Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 08.02.2024 | |
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Aktenzeichen | 5 U 86/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0208.5U86.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. März 2022 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 71 O 49/21, unter Zurückweisung der Berufung im
Übrigen teilweise abgeändert und
1.
der Beklagte zu 1 verurteilt, den von ihm genutzten Teil des in der Anlage 1 des
diesem Urteil beigefügten Lageplans gekennzeichneten eingeschossigen Gebäudes
in dem Gebäudeteil auf dem Grundstück der Gemarkung („Ort 01“), Flur …,
Flurstück … des Klägers zu räumen und an den Kläger herauszugeben und
2.
bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis
zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, es zu unterlassen,
in dem Gebäudeteil des in Ziffer 1 bezeichneten Gebäudes, der sich auf dem Grundstück
der Gemarkung („Ort 01“), Flur …, Flurstück … befindet, Lackierarbeiten
durchzuführen sowie
3.
die Beklagte zu 2 verurteilt, es zu dulden, dass der Kläger durch das Grundstück der
Gemarkung („Ort 01“), Flur ... , Flurstück … in dem Bereich des zu duldenden
Notwegs, wie er sich aus Ziffer 1 des am 25. März 2022 verkündeten Urteil des
Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 71 O 49/21, ergibt, auf eigene Kosten
Versorgungsleitungen und eine Abwasserleitung hindurchführt.
II. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 54%, der Beklagte
zu 1 zu 22% und die Beklagte zu 2 zu 24%. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers
im Berufungsverfahren tragen der Beklagte zu 1 zu 22% und die Beklagte zu 2 zu 24%.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 im Berufungsverfahren trägt der
Kläger 55% und von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 im
Berufungsverfahren trägt der Kläger 53%. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht
statt.
Die Gerichtskosten I. Instanz tragen der Kläger zu 43%, der Beklagte zu 1 zu 17% und
die Beklagte zu 2 zu 40%. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers I. Instanz
tragen der Beklagte zu 1 17% und die Beklagte zu 2 40%. Von den außergerichtlichen
Kosten I. Instanz des Beklagten zu 1 trägt der Kläger 55% und von den außergerichtlichen
Kosten I. Instanz der Beklagten zu 2 trägt der Kläger 37%. Im Übrigen findet eine
Kostenerstattung nicht statt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.500 € festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Der Kläger begehrt in der Berufungsinstanz vom Beklagten zu 1 Räumung und Herausgabe des auf seinem Grundstück (Flur …, Flurstück …) aufstehenden Teils eines Gebäudes, von beiden Beklagten Räumung und Herausgabe des Teils des Gebäudes, der auf dem Grundstück der Beklagten zu 2, dem Flurstück … der Flur …, aufsteht, sowie die Duldung des Abrisses eines Teils des Gebäudes. Hilfsweise für den Fall der Abweisung dieser Anträge begehrt er von dem Beklagten zu 1 die Unterlassung der Durchführung von Lackierarbeiten in dem Teil des Gebäudes, der auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 aufsteht, weiter hilfsweise die Unterlassung dieser Lackierarbeiten ohne eine dem Stand der Technik entsprechende Anlage. Weiter begehrt er von der Beklagten zu 2 die Duldung der Verlegung von Versorgungsleitungen und Abwasserleitungen über deren Grundstück Flur …, Flurstück …. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich anteiliger Vermessungskosten und der Gewährung eines Notwegs (Geh- und Fahrrecht) über das Flurstück … stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Begründung des die Klage abweisenden Teils des Urteils wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihm am 29. März 2022 zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) hat der Kläger mit am 27. April 2022 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. Juni 2022, mit am 28. Juni 2022 eingegangenem Schriftsatz begründet. Werde auf einem einheitlichen Grundstück ein Gebäude errichtet und dieses erst später geteilt, sei eine unmittelbare Anknüpfung an die Absichten des Erbauers für die Bestimmung des Stammgrundstücks praktisch unmöglich. Es seien dann die objektiven Kriterien maßgeblich. Das Gebäude befinde sich aber zum überwiegenden Teil auf seinem Grundstück. Für ihn sei es das einzige Gebäude auf seinem Grundstück und habe deswegen für ihn größere Bedeutung. Bei der von den Beklagten betriebenen Stromversorgung handele es sich um eine Notstromversorgung. Für das geltend gemachte Leitungsrecht gelte, dass „Vorhaben“ im Sinne von § 44 BbgNRG das Verlegen der Leitung selbst sei, und dies sei, wie unter Beweisantritt vorgetragen, planungsrechtlich zulässig.
Zu Unrecht sei auch der Hilfsantrag abgewiesen worden. Bei der vom Beklagten zu 1 betriebenen Anlage fehle jegliche Schutztechnik. So habe der Sachverständige festgestellt, dass es keinen Abzug gebe, keine Frischluftzufuhr, keine Spritzschutzbleche, keine Spritzkabine oder ähnliche Einrichtungen, die eine Freisetzung von Gerüchen, Lösungsmitteln und Aerosolen bei den Holzbeschichtungstätigkeiten in die unmittelbare Umgebung verhindern könnten. Nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen befänden sich in den vom Beklagten verwendeten Produkten große Anteile an Lösungsmitteln und Bestandteile anderer Chemikalien. Die Anlage weise nicht einmal einen rudimentären Schutz der Umwelt auf. Vom Beklagten werde eine Geruchsbelästigung der Nachbarn durch die Lackierarbeiten in der Werkstatt zumindest billigend in Kauf genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 25. März 2022 verkündeten Urteils des Landgerichts
Frankfurt (Oder), Az. 71 O 49/21,
1.
den Beklagten zu 1 zu verurteilen, die von ihm auf dem Flurstück … der Flur …,
Gemarkung („Ort 01“), genutzten Räumlichkeiten, die sich in dem der Klage
als Anlage K 1 beigefügten Auszug aus dem Liegenschaftskataster vom 15. März 2018
rot markierten Gebäude befinden, zu räumen und an den Kläger herauszugeben;
2.
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, auch den Teil des im Klageantrag
zu 1 genannten Gebäudes zu räumen und an den Kläger herauszugeben, der sich auf
dem Flurstück … der Flur der Gemarkung („Ort 01“) befindet;
3.
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, es zu dulden, dass es dem Kläger
oder einem von ihm Beauftragten gestattet ist, nach rechtzeitiger zweimonatiger vor
Baubeginn getätigter schriftlicher Anzeige über die Einzelheiten der geplanten Arbeiten
gegenüber dem Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2, das Flurstück … der Flur …,
Gemarkung („Ort 01“), zu betreten, zu benutzen, Geräte aufzustellen und Baustoffe
über das Grundstück zu bringen, um den Überbau, wie er in der Anlage K 1 zu erkennen
ist, abzureißen;
4.
die Beklagten zu verurteilen, es zu dulden, dass der Kläger durch das Flurstück … der
Flur …, Gemarkung („Ort 01“), zur Versorgung seines Grundstücks Flurstück … der
Flur …, Gemarkung („Ort 01“), auf eigene Kosten Versorgungs- und
Abwasserleitungen hindurchführt;
5.
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Anträgen zu 1 bis 3 nicht folgt, den
Beklagten zu 1 zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft
bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in dem im Klageantrag zu 2 genannten Gebäudeteil
Lackierarbeiten durchzuführen, hilfsweise es zu unterlassen, diese Lackierarbeiten
ohne eine dem Stand der Technik entsprechende Anlage mit Absaugung am Fußboden
und an der Lackieranlage, abgetrenntem Lackierbereich zur Aerosolbegrenzung und
eine ausreichende Frischluftzufuhr, wie z. B. in der DGUV 209.014/6 aufgeführt,
auszuüben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen demgegenüber die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf diese und Wiederholung ihres Vorbringens. Die Rechtsauffassung des Landgerichts, im Falle einer nachträglichen Bewirkung eines Überbaus durch Grenzziehung sei Stammgrundstück dasjenige, auf dem sich nach Umfang, Lage und wirtschaftlicher Bedeutung der maßgebliche Gebäudeteil befinde, sei frei von Rechtsfehlern. Auch im Übrigen sei die Klage zutreffend abgewiesen worden.
Der Senat hat zum Verlauf der Grenze zwischen den Grundstücken der Gemarkung („Ort 01“) Flurstücke … und … jeweils der Flur … Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten der öffentlich bestellten Vermessungsingenieurin („Name 01“) vom 31. August 2023 Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht begründete Berufung des Klägers (§§ 517, 519, 520 ZPO) hat teilweise Erfolg, soweit die Räumung des auf seinem Grundstück aufstehenden Teils des Gebäudes, die Unterlassung von Lackierarbeiten durch den Beklagten zu 1 in dem Gebäudeteil, das auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 aufsteht, ohne ausreichende Schutzvorkehrungen sowie die Duldung der Hindurchführung von Versorgungs- und Abwasserleitung von der Beklagten zu 2 verlangt wird. Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
1. Herausgabe des Gebäudeteils auf dem Flurstück …
Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1 aus § 985 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Teils des streitgegenständlichen Gebäudes, der sich gemäß der Anlage 1 des Gutachtens der Sachverständigen („Name 01“) vom 31. August 2023 auf dem im Eigentum des Klägers stehenden Grundstück Flur …, Flurstück … der Gemarkung („Ort 01“) in einem Umfang von ca. 148 qm befindet.
a) Der Kläger ist Eigentümer dieses Teils des Gebäudes, weil entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht festgestellt werden kann, dass hinsichtlich dieses Gebäudes das Grundstück der Beklagten zu 2 als Stammgrundstück anzusehen ist und deswegen nach § 912 BGB der Teil des Gebäudes auf dem Grundstück des Klägers ebenfalls in ihrem Eigentum steht.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das streitgegenständliche eingeschossige Werkstattgebäude im Jahr 1970 aufgrund einer im Jahr 1969 erteilten Baugenehmigung errichtet worden ist. Ebenso ist unstreitig, dass das Gebäude auf Grund und Boden errichtet wurde, der zu diesem Zeitpunkt im Eigentum eines Grundeigentümers stand. Damit hat ein Überbau auf ein fremdes Grundstück im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes nicht stattgefunden, vielmehr lag ein sog. Eigengrenzüberbau vor.
b) Auf den eigentlichen Eigengrenzüberbau, also auf den Fall, dass ein Eigentümer zweier Grundstücke mit dem Bau auf einem dieser Grundstücke die Grenze des anderen überschreitet und die bebauten Grundstücke später in das Eigentum verschiedener Personen gelangen, wird § 912 BGB mit der Folge entsprechend angewendet, dass der hinübergebaute Gebäudeteil nicht Bestandteil des überbauten Grundstücks wird, sondern das Gebäude als Einheit einen wesentlichen Bestandteil desjenigen Grundstücks bildet, von dem aus überbaut worden ist (BGH NJW 2014, 311 Rn. 14; NJW-RR 2014, 971 Rn. 5; NJW 2008, 1810, 1811; OLG Brandenburg BeckRS 2021, 14957). Entsprechend behandelt wird der Fall, dass ein Grundstück so aufgeteilt wird, dass ein aufstehendes Gebäude von der Grenze der beiden neu gebildeten Grundstücke durchschnitten wird (BGH NJW 2014, 971 Rn. 5). Ist eine Absicht nicht feststellbar, soll es maßgeblich auf die objektiven Gegebenheiten ankommen (OLG Frankfurt OLG Report 2006, 860; Staudinger /Roth, BGB, § 912 Rn. 54). Wird allerdings das betreffende Gebäude auf einem einheitlichen Grundstück errichtet und dieses erst später in der Weise geteilt, dass das Gebäude von der Grenze der neu gebildeten Grundstücke geschnitten wird und eines der Grundstücke anschließend veräußert (sog. „nachträglicher Eigengrenzüberbau“), kann indes auf die Absichten des Eigentümers bei der Errichtung in diesem Zusammenhang nur dann abgestellt werden, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt eine entsprechende Teilungsabsicht des Eigentümers bestanden hatte. Auch in diesem Fall bleibt das Eigentum an dem Gebäude als Ganzes mit dem Eigentum am Stammgrundstück verbunden (BGH NJW 2008, 1810, 1811; WM 2004, 1340; Staudinger/Roth a. a. O., Rn. 58). Da bei der Grundstücksteilung in der Regel nicht an die Absichten des Erbauers angeknüpft werden kann, sind hier für die Bestimmung des Stammgrundstücks objektive Kriterien maßgeblich. Als Stammgrundstück wird das Grundstück angesehen, auf dem sich nach Umfang, Lage und wirtschaftlicher Bedeutung der eindeutig maßgebende Gebäudeteil befindet (BGHZ 110, 298, 302 f.). Lässt sich nach diesem Maßstab ein Stammgrundstück nicht feststellen, so bleibt es bei der vertikalen Teilung des Eigentums an dem Gebäude entlang der Grundstücksgrenze.
c) Zur Überbausituation im konkreten Fall tragen die Beklagten vor, es sei davon auszugehen, dass es sich zum Zeitpunkt der Errichtung um ein zusammenhängendes Grundstück gehandelt habe, das erst nach der Wende in zwei Grundstücke aufgeteilt worden sei. Der staatliche Forstwirtschaftsbetrieb hatte im Genehmigungsverfahren gegenüber dem Kreisbaubetrieb am 2. Juli 1969 pauschal bestätigt, dass das Gelände, auf dem die Werkhalle errichtet werden soll, ihr Eigentum sei. Es ergibt sich weder aus der Bestätigung noch aus der Genehmigung, auf welchem Grundstück das Bauvorhaben realisiert werden soll. Da die Parteien zur Grundstückshistorie keine weiteren Tatsachen vortragen, ist das Landgericht ausweislich des unstreitigen Tatbestandes davon ausgegangen, dass das Gebäude auf dem noch ungeteilten Grundstück errichtet worden ist.
Ausgehend hiervon kann demgemäß zur Bestimmung des Stammgrundstücks auf die Absichten des errichtenden Eigentümers zum Zeitpunkt der Errichtung nicht abgestellt werden. Es verbleiben damit nur die oben beschriebenen objektiven Umstände zur Bestimmung des Stammgrundstücks.
Danach ist zunächst von Bedeutung, dass sich der deutlich größere Teil des Gebäudes auf dem Grundstück des Klägers befindet. Hinzu kommt, dass die eigentliche Stromversorgung, die gegenwärtig allerdings nicht genutzt wird, zu dem Teil des Gebäudes erfolgte, der sich auf dem Grundstück des Klägers befindet. Aus diesem Grund fällt nicht wesentlich ins Gewicht, dass der Beklagte zu 1 von dem Haus auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 eine Stromleitung zu dem Teil des Gebäudes verlegt hat, der von ihm für Lackierarbeiten benutzt wird und teilweise auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 liegt. Allerdings ist, wie die Geltendmachung des Notwegerechts zeigt, eine Erschließung des Gebäudes (Erreichbarkeit, Versorgung) nur über das Grundstück der Beklagten zu 2 möglich.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Beklagte zu 1 den auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 aufstehenden Teil des Gebäudes, in dem er seine Werkstatt unterhält, durch den auf diesem Grundstück befindlichen Teil der Flügeltür erreichen, ohne das Grundstück des Klägers in Anspruch zu nehmen. Zwischen den Parteien ist weiter unstreitig, dass das Gebäude und damit auch seine Nutzung, wie dies auch schon gegenwärtig, wenn auch nicht entlang der Grundstücksgrenze, erfolgt, geteilt werden kann. Durch eine vertikale Teilung des Eigentums an dem Gebäude droht nicht die Zerschlagung erheblicher wirtschaftlicher Werte.
Berücksichtigt man diese objektiven Umstände, nämlich Verteilung der Gebäudeanteile auf den jeweiligen Grundstücken, Erschließungssituation und Erreichbarkeit des Gebäudes sowie dessen Nutzungsmöglichkeiten, führt dies dazu, dass sich vorliegend für das Gebäude ein Stammgrundstück nicht bestimmen lässt. Dies führt zu einer vertikalen Teilung des Eigentums an dem Gebäude durch die gemeinsame Grundstücksgrenze.
Damit ist der Teil des Gebäudes, der auf dem Grundstück des Klägers aufsteht, wesentlicher Bestandteil dieses Grundstücks. Der Kläger ist damit Eigentümer dieses Gebäudeteils und er kann von dem Beklagten, soweit dieser diesen Teil des Gebäudes als unmittelbarer Besitzer nutzt, die Herausgabe verlangen, weil dem Beklagten zu 1 insoweit auch kein Recht zum Besitz zusteht.
2. Herausgabe des Gebäudeteils auf dem Flurstück ... bzw. Duldung des Abrisses
Aus den Ausführungen zu Ziffer 1 folgt, dass wegen der vertikalen Teilung des Gebäudeeigentums der Kläger nicht Eigentümer des Teils des Gebäudes ist, der auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 aufsteht. Er kann mangels Eigentümerstellung aus § 985 BGB danach weder von der Beklagten zu 2 noch vom Beklagten zu 1 die Herausgabe verlangen. Die Berufung bleibt insoweit ohne Erfolg. Die Duldung des Abrisses dieses Gebäudeteils kann der Kläger demgemäß ebenfalls nicht von den Beklagten verlangen, die Berufung war auch insoweit zurückzuweisen.
3. Leitungsrecht
Soweit der Kläger gestützt auf § 44 Abs. 1 BbgNRG ein Leitungsrecht über das Grundstück der Beklagten zu 2 mit seinem Antrag zu 4 geltend macht, hat das Rechtsmittel ebenfalls Erfolg.
§ 44 Abs. 1 BbgNRG konkretisiert das Notwegerecht nach § 917 BGB für benachbarte Grundstücke. Voraussetzung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BbgNRG ist die Erforderlichkeit zur Umsetzung eines bauplanungsrechtlich zulässigen Vorhabens. Entgegen der Auffassung des Klägers muss das Bauvorhaben bzw. das Nutzungsvorhaben, für das die Leitung gedacht ist, bauplanungsrechtlich statthaft sein, weil die zu duldende Leitung andernfalls zum reinen Selbstzweck würde und danach auch funktionslose Leitungen zu dulden wären.
Da aber der Kläger gemäß den Ausführungen unter Ziffer 1 entgegen der Auffassung des Landgerichts Eigentümer des Teils des Gebäudes ist, der auf seinem Grundstück aufsteht, besteht bereits ein bauliches Vorhaben (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BbgNRG), dessen Zulässigkeit zwischen den Parteien nicht streitig ist, so dass es auf die Darlegung eines weiteren planungsrechtlich zulässigen Vorhabens nicht ankommt. Da eine andere Möglichkeit des Anschlusses des im Eigentum des Klägers stehenden Gebäudeteils nicht ersichtlich ist, sind auch die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BbgNRG erfüllt. Die Beeinträchtigung ist für die Beklagte zu 2 als Eigentümerin des Flurstücks … auch nicht erheblich, weil sie ohnehin nach der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts über dieses Grundstück einen Notweg (Geh- und Fahrrecht) zum Grundstück des Klägers dulden muss und das Leitungsrecht in dem Bereich des Notwegs, wie er in Ziffer 1 des Tenors des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 71 O 49/21, bezeichnet ist, besteht.
4.
Der Kläger macht hilfsweise für den Fall, dass seine Klageanträge zu 1 bis 3 ohne Erfolg bleiben, einen auf § 1004 Abs. 1 BGB gestützten Unterlassungsanspruch geltend, soweit der Beklagte zu 1 in dem auf dem Flurstück ... aufstehenden Gebäudeteil Lackierarbeiten ohne Schutzvorrichtungen betreibt.
Obwohl der Unterlassungsanspruch hilfsweise danach nur für den Fall gestellt sein soll, dass die Klageanträge zu 1 bis 3 ohne Erfolg bleiben, der Klageantrag zu 1 aber Erfolg hat, ist vorliegend über den Hilfsantrag zu entscheiden. Der Hilfsantrag war in I. Instanz ausdrücklich noch für den Fall gestellt worden, dass die dort gestellten Anträge zu 2 und 3 ohne Erfolg bleiben. Er bezieht sich auch seinem Inhalt nach auf den Gebäudeteil, der sich auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 befindet und in dem der Beklagte zu 1 Lackierarbeiten durchführt. Die innerprozessuale Bedingung für eine Entscheidung über den Hilfsantrag ist unter Berücksichtigung der erstinstanzlich formulierten Bedingung, des Inhalts des Hilfsantrages und des sich daraus ergebenden eindeutigen Interesses des Klägers, für den Fall, dass er den Gebäudeteil auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 dulden muss, jedenfalls zu verhindern, dass in dem Gebäudeteil in der bisherigen Form der Ausübung Lackierarbeiten durch den Beklagten zu 1 durchgeführt werden, dahingehend auszulegen, dass er, wie in I. Instanz, für den Fall gestellt sein soll, dass die Anträge zu 2 und 3 ohne Erfolg bleiben.
Der danach zu bescheidende Anspruch auf Unterlassung von Lackierarbeiten durch den Beklagten zu 1 hat auch in der Sache Erfolg, weil durch die Durchführung der Arbeiten in der gegenwärtigen Form ohne ausreichende Schutzmaßnahmen unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Klägers eine Störung dessen Eigentums im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB vorliegt, die er nicht dulden muss.
Schon deswegen, weil der Gebäudeteil auf dem Grundstück des Klägers auch in dessen Eigentum steht, ist durch die Nutzung des Beklagten zu 1 des anderen Gebäudeteils eine Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers zu besorgen. Aber auch unabhängig davon, liegt eine solche drohende Eigentumsstörung, deren Unterlassung der Kläger verlangen kann, vor. Durch die Nutzung des Gebäudes für Lackierarbeiten mit Farben und Lösungsmitteln ohne besondere Sicherungsvorkehrungen geht eine Gefahr für den Grund und Boden auch im Bereich des Grundstücks des Klägers aus. Bei der vom Beklagten zu 1 betriebenen Anlage handelt es sich nach den Feststellungen des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens um eine nicht genehmigungsbedürftige Kleinanlage. Wegen des geringen Umfangs der Arbeiten durch den Beklagten zu 1 gelten nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen zwar nicht die verpflichtenden Maßnahmen nach der 31. BImSchV, allerdings so der Sachverständige weiter, werden durch den Beklagten zu 1 Produkte mit einem großen Anteil an Lösungsmitteln und anderen Chemikalien verwendet, und zwar ohne auch nur rudimentäre Maßnahmen zum Schutz der Umgebung. Es gibt insbesondere keine Brandschutz- und Explosionsschutzeinrichtungen. Die Lagerung der Gebinde erfolgt nicht nach den technischen Regeln, so dass eine Gefährdung von Boden und Grundwasser, etwa bei Verlusten beim Umfüllen in die Spritzanlage besteht. Weiter hat der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige auch festgestellt, dass es zu Geruchsbelästigungen in dem vom Kläger genutzten Teil des Gebäudes kommen kann.
Damit droht nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens eine Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers, deren Unterlassung er nach § 1004 Abs. 1 BGB verlangen kann.
Ob der Beklagte zu 1 Lackierarbeiten in dem Gebäudeteil auf dem Grundstück der Beklagten zu 2 durchführen kann, wenn er entsprechende Schutzmaßnahmen trifft, die eine Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers in der von dem Sachverständigen beschriebenen Art und Weise sicher verhindern können, bedarf keiner Entscheidung, weil eine solche Nutzung gegenwärtig nicht erfolgt.
5.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Der Streitwert war gemäß den erstinstanzlichen Festsetzungen auf insgesamt 15.500 € festzusetzen, wobei der Streitwert von insgesamt 3.500 € für die Anträge zu 1 und 2 jeweils hälftig auf diese Anträge zu verteilen war.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestehen nicht.