch entscheiden, jedoch sei im vorliegenden Verfahren inzidenter die Rechtmäßigkeit des Bescheides zu prüfen. Dieser sei insbesondere aus dem Rechtsgedanken der Verwirkung rechtswidrig und könne nicht Grundlage der Verrechnung sein.

Gegen das ihr am 10. Mai 2010 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 02. Juni 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2010 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Versicherungsnummer) und der Beigeladenen verwiesen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beigeladenen ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin ist im Ergebnis zutreffend. Die Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachte Forderung der Beigeladenen mit der Rente des Klägers verrechnet.

Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Die Vorschriften für die Aufrechnung gelten mithin entsprechend, sofern sich nicht etwas anderes aus § 52 SGB I ergibt (vgl. BSG SozR 3-1200 § 52 Nr 1 S 15, 17, Nr 3 S 32 f; SozR 1200 § 51 Nr 5 S 9, Nr 8 S 17 f). Die Verrechnung steht somit der Aufrechnung gleich; lediglich wird bei ihr auf die bei der Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit der beiden Forderungen verzichtet. Während bei der Aufrechnung der Leistungsträger Gläubiger der Geldforderung ist, mit der aufgerechnet wird (Gegenforderung) und zugleich Schuldner des Anspruchs auf die Geldleistung des Leistungsberechtigten gegen die aufgerechnet wird (Hauptforderung, vgl. hierzu BSG SozR 3-1200 § 52 Nr. 2 S 24), besteht bei der Verrechnung keine Identität von Gläubiger und Schuldner. Der Ermächtigte ist zwar auch in diesem Falle Schuldner der Forderung des Leistungsberechtigten, Gläubiger der Forderung, mit der verrechnet wird, ist jedoch der ermächtigende Leistungsträger. Eine wirksame Verrechnung setzt mit Ausnahme des Erfordernisses der Gegenseitigkeit mithin den Tatbestand der Aufrechnung voraus sowie eine Ermächtigung für den ermächtigten Leistungsträger, die Verrechnung vorzunehmen.

Aufrechnung bzw. Verrechnung erfordern sowohl das Vorliegen einer Aufrechnungs-/Verrechnungslage als auch einer wirksamen Aufrechnungs-/Verrechnungserklärung. Diese Aufrechnungs-/Verrechnungslage liegt gemäß § 387 BGB vor, wenn der Schuldner die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Die Forderung des auf- bzw. verrechnenden Leistungsträgers (Gegenforderung) muss mithin entstanden und fällig sein, während die gleichartige Forderung, mit der auf- bzw. verrechnet werden soll (Hauptforderung), zwar nicht fällig, aber bereits entstanden und erfüllbar sein muss.

Daraus folgend hat das Bundessozialgericht entschieden (BSG Urteil vom 24. Juli 2003, Az. B 4 RA 60/02 R, SozR 4-1200§ 52 Nr. 1), dass die geltend gemachte Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden sein muss. Würde man auch mit einer nicht bestands- oder rechtskräftig festgestellten Forderung verrechnen können, wäre der Leistungsberechtigte gezwungen, sich erstmals in dem „Verrechnungsverfahren“ mit einem (weiteren) Anspruch auseinander zu setzen, der noch nicht feststeht und in einem anderen Sozialleistungsverhältnis begründet ist. Dies widerspräche der Rechtsstellung des Leistungsberechtigten im Verhältnis zum Verrechnung anstrebenden Leistungsträger. Lässt man bei der Verrechnung unter Verzicht auf die Gegenseitigkeit den Zugriff auf die Forderung des Leistungsberechtigten durch einen anderen Sozialleistungsträger zu dessen Gunsten zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens zu, so darf dessen materielle und verfahrensrechtliche Position gegenüber dem die Verrechnung anstrebenden Träger nicht verschlechtert werden. Dies wäre aber der Fall, wenn Forderungen in das „Verrechnungsverfahren“ einbezogen würden, die noch nicht abschließend in dem jeweils hierfür vorgesehenen Verfahren bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt worden sind, sodass der Leistungsberechtigte erst nach erfolgter Verrechnung Einwände gegen die Forderung erstmals im Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen den sachlich unzuständigen verrechnenden Leistungsträger geltend machen könnte.

Eine solche bestands- bzw. rechtskräftige Forderung als Gegenstand der vorgenommenen Verrechnung ist vorliegend nicht mehr gegeben. Zwar hatte zunächst eine bestandskräftige Forderung aus dem Bescheid vom 6. Dezember 2002, den der Kläger nicht angefochten hatte, bestanden. Die Bestandskraft dieses Bescheides ist aber durch den während des Sozialgerichtsverfahrens ergangenen Überprüfungsbescheid vom 3. Januar 2005 entfallen.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass Widersprüche und Anfechtungsklage gegen Beitragsbescheide nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine aufschiebende Wirkung haben und diese daher Grundlage der Vollstreckung sein können (§ 66 SGB X). Ließe man die Verrechnung in dieser Fallgestaltung zu, verschlechterte sich die verfahrensrechtliche Position des Leistungsberechtigten insofern, als er sich bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die Forderung noch nicht bestandskräftig ist, gegen ihre Vollstreckung im für die Leistungsträger gegenüber dem Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz vereinfachten Verfahren der Verrechnung wenden müsste.

Das Sozialgericht hat bereits zutreffend festgestellt, dass die Beklagte mit dem Schreiben vom 03. Januar 2005 einen Verwaltungsakt gesetzt hat, gegen den der Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2005 „Protest“ mithin Widerspruch eingelegt hat. Soweit die Beigeladene der Ansicht ist, bei diesem Schreiben handele es sich lediglich um eine erstinstanzliche schriftliche Stellungnahme, nicht jedoch um einen Verwaltungsakt, vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen, denn dies würde im Umkehrschluss heißen, dass die Beigeladene zwar die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 06. Dezember 2002 kennen würde, aber – aus welchen Gründen auch immer – sich weigern würde diesen rechtswidrigen Bescheid gemäß § 44 SGB X aufzuheben. Zu dieser Aufhebung ist sie aber von Gesetzeswegen (§ 44 SGB X) verpflichtet, es steht ihr nicht frei dieser Pflicht nach zu kommen. Entäußert sie sich daher eines Schreibens, welches die „Beitragsberechnung korrigiert“, so handelt es sich hierbei um einen (klassischen) Verwaltungsakt im Sinne der §§ 31, 44 SGB X, der den ursprünglichen Bescheid ersetzt und damit dessen Bestandskraft beseitigt. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Leistungsträger eindeutig ausführte, ein Bescheid nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG), der Gegenstand des Verfahrens werde, solle nicht ergehen, eine Abänderung werde nur außerhalb des Gerichtsverfahrens nach § 44 SGB X erfolgen. Von einer solchen Auslegung des Inhalts eines Schreibens im Gerichtsverfahren ist aber nur äußerst zurückhaltend Gebrauch zu machen, da diese dem in § 96 SGG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers entgegen laufen würde. Geht der Kläger gegen diesen (neuen) Bescheid vor und ist das daraus folgende Widerspruchs- und ggfs. Klageverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen, so fehlt es an einem der Verrechnung zugrunde liegenden bestandskräftigen Bescheid und damit an einer der für die Verrechnung zu erfüllenden Voraussetzungen.

Der Bescheid vom 6. Dezember 2002 ist auch nicht etwa in der Höhe der Beitragsforderung (teil-) bestandskräftig geblieben, in der er sich auch nach Überprüfung der vom Kläger eingereichten Unterlagen als rechtmäßig erwiesen hat. Der Senat hat hier nicht zu entscheiden, ob, und wenn ja in welchem Umfang, eine Teilbestandskraft des überprüften Bescheides in einem Verfahren nach § 44 SGB X überhaupt in Betracht kommt. Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der überprüfte Bescheid im Überprüfungsverfahren auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird, kann von einer erhalten gebliebenen Teilbestandskraft nicht die Rede sein. Denn hier hat die Beigeladene anstelle der zunächst wegen der unterbliebenen Mitwirkung des Klägers zu Recht geforderten Höchstbeiträge eine Berechnung anhand der tatsächlichen Einkommensverhältnisse vorgenommen und so den Bescheid vom 6. Dezember 2002 auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Ob sich die Rechtslage anders dargestellt hätte, wenn sich beispielsweise ergeben hätte, dass lediglich die Beitragsforderung für einen Monat der Höhe und dem Grunde nach hätte aufgehoben werden müssen, und somit auch in zeitlicher Hinsicht nur eine eindeutige Teilaufhebung des bestandskräftigen Bescheids erfolgt wäre, war nicht zu entscheiden.

Es ist rechtlich auch nicht erforderlich, die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 03. Januar 2005 im vorliegenden Verfahren inzident zu prüfen, wie es das Sozialgericht getan hat. Zuständig für die Prüfung des Bescheides ist zunächst im Widerspruchsverfahren die Beklagte. Die inzidente Prüfung stünde im Widerspruch zum Erfordernis einer bestandskräftig festgestellten Forderung. Denn sollte eine (inzidente) Überprüfung die Rechtmäßigkeit der Forderung ergeben, könnte mangels Bestandskraft der Forderung trotzdem nicht verrechnet werden.

Die Berufung war auch im vollen Umfang, auch im Hinblick auf den Zeitraum vom 01. September 2003 bis Dezember 2004 zurückzuweisen, obwohl in diesem Verrechnungszeitraum zunächst eine bestandskräftig festgestellte Forderung vorgelegen hatte. Denn die Grundlage der Vollstreckung, der bestandskräftige Bescheid vom 06. Dezember 2002, ist durch den Überprüfungsbescheid vom 03. Januar 2005 entfallen (§ 44 SGB X).

Nach alledem ist die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen. Rein vorsorglich sei der Kläger allerdings darauf hingewiesen, dass dies nicht bedeutet, dass die Verrechnung nach Abschluss des Verfahrens hinsichtlich des Bescheides vom 03. Januar 2005 nicht doch zulässig sein könnte. Sie scheitert vorliegend lediglich daran, dass ihr kein bestandskräftiger Bescheid zugrunde liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Kläger erst im Klageverfahren die für die Berechnung der Beitragshöhe notwendigen Angaben gemacht, damit seine Mitwirkungspflichten verletzt hat. Er hat somit Veranlassung für das Klageverfahren gegeben, so dass es im Rahmen der nach Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung unbillig erscheint, ihm einen Kostenerstattungsanspruch zuzusprechen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG vorliegt.