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Entscheidung 17 Ta (Kost) 6006/14


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 17. Kammer Entscheidungsdatum 24.02.2014
Aktenzeichen 17 Ta (Kost) 6006/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 19 Abs 1 RVG

Leitsatz

Neben- und Abwicklungstätigkeiten des bereits erstinstanzlich tätigen Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.10.2013 – 33 Ca 9398/12 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Zahlung und sowie auf Abrechnung von Vergütungsansprüchen in Anspruch. Das Arbeitsgericht entsprach durch ein am 02.05.2013 verkündetes Urteil der Zahlungsklage und wies die Abrechnungsklage ab. Die Beklagte legte gegen dieses ihr am 07.06.2013 zugestellte Urteil am 05.07.2013 Berufung ein; sie bat dabei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, von einer Vertretungsanzeige vorerst abzusehen; die Erfolgsaussichten der Berufung würden noch geprüft. Das Landesarbeitsgericht verlängerte die Berufungsbegründungsfrist auf einen Antrag der Beklagten vom 24.07.2013 hin durch Beschluss vom 25.07.2013 bis zum 09.09.2013. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der eine Ausfertigung des Beschlusses vom 25.07.2013 erhalten hatte, zeigte dem Gericht mit Schriftsatz vom 29.07.2013 an, dass er die Klägerin im Berufungsverfahren vertrete. Die Beklagte nahm die Berufung mit Schriftsatz vom 28.08.2013 zurück. Das Landesarbeitsgericht legte der Beklagten durch Beschluss vom 30.08.2013 die Kosten des Berufungsverfahrens auf.

Mit Schriftsatz vom 09.09.2013 beantragte die Klägerin die Festsetzung einer 1,1 Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1.110,27 EUR. Das Arbeitsgericht wies den Festsetzungsantrag durch Beschluss vom 29.10.2013 mit der Begründung zurück, es seinen keine erstattungsfähigen Kosten angefallen; die Tätigkeiten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin seien nach § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG durch die Verfahrensgebühr des ersten Rechtszugs abgegolten.

Mit ihrer am 04.11.2013 eingelegten Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat, verfolgt die Klägerin ihren Festsetzungsantrag weiter. Ihr Prozessbevollmächtigter habe überprüft, ob der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist rechtzeitig bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen sei; dies rechtfertige es, eine 1,1 Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren festzusetzen.

II.

Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2, 569 ZPO statthafte sowie form- und fristgereicht eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die in Ansatz gebrachten außergerichtlichen Kosten der Klägerin festzusetzen.

1. Die Verfahrensgebühr entsteht gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 2 RVG-VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Hat der Rechtsanwalt den Auftraggeber allerdings bereits in einem vorangegangenen Rechtszug vertreten, so gehören einige auf ein Rechtsmittelverfahren bezogene Tätigkeiten noch zum vorangegangenen Rechtszug und sind mit der dort verdienten Vergütung abgegolten (§ 19 Nr. 9 RVG). Hiervon werden insbesondere Neben- und Abwicklungstätigkeiten erfasst, die mehr dem formalen Bereich der anwaltlichen Tätigkeit zuzuordnen sind und die gesondert abzugelten nicht als geboten erscheint (vgl. hierzu im Einzelnen Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Auflage 2013, § 19 Rn. 78 ff.).

2. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in dem Berufungsverfahren keine gesondert zu vergütende Tätigkeit verrichtet.

a) Eine zweitinstanzliche Verfahrensgebühr ist nicht bereits dadurch entstanden, dass der Prozessbevollmächtigte einen Auftrag der Klägerin, sie im Berufungsverfahren zu vertreten, angenommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 06.12.2007 – IX ZB 223/06 – NJW 2008, 1087); es ist vielmehr erforderlich, dass der Prozessbevollmächtigte auf der Grundlage des erteilten Auftrags anwaltliche Tätigkeiten verrichtet.

b) Es ist ferner für das Entstehen der in Ansatz gebrachten Verfahrensgebühr nicht ausreichend, dass der Prozessbevollmächtigte die Berufungsschrift mit der Bitte, von einer Vertretungsanzeige vorerst abzusehen, den Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist und die Berufungsrücknahme entgegennahm und an die Klägerin weiterleitete. Es handelt sich um Nebentätigkeiten i.S.d. § 19 Abs. 1 RVG, die durch die erstinstanzliche Verfahrensgebühr abgegolten sind. Was die Berufungsschrift angeht, ergibt sich dies unmittelbar aus § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG; für die übrigen Tätigkeiten – der Katalog des § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 17 ist nicht abschließend – gilt nichts anderes (vgl. BGH, Beschluss vom 10.07.2012 – VI ZB 7/12 – NJW 2012, 2734).

c) Die nach Angabe des Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgte Überprüfung, ob der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist rechtzeitig gestellt worden war, stellt ebenfalls eine anwaltliche Nebentätigkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 RVG dar, die im Hinblick auf die bereits erstinstanzliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten nicht gesondert vergütet wird. Prüft ein bereits erstinstanzlich tätiger Prozessbevollmächtigter nach Erhalt eines Rechtsmittels, ob er etwas für seinen Auftraggeber zu veranlassen hat, ist dies gebührenrechtlich der ersten Instanz zuzuordnen (BGH, Beschluss vom 25.10.2012 – IX ZB 62/10 – NJW 2013, 312, Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., § 19 Rn. 90). Dies gilt insbesondere für die Prüfung, ob die Gegenseite die Fristen für das eingelegte Rechtsmittel gewahrt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10.07.2012 – VI ZB 7/12 – NJW 2012, 2734). Nichts anderes gilt für die Frage, ob ein Fristverlängerungsantrag nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG rechtzeitig gestellt wurde. Es macht keinen Unterschied, ob der Prozess-bevollmächtigte anlässlich der Entgegennahme der Berufungsschrift prüft, ob die Berufungsfrist eingehalten wurde oder ob er die Rechtzeitigkeit des genannten Fristverlängerungsantrags untersucht. Beide Tätigkeiten sind durch die erstinstanzliche Verfahrensgebühr abgegolten.

d) Die Anzeige des Beschwerdeführers, dass er die Klägerin auch im Berufungsverfahren vertrete, ist schließlich ebenfalls als Nebentätigkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 RVG anzusehen. Das Gericht hatte den Beschwerdeführer aufgrund der erstinstanzlich erteilten Prozessvollmacht ohnehin gemäß § 87 Abs. 1 ZPO weiterhin als Prozessbevollmächtigten anzusehen; der Anzeige kam daher keine eigenständige Bedeutung zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.