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Entscheidung 9 UF 216/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 16.01.2014
Aktenzeichen 9 UF 216/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oranienburg vom 30. Oktober 2012 (Az.: 34 F 108/11) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind L… S…, geboren am …. Juli 2009, wird der Mutter allein übertragen.

Der Antrag des Vaters auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts wird zurückgewiesen.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des Kindes L… S…, geboren am ….07.2009. Sie waren nicht miteinander verheiratet. Im Herbst 2010 haben sie eine Sorgeerklärung nach § 1626 a BGB abgegeben.

In der Zeit vom 01.11.2010 bis 07.04.2011 lebten die Eltern in der Wohnung des Antragstellers in P… zusammen. Während dieser Zeit wurde das Kind halbtags von einer Tagesmutter betreut. Am 08.04.2011 kehrte die Mutter mit dem Kind wieder in ihre Wohnung nach H… zurück. Die Eltern trennten sich endgültig. L… besuchte in H… zunächst die Kita „…“ und seit September 2011 die Kita „T…“ in der Zeit von 9 Uhr bis 14.30 Uhr.

Am 07.04.2011 hatte die Mutter beim Amtsgericht Oranienburg (Az.: 34 F 41/11) beantragt, ihr einstweilen das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für L… zu übertragen. Im August 2011 erklärte sie das Verfahren der einstweiligen Anordnung für erledigt. Mit Unterstützung des Jugendamtes hatten sich die Eltern darauf verständigt, dass das Kind seinen ständigen Aufenthalt bei der Mutter hat und dem Vater ein großzügiges Umgangsrecht zusteht.

Seither hat L… fast jedes Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend Umgang mit dem Vater. Die Feiertage verbringt das Kind abwechselnd bei beiden Eltern. Außerdem verreisen Vater und Sohn mindestens einmal im Jahr zusammen.

Die im Januar 1984 geborene Mutter hat keinen Beruf erlernt. Sie ist arbeitslos. Seit April 2013 wohnt sie mit L… bei ihrer Lebensgefährtin in H….

Der im September 1986 geborene Vater ist gelernter Orthopädietechniker. Er arbeitet ganztags in einem P… Sanitätshaus. In seiner Freizeit spielt der Vater Fußball. Er ist aktives Mitglied eines Fußballvereins. Das Training findet mehrmals in der Woche statt und die Spiele am Wochenende. Seit einiger Zeit hat der Vater eine neue Partnerin, mit der er auch zusammenlebt. Die Lebensgefährtin geht einer Teilzeitbeschäftigung nach. Sie hat einen Sohn aus einer anderen Beziehung, der etwas jünger ist als L… und im gemeinsamen Haushalt lebt.

Mit Schriftsatz vom 13.10.2011 beantragte der Vater beim Amtsgericht Oranienburg die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf sich. Zur Begründung führte er Mängel in der Versorgung und Betreuung des Kindes an. Die Mutter kümmere sich nicht hinreichend um seine gesundheitlichen Belange. Sie konsumiere Drogen. Am 09.10.2011 habe er deshalb die Rückgabe des Kindes nach erfolgtem Umgang verweigert und die Polizei gerufen. Zudem habe L… eine engere Bindung zu ihm als zur Mutter.

Die Mutter begehrte daraufhin ihrerseits das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für L… und forderte eine Reduzierung der Umgangskontakte. Seit der Geburt des Kindes nehme sie keinerlei Drogen. Sie habe L… immer gut versorgt und betreut. Das Kind besuche regelmäßig die Kita. Es bestehe eine enge Mutter-Kind-Beziehung.

Mit Beschluss vom 21.11.2011 ordnete das Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Drogenkonsums der Mutter an. Das Institut für Rechtsmedizin der Charité in B… legte in der Folgezeit das Kurzgutachten vom 04.05.2012 vor, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Am 11.08.2012 wurde die Mutter anlässlich einer Verkehrskontrolle - im Wege eines Schnelltests - positiv auf Drogen getestet. Die anschließend durchgeführte Blutuntersuchung ergab den aktuellen Gebrauch von Cannabis (Haschisch/Marihuana) und den zurückliegenden Konsum von Amphetamin und Cocain.

Mit Beschluss vom 30.10.2012 hat das Familiengericht dem Vater das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind übertragen. Zur Begründung hat es ausgeführt, L… habe eine außerordentlich starke Bindung zum Vater entwickelt. Der Vater sei uneingeschränkt erziehungsgeeignet und willens, das Kind in seinem Haushalt zu versorgen und zu betreuen. Die Wohnung des Vaters sei kindgerecht. Demgegenüber seien bei der Mutter Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit zu besorgen, da diese Drogen konsumiere. Der Grundsatz der Kontinuität müsse in Anbetracht dieser Besorgnisse und der starken Bindung des Kindes an den Vater zurückstehen.

Gegen den ihr am 02.11.2012 zugestellten Beschluss hat die Mutter mit einem am 13.11.2012 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der sie eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich erreichen will. Sie rügt im Wesentlichen Mängel bei der Sachaufklärung. Es sei nicht erwiesen, dass L… eine engere Bindung an den Vater habe. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind sei niemals untersucht worden. Zudem sei sie durch den Drogenkonsum nicht in ihrer Erziehungseignung beeinträchtigt. L… sei überwiegend von ihr betreut worden. Das Kindeswohl sei niemals gefährdet gewesen. Ein Aufenthaltswechsel würde für das Kind eine erhebliche Belastung bedeuten. Der Vater könne das Kind aufgrund seiner vollschichtigen Tätigkeit nicht in dem Maße persönlich betreuen wie sie. Dies sei kindeswohlabträglich.

Der Vater verteidigt mit näherer Begründung und unter Vertiefung seines Vorbringens aus erster Instanz die angefochtene Entscheidung.

Am 28.01.2013 hat der Senat die Eltern, den Verfahrensbeistand und das Jugendamt angehört. Im Ergebnis der Anhörung erklärten sich die Beteiligten damit einverstanden, dass die Entscheidung über das Rechtsmittel der Mutter aufgeschoben wird. Die Mutter sollte die Möglichkeit erhalten, ihre Drogenabstinenz unter Beweis zu stellen.

In der Folgezeit unterzog sich die Mutter verschiedenen Drogentests. Die Auswertung erfolgte - auf Veranlassung des Senats - durch das Brandenburgische Landesinstitut für Rechtsmedizin.

Am 19.12.2013 hat der Senat das Kind erstmals und die Eltern sowie den Verfahrensbeistand nochmals angehört.

II.

Die Beschwerde der Mutter ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache führt das Rechtsmittel zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Dem Antrag der Mutter auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts ist stattzugeben. Der gegenläufige Antrag des Vaters unterliegt der Zurückweisung.

Nach § 1671 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 BGB ist dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge bzw. eines Teilbereichs derselben und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus (BVerfG, FamRZ 2004, 354, 355; FamRZ 2004, 1015, 1016; BGH, FamRZ 2008, 592).

Dass es den Eltern hier an der für die gemeinsame Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erforderlichen Kooperationsbereitschaft mangelt, ist offensichtlich. Seit ihrer endgültigen Trennung im April 2011 streiten sie heftig darüber, in welchem Haushalt das gemeinsame Kind L… aufwachsen soll. Der Vater hält die Mutter für nicht erziehungsgeeignet. Er hat kein Vertrauen zu ihr. Die Mutter sei für das Kind kein Vorbild. Er könne das Kind selbst besser fördern. Das Wohl des Kindes sei im mütterlichen Haushalt gefährdet. Die Mutter ihrerseits hält dem Vater vor, auf Grund seiner Vollzeitberufstätigkeit und seiner zeitintensiven Freizeitgestaltung (Hobbyfußballer) keine Zeit für die Versorgung und Betreuung des Kindes zu haben. Zudem sei das Kind mit der neuen Lebensgefährtin des Vaters und deren Sohn konfrontiert. Ein Aufenthaltswechsel sei kindeswohlschädlich.

Vor dem Hintergrund der unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten der Eltern zum ständigen Lebensmittelpunkt des Kindes ist es geboten, das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich der elterlichen Sorge aufzuheben.

Die Entscheidung, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht aus Gründen des Kindeswohls zu übertragen ist, hat das Gericht an den Kriterien der Erziehungseignung der Eltern, der Bindungen des Kindes an beide Elternteile und etwa vorhandene Geschwister, den Prinzipien der Förderung und Kontinuität sowie unter Beachtung des Kindeswillens, soweit dieser mit seinem Wohl vereinbar ist und das Kind nach Alter und Reife zu einer Willensbildung im natürlichen Sinne in der Lage ist, auszurichten. Die einzelnen Kriterien stehen allerdings nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Vielmehr kann jedes von ihnen im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam sein für die Beurteilung, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (BGH, FamRZ 2010, 1060). Erforderlich ist eine alle Umstände des Einzelfalls sorgsam abwägende Entscheidung.

Bei der nach diesen Kriterien vorgenommenen Prüfung ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass es dem Wohl des Kindes am besten entspricht, wenn das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen wird.

Der Wille des Kindes kann angesichts seines geringen Alters kein Entscheidungskriterium sein. L… ist erst 4 1/2 Jahre alt. Außerdem ist die Bevorzugung des einen oder anderen Elternteils nicht feststellbar.

Unter dem Gesichtspunkt der Bindungen besteht kein Vorrang eines Elternteils. L… liebt Mutter und Vater gleichermaßen. Hiervon konnte sich der Senat anlässlich seiner Anhörung am 19.12.2013 überzeugen. Das Kind berichtete lebhaft über seine Eltern und die gemeinsamen Aktivitäten. Anzeichen dafür, dass es einem Elternteil mehr zugetan ist und/oder sich in dessen Haushalt wohler fühlt, konnten nicht ausgemacht werden. Das Kind fühlt sich von beiden Eltern geliebt und umsorgt. L… hat auch guten Kontakt zu der Lebensgefährtin der Mutter. Er spielt gerne mit deren Hunden. Das Verhältnis des Kindes zu der neuen Partnerin des Vaters und deren Sohn ist ebenfalls unproblematisch. Die gelegentlichen Auseinandersetzungen zwischen L… und Li…, dem Sohn der Lebensgefährtin des Vaters, sind normal. Das Austragen von Streitigkeiten gehört zum Aufwachsen eines Kindes. Nur so kann es Konfliktstrategien entwickeln. Festzuhalten bleibt, dass L… bei beiden Eltern zu Hause ist. Der Verfahrensbeistand sieht dies nicht anders. Ausweislich seiner Stellungnahme vom 11.11.2013 hat L… zu beiden Eltern eine enge Bindung und fühlt sich bei ihnen geborgen. Soweit das Amtsgericht angenommen hat, L… habe zu dem Vater eine außerordentlich starke Bindung entwickelt, gibt der Akteninhalt dafür nichts her. Der Einschätzung liegt lediglich eine Momentaufnahme des Gerichts anlässlich der Anhörung des Kindes am 18.10.2012 zugrunde, die nicht besonders tragfähig ist. Zwischen den Eltern ist unstreitig, dass die Beziehung zwischen Vater und Sohn gut ist. Für das Mutter-Kind-Verhältnis trifft das aber gleichermaßen zu. Die Erzieherin der Kita „T…“, Frau I. Se…, die Mutter und Kind regelmäßig erlebt, hat das Verhältnis von L… zu seiner Mutter als sehr eng und innig beschrieben (siehe Anlage zum Jugendamtsbericht vom 23.01.2013). Auch beide Eltern stellen nicht in Abrede, dass L… zu Mutter und Vater eine gute und stabile Bindung hat.

Das sogenannte Förderungsprinzip, bei dem die Frage im Mittelpunkt steht, von wem das Kind für den Aufbau seiner Persönlichkeit die meiste Unterstützung erwarten kann (Johannsen/ Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Auflage, § 1671 Rz. 52), führt auch nicht zu einem deutlichen Übergewicht auf Seiten eines Elternteils. Beide Eltern sind gleichermaßen um das Wohlergehen des Kindes besorgt. Sie kümmern sich beide um die geistigen Bedürfnisse des Kindes. Die Mutter liest ihm vor und spielt mit ihm. Dies tut auch der Vater, wenn das Kind bei ihm ist. Beiden Eltern ist auch an sportlichen Aktivitäten des Kindes gelegen. Der Vater spielt mit L… Fußball. Die Mutter unternimmt mit ihm Spaziergänge. Das Kind besucht mit beiden Eltern Spielplätze und bei Gelegenheit auch das Schwimmbad. Soweit der Vater geltend macht, er könne das Kind besser fördern als die Mutter, hat er dies nicht näher begründet. Der Umstand, dass die Mutter keinen Beruf erlernt hat und nicht erwerbstätig ist, stellt jedenfalls per se ihre Erziehungsfähigkeit nicht in Frage. Umgekehrt rechtfertigt die Tatsache, dass der Vater aufgrund seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit für das Kind weniger Zeit als die arbeitslose Mutter hat, nicht ohne Weiteres eine für sie günstige Entscheidung. Es besteht grundsätzlich kein Vorrang des weniger oder überhaupt nicht berufstätigen Elternteils gegenüber dem anderen Elternteil (Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671 BGB Rz. 56).

Die Eltern unterscheiden sich auch nicht erheblich in ihrer Bindungstoleranz. Unter Bindungstoleranz versteht man die Bereitschaft und Fähigkeit, den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil aktiv zu unterstützen (Palandt/Götz, BGB, 73. Auflage., § 1671 Rz. 30). Der Vater hat regelmäßig Umgang mit dem Kind. L… hält sich fast jedes Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend beim Vater auf. Die Feiertage verbringt er abwechselnd bei beiden Eltern. Vater und Sohn verreisen auch regelmäßig zusammen. Die Umgangsgewährung der Mutter kann man nur als großzügig bezeichnen. Ihr Verhalten ist aber nicht völlig uneigennützig. Die zahlreichen Umgangskontakte verschaffen der Mutter auch gewisse persönliche Freiräume, die sie zu schätzen weiß. Der Vater musste bislang seine Bindungstoleranz noch nicht allzu häufig unter Beweis stellen, da das Kind bei der Mutter lebt. Es spricht aber nichts dafür, dass er den Kontakt des Kindes zur Mutter beim Wechsel in seinen Haushalt nicht aktiv unterstützen würde. In den letzten Monaten verbrachte L… an verschiedenen Wochenenden auch Zeit mit der Mutter. Der Vater kam den entsprechenden Umgangswünschen der Mutter nach.

Gewisse Bedenken im Hinblick auf die Bindungstoleranz ergeben sich allerdings daraus, dass der Vater für die Mutter keine Wertschätzung aufbringt. Wiederholt äußerte er sich abfällig über ihre Fähigkeiten und ihren Lebensstil. Er macht deutlich, dass er ihr nicht zutraut, L… zu einem ordentlichen Mitglied der Gesellschaft zu erziehen und insgesamt dem Kind zu vermitteln wie wichtig es sei, für den Lebensunterhalt zu arbeiten. Den Einwand der Mutter, dass sie trotz der eigenen Arbeitslosigkeit ebenfalls Wert darauf lege und versuche, L… das auch zu vermitteln, ließ er nicht gelten. Insgesamt legte der Vater Wert auf die Feststellung, dass L… nur in seiner Familie im Alltag die „richtige“ Lebensführung erfahren könne. Die gezeigte Abwertung der Mutter zeigt eine nur eingeschränkte Bindungstoleranz.

Unter dem Gesichtspunkt der Erziehungseignung ergibt sich auch kein Vorrang eines Elternteils. Beide Eltern sind in der Lage, das Kind zu erziehen und zu betreuen. Entgegen der Auffassung des Vaters ist die Erziehungsfähigkeit der Mutter nicht eingeschränkt.

Es ist richtig, dass die Mutter in der Vergangenheit Drogen konsumierte. Dies ist durch verschiedene ärztliche Befundberichte belegt. So ergab die Analyse einer am 30.03.2012 genommenen Haarprobe die Einnahme der Mutter mit Cannabisprodukten und Amphetaminpräparaten. Des Weiteren wurde sie am 11.08.2012 anlässlich einer Verkehrskontrolle positiv auf Drogen (Cannabisprodukte) getestet. Außerdem hat sie den Drogenkonsum vor dem Senat eingeräumt.

Die Mutter hat den Konsum von Drogen aber zwischenzeitlich aufgegeben. Am 19.12.2013 hat sie dem Senat glaubhaft versichert, sich von „falschen“ Freunden getrennt und einen Neuanfang gewagt zu haben. Sie lebe in einer glücklichen neuen Beziehung, in der L… willkommen sei. Auch seelisch und körperlich fühle sie sich so gut, wie seit langem nicht.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens unterzog sich die Mutter freiwillig verschiedenen Drogentests. Die Untersuchung der ersten Blut- und Urinprobe vom 27.03.2013 ergab noch den zurückliegenden Gebrauch von Cannabis (Haschisch/Marihuana). Die weiteren Blut- und Urinproben vom 13.08.2013 bzw. vom 18.10.2013 erbrachten keine Hinweise auf den Gebrauch von Betäubungsmitteln. Die Mutter besuchte zudem bis Mitte 2013 die Drogenberatungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes in H…. Wie dem Schreiben der seinerzeit zuständigen Drogenberaterin, Frau A… W…, vom 16.12.2013 entnommen werden kann, zeigte sich die Mutter bei Beendigung der Maßnahme stabil und optimistisch.

Der Mutter kann auch kein kindeswohlschädliches Verhalten angelastet werden. Für eine Vernachlässigung des Kindes gibt es keinen objektiven Anhalt. Die Mutter kümmert sich um die Belange des Kindes, auch in gesundheitlicher Hinsicht. Sie meistert den Alltag als Mutter. Ihre Haushaltsführung gab bei diversen – auch unangekündigten – Hausbesuchen des Jugendamtes keinen Grund zur Beanstandung. Die Wohnung war sauber und aufgeräumt. Essen für das Kind war vorhanden und auch Spielzeug. Nach Einschätzung der Erzieherin der Kita „T…“ in H…, Frau I. Se…, ist L… altersgerecht entwickelt, sprachlich sehr weit und auch selbständig. Die Kita besucht er regelmäßig. Seine Kleidung ist ordentlich und sauber. Die Zusammenarbeit zwischen Kita und Mutter wird als sehr gut beschrieben (siehe Bericht des Verfahrensbeistands vom 22.12.2012). Auch der Vater konnte - bei der in der Vergangenheit gerechtfertigten Besorgnis – keine Ereignisse benennen, bei denen L… aufgrund des Drogenkonsums der Mutter gefährdet gewesen wäre.

Der Kontinuitätsgrundsatz spricht indes für die Mutter. Sie versorgt und betreut das Kind seit seiner Geburt. Für den am ….07.2009 geborenen L… ist die Mutter seither die Hauptbetreuungsperson. Hieran ändern auch das kurze Zusammenleben der Eltern (01.11.2010 bis 07.04.2011) und die regelmäßig seit Sommer 2011 stattfindenden Wochenend- und Ferienaufenthalte des Kindes beim Vater nichts. Der Schwerpunkt der Versorgung und Betreuung liegt nach wie vor bei der Mutter. Das Kind fühlt sich bei ihr wohl. Es erfährt durch sie die erforderliche Beachtung, Zuwendung und Unterstützung. Die Kita „T…“ in H… besucht L… gerne; er hat dort Freunde (V…, P… und R…) gefunden. Bei dieser Sachlage besteht keine Veranlassung, ihm unter Durchbrechung des Kontinuitätsgedankens einen Wechsel des Ortes seines dauerhaften Aufenthalts zuzumuten, zumal der Vater großzügig Umgang mit seinem Sohn hat, und an den Wochenenden auch mehr Zeit mit L… verbringen kann als – wie von ihm gewünscht – unter der Woche.

Da sich unter dem Gesichtspunkt der Bindungen des Kindes, des Förderungsprinzips und der Erziehungseignung kein Vorteil auf Seiten eines Elternteils feststellen lässt, für die Mutter aber der Kontinuitätsgrundsatz und ein Übergewicht bei der Bindungstoleranz spricht, ist ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.