Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat | Entscheidungsdatum | 22.06.2017 | |
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Aktenzeichen | OVG 5 B 7.17 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 30 Abs 1a S 1 HSchulG BB 2000, § 1 Abs 1 GebG BB 2009, § 1 Abs 2 Nr 1 GebG BB 2009, § 1 Abs 3 GebG BB 2009, § 24 Abs 1 GebG BB 2009, § 24 Abs 4 GebG BB 2009 |
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 1. Juni 2007 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 663,78 € nebst Zinsen in Höhe von 0,5 Prozent für jeden vollen Monat auf 51,13 € seit dem 25. April 2001 und auf weitere 612,65 € seit dem 24. Mai 2007 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt mit seiner am 25. April 2001 bei dem Verwaltungsgericht Potsdam erhobenen Klage die Rückzahlung von Gebühren, die er für die Zeit seines Studiums der Soziologie, Psychologie und des Erziehungswesens an die beklagte Hochschule bei seinen Rückmeldungen vom Sommersemester 2001 an bis einschließlich Sommersemester 2007 unter dem Vorbehalt der Rückforderung entrichtet hat. Er meint, es fehle der Gebühr an einer wirksamen Rechtsgrundlage.
Mit am 1. Juni 2007 verkündetem Urteil hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klage unter Zulassung der Berufung abgewiesen. Die Klage sei als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Rückmeldegebühren. Die Voraussetzungen des allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs lägen nicht vor. § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG a.F. stelle eine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Gebühr von 100 DM/51 € bei jeder Rückmeldung dar.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Mit Beschluss vom 24. Oktober 2013 hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und die Streitsache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG a.F. insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 100 DM bzw. 51 € pro Semester erhoben werden. Mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (- 2 BvL 2/14 - u.a.) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass § 30 Absatz 1a Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Hochschulgesetz - BbgHG) in der Fassung des Artikels 2 Nummer 2 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000 - HStrG 2000) vom 28. Juni 2000 (Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 90), geändert durch das Erste Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes vom 22. März 2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 51), in den genannten Fassungen mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit den Artikeln 104a ff. des Grundgesetzes sowie mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist, soweit danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 100 Deutschen Mark beziehungsweise 51 Euro pro Semester erhoben wurden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 1. Juni 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 663,78 € nebst Zinsen in der vom Gesetz vorgesehenen Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitakten Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Rückmeldegebühren zu.
Mit der allgemeingültigen Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG a.F. nichtig ist, steht fest, dass die Beklagte die Rückmeldegebühren zu Unrecht erhoben hat. Zu Unrecht erhobene Gebühren sind in entsprechender Anwendung von § 24 Abs. 1 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) vom 7. Juli 2009 (GVBl. I Nr. 11 S. 246), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2014 (GVBl. I Nr. 32), unverzüglich zu erstatten (vgl. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 GebGBbg).
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 24 Abs. 4 GebGBbg analog. Danach ist ein Erstattungsbetrag, wenn die Erstattung - wie hier - nach unanfechtbarer Entscheidung bewirkt wird, vom Tage der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Die Zinsen betragen für einen vollen Monat 0,5 Prozent. Angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Die erste Rückmeldegebühr für das Sommersemester 2001 (100 DM bzw. 51,13 €) hat der Kläger mit Klageerhebung und die Rückmeldegebühren für das Wintersemester 2001/02 bis zum Sommersemester 2007 (5 x 100 DM bzw. 51,13 € und 7 x 51 €) im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2007 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.