Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 14.06.2019 | |
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Aktenzeichen | 5 K 1617/15 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2019:0614.5K1617.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Trinkwasseranschlussbeitragsbescheid des Beklagten vom 12. August 2015, Bescheidnummer 1..., in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Oktober 2015 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger ist alleiniger Eigentümer des Grundstücks Gemarkung B..., Flur 7..., Flurstück 3... unter postalischer Anschrift F... . Spätestens seit dem 08. September 1994 ist der Kläger auch aus dem Grundbuch als Eigentümer ersichtlich.
Mit dem im Tenor näher bezeichneten und vom Kläger angegriffenen Bescheid vom 12. August 2015 wurde für das Grundstück des Klägers ein Trinkwasseranschlussbeitrag in Höhe von 595,19 Euro festgesetzt. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01. Oktober 2015 zurück.
Der Anschluss des Grundstücks des Klägers an die zentrale Trinkwasseranlage des Verbandes des Beklagten erfolgte bereits vor 2000 durch Setzen eines Grundstücksanschlusses. Denn bereits vor dem 03. Oktober 1990 erfolgte die gesamte wasserwirtschaftliche Erschließung des maßgeblichen Bereiches. Das heute dort aufstehende Haus wurde mit Bauantrag von 1994 genehmigt.
In der zum 17. Oktober 1992 in Kraft getretenen Gründungssatzung des Verbandes des Beklagten, deren Gründungsmitglied auch die ehemalige Gemeinde B... war, heißt es in § 1 Abs. 5 S. 2, dass der Verband zum Zwecke der Wasserversorgung sowie der Abwasserableitung und –behandlung die entsprechenden kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen „übernimmt, unterhält, erneuert und erweitert“. Gemäß § 1 Abs. 6 dieser Satzung stellen die Mitgliedsgemeinden dem Verband die kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen unentgeltlich zur Verfügung. Diese Satzung und die nachfolgenden Änderungssatzungen sind mit Feststellungsbescheid vom 02. Juni 1999 festgestellt worden. Bereits vor diesem Feststellungsbescheid nahm der Verband des Beklagten entsprechend der satzungsrechtlichen Regelungen seine Tätigkeit auf.
Im Rahmen der Rekommunalisierung auch örtlicher Versorgungsanlagen übernahm der Beklagte sämtliche Hauptleitungen – nach seiner Auskunft ohne Anschlussleitungen und ohne Grundstücksanschlüsse – von der damaligen M... in welcher der Bestand des ursprünglichen V... aufgegangen war, aufgrund notariellen Vertrags vom 08. Dezember 1994 mit Wirkung zum 01. Januar 1995. Dieser Vertrag wurde – was der Beklagte nicht mehr genau recherchieren konnte – Ende 1995 / Anfang 1996 genehmigt. Zum Vertragsgegenstand heißt es in dem Vertrag unter § 1 Nr. 1.1 ausdrücklich:
„Der Vertrag bezieht sich auf alle Vermögensgegenstände und Verpflichtungen der M... im Bereich der Wasserwirtschaft (Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abwasserbeseitigung) im Vertragsgebiet gemäß § 2, insbesondere auf die Betriebe und Anlagen der Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abwasserbeseitigung, soweit sie sich im Besitz und/oder Eigentum der M... befinden bzw. von ihr betrieben werden und nicht ihre Zuordnung zu anderen Aufgabenträgern vorbehalten bleibt oder erfolgt. Der Vertrag bezieht sich auf alle Betriebe und Anlagen der Versorgung mit Wasser, der Wassergewinnung, der Abwasserableitung und der Abwasserbehandlung einschließlich der Behandlung des Abwasserschlamms und die dazu gehörenden Energieanlagen.“
Das in § 2 dieses Vertrags näher definierte Vertragsgebiet umfasst die Gemeinden des Verbandsgebietes, bestehend aus den Gebieten der Gemeinden B..., K..., S... und W... . Zwar verweist der Vertrag auf eine nähere Beschreibung der übertragenden Betriebe und Anlagen in einer Anlage zum Vertrag, indes ist der Beklagte – auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung – nicht (mehr) in der Lage diese Anlage vorzulegen.
Die Gemeinde W... – Bauamt – teilte mit, dass der Verband des Beklagten das hier in Rede stehende Flurstück bereits vor 2000 mit Trinkwasser versorgte. Dies sei der Gemeinde durch den Verband selbst erklärt worden (vgl. Bl. 164 GA).
Der Verband des Beklagten hatte bereits zum Zeitpunkt der Geltung des Kommunalabgabengesetztes für das Land Brandenburg, insbesondere des § 8 Abs. 7 S. 1 und 2, in der Fassung vom 27. Juni 1991 eine Trinkwasseranschlussbeitragssatzung erlassen. Dies bereits mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N... vom 26. Oktober 1992, die am Tage nach ihrer Veröffentlichung im gesamten Verbandsgebiet in Kraft trat.
Darüber hinaus erließ der Verband des Beklagten auch in der Folge geänderte Beitrags- und Gebührensatzungen, so u.a. auch die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N... vom 27. Juli 1994, die am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft trat. Auch für die Zeit der Fassung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg aufgrund der Änderungen durch das Gesetz vom 27. Juni 1995 (gültig bis 12. April 1999) hatte der Beklagte entsprechende Beitragssatzungen erlassen: zunächst in Form einer ersten Änderungssatzung zur vorgenannten Gebühren- und Beitragssatzung vom 14. Juli 1995 mit Wirkung am Tage nach der Bekanntmachung und sodann mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N... vom 21. Mai 1996, die rückwirkend zum 01. April 1996 in Kraft trat.
Nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 S. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzungen waren „alle Grundstücken (inclusive Wochenendgrundstücken)“ betragspflichtig für Anschlussbeiträge, für die eine Anschlussmöglichkeit an die Trinkwasserversorgungsanlage des Verbands des Beklagten bestand und die baulich oder gewerblich ausnutzbar waren. Darüber hinaus bestimmte § 2 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzungen Wasser wörtlich:
„Wird ein Grundstück an die Anlage angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.“
Die Beitragspflicht erstreckte sich nach § 3 S. 2 dieser Betrags- und Gebührensatzung ausdrücklich auch auf
„Grundstücke, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung bereits an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden konnten oder schon angeschlossen waren“.
Der Beklagte erhebt auch im maßgeblichen Gebiet für anfallende Verbräuche Gebühren, kann selbst allerdings für die Zeit bis zum 31. Dezember 1999 mangels insoweit noch vorhandener Unterlagen nicht mehr recherchieren, ob auch bereits vor dem 31. Dezember 1999 Gebühren durch den Beklagten für die auf dem gegenständlichen Grundstück angefallenen Verbräuche erhoben wurden.
Der Beklagte hatte bereits zum Zeitpunkt der Geltung des Kommunalabgabengesetztes für das Land Brandenburg, insbesondere des § 8 Abs. 7 S. 1 und 2, in der Fassung vom 27. Juni 1991 eine Trinkwasseranschlussbeitragssatzung, nämlich die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N... vom 27. Juli 1994 (Beitrags- und Gebührensatzung Wasser) erlassen. Nach § 2 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 3 S. 1 Beitrags- und Gebührensatzung Wasser waren „alle Grundstücken (inklusive Wochenendgrundstücken)“ betragspflichtig für Anschlussbeiträge, für die eine Anschlussmöglichkeit an die Trinkwasserversorgungsanlage des Beklagten bestand oder die tatsächlich angeschlossen wurden. Die Beitragspflicht erstreckte sich nach § 3 S. 2 Betrags- und Gebührensatzung Wasser ausdrücklich auch auf „Grundstücke, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung bereits an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden konnten oder schon angeschlossen waren“. Eine Festsetzung von Beiträgen für das Grundstück des Klägers erfolgte indes erstmals mit dem angegriffenen Bescheid vom 15. Juni 2015.
Mit der am 05. November 2015 erhobenen Klage trägt der Kläger insbesondere vor, er gehe davon aus, dass die Erhebung des Beitrags der Einrede der Verjährung unterliegen würde. Hierzu bezieht er sich insbesondere auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 – 1 BvR 2061/14 u.a. Der Kläger geht auch davon aus, dass eine Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist nicht Platz greifen würde.
Zudem meint der Kläger, der Beitragssatz sei überhöht. Eine nähere Begründung hierzu lässt der Kläger nicht ausführen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 12. August 2015, Bescheid-Nr. 1..., in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Oktober 2015, zugestellt am 06. Oktober 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte geht wegen des passiven Rubrums der Klageschrift bereits von der Unzulässigkeit der Klage aus.
Der Beklagte hält den ergangenen Beitragsbescheid jedoch für rechtmäßig. So sei der Kläger gar kein sogenannter Altanschließer, denn mit dem Vertrag zur Rekommunalisierung habe der Verband des Beklagten zwar die Versorgungsleitungen übertragen bekommen, indes nicht die Grundstücksanschlüsse. Da erst seit einer Satzungsänderung vom April 2011 die sachliche Beitragspflicht unabhängig von der Eigentumsstellung des Verbandes an den Grundstücksanschlüssen entstehen könne, sei erst zu diesem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht des Klägers erstmals entstanden.
Schließlich sei jedenfalls bis zum 31. Dezember 1999 ein Vertrauensschutz nur insoweit entstanden, als die Beitragspflicht für ein Vollgeschoss entstanden wäre. Mit der Novellierung der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) zum 01. September 2003 sei erst zu diesem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht auch für ein zweites Vollgeschoss entstanden. Diese Beitragspflicht sei jedenfalls nicht von einem entgegenstehenden Vertrauensschutz des Klägers erfasst.
Der Angriff des Klägers, der Beitragssatz sei überhöht, sei pauschal und nicht näher einlassungsfähig und daher auch unbeachtlich.
Mündlich gehört, erklärte der Bevollmächtigte des Beklagten im Januar 2019 für diesen, die vor dem Grundstück befindlichen Anlagenteile seien erst im Jahr 2000 übernommen worden und erst zu diesem Zeitpunkt an das Netz des Verbandes angeschlossen worden. Weitere Ausführungen hierzu unterblieben trotz ausdrücklicher Aufforderung.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.
I.
Das Gericht durfte in der Besetzung „Einzelrichter“ entscheiden. Denn die Beteiligten wurden mit Verfügung vom 03. November 2017 hierzu angehört. Nach Ablauf der gesetzten Anhörungsfrist ist ein Übertragungsbeschluss gemäß § 6 Abs. 1 S 1 VwGO am 10. April 2018 gefasst worden.
II.
Das Rubrum war mit Blick auf § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Brandenburgisches Verwaltungsgerichtsgesetz (BbgVwGG) von Amts wegen dahingehend zu berichtigen, dass der Beklagte die Behörde selbst, also der Verbandsvorsteher des N... ist (vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Februar 2015 – 9 S 9.14 sowie VG Frankfurt Oder, Beschluss vom 17. Februar 2014 – 5 L 15/13). Die anwaltliche Vertretung des Klägers hindert eine Berichtigung nicht (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Januar 2014 – 3 S 147/12; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04. Juli 2007 – 5 ME 131/07).
IV.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der vom Kläger angegriffene Beitragsbescheid in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
1.
Für den Erlass der angegriffenen Beitragsbescheide kann der Beklagte auf keine Rechtsgrundlage zurückgreifen.
a. Einzige in Betracht kommende Rechtsgrundlage für den vom Beklagten an den Kläger gerichteten Beitragsbescheid ist die Satzung über die Erhebung von Trinkwasseranschlussbeiträgen für die Wasserversorgung des N... vom 12. April 2011 (Trinkwasseranschlussbeitragssatzung). Denn nur diese beansprucht für den Zeitpunkt der Entscheidungen des Beklagten im Jahr 2015 Wirksamkeit.
b. Unabhängig von deren Wirksamkeit unterliegt deren Anwendung hier aber durchgreifenden rechtlichen, auch verfassungsrechtlichen, Bedenken mit Blick auf das hier auch durch die Grundrechtsposition des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstärkte und aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG fließende Verbot der (echten) Rückwirkung im Sinne der sogenannten hypothetischen Festsetzungsverjährung (hierzu BVerfG, Beschluss vom 12. November 15 – 1 BvR 2961/14; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 S 1.16; Urteil vom 28. Juni 2017 – 9 S 14.16).
(1) Die genannte Satzung ist keine taugliche Rechtsgrundlage. Zwar bestand für das Grundstück des Klägers nach der vom Beklagten behaupteten damaligen satzungsmäßigen Anlagendefinition vor Ablauf des 31. Dezember 1999 nicht die Anschlussmöglichkeit, da es an einem dem Verband des Beklagten zuzuordnenden Grundstücks- bzw. Hausanschluss fehlte. Doch kommt es auf das Eigentum am Grundstücksanschluss gar nicht entscheidend an.
Denn zum einen ist aus den zitierten Satzungen bereits nicht ersichtlich, dass die Beitragspflicht erst entstand, wenn auch ein im Eigentum des Verbandes des Beklagten stehender Grundstücks- bzw. Hausanschluss hergestellt wurde (so im Ergebnis nun auch VG Potsdam, Urteil vom 18. April 2018 – 8 K 5059/15). So entstand nach § 3 der zitierten Satzungen die Beitragspflicht, „sobald das Grundstück an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden kann“, so dass es danach bereits nicht zwingend auf einen bestehenden Grundstücks- bzw. Hausanschluss ankam. Zum anderen ist auch aus dem vom Beklagten bezogenen § 2 Abs. 2 der aktuellen Satzung vom 12. April 2011 kein maßgeblicher Unterschied zu den Vorgängersatzungen aus den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts erkennbar. Denn seinerzeit lautete § 2 Abs. 3 wörtlich:
„Zu dem Aufwand gehören nicht die Kosten für die Hausanschlussleitung zwischen Versorgungsleitung und Kundenanlage, die durch den Anschlussnehmer in voller Höhe selbst zu tragen sind.“
Nach der vom Beklagten bezogenen Neufassung aus 2011 heißt es in § 2 Abs. 2 wörtlich:
„Der Trinkwasseranschlussbeitrag deckt nicht die Kosten für den Hausanschluss (Anlagenteil vom Abzweig an der Hauptversorgungsleitung – Ventilanbohrschelle – bis zur Absperrarmatur in Fließrichtung hinter dem Wasserzähler ohne den Wasserzähler), der nicht Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgungsanlage ist.“
Selbst aus der für den Geltungszeitraum der oben zitierten historischen Satzungen heranzuziehenden Wasserversorgungssatzung vom 25. April 1994 lässt sich nicht, jedenfalls nicht eindeutig, entnehmen, ob die Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse seinerzeit überhaupt zur öffentlichen Wasserversorgungsanlage gehörten. Denn dort hieß es unter § 1 S. 2 nur:
„Art und Umfang der Wasserversorgungsanlagen bestimmt der N... .“
Auch aus den Regelungen des § 13 Abs. 5 dieser historischen Wasserversorgungssatzung ergibt sich nichts anderes. Wenn aber durch § 1 Abs. 3 der historischen Gebühren- und Beitragssatzungen bereits der von den Beiträgen zu deckende Herstellungsaufwand nicht auf die Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse bezogen wird und weitergehende konkrete Definitionen der Wasserversorgungsanlage nicht bestehen, dann war bereits zu historischer Satzungslage der Grundstücks- bzw. Hausanschluss nicht Teil der öffentlichen Anlage und das Grundstück des Klägers war mit der durch das Gericht hier angenommenen Verfügungsgewalt über die vor dem Grundstück des Klägers liegenden Versorgungsleitungen spätestens Mitte der 1990er Jahre beitragspflichtig, weil jedenfalls die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit des Anschlusses bestand und der Anschluss nach Überzeugung des Gerichts auch bereits tatsächlich bestand.
So stand dem Kläger jedenfalls ab diesem Zeitpunkt für sein damaliges Gesamtgrundstück auch das Anschlussrecht zu. Denn selbst wenn historisch der Grundstücks- bzw. Hausanschluss zur Gesamtanlage zu zählen wäre, kommt es für die Frage der Beitragspflichtigkeit nicht auf die tatsächliche Ausführung eines solchen Anschlusses an, sondern gemäß § 8 Abs. 7 S. 2 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) – alter und neuer Fassung – darauf, ob tatsächlich und rechtlich die Möglichkeit des Anschlusses bestanden hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juli 2017 – 9 S 14.16 sowie Beschluss vom 10. August 2016 – 9 S 43.15).
In tatsächlicher Hinsicht muss vor dem Grundstück eine betriebsbereite Hauptversorgungsleitung vorhanden sein, was hier offenbar jedenfalls ab Mitte der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts anzunehmen ist und auch vom Beklagten insoweit nicht bestritten wird.
Diese Leitung stand zur Überzeugung des Gerichts ab dem hier angenommenen Zeitpunkt auch zur Verfügung des Verbandes des Beklagten. Zwar ließ der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausführen, diese Leitungen seien nie an das Netz des Verbandes des Beklagten angeschlossen gewesen, doch ist diese Behauptung erkennbar unwahr. Sie ist entweder ins Blaue hinein aufgestellt, da der Beklagte in parallelen Verfahren immer wieder vortragen lässt, Unterlagen aus der Zeit vor 2001/2002 nur noch lückenhaft zu besitzen oder die Behauptung ist bewusst wahrheitswidrig aufgestellt worden. Nicht anders ist zu erklären, dass auf Nachfrage das Bauamt der Gemeinde W... für die Zeit zwischen 1994 und 1998 vier Bauantragsvorgänge für den hier maßgeblichen Straßenzug F... – darunter auch für das hier in Rede stehende Grundstück – ermitteln konnte, zu denen der Verband des Beklagten erklärte die trinkwasserseitige Erschließung sei gesichert. Die mündlichen Ausführungen der Bevollmächtigten des Beklagten, die auch trotz Aufforderung nicht mehr ergänzt wurden, sind vor diesem Hintergrund absurd. Dass der Beklagte bzw. dessen Verband seit Mitte der 1990er Jahre für den Großteil des historischen Bestandsnetzes in der ehemaligen Gemeinde B... zuständig war, belegen auch die Gründungssatzung und der Rekommunalisierungsvertrag. Denn damit wurden die kommunalen und später auch die V... - bzw. M... -Anlagen auf den Verband des Beklagten jedenfalls so übertragen, dass dieser tatsächlich und rechtlich das Zugriffsrecht hierüber erwarb.
In rechtlicher Hinsicht muss lediglich ein unabhängig vom Vorhandensein des Grundstücks- bzw. Hausanschlusses erkennbares Anschlussrecht bestanden haben (OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. und VG Frankfurt Oder, Urteil vom 30. November 2009 – 5 K 1476/06). Das ist der Fall, denn das Anschluss- und Benutzungsrecht wurde durch die Wasserversorgungssatzung des Verbands vom 25. April 1994 in § 3 näher definiert. Im dortigen Absatz 2 heißt es wörtlich:
„Das Anschluss- und Benutzungsrecht erstreckt sich nur auf solche Grundstücke, die durch eine Versorgungsleitung erschlossen werden. Die Grundstückseigentümer können nicht verlangen, dass eine neue Versorgungsleitung hergestellt oder eine bestehende Versorgungsleitung geändert wird.“
Mit Blick auf den § 4 Abs. 1 dieser Versorgungssatzung wird auch deutlich, dass der Begriff „Versorgungsleitung“ nicht auch das Vorhandensein von Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse einschließen sollte. Denn dort heißt es wörtlich:
„Die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, sind verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen, wenn sie an eine öffentliche Straße (Weg, Platz) mit einer betriebsbereiten Versorgungsleitung grenzen oder ihren unmittelbaren Zugang zu einer solchen Straße durch einen Privatweg haben.“
Mit „Versorgungsleitung“ ist danach eindeutig nur die Leitung in der Straße, dem Weg, dem Platz gemeint, nicht aber auch der Grundstücks- bzw. Hausanschluss. Bestand demnach seit Mitte der 1990er Jahre eine Versorgungsleitung, die dem Grundstück des Klägers Anschluss bot, hatte dieser auch seit Mitte der 1990er Jahre – entsprechend der gerichtlichen Annahme, die Verfügungsgewalt über die Hauptversorgungsleitungen hätten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits beim Verband gelegen – ein Anschlussrecht. Dabei ist jedenfalls aus dem Satzungsrecht und mit Blick auf den Vertragsgegenstand des Rekommunalisierungsvertrages (dort § 1 Nr. 1.1) noch nicht einmal erkennbar, ob die Versorgungsleitungen überhaupt im formalen Eigentum des Verbandes – was der Beklagte zu vertreten scheint – stehen mussten. Vielmehr war es ausreichend, dass der Verband ein Anschlussrecht vermitteln konnte.
Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte jedenfalls nach seiner eigenen damaligen Auskunft im Bauantragsverfahren in 1994 bereits die Versorgung sicherstellte, seit dieser Zeit – im Zuge der Ausführung des Bauvorhabens – also mutmaßlich auch ein tatsächlicher Anschluss geschaffen war und die Versorgung nach der richterlichen Überzeugungsbildung auch seit dieser Zeit vom Verband des Beklagten ausgeführt wurde, bestätigt sich die Behauptung des Klägers, das Grundstück sei bereits vor 2000 tatsächlich angeschlossen. Insoweit können die vorerörterten Fragen der potentiellen Anschlussmöglichkeit im Sinne von § 8 Abs. 7 KAG a.F. auch dahin stehen, denn § 2 Abs. 2 der sämtlichen in den 1990er Jahren vom Verband des Beklagten erlassenen Beitrags- und Gebührensatzungen Wasser unterstellte tatsächlich angeschlossene Grundstücke der Beitragspflicht.
(c) Der Beitragsbescheid ist auch nicht etwa nur teilweise rechtswidrig, wie der Beklagte unter Bezug auf die Änderung der Brandenburgische Bauordnung zum 01. September 2003 zu vertreten scheint. Denn in seinem diesbezüglichen Vorbringen klingt ein grundlegendes Fehlverständnis der Figur der „hypothetischen“ Festsetzungsverjährung an. Ein Anschlussbeitrag in Bezug auf ein Grundstück ist schon vor dem 01. Februar 2004 „hypothetisch“ festsetzungsverjährt gewesen, wenn einerseits die Beitragspflicht für das Grundstück nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a. F. (in der Auslegung des OVG Frankfurt Oder) nur durch eine wirksame rückwirkende Satzung zur Entstehung gebracht werden konnte und andererseits für den hypothetischen Fall des Erlasses einer solchen Satzung anzunehmen war, dass sogleich mit Satzungserlass Festsetzungsverjährung eintreten würde. Der genaue Inhalt der wirksamen rückwirkenden Satzung ist für die Figur der „hypothetischen“ Festsetzungsverjährung unerheblich. Deshalb lässt sich der „hypothetisch“ festsetzungsverjährte Beitrag auch nicht mit der Folge beziffern, dass er betragsmäßig begrenzt wäre. „Durchbrochen“ wird die Lage der „hypothetischen“ Festsetzungsverjährung nur, wenn nach allgemeinen Regeln trotz des Prinzips der Einmaligkeit der Beitragserhebung eine „zweite“ Beitragserhebung zulässig ist, wenn also ein Beitrag erhoben wird, der sich auf eine Anlage bezieht, die rechtlich als solche nicht mit der Anlage identisch ist, auf die sich der hypothetisch festsetzungsverjährte Beitrag bezogen hat, oder wenn sich hinsichtlich des Grundstücks als Beitragsobjekt Änderungen ergeben, die eine „weitere“ Beitragserhebung rechtfertigen. Änderungen im Beitragsmaßstab oder hinsichtlich der baulichen Ausnutzbarkeit einer seinerzeit schon das Beitragsobjekt bildenden Fläche zählen nicht dazu. Aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06. Juni 2018 – VG 9 S 5.18, ergibt sich nichts anderes (vgl. insgesamt zum Vorstehenden OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Oktober 2018 – 9 N 152.17). Eine Änderung der Baulichkeit ist hier nicht zu besorgen, sondern lediglich eine Änderung der Brandenburgischen Bauordnung zur Definition des Vollgeschosses.
(2) Aber auch die Aufnahme der Gemeinde Z... führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die vom Verband des Beklagten seit dem Beitritt der Gemeinde Z... betriebenen Anlagen zur Trinkwasserversorgung sind gleichzusetzen mit den bis zum Beitritt der Gemeinde Z... vom Verband des Beklagten betriebenen Anlagen. Der Beitritt der Gemeinde versetzt den Verband des Beklagten nicht in die Lage, von neuen Gesamtanlagen auszugehen, für die Herstellungsbeiträge (erstmals) erhoben werden könnten.
(a) Die Trinkwasserversorgungsanlage mit deren Herstellung der Verband des Beklagten bereits in den 1990er Jahren begonnen hat, wurden durch den zum 01. Januar 2005 erfolgten Beitritt der Gemeinde Z... zum Verbandsgebiet des Beklagten nicht derart geändert, dass beitragsrechtlich von der Herstellung einer neuen Anlage auszugehen wäre, die mit der bis dahin in Herstellung befindlichen Trinkwasserversorgungsanlage nicht mehr gleichzusetzen wäre. Die Anlage des Beklagten ist ein Bestand zumindest technischer Mittel, die dem Zweck der Trinkwasserversorgung gewidmet ist. Sie unterliegt vom Herstellungsbeginn an diversen Veränderungen: so gehört es zum Wesen solcher Anlagen, dass sie wachsen, technisch verbessert und erneuert werden und dass überdies zwischenzeitlich Umplanungen erfolgen.
Unter beitragsrechtlichem Blickwinkel ist nicht tatsächlich (insbesondere technisch), sondern rechtlich zu beantworten, wann eine Veränderung die Grenze zur Entstehung einer neuen Anlage überschreiten könnte. Ist einmal mit der Herstellung einer Anlage begonnen worden, gehört begrifflich alles zur Herstellung dieser Anlage, was als Teil ihrer Herstellung geplant ist. Auch eine der Herstellung nachfolgende Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung berührt rechtlich nicht die Anlagenidentität, sondern führt nur dazu, dass in Bezug auf die als solche fortbestehende Anlage (auch) ein Erweiterungs-, Erneuerungs- oder Verbesserungsbeitrag erhoben werden kann (§ 8 Abs. 2 S. 1 KAG). Nur Maßnahmen, die den Rahmen der einmal begonnenen Herstellung, der Erweiterung, der Erneuerung und der Verbesserung der Anlage sprengen, führen zur Herstellung einer beitragsrechtlich neuen Anlage und können damit aus Sicht einzelner Grundstücke möglicherweise eine „zweite“ Herstellungsbeitragspflicht auslösen (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – 9 S 14.16).
(b) Mit Blick auf das Vorstehende ist die rechtliche Lebensgeschichte der Anlage des Verbandes des Beklagten nicht abgebrochen (näher OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 –9 S 14.16). Bei einer bloßen räumlichen Erweiterung einer Anlage ist das – so wie hier – nicht der Fall. Von der bloßen räumlichen Erweiterung einer Anlage (unter gleichzeitiger Integration der im Erweiterungsgebiet vorhandenen Technik einer bis dahin bestehenden anderen Anlage) dürfte jedenfalls dann auszugehen sein, wenn die Zusammenführung darauf zurückgeht, dass der Rechtsträger der Anlage ein Gebiet oder mehrere Gebiete hinzugewinnt, also eine Gemeinde oder mehrere eingemeindet, ein Zweckverband ein weiteres Mitglied oder mehrere weitere Mitglieder aufnimmt oder ein Zweckverband nicht mit einem anderen Zweckverband „auf Augenhöhe“ zu einem neuen fusioniert, sondern den anderen Zweckverband nur „eingliedert“. Im Falle der Eingliederung eines Zweckverbandes in einen anderen dürfte sodann ein Gesamtrechtsnachfolgetatbestand gegeben sein (so VG Cottbus, Urteil vom 20. Juli 2017 – 6 K 1847/15). Jedenfalls ist der Neuordnungsprozess in all diesen Fällen auf Rechtsträgerebene durch Dominanz und Fortbestand des aufnehmenden Rechtsträgers gekennzeichnet (so m.w.N. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – OVG 9 S 14.16).
(c) Dem folgend ist aufgrund der bloßen räumlichen Erweiterung der Trinkwasserversorgungsanlage des Verbandes des Beklagten offensichtlich keine neue Vorteilslage mit Blick auf den Beitritt der Gemeinde Z... zum Verbandsgebiet entstanden. An der „Dominanz“ und dem Fortbestand des aufnehmenden Rechtsträgers, des Verbandes des Beklagten änderte sich nichts. Ein rechtfertigender sachlicher Grund dafür, den streitgegenständlichen Fall anders zu behandeln als die Fälle, in denen es nicht zu Veränderungen des Verbandsgebietes gekommen ist, liegt nach alledem nicht vor (so auch VG Potsdam, Urteil vom 22. Juni 2016 – 8 K 2979/14).
(d) Zudem war im Jahr 2005 bereits die Festsetzungsverjährung in Form der hypothetischen Festsetzungsverjährung eingetreten und es käme – bei anderer Betrachtung – von vornherein zu einer vollständigen Entwertung der vom Bundesverfassungsgericht zuerkannten einfachgesetzlichen und durch die Grundrechtsposition der Kläger verstärkte Rechtsposition der sogenannten hypothetischen Festsetzungsverjährung (siehe oben). Auch hinge die Beitragspflicht jeweils von dem für den Beitragspflichtigen bloß zufälligen Ereignis ab, ob nach Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung infolge Beitritts einer Kommune zu einem Zweckverband oder auch durch erstmalige Gründung eines solchen oder einer nicht auf „Augenhöhe“ erfolgten Fusion von Zweckverbänden ein Beitrag für die erstmalige Herstellung der öffentlichen Anlage wieder in voller Höhe erhoben werden könnte (vgl. hierzu Kammerurteile vom 7. Dezember 2016 – 5 K 1290/13 sowie vom 20. September 2017 – 5 K 843/17; vgl. auch VG Potsdam, Urteil vom 22. Juni 2016 – 8 K 2979/14).
(3) Der Verband des Beklagten, in dessen Verbandsgebiet das veranlagte Grundstück liegt, war auch bereits seit den 90er Jahren (aufgrund des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 6. Juli 1998 - StabG, GVBl. I/1998, S.162) rechtlich existent. Bereits der Erlass des materiell rückwirkenden Feststellungsbescheids durch den Landrat des Landkreises Oberhavel führte zur rückwirkenden Entstehung des Zweckverbands, so dass eine in ähnlich gelagerten Fällen durch den Bevollmächtigten des Beklagten vorgetragene rechtswirksame Gründung des Zweckverbands erst mit Bestandskraft des Feststellungsbescheides nicht mit der Rechtslage in Einklang zu bringen ist. Die infolge der Fiktionsregelungen gegebene materielle Rückwirkung des Stabilisierungsgesetzes ist aus Sicht der an den fehlerhaften Verbandsgründungen beteiligten Gemeinden bei verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 StabG nicht zu beanstanden (VerfGBbg, Urteil vom 20. Januar 2000 - VfGBbg 53/98, 3/99 -; dem sich anschließend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – OVG 9 S 14.16, hierzu auch Urteil der Kammer vom 20. September 2017 – 5 K 843/17).
2.
Durch den rechtswidrigen Erlass des Beitragsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist der Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, denn der Kläger muss die vom Beklagten mit dem Beitragsbescheid geforderte Zahlung nicht leisten.
IV.
1.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
2.
Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.