Gericht | VG Frankfurt (Oder) 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 01.03.2011 | |
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Aktenzeichen | 7 K 1008/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 22 BBauG, § 34 BBauG, § 36 BBauG, § 145 BBauG, § 63 BauO BB, § 67 BauO BB, § 70 BauO BB, § 43 VwGO, § 75 VwGO, § 113 VwGO |
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 15. Juli 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010 verpflichtet, der Klägerin eine antragsgemäße Baugenehmigung für einen Verbrauchermarkt auf dem Grundstück xxx in xxx zu erteilen.
Es wird festgestellt, dass die am 18. März 2008 beantragte sanierungsrechtliche Genehmigung für das vorbezeichnete Vorhaben als erteilt gilt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1fachen des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für einen sog. Verbrauchermarkt einschließlich der hierfür erforderlichen sanierungsrechtlichen Genehmigung.
Die Klägerin stellte unter dem 6. Juli 2007, beim Beklagten eingegangen am 26. Juli 2007, einen Baugenehmigungsantrag für den Neubau eines Verbrauchermarktes auf den Grundstücken xxxund xxx in xxx, Gemarkung xxx, Flur xxx, Flurstücke xxx, xxx und xxx. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich der Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "xxx" vom 1. Oktober 1992 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 18. September 1997.
In dem Bauantrag heißt es, dass die Klägerin Grundstückseigentümerin sei; der Amtliche Lageplan weist jedoch verschiedene Privatpersonen als Grundstückseigentümer aus. In dem Antragsformular ist weiterhin das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach § 57 BbgBO angekreuzt. Die Grundstücke Flurstück xxx und xxx weisen jeweils im vorderen Bereich ein Einfamilienwohnhaus auf, das Flurstück xxx präsentiert sich als Baulücke. Unter Abriss von in den hinteren Grundstücksbereichen vorhandenen Nebengebäuden soll der Verbrauchermarkt flurstücksübergreifend im hinteren Grundstücksbereich realisiert werden, das Baulückengrundstück Flurstück xxx ist als Ein- und Ausfahrt vorgesehen. Ausweislich der Betriebsbeschreibung ist ein werktäglicher Betrieb von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr vorgesehen. Ausweislich der Nutzflächenberechnung soll das zu errichtende Gebäude eine Nutzfläche von insgesamt 1.164,28 m² und eine Geschossfläche von 1.234,67 m² aufweisen, davon 836,4 m² Verkaufsfläche (799 m² Verbrauchermarkt zzgl. 37,4 m² Backshop).
Der Beklagte machte die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 27. Juli 2007 darauf aufmerksam, dass das Vorhaben nicht im vereinfachten Verfahren genehmigt werden könne, und forderte unter Fristsetzung auf den 28. August 2007 verschiedene Bauvorlagen nach. Die Klägerin übersandte mit Schreiben vom 10. August 2007, eingegangen am 22. August 2007, den Großteil der angeforderten Bauvorlagen. Mit Schreiben vom 1. November 2007 erinnerte der Beklagte an die noch fehlenden Bauvorlagen und setzte hierfür eine Nachfrist von vier Wochen. Diese Bauvorlagen einschließlich des amtlichen Lageplans übergab die Klägerin am 20. November 2007. Mit weiterem Schreiben vom 16. November 2007 machte der Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass die beabsichtigte Oberflächenentwässerung einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedürfe, und forderte hierzu weitere Bauvorlagen an. Mit Schreiben der beauftragten Fachplaner vom 13. Dezember 2007 übergab die Klägerin auch diese weiteren Bauvorlagen. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2007 übersandte die Klägerin eine Standortanalyse zur Prüfung der Verträglichkeit einer Einzelhandelsansiedlung mit über 800 m² Verkaufsfläche.
Das Bauplanungsamt des Beklagten beurteilte die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens mit Vermerk vom 20. Dezember 2007 positiv, sofern bei der Organisation des Lieferverkehrs sowie der Lokalisierung lärmintensiver technischer Ausstattungen bestimmte Lärmschutzrücksichten auf einen Grundstücksnachbarn genommen werden. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 beurteilte die Gemeinsame Landesplanungsabteilung das Vorhaben ebenfalls positiv. Die untere Wasserbehörde erteilte dem Vorhaben mit Bescheid vom 7. Januar 2008 unter verschiedenen Nebenbestimmungen die wasserrechtliche Erlaubnis. Das Landesumweltamt beurteilte das Vorhaben mit Stellungnahme vom 28. Januar 2008 ebenfalls positiv, regte jedoch die Aufnahme einiger Nebenbestimmungen, die sich mit den zu erwartenden Schallemissionen befassen, in die Baugenehmigung an.
Die Beigeladene verweigerte unter dem 15. Februar 2008 ihr Einvernehmen sowohl für die Baugenehmigung als auch für eine sanierungsrechtliche Genehmigung und verwies zur Begründung auf ein in Ablichtung beigefügtes Schreiben des Sanierungsträgers vom 6. Februar 2008; in diesem Schreiben heißt es: Die Gemeinde Rüdersdorf bewerbe sich derzeit um die Austragung der Landesgartenschau 2013. Hieraus folgten veränderte städtebauliche Prioritäten. Für den Ortskern sei eine höherwertige und intensivere Ausnutzung der Baugrundstücke anzustreben. Der Verbrauchermarkt werde der veränderten Zentrumsentwicklung als Bestandsteil der Landesgartenschau nicht gerecht. Außerdem sei auf die Sicherung und Wiedernutzung der zurzeit leerstehenden, villenartigen Wohngebäude xxx und xxx Wert zu legen; dass das beantragte Vorhaben sich über Planungs- und Nutzungsaussagen für diese Gebäude ausschweige, könne nicht hingenommen werden.
Die Klägerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 17. März 2008, eingegangen am 18. März 2008, die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung und die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens. Zur Begründung ließ sie darin ausführen: Mit der Zuständigkeitskonzentration bei der Baugenehmigungsbehörde durch das EAG Bau 2004 sei die Notwendigkeit eines gesonderten Antragsverfahrens bei der Gemeinde entfallen. Die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens sei rechtswidrig. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig. Ferner bestehe ein gebundener Anspruch auf die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung. Diese könne schon deshalb nicht verweigert werden, weil die Beigeladene es an einer hinreichenden Konkretisierung ihrer Sanierungsziele habe fehlen lassen. Im Übrigen entspreche das Vorhaben den Forderungen aus der Stellungnahme vom 6. Februar 2008, denn es führe zu einer nach Art und Maß der Nutzung jeweils deutlich intensiveren Ausnutzung der davon betroffenen Grundstücke. Soweit die Beigeladene eine repräsentativere Gestaltung oder gar die Sanierung der straßenbegleitenden Wohngebäude verlange, sei dies nicht mit Mitteln des Sanierungsrechts durchsetzbar.
Der Beklagte reagierte hierauf zunächst mit Schreiben an die Klägerin vom 10. April 2008, durch welches er die Bearbeitungsfrist für den sanierungsrechtlichen Genehmigungsantrag vorsorglich gemäß §§ 145, 22 Abs. 5 Satz 3 BauGB um drei Monate verlängerte.
Die sodann von dem Beklagten erneut beteiligte Beigeladene wiederholte mit Stellungnahme vom 16. Mai 2008 die Versagung ihres Einvernehmens und führte dazu aus: Die Errichtung eines Verbrauchermarktes in Zentrumsnähe werde nicht grundsätzlich negativ bewertet. In erster Linie liege der Focus aber auf der Wiederherrichtung und Nutzbarmachung der zum Standort gehörenden Villengebäude xxx und xxx, die das Ortsbild prägten und historisch bedeutsam seien. Dies sei auch ein zentrales Anliegen des Sanierungskonzeptes, welches die Beigeladene in dem 1994 aufgestellten Neuordnungskonzept dokumentiert habe; dieses weise für beide Villen "Modernisierung/Instandsetzung, höhere Intensität" aus.
Das Bauplanungsamt des Beklagten wandte sich sodann mit Aktenvermerk vom 2. Juli 2008 gegen das Vorhaben. Die Rechtslage habe sich geändert, weil die Beigeladene am 11. Juni 2008 einen Aufstellungsbeschluss für den B-Plan Nr. 22 "xxx/xxx" gefasst und zugleich eine Veränderungssperre beschlossen habe. Ziel des B-Planes sei der Ausbau eines funktionsfähigen Zentrums unter Erhalt der kleinstädtischen Bebauungsstruktur mit überschaubarer Einzelhausbebauung und vielfältiger Nutzung. Dem werde der geplante Verbrauchermarkt voraussichtlich nicht entsprechen.
Der Beklagte lehnte den Bauantrag der Klägerin ebenso wie den Antrag auf sanierungsrechtliche Genehmigung sodann mit Bescheid vom 15. Juli 2008 ab. Zur Begründung verwies der Beklagte hinsichtlich der Baugenehmigung auf die Veränderungssperre sowie hinsichtlich der sanierungsrechtlichen Genehmigung auf die Stellungnahme der Gemeinde vom 16. Mai 2008. Der Ablehnungsbescheid wurde der Klägerin am 18. Juli 2008 zugestellt.
Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 am selben Tage Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte: Die Veränderungssperre stehe dem Vorhaben nicht entgegen, weil sie offensichtlich rechtswidrig sei. Eine wirksame Veränderungssperre erfordere ein Mindestmaß an Planung, deren Verwirklichungsfähigkeit mit der Veränderungssperre gesichert werden könne; die Beigeladene habe jedoch keine eigene Planung, sondern beschränke sich auf ein reines Verhinderungsinteresse gegenüber dem Vorhaben der Klägerin. Mit weiterem Schriftsatz vom 11. August 2008 ergänzte die Klägerin ihre Widerspruchsbegründung: In mehreren Besprechungen hätten die Vertreter der Beigeladenen immer wieder deutlich gemacht, dass sie der Errichtung des Verbrauchermarktes nur zustimmen würden, wenn die Klägerin die beiden benachbarten Wohnhäuser saniere. Damit erweise sich, dass es der Beigeladenen mit dem B-Plan-Aufstellungsbeschluss, der Veränderungssperre und der verweigerten sanierungsrechtlichen Genehmigung lediglich darum gehe, die Sanierung dieser beiden Gebäude zu erzwingen; dies sei rechtsmissbräuchlich.
Mit weiterem Schriftsatz vom 22. März 2010 forderte die Klägerin den Beklagten zur Bescheidung des Widerspruches auf; die Veränderungssperre – sofern man sie denn als wirksam ansehen wolle – sei unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Zeit der willentlichen Untätigkeit der Baugenehmigungsbehörde auf deren Laufzeit anzurechnen sei, nunmehr abgelaufen.
Die Beigeladene teilte dem Beklagten unter dem 14. April 2010 mit, dass die Veränderungssperre wegen § 14 Abs. 4 BauGB als nichtig angesehen werden könne; die Gemeindevertretung habe ferner am 26. November 2009 eine Änderung des Aufstellungsbeschlusses für den B-Plan Nr. 22 "xxx/xxx" dahingehend gefasst, dass dieser nunmehr die Nr. 23 trage, ein erweitertes Gebiet umfasse und die fehlerhafte Bezeichnung der betroffenen Grundstücke korrigiert werde.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 als unbegründet zurück. Es sei fraglich, ob überhaupt ein Bescheidungsanspruch bestehe, weil der Bauantrag zum Zeitpunkt des Nachreichens des Amtlichen Lageplans als zurückgenommen gegolten habe. Der B-Plan-Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre könnten dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, allein schon wegen der falschen Flurbezeichnung in der Bekanntmachung des B-Plans. Es bleibe aber dabei, dass die sanierungsrechtliche Genehmigung fehle. Die Sanierungssatzung sei nicht funktionslos geworden, da in erheblichem Umfange Fördermittel ausgereicht worden seien, allein in den Jahren 2004 bis 2009 in Höhe von 2,23 Mio EUR, wodurch Gesamtinvestitionen von 15,62 Mio EUR ermöglicht worden seien. Für eine Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens im Hinblick auf die sanierungsrechtliche Genehmigung lasse das BauGB keinen Raum.
Die Klägerin hat bereits am 15. Juli 2008 (Untätigkeits-)Klage erhoben.
Zur Klagebegründung legt sie Ablichtungen ihres Schreibens vom 17. März 2008 (Antrag sanierungsrechtliche Genehmigung), der Bearbeitungsfristverlängerungsverfügung des Beklagten und ihrer ergänzenden Widerspruchsbegründung vom 11. August 2008 vor. In der mündlichen Verhandlung stellt sie klar, dass ihr Bauantrag die von der unteren Wasserbehörde im Bescheid vom 7. Januar 2008 bzw. von dem Landesumweltamt in der Stellungnahme vom 28. Januar 2008 jeweils vorgesehenen Nebenbestimmungen einschließen solle.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung der Versagung vom 15. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010 die Baugenehmigung für das am 26. Juli 2007 beantragte Vorhaben des Verbrauchermarktes Grundstück xxx in xxx zu erteilen;
2. festzustellen, dass die sanierungsrechtliche Genehmigung für das am 18. März 2008 beantragte und zu Ziffer 1 bezeichnete Vorhaben als erteilt gilt,
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die sanierungsrechtliche Genehmigung für das Vorhaben zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und verweist zur Begründung auf den Inhalt seines Widerspruchsbescheides.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie trägt vor: Der Beklagte habe mit Bescheid vom 15. Juli 2008 den Bauantrag und den Antrag auf sanierungsrechtliche Genehmigung abgelehnt; die Klägerin habe diesen Bescheid offenkundig weder mit Rechtsmitteln angegriffen noch fristgerecht in das Untätigkeitsklageverfahren einbezogen. Aus der Stellungnahme der Klägerin im Widerspruchsverfahren ergebe sich, dass die Bauvorlagen nach wie vor unvollständig seien und nicht vervollständigt werden sollten; ferner habe die Klägerin immer noch nicht auf den Ablehnungsbescheid vom 15. Juli 2008 reagiert. Beide Klageanträge seien unzulässig.
In der mündlichen Verhandlung überreicht die Beigeladene weitere Satzungsgebungsvorgänge, betreffend den Beschluss der Gemeindevertretung vom 30. September 2010 über die Billigung des ersten Entwurfs und die öffentliche Auslegung des B-Plans Nr. 23 "xxx/xxx".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die Satzungsvorgänge der Beigeladenen zur Sanierungssatzung bzw. zur Bauleitplanung Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens betr. die Erteilung der beantragten Baugenehmigung sowie hinsichtlich des Feststellungsbegehrens begründet, so dass es auf den gestellten Hilfsantrag nicht mehr ankommt.
1. Die Klage ist insgesamt zulässig.
a) Insbesondere fehlt der Klägerin nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Diese Sachentscheidungsvoraussetzung würde dann entfallen, wenn die Klägerin für ihren Baugenehmigungsantrag kein Sachbescheidungsinteresse mehr geltend machen könnte, weil dieser Antrag wegen Unvollständigkeit der Bauvorlagen als zurückgenommen gälte. Entgegen der im Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsmeinung des Beklagten gilt der Baugenehmigungsantrag jedoch nicht deshalb als zurückgenommen, weil die Klägerin nachgeforderte Bauvorlagen nicht fristgerecht vorgelegt hätte. Die Voraussetzungen der Rücknahmefiktion des § 63 Abs. 2 Satz 1 und 2 BbgBO liegen nicht vor. Die Klägerin hat die ursprünglich vorhanden gewesenen Mängel ihres Baugenehmigungsantrages innerhalb der von dem Beklagten gesetzten, angemessenen Frist behoben.
Zwar waren die Bauvorlagen anfangs in erheblichem Umfange unvollständig. Auch ist die Klägerin der unter Fristsetzung auf den 28. August 2007 erfolgten Nachforderung durch die Einreichung weiterer Bauvorlagen am 22. August 2007 nicht vollständig nachgekommen. Der Beklagte hat hierauf jedoch mit einer Nachfristsetzung reagiert; innerhalb der mit Zwischenverfügung vom 1. November 2007 gewährten Nachfrist von vier Wochen hat die Klägerin die noch fehlenden Bauvorlagen eingereicht. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid behauptet, der Amtliche Lageplan sei erst am 20. November 2008 eingegangen, ist dies aktenwidrig; der Amtliche Lageplan weist – ebenso wie die weiteren zu diesem Zeitpunkt nachgereichten Bauvorlagen – einen Eingangsstempel des Beklagten vom 20. November 2007 auf.
Die Bemessung der in § 63 Abs 2 Satz 1 BbgBO vorgesehenen, angemessenen Frist für die Vervollständigung eines mangelbehafteten Baugenehmigungsantrages steht in pflichtgemäßem Ermessen des Beklagten; rechtliche Gründe, die eine Baugenehmigungsbehörde daran hindern könnten, eine zunächst eher knapp bemessene Frist zu verlängern, sind nicht ersichtlich. Nachdem der Beklagte sich in Form der Zwischenverfügung vom 1. November 2007 zur Verlängerung der Mängelbehebungsfrist entschlossen hatte, kommt es für die Frage der nicht rechtzeitigen Mängelbeseitigung im Sinne des § 63 Abs. 2 Satz 2 BbgBO allein auf die verlängerte Frist an; der Beklagte muss sich an der von ihm gewährten Fristverlängerung festhalten lassen.
Im Übrigen vermag der im Widerspruchsbescheid eingenommene Standpunkt des Beklagten, die Nachreichung der zunächst fehlenden Bauvorlagen sei nicht fristgerecht erfolgt, auch vor dem Hintergrund des weiteren Umstandes nicht zu überzeugen, dass der Beklagte mit weiterer Zwischenverfügung vom 16. November 2007 unter Fristsetzung auf ein noch späteres Datum – dem 14. Dezember 2007 – noch zusätzliche, für die wasserrechtliche Genehmigung benötigte und in den beiden vorangegangenen Fristsetzungsverfügungen nicht einmal erwähnte Bauvorlagen angefordert und sodann im Ausgangsbescheid, nach umfassender Prüfung des Vorhabens, auch zur Sache entschieden hat.
Schließlich fehlt der Klage auch nicht deshalb das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, weil ihr Bauantrag mangels Eigentums an den Baugrundstücken nicht bescheidungsfähig wäre. Denn die Baugenehmigung ergeht gemäß § 67 Abs. 6 BbgBO unbeschadet der Rechte Dritter, hier also unbeschadet der Rechte der Eigentümer der von dem Bauvorhaben betroffenen Grundstücke. Das Rechtsschutzbedürfnis könnte der Klägerin nur abgesprochen werden, wenn ein entgegenstehender zivilrechtlicher Wille der Eigentümer der Verwirklichung des Vorhabens dauerhaft entgegenstände, hierfür ist nichts ersichtlich.
b) Der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage (Klageantrag zu 1. und Klagehilfsantrag zu 2.) stehen auch die Vorschriften über die Klagefrist und über das Vorverfahren nicht entgegen. Denn die Klage ist unabhängig von diesen Vorschriften als Untätigkeitsklage zulässig. Seit der Einreichung des Baugenehmigungsantrages sind mehr als drei Monate verstrichen gewesen, als die Klage erhoben wurde; selbst wenn man annimmt, dass der Beginn der in § 75 Satz 2 VwGO genannten Dreimonatsfrist nicht mit dem Eingang des Bauantrages am 26. Juli 2007, sondern erst bei Vollständigkeit der Bauvorlagen in Lauf gesetzt worden sein könnte, so wäre die Dreimonatsfrist spätestens am 18. Dezember 2007 ausgelöst und demgemäß spätestens am 18. März 2008 abgelaufen gewesen. Der Ablehnungsbescheid war bei Klageerhebung auch noch nicht im Rechtssinne existent. Die Klageschrift datiert vom 14. Juli 2008 und ist am 15. Juli 2008 bei dem Verwaltungsgericht eingegangen; der Ablehnungsbescheid datiert vom 15. Juli 2008 und ist am 18. Juli 2008 zugestellt worden; aus diesem Ablauf folgt, dass die Klageschrift bereits eingereicht war, als der Ablehnungsbescheid rechtlich existent wurde. Auf die Vorab-Verlautbarung des Ablehnungsbescheides per Telefax am 15. Juli 2008 um 13:44 Uhr kommt es diesbezüglich nicht an, da Entscheidungen im Baugenehmigungsverfahren für ihre Wirksamkeit gemäß § 67 Abs. 4 Satz 3 BbgBO der förmlichen Zustellung bedürfen.
Die Zulässigkeit der Klage ist auch nicht durch den späteren Erlass des Ablehnungs- und des Widerspruchsbescheides entfallen; insoweit bedurfte es entgegen der Rechtsmeinung der Beigeladenen auch keiner gesonderten Prozesshandlung der Klägerin, um diese Bescheide in den Rechtsstreit einzuführen. Ergeht nach Erhebung der Untätigkeitsklage, nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO und nicht innerhalb einer von dem Gericht gemäß § 75 Satz 3 VwGO gesetzten Nachfrist eine negative Entscheidung der Behörde, kann die Klage unter Einbeziehung der Ablehnung ohne Durchführung eines Vorverfahrens nach § 68 VwGO sowie ohne Beachtung der Klagefrist des § 74 VwGO als Verpflichtungsklage fortgeführt werden. In diesem Fall bedarf es keiner weiteren Verfahrenshandlung des von der Antragsablehnung betroffenen Klägers, der im Besitz der Vergünstigung des § 75 Satz 1 VwGO bleibt. Denn Gegenstand der Verpflichtungsklage ist nicht ein etwa ergangener Ablehnungsbescheid, sondern der geltend gemachte prozessuale Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts. Die Aufhebung des ablehnenden Bescheids gehört nicht zum Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage, sondern ist lediglich unselbständiger Anfechtungsannex, der im Interesse der Rechtsklarheit bei einer stattgebenden Entscheidung mittenoriert wird. Der Anspruch auf Bescheiderlass hängt nicht davon ab, ob die Behörde den an sie gerichteten Antrag überhaupt beschieden beziehungsweise, ob sie dies in fehlerhafter Weise getan hat (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. August 2010 – 2 A 796/09 –, zitiert nach juris, Randnr. 16 bis 25, m. w. N).
c) Der Klagehauptantrag zu 2. ist als Feststellungsklage zulässig. Mit ihr wird die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt; die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO). Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein konkretes Rechtsverhältnis besteht, nämlich dass die von ihr am 18. März 2008 beantragte sanierungsrechtliche Genehmigung als erteilt gilt. An dieser Feststellung hat sie auch ein berechtigtes Interesse, weil die Frage, ob die sanierungsrechtliche Genehmigung als erteilt gilt, eine für die Beurteilung des Baugenehmigungsbegehrens der Klägerin wesentliche Vorfrage darstellt.
Das Feststellungsbegehren scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin ihre Rechte vorrangig im Wege der Gestaltungs- oder Leistungsklage hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Diese Regelung schließt die Feststellungsklage aus, wenn der Kläger sein Begehren mit einer Gestaltungs- oder Verpflichtungsklage oder einer allgemeinen Leistungsklage ebenso gut oder besser verfolgen kann. Damit sollen unnötige Feststellungsklagen verhindert werden, wenn zur Rechtsverfolgung unmittelbarere, sachnähere und wirksamere Verfahren zur Verfügung stehen. Weiter soll vermieden werden, dass die Sonderregelungen für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen umgangen werden und ein zweiter Rechtsstreit erforderlich wird, wenn der Beklagte die Folgeentscheidungen aus der festgestellten Rechtslage nicht trifft (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. November 2008 – 8 A 10676/08 –, juris, Randnr. 28 m. w. N.).
Zwar kennt § 145 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BauGB in Verbindung mit § 22 Abs. 5 Satz 5 BauGB einen ggf. mit der Verpflichtungsklage verfolgbaren Anspruch auf Erteilung einer Fiktionsbescheinigung. Dieser – überdies antragsgebundene – Anspruch steht jedoch nicht in einem Subsidiaritätsverhältnis zu der Feststellung, dass die Fiktionswirkung des § 22 Abs. 5 Satz 4 BauGB eingetreten ist; vielmehr hat der Bauherr die Wahl, ob er eine Fiktionsbescheinigung begehrt oder sich mit einer Feststellung begnügt (ähnlich für das dortige Landesrecht VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 27. März 2001 – 4 K 1494/00.NW –, juris, Leitsatz 1 und Randnr. 26). Ein etwaiges Verpflichtungsbegehren auf Erteilung der Fiktionsbescheinigung ist weder unmittelbarer noch sachnäher noch wirksamer als das Feststellungsbegehren. Ferner liegt in der hier ohnedies gegebenen Untätigkeitsklagesituation auch kein Fall der Umgehung der besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen der (Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage vor.
2. Die Klage ist ferner mit dem Klagehauptantrag zu 2. – dazu nachstehend a) –wie mit dem Klageantrag zu 1. – dazu nachfolgend b) – begründet; einer Entscheidung über den Klagehilfsantrag zu 2. bedarf es danach nicht mehr.
a) Der Feststellungsantrag ist begründet. Die von der Klägerin am 18. März 2008 beantragte sanierungsrechtliche Genehmigung gilt seit dem Ablauf des 18. Mai 2008 gemäß § 145 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BauGB in Verbindung mit § 22 Abs. 5 Satz 4 BauGB als erteilt.
Nach diesen Vorschriften gilt eine sanierungsrechtliche Genehmigung als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der gesetzlichen Bearbeitungsfrist versagt wird. So liegt der Fall hier. Die gesetzliche Bearbeitungsfrist beträgt in den Fällen, in denen – wie hier – zusätzlich zur sanierungsrechtlichen Genehmigung auch eine bauaufsichtliche Genehmigung erforderlich ist und die Zuständigkeit für die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 BauGB bei der Baugenehmigungsbehörde liegt, gemäß § 145 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BauGB zwei Monate. Diese Frist wird im Regelfall durch den Eingang des Genehmigungsantrages bei der Baugenehmigungsbehörde in Lauf gesetzt; der vollständige Genehmigungsantrag vom 17. März 2008 ist dem Beklagten am 18. März 2008 zugegangen, mithin der Lauf der Zweimonatsfrist in Gang gesetzt worden. Bis zum Ablauf dieser gesetzlichen Bearbeitungsfrist am 18. Mai 2008 hat der Beklagte einen Ablehnungsbescheid nicht erlassen; dieser datiert vielmehr erst vom 15. Juli 2008.
Der Ablauf der gesetzlichen Bearbeitungsfrist und mit ihm der Eintritt der Genehmigungsfiktion ist nicht dadurch gehindert worden, dass der Beklagte die gesetzliche Bearbeitungsfrist wirksam verlängert hätte. Zwar hat der Beklagte mit Zwischenverfügung vom 10. April 2008 erklärt, dass er die Bearbeitungsfrist um drei Monate verlängere. Diese Zwischenverfügung erweist sich jedoch aus zwei voneinander unabhängigen Gründen als fehlerhaft. Zum einen stand dem Beklagten gemäß § 145 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BauGB lediglich eine Verlängerungsmöglichkeit um zwei Monate zu; die von ihm statt dessen ausgesprochene Verlängerung um drei Monate ist vom Gesetz nicht gedeckt. Zum anderen hat der Beklagte diese Verlängerung bereits wenige Tage nach Eingang des Genehmigungsantrages "vorsorglich" – also ins Blaue hinein – ausgesprochen, ohne dass überhaupt absehbar war, ob der Beklagte zur sachgerechten Bearbeitung des Genehmigungsantrages überhaupt einer Verlängerung der Bearbeitungsfrist – und wenn ja, mit welcher Zeitdauer – bedurfte. Tatsächlich lässt sich dem Ablauf der Ereignisse entnehmen, dass eine solche Verlängerung gar nicht erforderlich war. Denn zur Bescheidung des sanierungsrechtlichen Genehmigungsantrages bedurfte der Beklagte allein der Zuarbeit der Beigeladenen, in deren Einvernehmen die Bescheidung zu erfolgen hatte. Die Beigeladene hatte sich aber bereits unter dem 16. Mai 2008 geäußert; seit dem Zugang dieser Äußerung der Beigeladenen gab es für den Beklagten keinen anerkennungsfähigen Grund mehr, mit einer Bescheidung des sanierungsrechtlichen Genehmigungsantrages der Klägerin zuzuwarten.
Die Fehlerhaftigkeit der von dem Beklagten verfügten Verlängerung der Bearbeitungsfrist führt auch zu deren Unwirksamkeit. Denn die Zwischenverfügung, mit der die Verlängerung der Bearbeitungsfrist ausgesprochen wird, ist eine unselbständige Verfahrenshandlung und kein Verwaltungsakt, so dass sich die bei fehlerbehafteten Verwaltungsakten übliche und gebotene Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und bloßer Rechtswidrigkeit verbietet (a. A. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 145 Randnr. 20 a. E., unter Berufung auf OVG Lüneburg, Urteil vom 27. Januar 1984 – 1 OVG A 11/82 –, Seite 10 f. des Entscheidungsabdrucks). Abgesehen davon wäre die Zwischenverfügung des Beklagten, wenn man sie als Verwaltungsakt ansähe, auch nichtig. Denn jedenfalls die Überschreitung der vom Gesetzgeber des BauGB vorgegebenen Höchstgrenze für eine Verlängerung der Bearbeitungsfrist ist ein ebenso schwerwiegender wie offenkundiger Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG und führt zur Nichtigkeit der Zwischenverfügung.
Da die sanierungsrechtliche Genehmigung seit dem 19. Mai 2008 als erteilt gilt, kommt es auf die weitere Frage, ob die seither unternommenen Bemühungen der Beigeladenen, die Sanierungsziele durch Maßnahmen der Bauleitplanung zu konkretisieren, geeignet sind, Versagungsgründe im Sinne des § 145 Abs. 2 BauGB herbeizuführen, nicht mehr an. Infolgedessen bedurfte es auch keines Schriftsatznachlasses für die Klägerin wegen der in der mündlichen Verhandlung überreichten weiteren Satzungsvorgänge der Beigeladenen betreffend den Beschluss vom 30. September 2010 über die Billigung des 1. Entwurfs des B-Plans Nr. 23 "xxx/xxx" und dessen öffentliche Auslegung. Die Kammer merkt vorsorglich an, dass die vorangegangenen Beschlüsse – der Beschluss über die Aufstellung des B-Plans 22 " xxx/xxx " vom 11. Juni 2008 und der Beschluss vom 26. November 2009 über den Aufstellungs- und Änderungsbeschluss für den B-Plan Nr. 23 " xxx/xxx " – wegen formeller Mängel – falsche Flurnummer bei der Angabe des Geltungsbereiches der B-Pläne in der jeweiligen Beschlussfassung und Bekanntmachung; bei dem erstgenannten Beschluss überdies Verwechslungsgefahr wegen einer Doppelvergabe der Ordnungsnummer des B-Plans – ohnedies unwirksam waren. Ferner merkt die Kammer an, dass sich auch den Satzungsvorgängen zu der Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "Ortskern xxx - xxx" vom 1. Oktober 1992 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 18. September 1997 keine Versagungsgründe im Sinne des § 145 Abs. 2 BauGB entnehmen lassen. Die Beigeladene ist mit Verfügung vom 15. Oktober 2008 aufgefordert worden, die Satzungsvorgänge zur Sanierungssatzung vollständig im Original oder in beglaubigter Kopie vorzulegen; sie hat sodann mit Begleitschriftsatz vom 26. November 2008 die Beiakte 2 vorgelegt. In dieser – unpaginierten – Beiakte befindet sich die vorbereitende Untersuchung, welche vom späteren Sanierungsträger xxx GmbH gemeinsam mit dem Planungsbüro xxx & xxx im September 1992 vorgelegt wurde und die dem Satzungsbeschluss der Beigeladenen zugrundelag. Die Beigeladene hat die vorbereitende Untersuchung jedoch nur unvollständig vorgelegt. Der Vergleich des Inhaltsverzeichnisses der Untersuchung mit den nachfolgenden Seiten ergibt, dass die Kapitel 2 "Rahmenbedingungen", 4 "Bestandsanalyse und Wertung" und 7 "Sanierungsnotwendigkeit und Zielsetzung" – einschließlich des Unterkapitels 7.2 "Planungsziele/Neugestaltung des Sanierungsgebiets" – sowie sämtliche Anlagen und der Planteil nicht mit vorgelegt worden sind.
b) Der Versagungsbescheid des Beklagten vom 15. Juli 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung der von ihr begehrten Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 67 Abs. 1 Satz 1 BbgBO. Danach ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. So liegt es hier. Im Einzelnen:
aa) Das Vorhaben der Klägerin ist zunächst bauplanungsrechtlich zulässig. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten verweist die Kammer auf die Stellungnahmen des Bauplanungsamtes des Beklagten vom 20. Dezember 2007 und der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung vom 21. Dezember 2007, deren Inhalt sich die Kammer zu eigen macht; dies gilt insbesondere für die Beurteilung des Vorhabens auf der Grundlage des § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 11 Abs. 3 BauNVO einschließlich der Widerlegung der Vermutung, dass von dem Vorhaben negative Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ausgehen könnten (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO). Auch die späteren Versuche der Beigeladenen, durch die Schaffung neuer Bauleitplanung zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, stehen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht entgegen. Die Beigeladene stellt nicht mehr in Abrede, dass die 2008 und 2009 gefassten Beschlüsse – der Beschluss über die Aufstellung des B-Plans 22 "xxx/xxx" vom 11. Juni 2008 und der Beschluss vom 26. November 2009 über den Aufstellungs- und Änderungsbeschluss für den B-Plan Nr. 23 "xxx/xxx" – schon wegen formeller Mängel – falsche Flurnummer bei der Angabe des Geltungsbereiches der B-Pläne in der jeweiligen Beschlussfassung und Bekanntmachung; bei dem erstgenannten Beschluss überdies Verwechslungsgefahr wegen einer Doppelvergabe der Ordnungsnummer des B-Plans – unwirksam waren. Auch der jüngste diesbezügliche Beschluss vom 30. September 2010 über die Billigung des ersten Entwurfs und die öffentliche Auslegung des B-Plans Nr. 23 "xxx/xxx" führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch dieser Bauleitplan befindet sich noch immer im Entwurfsstadium, so dass das Vorhaben der Klägerin weiterhin nach § 34 BauGB und nicht nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen jenes B-Plans zu beurteilen ist. Aus der Vorschrift des § 33 BauGB folgt insoweit nichts anderes; diese Vorschrift eröffnet allein zusätzliche Möglichkeiten der Zulassung von dem bisherigen Planungszustand widersprechenden Vorhaben auf der Grundlage des künftig zu erwartenden Planungszustandes, steht jedoch der Zulässigkeit von dem bisherigen Planungszustand entsprechenden Vorhaben nicht entgegen.
bb) Das Vorhaben ist weiterhin bauordnungsrechtlich zulässig; weder das Vorbringen der Beteiligten noch der Akteninhalt bieten insoweit Anlass zu Zweifeln an der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens bzw. zu vertiefter Prüfung einzelner Gesichtspunkte.
cc) Dem Vorhaben steht des weiteren nicht entgegen, dass die Beigeladene die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 BauGB verweigert hat. Die Verweigerung des Einvernehmens ist rechtswidrig mit der Folge, dass der Beklagte das Einvernehmen der Beigeladenen gemäß § 70 BbgBO zu ersetzen hat. Das Einvernehmenserfordernis des § 36 BauGB ist Ausfluss der gemeindlichen Planungshoheit; die Gemeinde darf ihr Einvernehmen nicht aus beliebigen Gründen, sondern ausschließlich aus Gründen des Bauplanungsrechts versagen (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Derartige Versagungsgründe bestehen nicht. Insbesondere darf die Beigeladene ihr Einvernehmen nicht von Gegenleistungen der Klägerin – hier konkret: Sanierung der auf dem Baugrundstück zur Straße hin stehenden, villenartigen Wohngebäude xxx – abhängig machen, auf die sie keinen Anspruch hat (sog. "Kopplungsverbot", vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 36 Randnr. 7 m. w. N.). Auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB erweist sich das Vorhaben, wie aus den bereits mehrfach zitierten Stellungnahmen des Bauplanungsamts des Beklagten und der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung folgt, ohne weiteres als zulässig; der künftige B-Plan Nr. 23 "xxx/xxx" befindet sich noch immer im Entwurfsstadium und kann der Zulässigkeit eines bisher nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässigen Vorhabens (noch) nicht entgegengehalten werden. Auch eine Veränderungssperre oder eine Zurückstellung des Baugesuchs scheiden aus; beide Rechtsinstitute sind gemäß § 14 Abs. 4 BauGB im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nicht anwendbar; die Sicherung künftiger, noch nicht in einem wirksamen B-Plan konkretisierter Planungsabsichten der Gemeinde ist im förmlichen Sanierungsgebiet allein der sanierungsrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit von Vorhaben vorbehalten.
dd) Dem Vorhaben steht ferner die Erforderlichkeit einer sanierungsrechtlichen Genehmigung nicht entgegen, weil diese Genehmigung – wie vorstehend ausgeführt – seit dem 19. Mai 2008 als erteilt gilt mit der Folge, dass der Beigeladenen die Möglichkeit abgeschnitten ist, seither eingetretene Entwicklungen ihrer Bauleitplanung, die ggf. mit der Konkretisierung der Sanierungsziele einhergehen mögen, berücksichtigt zu finden. Wie bereits vorstehend unter 1. ausgeführt, kommt es aus diesem Grunde auf den Inhalt des nunmehr öffentlich ausgelegten Entwurfs des B-Plans Nr. 23 "xxx/xxx" nicht mehr entscheidungserheblich an.
ee) Dem Vorhaben stehen schließlich auch keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften außerhalb des Baurechts entgegen, die gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 BauGB bei der Erteilung einer Baugenehmigung mit zu berücksichtigen wären und ggf. ihren Niederschlag in der Aufnahme von Nebenbestimmungen in die zu erteilende Baugenehmigung zu finden hätten. Soweit Fragen des Immissionsschutzes bezüglich Schallemissionen in den Blick zu nehmen sind, hat sich das Landesumweltamt mit Stellungnahme vom 28. Januar 2008 positioniert; soweit Fragen des Gewässerschutzes bzw. des Grundwasserschutzes in den Blick zu nehmen sind, hat die untere Wasserbehörde den Genehmigungsbescheid vom 7. Januar 2008 erlassen. Den Inhalt beider fachbehördlicher Stellungnahmen hat sich die Klägerin durch ihre in der mündlichen Verhandlung protokollierte Erklärung, dass ihr Bauantrag die sich aus diesen Stellungnahmen ergebenden Nebenbestimmungen einschließen solle, zu eigen gemacht; diese Erklärung stellt sich als teilweise Rücknahme des ansonsten auf eine nebenbestimmungsfreie Baugenehmigung gerichteten Bauantrages dar und ist ohne weiteres zulässig. Anhaltspunkte dafür, dass unter den Gesichtspunkten des Immissionsschutzes, des Gewässerschutzes oder unter sonstigen, gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 BauGB in den Blick zu nehmenden fachbehördlichen Gesichtspunkten über die von dem Beklagten im Zuge der Bearbeitung des Baugenehmigungsantrages eingeholten Stellungnahmen hinaus weitere Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen wären bzw. die Aufnahme zusätzlicher Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung erforderlich werden könnten, lassen sich weder dem Akteninhalt noch dem – insgesamt sehr unergiebigen – Vorbringen des Beklagten entnehmen. In Ermangelung von Anhaltspunkten dafür, dass insoweit noch weiterer Ermittlungsbedarf bestehen oder die konkrete Formulierung von Nebenbestimmungen noch eine ermessensähnliche Willensbetätigung des Beklagten erforderlich machen könnte, stellt sich das Begehren der Klägerin auch als in der Sache entscheidungsreif und nicht lediglich einem Neubescheidungsurteil zugänglich dar (vgl. allgemein zu Neubescheidungsurteilen bei Baugenehmigungsverfahren, in denen komplexe Nebenbestimmungen zu formulieren sind, BVerwG, Beschluss vom 25. November 1997 – 4 B 179/97 –, juris, Randnr. 3 m. w. N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht dem Beklagten aufzuerlegen, weil sich die Beigeladene auch nicht durch eigene Antragstellung in ein Kostentragungsrisiko begeben hat, § 162 Abs. 3 in Verbindung mit § 154 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 709 ZPO. Berufungszulassungsgründe sind nicht ersichtlich; weitere Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 188.190,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes). Das Gericht hat sich insofern an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit angelehnt und gemäß dessen Ziffer 9.1.4 einen Betrag von 150,00 EUR je m² Verkaufsfläche angesetzt; dies ergibt bei der aus der Baubeschreibung entnehmbaren Verkaufsfläche von 836,4 m² einen Betrag von 125.460,00 EUR. Auf dieses Zwischenergebnis hat die Kammer wegen der zusätzlich begehrten sanierungsrechtlichen Genehmigung in entsprechender Anwendung von Ziffer 9.2 des Streitwertkataloges einen Aufschlag von 50 % vorgenommen.