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Entscheidung 1 W 3/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Zivilsenat Entscheidungsdatum 01.02.2024
Aktenzeichen 1 W 3/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0201.1W3.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 23. November 2023 - 8 O 259/23 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert der Beschwerde wird auf 8.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte mit der am Landgericht Potsdam erhobenen Klage auf Auskunft nach der DSGVO und Schadenersatz hinsichtlich bei dieser gespeicherten Daten in Anspruch.

Der Kläger war (oder ist) Beamter der Bundespolizei. Aufgabe der Beklagten ist die Erstellung medizinischer Gutachten unter anderem für Bundesbehörden. Im Zusammenhang mit einer beamtenrechtlichen Streitigkeit hat die Bundespolizei die Beklagte mit der medizinischen Begutachtung des Klägers in Bezug auf dessen Dienstfähigkeit beauftragt. Eine erste Untersuchung des Klägers fand am 13. September 2022 bei der Beklagten statt. Bereits im Rahmen dieser Eingangsuntersuchung übergab der Kläger den Mitarbeitern der Beklagten ein vorformuliertes Schreiben mit dem Antrag auf Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes zu allen ihn betreffenden Dokumenten, Unterlagen und Akten. Darin forderte er auch Auskunft nach den Vorschriften der DSGVO.

Nunmehr hat der Kläger die vorliegende Auskunftsklage erhoben. Er hält die ihm von der Beklagten zu seiner Anfrage erteilten Auskünfte für unvollständig und verspätet. Die Beklagte rügt die sachliche Unzuständigkeit des angegriffenen Gerichts, sie ist der Ansicht, für die geltend gemachten Ansprüche sei die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig und verteidigt sich auch im Übrigen gegen die erhobene Klage.

Das Landgericht Potsdam hat nach Anhörung des Klägers mit Beschluss vom 23. November 2023 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für nicht gegeben erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.

Das Verwaltungsgericht Potsdam hat das Verfahren zwischenzeitlich übernommen und unter einem eigenen Aktenzeichen - 9 K 2957/23 - weitergeführt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG zulässig, da sie insbesondere innerhalb der in § 569 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO bestimmten Frist eingelegt worden ist.

Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht Potsdam hat zutreffend festgestellt, dass es sich bei dem vorliegenden Klageverfahren um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, für die allein die Verwaltungsgerichte zuständig sind.

Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art eröffnet, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Ob eine Rechtsstreitigkeit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob der durch den Klageanspruch und den Klagegrund konkretisierte Streitgegenstand unmittelbar durch das öffentliche Recht oder durch das bürgerliche Recht geregelt und deswegen die gerichtliche Entscheidung über den Klageanspruch nach öffentlichem Recht oder aber nach bürgerlichem Recht zu treffen ist. Dabei kommt es auf die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt, und nicht darauf an, ob der Kläger sich auf eine zivilrechtliche oder auf eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. Juli 1989 - GmS-OGB 1/88 -, BGHZ 108, 284 ff. = juris, Rn. 8; BVerwG, Urteil vom 25. März 1982 - 2 C 30/79 -, NVwZ 1983, 220 f. = juris, Rn. 27; BayVGH, Beschluss vom 24. Januar 2022 - 8 C 21.1411 -, juris Rn. 15; VG Cottbus, Urteil vom 16. Juni 2022 - 5 K 451/16 -, juris, Rn. 20 - jeweils m.w.N.).

Im vorliegenden Verfahren handelt es sich um Ansprüche aus einem Beamtenverhältnis, mithin gemäß § 3 Abs. 1 BeamtStG aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Denn die Beklagte ist hier lediglich als Dienstleister des Dienstherren des Klägers, der Bundespolizei, tätig geworden, und der Kläger wurde hinsichtlich der Frage seiner Dienstfähigkeit als Beamter untersucht. Gemäß § 54 Abs. 1 BeamtStG ist für alle Klagen der Beamten und früheren Beamten aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Insoweit sind auch in diesem Verhältnis geltend gemachte Auskunftsansprüche solche aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, für die allein das Verwaltungsgericht zuständig ist.

Dafür spricht zudem - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat -, dass der Kläger seine Auskunft ursprünglich aus dem Gesetz zur Regelung des Zuganges zu Informationen des Bundes gestützt hat. Für dieses Auskunftsbegehren ist gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 IFG der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ausdrücklich eröffnet. Schließlich gesteht der Kläger mit seiner Beschwerde (Seite 3 Abs. 4) selbst ein, dass die Beklagte personenbezogene Daten des Klägers aus der Datenerhebung im Rahmen des Beamtenverhältnisses verarbeitet und die Datenverarbeitung aufgrund der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht erfolgt, sodass eine Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten i.S.d. § 40 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 VwGO „im Raum“ steht.

Eine andere gesetzlich geregelte Rechtswegzuweisung besteht nicht. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG -DSGVO-. Die Regelungen dieser Verordnung sind vielmehr hinsichtlich der Frage der Rechtswegzuweisung neutral. Daher kommt es auch bei Ansprüchen aus Art. 15 DSGVO, nach dem eine Person ein Recht auf Auskunft über die sie betreffenden verarbeiteten personenbezogenen Daten hat, darauf an, ob der Auskunftsanspruch dem nationalen Privatrecht oder dem jeweiligen öffentlichen Recht zuzurechnen ist. Macht der Betroffene Auskünfte nach der DSGVO aus einem privatrechtlichen Verhältnis geltend ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Klagt der Betroffene jedoch - wie hier - als Beamter aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, bleibt der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben.

Aus § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, der für Schadenersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, den ordentlichen Rechtsweg vorsieht, folgt einfachgesetzlich schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil § 54 Abs. 1 BeamtStG nur als lex specialis zu dieser Vorschrift verstanden werden kann. Die Bundesrechtliche Regelung bestimmt ausdrücklich, dass für alle Klagen der Beamten und früheren Beamten aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Sie ist daher weit und umfassend anzuwenden. Daher ist auch für den Klageantrag zu 3.), mit dem Schadenersatzansprüche wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der DSGVO oder der darin enthaltenen Rechte der nach Art. 82 DSGVO geltend gemacht werden, der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergibt sich keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch. Es handelt sich bei dem hier geltend gemachten Anspruch nach der DSGVO nicht um einen Amtshaftungsanspruch i.S. des Art. 34 Satz 1 GG. Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft nach Art. 34 Satz 1 GG die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Art. 34 Satz 3 GG verbietet es, für Amtshaftungsansprüche die Zuständigkeit der allgemeinen ordentlichen Gerichte auszuschließen (Dagtoglou in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 1. Aufl. 2021, Art. 34, Rz 359). Der Anspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist jedoch auch dann, wenn er sich gegen eine Behörde oder deren Dienstleister richtet, kein Anspruch aus der Verletzung von Amtspflichten i.S. des Art. 34 Satz 1 GG, da es sich nicht um eine auf die Behörde übergeleitete Haftung des Amtsträgers, sondern um eine originäre Haftung der Behörde handelt (dazu BFH, Beschluss vom 28. Juni 2022 – II B 92/21 -, BFHE 275, 571, BStBl II 2022, 535).