Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 21.02.2024 | |
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Aktenzeichen | 7 U 35/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0221.7U35.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 21.12.2022, Az. 11 O 344/20, unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert und klarstellend insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 54.070,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 35.890,00 seit dem 28.11.2020, aus 11.895,00 € seit dem 10.12.2020, aus 5.908,35 € seit dem 16.02.2022 und aus 377,14 € seit dem 15.01.2021 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückübertragung des PkW („Automarke 01“) Style 2.0 TDI 4x4 mit der Fahrgestellnummer ….
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Säumnis der Klägerin, die die Klägerin selbst zu tragen hat, trägt der Beklagte.
4. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung der jeweils gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags.
Die Klägerin kaufte am 16.01.2020 von dem Beklagten einen gebrauchten PkW („Automarke 01“) Style 2.0 TDI 4x4 (Fahrgestellnummer …) zum Preis von 35.890,00 € bei einem Kilometerstand von 54 km. Das Fahrzeug verfügte über eine Tageszulassung vom 13.08.2019. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Kaufvertrages (Bl. 14 d.A.) Bezug genommen.
Der („Automarke 01“) war zum Zeitpunkt des Kaufes in der tschechischen Republik zugelassen und seit dem 30.01.2020 zur internationalen Fahndung ausgeschrieben.
Nachdem die Klägerin den vereinbarten Kaufpreis gezahlt hatte, holte sie das Fahrzeug am 03.02.2020 bei dem Beklagten ab. Die Zulassung des Fahrzeugs auf die Klägerin erfolgte mittels gefälschter italienischer Fahrzeugpapiere.
Am 14.04.2020 wurde das Fahrzeug durch die tschechische Polizei im Schengener Informationssystem zur Fahndung ausgeschrieben und am 17.04.2020 von der Polizei in M. auf Anordnung der („Ort 01“)er Polizei zum Zwecke der Strafverfolgung beschlagnahmt. Wegen der Einzelheiten der Beschlagnahme wird auf die zur Akte gereichte Kopie der Niederschrift über die Durchführung der Beschlagnahme Bezug genommen (Bl. 15 ff. d.A.).
Die Klägerin meldete das Fahrzeug ab, wofür Kosten in Höhe von 7,80 € entstanden.
Die Klägerin forderte den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 29.04.2020 im Rahmen einer Verständigung auf, den Kaufpreis bis zum 11.05.2020 zurückzuzahlen oder ihr alternativ ein in etwa vergleichbares Ersatzfahrzeugs zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 29.04.2020 lehnte die Beklagte die Ansprüche mit der Begründung ab, dass die Klägerin keinen Nachweis über den behaupteten Rechtsmangel erbracht habe. Ab dem 20.11.2020 leaste die Klägerin ein Ersatzfahrzeug.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.11.2020 (Bl. 9 und 10 d.A.) wurde dem Beklagten unter Fristsetzung zum 09.12.2020 die Möglichkeit eingeräumt, für die Freigabe des Fahrzeugs zu sorgen oder es gegebenenfalls vom wahren Eigentümer zu erwerben. Die Klägerin forderte den Beklagten darin auch zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit vom 17.4.2020 bis 20.11.2020 in Höhe von 11.895,00 € unter Fristsetzung zum 09.12.2020 auf.
Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 27.11.2020 unter Hinweis darauf, dass aus seiner Sicht kein Rechtsmangel bestehe, eine Zahlung ab.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom selben Tag erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte diesen vergeblich zur Rückabwicklung des Vertrages auf.
Mit Beschluss vom 10.06.2021 hat das Landgericht Berlin die Herausgabe des beschlagnahmten Fahrzeugs an die Klägerin angeordnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Beschluss (Bl. 111 der Akte) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 22.06.2021 teilte der Polizeipräsident in Berlin dem Polizeikommissariat Meine mit, dass das Fahrzeug freigegeben sei. Die Klägerin erklärte am 23.06.2021 gegenüber dem Polizeikommissariat, dass das Fahrzeug an den Beklagten herauszugeben sei und forderte den Beklagten vergeblich auf, das Fahrzeug bis zum 05.07.2021 zurückzunehmen.
Mit Schreiben vom 26.01.2022 teilte das Polizeipräsidium des Landes Brandenburg der Klägerin mit, dass die Staatsanwaltschaft Potsdam das Fahrzeug freigegeben habe.
Das Fahrzeug befand sich während der Beschlagnahme bei einer Vertragsfirma in („Ort 02“). Die Klägerin wurde von dieser Firma aufgefordert, das Fahrzeug bis zum 11.02.2022 abzuholen, andernfalls die Verwertung bzw. Verschrottung drohe.
Die Klägerin holte das Fahrzeug am 07.02.2022 ab, nachdem sie den ihr für die Verwahrung in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 5.908,35 € bezahlt hatte.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das Fahrzeug habe einen Rechtsmangel aufgewiesen, da es beschlagnahmt worden sei und sich bei Übergabe der Kaufsache in der Fahndungsliste befunden habe.
Sie hat zunächst mit ihrer am 27.11.2020 beim Landgericht eingegangenen und am 14.01.2021 dem Beklagten zugestellten Klage die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, der Nutzungsausfallentschädigung sowie der ihr entstandenen Auslagen begehrt, die Klage mit Schriftsatz vom 05.07.2021 dahingehend erweitert, dass sie nunmehr zusätzlich mit Klageantrag zu 2 die Verurteilung des Beklagten zur Rücknahme des Fahrzeugs von der Staatsanwaltschaft Berlin sowie mit Klageantrag zu 3 die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Tragung der Stellplatzkosten begehrt hat, sodann hat sie mit Schriftsatz vom 06.02.2022 den Klageantrag zu 2 dahin geändert, dass das Fahrzeug seitens des Beklagten von der Klägerin zurückzunehmen sei und schließlich mit Schriftsatz vom 08.02.2022, der dem Beklagten am 15.02.2022 zugestellt worden ist, die Klage um die Zahlung der Verwahrkosten erweitert.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, dass das Fahrzeug von ihm gutgläubig erworben worden sei, weswegen kein Rechtsmangel bestanden habe.
Das Landgericht hat die Klage mit Versäumnisurteil vom 19.10.2021 abgewiesen, nachdem die Klägerin im Termin vom 10.10.2021 säumig gewesen ist. Gegen das ihr am 01.11.2021 zugestellte Versäumnisurteil hat die Klägerin am 02.11.2021 Einspruch eingelegt.
Das Landgericht Potsdam hat die Beklagte am 21.12.2022 verurteilt, an die Klägerin 55.815,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 36.260,40 € seit dem 15.1.2020, aus 11.895 € nebst Zinsen von 5 % Punkten über Basiszins ab 10.12.2020, aus 1.751,80 € nebst Zinsen von 5 % Punkten über Basiszins ab 12.5.2020 und aus 5.908,35 € nebst Zinsen von 5 % Punkten über Basiszins ab 12.02.2022 Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu zahlen. Insoweit ist das Versäumnisurteil vom 19.10.2021 aufgehoben worden. Im Übrigen ist es aufrechterhalten worden.
Das Landgericht hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei der Eintragung des Fahrzeugs in der internationalen Fahndungsliste um einen erheblichen Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB handele. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Sie ist der Ansicht, dass das Landgericht fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass ein Rechtsmangel bestanden habe. Sie bestreitet, dass das Fahrzeug am 31.01.2020 zur Fahndung ausgeschrieben gewesen sei. Die Anlage K 5 sei keine Urkunde, aus welcher sich das Datum der internationalen Fahndungsausschreibung beweisen lasse. Es handele sich lediglich um ein informelles Schreiben, wobei dem Verfasser die Bedeutung des Datums nicht bewusst gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 21.12.2022 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen ihrer Anschlussberufung beantragt sie,
den Beklagten in teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 21.12.2022 zu verurteilen, an die Klägerin 36.260,40 € nebst Zinsen von 5 % Punkten über Basiszins ab 15.1.2020, 11.895,00 € nebst Zinsen von 5 % Punkten über Basiszins ab 10.12.2020, 3.037,48 € nebst Zinsen von 5 % Punkten über Basiszins ab 12.5.2020, 5.908,35 € nebst Zinsen von 5 % Punkten über Basiszins ab 12.02.2022 und 417,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit dessen Gründen und wiederholt im Wesentlichen den erstinstanzlichen Sachvortrag. Sie ist der Ansicht, dass es für die Frage eines Sachmangels keinen Unterschied mache, ob das Fahrzeug im SIS System oder international zur Fahndung ausgeschrieben sei.
Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht die Klage zu Unrecht teilweise wegen der geltend gemachten Unkostenpauschale von 40 € und Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.285,68 € abgewiesen habe. Die Unkostenpauschale sei nicht zu begründen und die Rechtsverfolgungskosten zu Recht anhand einer 1,5 Gebühr abgerechnet worden, da die Angelegenheit eine weit überdurchschnittliche Tätigkeit erfordere angesichts notwendiger umfangreicher Literaturrecherchen und für seine Mandantin auch große, da existenzbedrohende Bedeutung habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet; die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist nicht begründet.
I.
Die Berufung des Beklagten ist im tenorierten Umfang begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aus §§ 435, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB.
1.
Das Fahrzeug war durch die auf einen Eintrag der tschechischen Behörden zurückgehende Ausschreibung zur internationalen Fahndung bei Gefahrübergang mit einem Rechtsmangel behaftet, der sich in der Beschlagnahme des Fahrzeugs zu Zwecken der Strafverfolgung perpetuierte und damit auch noch zum Zeitpunkt des Rücktritts am 27.11.2020 vorlag.
Eine bei Gefahrübergang vorhandene und im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung fortbestehende Eintragung des Fahrzeugs in dem Schengener Informationssystem (SIS) zum Zwecke der Sicherstellung und Identitätsfeststellung stellt unabhängig von den Eigentumsverhältnissen einen erheblichen Rechtsmangel dar, der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2017 - VIII ZR 233/15). Bereits die Eintragung eines Kraftfahrzeugs in diesem Fahndungssystem ist mit der konkreten, im gesamten Schengen-Raum bestehenden Gefahr verbunden, dass bei der Zulassung des Fahrzeugs, einer Halteränderung oder einer polizeilichen Kontrolle die Eintragung festgestellt und das Fahrzeug daraufhin behördlicherseits sichergestellt oder beschlagnahmt wird und führt damit zu einer individuellen Belastung, die geeignet ist, den Käufer in der ungestörten Ausübung seiner ihm nach § 903 BGB gebührenden Rechtsposition zu beeinträchtigen (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2017 - VIII ZR 233/15).
Darüber hinaus ist die Verkäuflichkeit des Fahrzeugs stark beeinträchtigt, da bei einem Weiterverkauf die Eintragung redlicherweise offenbart werden müsste.
Dasselbe muss für eine internationale Fahndungsausschreibung seitens tschechischer Behörden gelten. Für die Frage, ob ein Rechtsmangel vorliegt, ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Beschlagnahme/Sicherstellung und die Fahndungsausschreibung durch inländische oder ausländische Behörden erfolgt, sofern die Rechtsvorgänge - wie hier - funktionsäquivalent sind (vgl. OLG Düsseldorf, BeckRS 2015, 17117 m.w.N).
Aus der Anlage K 5 (Bl. 19 d.A.) ergibt sich, dass der zuständige Polizeibeamte im September 2020 anlässlich eines Datenabgleichs feststellte, dass das streitgegenständliche Fahrzeug seit dem 30.01.2020 zwecks Sicherstellung wegen Unterschlagung zur Fahndung ausgeschrieben ist. Da es darum geht, dass diesbezüglich eine eigene Wahrnehmung der Urkundsperson dokumentiert wird, begründet die mit einer eigenhändigen Unterschrift versehene Stellungnahme des Kriminalkommissars („Name 01“) vom 21.09.2023, in der dieser über seine Wahrnehmungen innerhalb der Polizeibehörde berichtet und bestätigt, dass es bei einer von ihm vorgenommenen Recherche eine Fahndungsausschreibung gegeben hat, die seit dem 30.01.2020 bestand, gem. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang zum Zwecke der Sicherstellung zur Fahndung ausgeschrieben war.
Ein einfaches Bestreiten der Beklagten ändert hieran nichts. Zum Beweis des Gegenteils ist substantiiert vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass die Urkunde unrichtig ist. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten nicht.
Auch zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung lag ein Rechtsmangel des Fahrzeugs vor, denn dieses war am 27.11.2020 noch beschlagnahmt und wurde unstreitig erst im Juni 2021 freigegeben. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch öffentlich-rechtliche Befugnisse zur Einziehung einer Sache (wie eine staatliche Sicherstellung oder Beschlagnahme) sich als Rechtsmangel darstellen, wenn sie tatsächlich und zu Recht ausgeübt werden und sie für den Käufer den endgültigen Verlust der Sache zur Folge haben können, insbesondere im Rahmen einer Beschlagnahme in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gemäß § 111 b / 111 c StPO (vgl. BGH, Urteil vom 18.02.2004 - VIII ZR 78/03; OLG Düsseldorf, BeckRS 2015, 17117 m.w.N.).
Erfolgt eine Sicherstellung bzw. Beschlagnahme aufgrund eines fortbestehenden SIS-Eintrages wegen des Verdachts von auf das Eigentum an dem streitgegenständlichen Fahrzeug bezogenen Delikten, dient die Sicherstellung bzw. Beschlagnahme des Fahrzeuges zumindest auch dazu, den Gegenstand als solchen für den Verletzten bzw. den tatsächlichen Eigentümer im Rahmen der sogenannten Zurückgewinnungshilfe gemäß § 111 b Abs. 5 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StPO zu sichern (vgl. OLG Düsseldorf, BeckRS 2015, 17117 m.w.N.).
So lag es hier. Das seit dem 30.01.2020 zur internationalen Fahndung ausgeschriebene Fahrzeug war seit April 2020 im SIS System ausgeschrieben und hierauf beschlagnahmt worden.
Es war daher vom Gefahrübergang bis zur Rücktrittserklärung mit einem Rechtsmangel behaftet.
Auf ein Verschulden des Beklagten, insbesondere einer Kenntnis von der Fahndungsausschreibung kommt es für das von der Klägerin ausgeübte Rücktrittsrecht nicht an.
2.
Zinsen auf die Kaufpreisforderung schuldet der Beklagte seit er die Rückabwicklung des Kaufvertrages am 27.11.2020 endgültig abgelehnt hat gemäß §§ 286, 288 BGB. Eine vorherige Inverzugsetzung ist durch das Schreiben vom 29.04.2020, das eine Fristsetzung bis zum 11.05.2020 enthielt, nicht erfolgt, da dem Beklagten darin entweder die Rückzahlung des Kaufpreises oder die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs bis zum 11.05.2020 im Wege einer Verständigung angeboten wurde.
3.
Die Klägerin hat daneben Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Leasingkosten in Höhe von 11.895,00 € und der im Zusammenhang mit der Beschlagnahme des Fahrzeugs entstandenen Verwahrkosten in Höhe von 5.908,35 € aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB sowie der im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss entstandenen Auslagen für die zweimalige Anreise nach („Ort 03“) für den Vertragsschluss, die Abholung des Fahrzeuges sowie die Kosten der Abmeldung des Fahrzeuges in Höhe von insgesamt 377,14 € aus § 284 BGB.
Soweit die Klägerin im Rahmen getätigter Aufwendungen eine Unkostenpauschale von 40,00 € geltend macht, ist eine solche dagegen nicht berechtigt, da die für die deliktsrechtliche Abwicklung von Verkehrsunfallschäden dem Geschädigten zuerkannte Pauschale (vgl. insoweit OLG Celle in NJW-RR 2004, 1673, 1674; OLG Hamm, Urteil vom 08.09.2005 – 28 U 60/05 m.w.N.) auf die Verfolgung schuldrechtlicher Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280, 281 BGB nicht übertragen werden kann. In diesen Fällen bedarf es vielmehr einer konkreten Schadensberechnung hinsichtlich der dem Gläubiger entstandenen Aufwendungen.
Die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sind ebenfalls und insgesamt nicht erstattungsfähig, da die Beauftragung der Rechtsanwälte vor Eintritt des Verzuges erfolgte und die damit in Zusammenhang stehenden Kosten damit nicht durch den Verzug verursacht worden sind (das Schreiben vom 29.04.2020 begründete erst den Verzug, vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 12.05.2016 – IX ZR 208/15).
4.
Zinsen sind für die Nutzungsausfallkosten gem. §§ 286, 288 BGB seit dem 10.12.2020 geschuldet, für die Verwahrkosten gem. §§ 288, 291 BGB seit dem 16.2.2022 und für die im Vertrauen auf das Bestehen des Vertrages gemachten Auslagen seit dem 15.01.2021 gemäß §§ 288, 291 BGB.
II.
Da die Klage wegen der Rechtsverfolgungskosten und der Unkostenpauschale wie soeben dargetan zu Recht abgewiesen worden ist, hat die Anschlussberufung keinen Erfolg.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.
Der Streitwert für die Berufung ist gemäß §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO auf 54.110,75 € festzusetzen.