Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 20.10.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 12 B 19.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 16 EGRL 87/2003, Art 12 Abs 3 EGRL 87/2003, § 18 Abs 1 S 1 TEHG, § 6 Abs 1 TEHG, § 5 Abs 1 S 1 TEHG, § 5 Abs 3 S 1 TEHG |
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Anschlussberufung.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Die Klägerin betreibt in Nordrhein-Westfalen ein dem Emissionshandelsrecht unterliegendes Steinkohlekraftwerk. Sie wendet sich gegen die Auferlegung einer Zahlungspflicht gemäß § 18 Abs. 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG), die die Beklagte nach Schätzung der Gesamtemissionen der Anlage für das Kalenderjahr 2005 festgesetzt hat.
Auf der Grundlage ihres von der zuständigen Landesumweltbehörde genehmigten Monitoring-Konzepts erstellte die Klägerin am 27. Dezember 2005 einen Emissionsbericht für das Berichtsjahr 2005, der nach Prüfung durch den von der Klägerin beauftragten Sachverständigen über das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen an die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) weitergeleitet wurde. In dem vom Sachverständigen verifizierten Bericht ist neben anderen Kohlesorten u.a. eine Verwendung von „Vollwertkohle Deutschland Ruhr“ aufgeführt; die auf dieser Basis ermittelten und geprüften Gesamtemissionen der Anlage im Berichtszeitraum werden mit 5.017.098 Tonnen Kohlendioxid angegeben. Nachdem die Klägerin zum 30. April 2006 eine dieser Gesamtemissionsmenge entsprechende Anzahl an Emissionsberechtigungen an die DEHSt abgegeben hatte, wurde sie mit Schreiben der Beklagten vom 22. Juni 2006 darauf hingewiesen, dass bei der Prüfung des Emissionsberichts Unstimmigkeiten gegenüber dem Zuteilungsbescheid hinsichtlich der angegebenen Werte für die Verwendung von „Vollwertkohle Deutschland Ruhr“ festgestellt worden seien. In ihrem Antwortschreiben vom 27. Juni 2006 teilte die Klägerin daraufhin mit, dass in dem Emissionsbericht irrtümlich Vollwertkohle aus Deutschland aufgeführt, tatsächlich jedoch Importkohle aus Kolumbien, Russland und Südafrika mit einem geringfügig höheren Emissionsfaktor verwendet worden sei. Der Irrtum rühre daher, dass in den für die Erstellung des Emissionsberichts verwendeten Kohle-Datenblättern üblicherweise auf den Herkunftsort der Kohle verwiesen werde, bei den hier betroffenen Importkohlen jedoch auf den Zielort Bezug genommen worden sei.
Nach vorheriger Anhörung der Klägerin und weiterem Schriftwechsel schätzte die Beklagte aufgrund der korrigierten Angaben der Klägerin mit Bescheid vom 7. Dezember 2007 die von der Anlage im Kalenderjahr 2005 verursachten Emissionen auf 5.019.006 Tonnen Kohlendioxid (Ziffer 1 des Bescheides), setzte wegen der Verletzung der Abgabepflicht eine Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG in Höhe von 76.320 Euro fest (Ziffer 2) und stellte in Ziffer 3 des Bescheides fest, dass die Klägerin verpflichtet war, bis zum 30. April 2007 die noch fehlenden 1.908 Emissionsberechtigungen abzugeben. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein, soweit in Ziffer 2 eine Zahlungspflicht festgesetzt worden war, und erkannte im Übrigen die Verpflichtung zur Abgabe weiterer Emissionsberechtigungen ausdrücklich an. Am 24. Januar 2008 gab die Klägerin die noch fehlenden 1.908 Berechtigungen an die DEHSt ab. Den nicht näher begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2009 zurück.
Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides - mit Ausnahme der festgestellten Pflicht zur Abgabe weiterer Emissionsberechtigungen - begehrt und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht:
Der angefochtene Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung einer Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG nicht vorlägen. Die Klägerin habe ihre Pflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG, bis zum 30. April eines Jahres eine Anzahl von Berechtigungen abzugeben, die den durch ihre Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspreche, nicht verletzt. Bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung seien unter den „verursachten Emissionen“ im Sinne des § 6 Abs. 1 TEHG die im verifizierten Emissionsbericht angegebenen Emissionen zu verstehen; eine entsprechende Anzahl von Berechtigungen habe die Klägerin fristgemäß abgegeben. Eine absolut exakte Bestimmung der tatsächlichen Emissionen einer Anlage sei weder möglich noch nach dem System des Emissionshandelsrechts geboten. Soweit die Ermittlung der in einem Kalenderjahr verursachten Emissionen im Wege der Berechnung oder der Messung erfolgen könne, seien zwangsläufig auftretende Unsicherheiten bereits in den für die Emissionsberichterstattung verbindlichen Monitoring-Leitlinien der Europäischen Kommission anerkannt, die erhebliche Toleranzspannen vorsähen. Nach den Vorgaben der Monitoring-Leitlinien müsse der vom Anlagenbetreiber erstellte Emissionsbericht lediglich einen hinreichend genauen, verbindlich definierten Näherungswert erreichen. Diesen Anforderungen an die Berichterstattung trage Artikel 12 Abs. 3 der Emissionshandelsrichtlinie Rechnung, der ausdrücklich vorsehe, dass der Anlagenbetreiber bis spätestens zum 30. April jeden Jahres eine Anzahl von Zertifikaten abgeben müsse, die den - nach Artikel 15 der Richtlinie geprüften - Gesamtemissionen der Anlage im vorhergehenden Kalenderjahr entspreche. Grundlage der Abgabepflicht seien danach, wie sich auch aus Anhang I Ziffer 7.4 der Monitoring-Leitlinien ergebe, nicht die tatsächlichen Emissionen, sondern die im Emissionsbericht ausgewiesenen und geprüften Emissionen. Erst diese Regelung verschaffe dem Anlagenbetreiber die notwendige Kenntnis und Rechtssicherheit, in welchem Umfang er seiner Abgabepflicht nachkommen müsse. Für die Annahme, der nationale Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 1 TEHG eine über diese europarechtlichen Vorgaben hinausgehende Abgabepflicht normiert, bestünden keine Anhaltspunkte. Mit Vorlage des vom Sachverständigen geprüften und nach den Monitoring-Leitlinien als „zufrieden stellend“ bewerteten Emissionsberichts habe sich die Abgabepflicht der Klägerin mithin für alle Beteiligten spätestens zum Stichtag des 30. April 2006 auf die im Bericht ausgewiesenen Gesamtemissionen konkretisiert.
Für die Festsetzung einer Zahlungspflicht sei danach selbst dann kein Raum, wenn der Emissionsbericht tatsächlich fehlerhaft gewesen sein sollte. Eine Anwendung der Sanktionsvorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG komme nur in den Fällen in Betracht, in denen der Anlagenbetreiber weniger Emissionsberechtigungen abgebe als in seinem verifizierten Emissionsbericht ausgewiesen. Nur für diese Fälle sei der Richtliniengeber typisierend von einem bewussten Verstoß gegen die dem Anlagenbetreiber bekannte Abgabepflicht ausgegangen, der die Verhängung einer Sanktion nach Art. 16 der Richtlinie rechtfertige. Von einem vergleichbaren bewussten Fehlverhalten könne bei einfachen Ermittlungs- und Berichtsfehlern nicht ausgegangen werden. Soweit derartige Fehler selbst bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auftreten könnten, widerspreche die Festsetzung einer Zahlungspflicht sowohl den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben als auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Fehler bei der Ermittlung der Emissionen könnten nur verschuldensabhängig sanktioniert werden, wofür es nach nationalem Recht an einer Rechtsgrundlage fehle. Die in § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG vorgesehene Möglichkeit, von der Festsetzung einer Zahlungspflicht bei Vorliegen höherer Gewalt abzusehen, stelle insoweit kein ausreichendes Korrektiv zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit dar.
Die Beklagte hat demgegenüber daran festgehalten, dass die Klägerin gegen ihre Pflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG verstoßen habe. Eine Verletzung der Abgabepflicht liege auch dann vor, wenn zwar eine dem geprüften Emissionsbericht entsprechende Anzahl an Berechtigungen abgegeben werde, der Bericht jedoch nicht korrekt sei. Dabei komme es auf die tatsächlich verursachten Emissionen und nicht auf die im Emissionsbericht ausgewiesenen Emissionen an. Eine Konkretisierung der Abgabepflicht auf die „geprüften Emissionen“ lasse sich weder der Emissionshandelsrichtlinie noch dem Gesetz entnehmen. Artikel 12 Abs. 3 der Richtlinie beziehe sich ausdrücklich auf die Gesamtemissionen der Anlage und damit auf die tatsächlichen Emissionen, deren korrekte Ermittlung nach Artikel 15 der Richtlinie zu prüfen sei. Diese Prüfung sei kein Selbstzweck, vielmehr solle die Überwachung und Ermittlung der Emissionen sicherstellen, dass die Menge der tatsächlich freigesetzten Emissionen auf der Grundlage des in den Monitoring-Leitlinien geregelten Verfahrens möglichst genau bestimmt werde. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Abgabepflicht sei dementsprechend die Vorlage eines ordnungsgemäßen Emissionsberichts, der die tatsächlichen Emissionen korrekt wiedergebe. An einem derartigen ordnungsgemäßen Bericht fehle es vorliegend. Der von der Klägerin erstellte Emissionsbericht habe von dem Sachverständigen nicht als zufrieden stellend bewertet werden dürfen, da er gegen die in Anhang V der Emissionshandelsrichtlinie aufgestellten Kriterien verstoße. Dass auch ein fehlerhaft als zufrieden stellend bewerteter Emissionsbericht als ordnungsgemäße Berichterstattung gemäß § 5 TEHG gelten solle, lasse sich weder der Richtlinie noch den nationalen Regelungen entnehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Festsetzung einer Zahlungspflicht danach nicht auf die Fälle beschränkt, in denen gar keine oder weniger als die im geprüften Emissionsbericht genannten Emissionsberechtigungen abgegeben worden seien. Die Sanktion des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG greife vielmehr auch dann ein, wenn ein den Anforderungen des § 5 TEHG nicht entsprechender Emissionsbericht nachträglich korrigiert werde. Die Festsetzung einer Zahlungspflicht bei Fehlern im Emissionsbericht sei nicht unverhältnismäßig. Die Sanktion des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG sei verschuldensunabhängig und solle jeden Verantwortlichen treffen, der - aus welchem Grund auch immer - nicht genügend Emissionsberechtigungen zum maßgeblichen Stichtag abgebe. Durch die Möglichkeit, bei Vorliegen höherer Gewalt von der Festsetzung abzusehen, sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausreichend gewahrt.
Mit Urteil vom 11. Juni 2010 hat das Verwaltungsgericht der Klage hinsichtlich der Festsetzung einer Zahlungspflicht stattgegeben und die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Soweit die Klägerin die Aufhebung der Schätzung der im Kalenderjahr 2005 verursachten Emissionen der Anlage begehre, sei die Klage unzulässig. Bei der Schätzung in Ziffer 1 des Ausgangsbescheides handele es sich wegen des eigenständigen Regelungscharakters zwar um einen mit der Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt. Es fehle jedoch an der notwendigen Durchführung eines Vorverfahrens, da die Klägerin die Schätzung mit ihrem Widerspruch nicht angegriffen habe.
Die Festsetzung einer Zahlungspflicht sei dagegen rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG seien nicht erfüllt, da die Klägerin ihrer Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG nachgekommen und zum 30. April 2006 eine der ermittelten und vom Sachverständigen geprüften Gesamtemissionsmenge ihrer Anlage entsprechende Anzahl an Emissionsberechtigungen abgegeben habe. Unter den „verursachten“ Emissionen im Sinne des § 6 Abs. 1 TEHG seien die vom Verantwortlichen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 TEHG ermittelten, berichteten und vom Sachverständigen geprüften Emissionen zu verstehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Begriffe „ermittelte“ und „verursachte“ Emissionen inhaltlich nicht voneinander zu trennen; sie beschrieben jeweils denselben Sachverhalt, da eine quantitative Bestimmung der entstandenen Emissionen ohne deren Ermittlung nicht möglich sei. Dass jede Ermittlung der tatsächlichen Emissionen - sei es im Wege der Messung oder der Berechnung - mit gewissen Unsicherheiten behaftet sei, sei bereits in den für die Emissionsberichterstattung maßgeblichen Monitoring-Leitlinien berücksichtigt. Die Tatsache, dass der geprüfte und vom Sachverständigen als zufrieden stellend bewertete Emissionsbericht keine anderen als die nach den Regeln der Monitoring-Leitlinien ermittelten Emissionen angeben könne, begrenze zugleich den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG. Der Anlagenbetreiber, der die Emissionen seiner Anlage nach den Regeln des Gesetzes und der Monitoring-Leitlinien ermittelt, berichtet und eine entsprechende Anzahl an Emissionsberechtigungen abgegeben habe, könne nicht mit einer Zahlungspflicht belegt werden, da er seiner in dieser Weise konkretisierten Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG nachgekommen sei. Die Abgabepflicht sei danach nur dann verletzt, wenn entweder gar keine oder aber weniger Berechtigungen als im testierten Emissionsbericht ausgewiesen abgegeben worden seien. Erst nach Ablauf der Abgabefrist entdeckte Fehler im Emissionsbericht könnten dagegen nicht im Wege der Zahlungspflicht sanktioniert werden. Abgesehen davon, dass ein gutgläubiger Anlagenbetreiber, der von Gesetzes wegen alles Erforderliche getan habe und sich keines Fehlers bewusst sei, im Vertrauen auf die Richtigkeit seines Handelns schutzwürdig sei, greife im Falle nicht ordnungsgemäßer Ermittlung von Emissionen vorrangig die Sanktionsregelung des § 17 TEHG ein. Darüber hinaus bleibe der Anlagenbetreiber nach § 18 Abs. 3 Satz 1 TEHG verpflichtet, die noch fehlenden Berechtigungen abzugeben. Die abweichende Auslegung der Beklagten führe demgegenüber zu Ergebnissen, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren seien.
Hiergegen richten sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin.
Unter Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht die Beklagte geltend, dass die angegriffene Entscheidung auf einer unzutreffenden Auslegung der §§ 6 und 18 TEHG beruhe. Die Verneinung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung einer Zahlungspflicht sei bereits in sich widersprüchlich und nicht haltbar. Soweit die in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides erfolgte Schätzung der im Kalenderjahr 2005 verursachten Emissionen auch nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts in Bestandskraft erwachsen sei, habe die Klägerin ihre Abgabepflicht schon deshalb verletzt, weil sie keine der Schätzung entsprechende Anzahl an Emissionsberechtigungen abgegeben habe. Auf die im Emissionsbericht ausgewiesenen Gesamtemissionen der Anlage komme es insoweit nicht mehr an; nach § 18 Abs. 2 Satz 2 TEHG sei die Schätzung unwiderlegliche Basis für die Abgabepflicht und ersetze die Vorlage eines ordnungsgemäßen Emissionsberichts.
Aber auch unabhängig von der bestandskräftigen Schätzung sei die Klägerin ihrer Abgabepflicht nicht vollumfänglich nachgekommen. Eine Konkretisierung der Abgabepflicht auf die nach § 5 Abs. 1 und 3 TEHG ermittelten und geprüften Emissionen sehe das Gesetz nicht vor. Die Überprüfung der Emissionsberichte und die Entscheidung, ob die Berichterstattung ordnungsgemäß erfolgt sei, obliege allein der Beklagten. Eine abweichende Auslegung sei auch europarechtlich nicht geboten. Vielmehr entspreche es dem Ziel des Emissionshandels, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu verringern, für die Erfüllung der Abgabepflicht auf die tatsächlich verursachten Emissionen abzustellen. Allein eine formal ordnungsgemäße Berichterstattung könne mithin nicht zu einer Begrenzung der Abgabepflicht führen. Entscheidend sei ein materiell richtiger Emissionsbericht, an dem es vorliegend fehle, da die Klägerin die verursachten Emissionen nicht entsprechend dem in den Monitoring-Leitlinien geregelten Verfahren ermittelt habe. Von der Sanktion einer Zahlungspflicht seien danach auch die Fälle der Vorlage eines nicht ordnungsgemäßen Emissionsberichts erfasst. Daran ändere auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den im guten Glauben handelnden Anlagenbetreiber nichts. Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht ohne ausreichende tatsächliche Feststellungen von einer Gutgläubigkeit der Klägerin ausgegangen sei, habe der Gesetzgeber mit § 18 Abs. 1 TEHG nicht nur ein europarechtlich vorgegebenes abschreckendes und wirksames Sanktionssystem umgesetzt, sondern auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angemessen Rechnung getragen.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Juni 2010 teilweise zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
2. die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
2. unter teilweiser Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Juni 2010 die im Verfahren angefochtenen Verwaltungsentscheidungen mit Ausnahme der feststellten Abgabepflicht in vollem Umfang aufzuheben.
Sie verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil, soweit das Verwaltungsgericht die Festsetzung einer Zahlungspflicht aufgehoben hat. Im Übrigen macht sie im Rahmen ihrer Anschlussberufung geltend, dass die Klage hinsichtlich der Schätzung der Gesamtemissionen der Anlage zu Unrecht abgewiesen worden sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handele es sich bei der Schätzung nicht um einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt, der in Bestandskraft erwachsen könne. Die Schätzung stelle nach dem Regelungszusammenhang des Gesetzes lediglich eine Berechnungsgrundlage für die Abgabepflicht dar und sei damit Teil des Zahlungsbescheides nach § 18 Abs. 1 TEHG ohne eigenständige Regelungswirkung. Bei der gebotenen Auslegung habe sich ihr Widerspruch auch gegen die Schätzung in Ziffer 1 des Bescheides gerichtet. Mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Satz 1 TEHG, der eine Schätzung nur in den Fällen einer nicht ordnungsgemäßen Berichterstattung vorsehe, habe eine Schätzung vorliegend nicht erfolgen dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer Zahlungspflicht in Höhe von 76.320 Euro richtet, zu Recht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (I). Für eine mit der Anschlussberufung begehrte weitergehende Aufhebung der Bescheide ist dagegen kein Raum (II.).
I. Rechtsgrundlage der in Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 7. Dezember 2007 festgesetzten Zahlungspflicht ist § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG in der Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 2004 (BGBl. I S. 1578). Danach setzt die zuständige Behörde für jede emittierte Tonne Kohlendioxidäquivalent, für die der Verantwortliche keine Berechtigungen abgegeben hat, eine Zahlungspflicht von 100 Euro, in der ersten Zuteilungsperiode von 40 Euro, fest, wenn der Verantwortliche seiner Pflicht nach § 6 Abs. 1 nicht nachkommt. § 6 Abs. 1 TEHG sieht vor, dass der Verantwortliche bis zum 30. April eines Jahres, erstmals im Jahr 2006, eine Anzahl von Berechtigungen an die zuständige Behörde abzugeben hat, die den durch seine Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung einer Zahlungspflicht vorliegend nicht erfüllt sind. Die Klägerin hat ihre Abgabepflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG nicht verletzt. Sie hat fristgerecht zum Stichtag 30. April 2006 eine Anzahl von Berechtigungen an die DEHSt abgegeben, die der in ihrem Emissionsbericht ausgewiesenen und vom Sachverständigen testierten Gesamtemissionsmenge ihrer Anlage im vorangegangenen Kalenderjahr entspricht. Soweit sie damit ihrer durch den geprüften Emissionsbericht konkretisierten Abgabepflicht in vollem Umfang nachgekommen ist, ist für eine Anwendung der Sanktionsvorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG kein Raum.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigt nicht jede Abweichung der Anzahl der abgegebenen Berechtigungen von der tatsächlichen Emissionsmenge die Festsetzung einer Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG. Das den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegende weite Verständnis des Anwendungsbereichs der Vorschrift, das jeden Fehler im Emissionsbericht zugleich als eine Verletzung der Abgabepflicht ansieht und mit einer Zahlungspflicht belegt, wird weder der Systematik des Gesetzes noch dem Sanktionscharakter des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG gerecht. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die in § 6 Abs. 1 TEHG normierte Pflicht der Anlagenbetreiber, Berechtigungen im Umfang der im vorangegangenen Kalenderjahr „verursachten“ Emissionen ihrer Anlage abzugeben, nach dem Grundmechanismus des Emissionshandelsrechts darauf abzielt, die tatsächlich freigesetzten Treibhausgasemissionen durch eine entsprechende Anzahl von Berechtigungen abzudecken. Dass die Abgabepflicht nach dem System des Emissionshandels an die tatsächlichen Emissionsverhältnisse anknüpft, besagt jedoch noch nichts für die hier entscheidungserhebliche Frage, wann eine Verletzung dieser Pflicht im Wege der Festsetzung einer Zahlungspflicht sanktioniert werden kann. Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass eine „wahre“ Menge an tatsächlich verursachten Emissionen ohne eine Ermittlung dieser Emissionen weder bekannt ist noch angegeben werden kann. Eine quantitative Bestimmung der tatsächlichen Emissionen und damit auch des Umfangs der Abgabepflicht ist nur im Wege der Ermittlung der maßgeblichen Emissionsdaten - sei es im Wege der Messung oder der Berechnung - möglich. Die den Anlagenbetreibern obliegende Pflicht zur Abgabe von Berechtigungen baut danach notwendiger Weise auf einer Ermittlung und Quantifizierung der durch ihre Tätigkeit tatsächlich verursachten Emissionen auf.
Grundlage dieser Ermittlung kann nach dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes allein der von den Anlagenbetreibern zu erstellende und von einer sachverständigen Stelle zu prüfende Emissionsbericht sein. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 TEHG ist der Betreiber einer emissionshandelspflichtigen Anlage verpflichtet, die durch seine Tätigkeit in einem Kalenderjahr verursachten Emissionen nach den Maßgaben des Anhangs 2 Teil I des Gesetzes zu ermitteln und über seine Emissionen nach den Maßgaben des Anhangs 2 Teil II zu berichten. Die Ergebnisse der Emissionsermittlung sind in Form eines Emissionsberichts der zuständigen (Landes-)Behörde vorzulegen (§ 5 Abs. 4 TEHG); der Bericht muss nach § 5 Abs. 3 Satz 1 TEHG vor seiner Abgabe von einer durch die zuständige Behörde bekannt gegebenen sachverständigen Stelle nach den Maßgaben des Anhangs 3 des Gesetzes geprüft werden. Nach den vorgenannten Vorschriften dient die Pflicht zur Vorlage eines von einer sachverständigen Stelle geprüften Emissionsberichts gerade der Ermittlung und Quantifizierung der tatsächlich verursachten Emissionen. Erst durch die Angaben im Emissionsbericht ist eine quantitative Bestimmung der verursachten Emissionen und damit auch des Umfangs der Pflicht zur Abgabe von Berechtigungen nach § 6 Abs. 1 TEHG möglich. Zwischen dem Emissionsbericht und der Abgabepflicht besteht daher ein direkter Zusammenhang. Zur Erfüllung seiner Pflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG, auf deren Durchsetzung sich die Sanktionsvorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG allein bezieht, kann ein Anlagenbetreiber nur dann angehalten werden, wenn er diese kennt. Die Androhung einer Zahlungspflicht für den Fall einer Verletzung der Abgabepflicht, die nach der amtlichen Begründung des Gesetzes als „präventive Verwaltungsmaßnahme“ ausgestaltet ist (BT-Drs. 15/2328, S. 16), kann die von ihr bezweckte verhaltenslenkende Wirkung mithin nur dann entfalten, wenn der Anlagenbetreiber Kenntnis vom Umfang seiner Abgabepflicht hat. Die erforderliche Kenntnis der Anzahl der abzugebenden Berechtigungen verschafft ihm erst der vom Sachverständigen geprüfte Emissionsbericht. Der mit dem Testat des Sachverständigen versehene Emissionsbericht stellt danach die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Erfüllung der Abgabepflicht dar; die Anzahl der vom Anlagenbetreiber bis zum Stichtag 30. April eines Jahres abzugebenden Berechtigungen konkretisiert sich auf die im geprüften Emissionsbericht ausgewiesene Gesamtemissionsmenge seiner Anlage im vorangegangenen Kalenderjahr (vgl. Körner/Vierhaus, TEHG, 2005, § 5 Rn. 53, § 6 Rn. 8; Frenz, Emissionshandelsrecht, 2. Aufl. 2008, § 6 TEHG Rn. 11; Rebentisch, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 8, Stand: Oktober 2006, § 5 TEHG Rn. 1 und 5, § 6 TEHG Rn. 2).
Die abweichende Auffassung der Beklagten, die allein auf die tatsächlich verursachten Emissionen abstellt und eine Konkretisierung anhand der geprüften Angaben im Emissionsbericht verneint, vermag nicht zu überzeugen. Sie verkennt die besondere Bedeutung, die der Prüfung des Emissionsberichts durch einen unabhängigen Sachverständigen zukommt. Zur Absicherung einer umfassenden und möglichst genauen Ermittlung, Prüfung und Überwachung der tatsächlich verursachten Emissionen sehen § 5 Abs. 1 und 3 TEHG i.V.m. Anhang 2 Teil I und II sowie Anhang 3 des Gesetzes genaue Vorgaben vor. Weitere Einzelheiten für die Überwachung und Berichterstattung sind in den von der Europäischen Kommission erlassenen Monitoring-Leitlinien geregelt (Entscheidung der Kommission 2004/156/EG vom 29. Januar 2004, ABl. L 29, S. 1; ab dem 1. Januar 2008: Entscheidung der Kommission 2007/589/EG vom 18. Juli 2007, Abl. L 229, S. 1), die insgesamt in deutsches Recht transformiert worden sind (BVerwG, Urteil vom 18. Februar 2010 - 7 C 10/09 - ZUR 2010, 380). Nach den in Anhang 3 für die Prüfung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 TEHG aufgeführten allgemeinen Grundsätzen, die weitgehend identisch mit den Kriterien in Art. 15 i.V.m. Anhang V der Emissionshandelsrichtlinie sind, werden im Rahmen des Prüfungsverfahrens insbesondere die Zuverlässigkeit, Glaubhaftigkeit und Genauigkeit der Überwachungssysteme sowie die übermittelten Daten und Angaben zu den Emissionen überprüft. Um Unsicherheiten so gering wie möglich zu halten und die Emissionen mit einem hohen Zuverlässigkeitsgrad zu bestimmen, muss die Prüfung durch den Sachverständigen anhand der im Einzelnen vorgegebenen Methoden erfolgen. Die sachverständige Stelle erhält dabei Zugang zu allen Standorten und allen Informationen, die mit dem Gegenstand der Prüfung im Zusammenhang stehen. Sie muss über das Ergebnis ihrer Prüfung einen eigenen Bericht erstellen, in dem alle für die durchgeführten Arbeiten relevanten Aspekte aufzuführen sind. Der vom Anlagenbetreiber erstellte Emissionsbericht darf nur dann mit dem Testat „zufrieden stellend“ bewertet werden, wenn die sachverständige Stelle zu der Ansicht gelangt, dass zu den Gesamtemissionen keine wesentlich falschen Angaben gemacht wurden (Anhang 3 Nr. 11). Darüber hinaus enthält Anhang 4 des Gesetzes - in Übereinstimmung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben - besondere Anforderungen an die Unabhängigkeit und Sachkunde des Sachverständigen.
Nach der Konzeption des Gesetzes liegt die wesentliche Kontrollaufgabe damit bei der sachverständigen Stelle. Davon ist offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen. In den von ihr herausgegebenen „Prüfungsrichtlinien zur Verifizierung von Zuteilungsanträgen und Emissionsberichten“ vom 20. Januar 2006, die von der Klägerin in der Berufungserwiderung auszugsweise wiedergegeben worden sind, wird der besondere Stellenwert, der der Prüfung durch die sachverständige Stelle zukommt, ausdrücklich hervorgehoben. Danach wird die sachverständige Stelle als die maßgebliche prüfende Instanz im Rahmen der Emissionsberichterstattung angesehen, die eine prinzipiell abschließende Prüfung aller berichteten Daten vorzunehmen hat. Mit Blick auf die im Kernbereich der Kompetenz des Sachverständigen liegende umfassende Überprüfung aller relevanten Angaben weisen die damaligen Prüfungsrichtlinien darauf hin, dass der von der sachverständigen Stelle bestätigte Wert der Jahresemissionen grundsätzlich die Abgabeverpflichtung des Anlagenbetreibers nach § 6 Abs. 1 TEHG bestimmt. Anhaltspunkte dafür, dass sich die auch von der Beklagten betonte besondere Bedeutung, die der Verifizierung des Emissionsberichts durch den Sachverständigen im Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelungen zukommt, geändert hätte, sind weder dargetan noch ersichtlich. Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf die Komplexität der Materie und die Vielzahl der im Rahmen der Emissionsberichterstattung und Überprüfung zu verarbeitenden Einzeldaten unterstreicht vielmehr den herausgehobenen Stellenwert, den das Gesetz der im Einzelnen vorgegebenen Prüfung durch den Sachverständigen beimisst. Die mit der Einschaltung einer unabhängigen sachverständigen Stelle einhergehende Verlagerung wesentlicher Kontrollaufgaben rechtfertigt es danach, die Anzahl der von einem Anlagenbetreiber zum Stichtag 30. April eines Jahres abzugebenden Berechtigungen nach der im geprüften Emissionsbericht ausgewiesenen Gesamtemissionsmenge zu bestimmen.
2. Für eine entsprechende Konkretisierung der Abgabepflicht spricht insbesondere auch die Systematik der gesetzlichen Sanktionsvorschriften. In Umsetzung der Vorgaben der Emissionshandelsrichtlinie sehen die §§ 17 und 18 TEHG ein differenziertes System von Sanktionen vor. Nach seinem eindeutigen Wortlaut und der amtlichen Überschrift sanktioniert § 18 TEHG allein eine Verletzung der Abgabepflicht, während § 17 TEHG der Durchsetzung der Berichtspflicht dient. Dieser Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Pflichtverletzungen wird das weite Verständnis der Beklagten vom Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG, das jeden Fehler bei der Berichterstattung mit einer Verletzung der Abgabepflicht gleichsetzt und über die Auferlegung einer Zahlungspflicht sanktioniert, nicht gerecht. Die Vorlage eines den Anforderungen des § 5 TEHG entsprechenden Berichts kann nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TEHG nur im Wege der Kontosperrung erzwungen werden. § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG sichert dagegen die Erfüllung der Abgabepflicht; durch das präventive In-Aussicht-Stellen einer Zahlungspflicht bei Verletzung der Pflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG soll ein zusätzlicher wirtschaftlicher Anreiz zur Durchsetzung des Emissionshandels geschaffen werden (BT-Drs. 15/2328, S. 16). Dass der Gesetzgeber - im Sinne der Auslegung der Beklagten - auch die Fälle mit der Sanktion einer Zahlungspflicht belegen wollte, in denen zwar fristgerecht eine dem verifizierten Emissionsbericht entsprechende Anzahl von Berechtigungen abgegeben worden ist, sich aber nach Ablauf der Abgabefrist Fehler im Emissionsbericht herausstellen, lässt sich weder dem Wortlaut und der Systematik der Sanktionsvorschriften noch den Gesetzesmaterialien entnehmen.
Dagegen spricht bereits, dass das Gesetz ausdrücklich zwischen den wichtigsten Pflichten im Rahmen des Emissionshandels differenziert und je nach der Art der Pflichtverletzung unterschiedliche Rechtsfolgen vorsieht. Im Übrigen hat bereits das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber einem Vorschlag des Bundesrates, die in § 18 Abs. 2 des Gesetzesentwurfs vorgesehene Schätzung der verursachten Emissionen auch auf die Fälle eines zwar formell ordnungsgemäßen, inhaltlich aber fehlerhaften Emissionsberichts zu erstrecken (vgl. BT-Drs. 15/2540, S. 12), nicht gefolgt ist. Die von der Bundesregierung in ihrer ablehnenden Stellungnahme angeführte Begründung, dass die Schätzung als Sanktionsgrundlage aus verfassungsrechtlichen Gründen der Ausnahmefall bleiben sollte und bei nicht ordnungsgemäßer Ermittlung der Emissionen zunächst die Sanktion des § 17 TEHG eingreife (vgl. BT-Drs. 15/2540, S. 18), spricht gleichfalls gegen die Annahme, jeder Fehler bei der Berichterstattung könne zugleich als Verletzung der Abgabepflicht mit einer Zahlungspflicht belegt werden. Hätte der Gesetzgeber auch Fallgestaltungen der vorliegenden Art von § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG erfassen wollen, so hätte es schon angesichts des Sanktionscharakters der Vorschrift einer dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechenden ausdrücklichen Regelung bedurft. Die am 28. Juli 2011 in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes (Art. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Rechtsgrundlagen für die Fortentwicklung des Emissionshandelsrechts vom 21. Juli 2011, BGBl. I S. 1475) rechtfertigt danach keine andere Auslegung. Abgesehen davon, dass eine Interpretation der hier maßgeblichen Regelungen anhand der von der Beklagten angeführten amtlichen Begründung zur Neufassung schon im Ansatzpunkt Bedenken begegnet, hat sich die Rechtslage in den hier entscheidenden Punkten nicht geändert. Auch die §§ 29, 30 TEHG n.F. differenzieren zwischen der Durchsetzung der Berichtspflicht einerseits und der Abgabepflicht andererseits und sehen jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen vor. Soweit danach auch die Neufassung des Gesetzes keine ausdrückliche Regelung dazu enthält, dass Berichterstattungsfehler zugleich als Verletzung der Abgabepflicht durch eine Zahlungspflicht sanktioniert werden, kann diese auch nicht durch die in der Gesetzesbegründung anklingenden Hinweise auf die Sichtweise der zuständigen Behörde ersetzt werden.
3. Dies gilt umso mehr, als sich auch die zu Grunde liegenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 16 Abs. 3 und 4 der Emissionshandelsrichtlinie (Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003, Abl. L 275 S. 32), deren Umsetzung die Sanktionsvorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG dient, in dem hier relevanten Bereich nicht geändert haben. Gemäß Art. 16 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Betreibern, die nicht bis zum 30. April jeden Jahres eine ausreichende Anzahl von Zertifikaten zur Abdeckung ihrer Emissionen im Vorjahr abgeben, eine Sanktion wegen Emissionsüberschreitung auferlegt wird. Nach Satz 2 der Regelung beträgt die Sanktion wegen Emissionsüberschreitung für jede von der Anlage ausgestoßene Tonne Kohlendioxidäquivalent, für die der Betreiber keine Zertifikate abgegeben hat, 100 Euro. Für die erste Handelsperiode (2005 bis 2007) wird dieser Betrag in Art. 16 Abs. 4 der Richtlinie auf 40 Euro je ausgestoßene Tonne Kohlendioxidäquivalent reduziert. Zu Recht ist bereits das Verwaltungsgericht in seinen nachfolgenden Entscheidungen, die auf dem hier angegriffenen Urteil aufbauen (vgl. u.a. Urteil vom 11. November 2010 - VG 10 A 281.08 - juris), davon ausgegangen, dass sowohl die Richtlinie selbst als auch die Begründung des Richtlinienentwurfs der Kommission (KOM (2001) 581 endgültig) für eine quantitative Konkretisierung der Abgabepflicht auf die im geprüften Emissionsbericht ausgewiesenen Gesamtemissionen spricht.
Soweit Art. 16 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie auf die Abgabe einer „ausreichenden Anzahl von Zertifikaten“ abstellt, wird diese Verpflichtung bereits in dem vorangegangenen Abs. 2 der Vorschrift aufgegriffen. Nach der insoweit ausdrücklich in Bezug genommenen Regelung in Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten u.a. sicherstellen, dass der Betreiber für jede Anlage bis spätestens 30. April jeden Jahres eine Anzahl von Zertifikaten abgibt, die den - nach Art. 15 geprüften - Gesamtemissionen der Anlage im vorhergehenden Kalenderjahr entspricht; eine entsprechende Regelung enthält Art. 6 Abs. 2 Buchst. e) der Richtlinie. Dass dem ausdrücklichen Hinweis auf die nach Art. 15 geprüften Gesamtemissionen der Anlage, wie von der Beklagten geltend gemacht, für die Reichweite der Sanktionsregelung keinerlei Bedeutung zukommt, vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass die Prüfung der von den Anlagenbetreibern vorzulegenden Emissionsberichte ohnehin eigenständig in Art. 15 der Richtlinie geregelt ist, stellt schon die Begründung des Kommissionsentwurfs einen Zusammenhang zwischen den „geprüften Emissionen“ und der Verhängung „beträchtlicher Strafen“ her. Die Kommission weist insoweit in Nr. 4 der Begründung ausdrücklich darauf hin, dass „die Betreiber von Anlagen, in denen die in das System einbezogenen Tätigkeiten stattfinden, verpflichtet (sind), jährlich Berechtigungen im Umfang ihrer geprüften Emissionen des jeweiligen Treibhausgases im vorigen Kalenderjahr abzugeben. Entspricht der Umfang der abgegebenen Berechtigungen nicht diesen geprüften Emissionen, werden von den Mitgliedstaaten beträchtliche Strafen verhängt.“ (KOM (2001) 581 endgültig, S. 5). Nr. 17 der Kommissionsbegründung behandelt die Einhaltung der Pflicht zur Abgabe von Berechtigungen. Danach geht die Kommission davon aus, dass „Fälle von Verstößen gegen die Verpflichtung, ausreichend Berechtigungen abzugeben, um die geprüften Emissionen abzudecken, in der gesamten Europäischen Gemeinschaft schlüssig und konsequent geahndet werden (müssen)“ (a.a.O, S. 15). Zwar ist, soweit in Nr. 17 andererseits von den „tatsächlichen Emissionen“ einer Anlage die Rede ist, die Wortwahl nicht einheitlich. Dies ändert jedoch nichts daran, dass nach der Auffassung der Kommission die Verhängung einer Zahlungspflicht nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommt und sich weder der Kommissionsbegründung noch der Richtlinie selbst tragfähige Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass jeder inhaltliche Fehler im geprüften Emissionsbericht zugleich als Verletzung der Abgabepflicht mit der Sanktion einer Zahlungspflicht belegt werden sollte. Vielmehr knüpfen sowohl Art. 12 Abs. 3 als auch Art. 15 der Richtlinie an die Vorlage eines nach den Kriterien des Anhangs V geprüften und als zufrieden stellend bewerteten Emissionsberichts an. Der wiederholte Hinweis auf die Verpflichtung der Anlagenbetreiber, Berechtigungen im Umfang der geprüften Gesamtemissionen der Anlage abzugeben, spricht daher dafür, dass der Richtliniengeber nur (bewusste) Verstöße gegen die durch den geprüften Emissionsbericht konkretisierte und den Betreibern damit bekannte Abgabepflicht sanktionieren wollte.
Bestätigt wird dieses Verständnis, wie bereits zu Recht vom Verwaltungsgericht festgestellt, durch die Ausführungen der Kommission in den von ihr erlassenen Monitoring-Leitlinien vom 29. Januar 2004. Nach Anhang I Nr. 7.4 der Leitlinien, die das Verfahren der Überwachung, Berichterstattung und Prüfung der Emissionen regeln, beurteilt die prüfende Instanz zum Ende des Prüfungsverfahrens, ob der Emissionsbericht irgendwelche wesentlich falschen Angaben enthält. Kommt die prüfende Instanz zu dem Schluss, dass der Emissionsbericht keine wesentlich falschen Angaben enthält, kann der Betreiber den Emissionsbericht gemäß Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie an die zuständige Behörde übermitteln. Anhand der im Emissionsbericht, der als zufrieden stellend bewertet wurde, für die Gesamtemissionen ausgewiesenen Zahl prüft die zuständige Behörde sodann, ob der Betreiber für die betreffende Anlage eine genügende Anzahl von Zertifikaten abgegeben hat. Auch insoweit wird für die Frage, ob der Anlagenbetreiber seiner Abgabepflicht nachgekommen ist, mithin auf den von der prüfenden Instanz verifizierten Emissionsbericht und die darin ausgewiesenen Gesamtemissionen der Anlage abgestellt. Nach der Begriffsbestimmung in Anhang I Nr. 2 Buchst. s) der Leitlinien ist „prüfende Instanz“ eine geeignete unabhängige und akkreditierte Prüfungseinrichtung, die für die Durchführung des Prüfungsverfahrens und die diesbezügliche Berichterstattung verantwortlich ist; diese Verantwortlichkeit liegt - wie bereits vorstehend dargelegt - in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bei den in § 5 Abs. 3 Satz 1 TEHG genannten sachverständigen Stellen.
4. Soweit danach auch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG gegen das weite Verständnis der Beklagten spricht, rechtfertigt schließlich auch der Hinweis auf die mit dem Emissionshandel bezweckte Reduzierung der tatsächlich emittierten Treibhausgase keine andere Beurteilung. Entgegen der Auffassung der Beklagten gefährdet das dargelegte Verständnis der Sanktionsvorschrift weder die Grundprinzipien des Emissionshandels noch wird eine weitere Prüfung der vorgelegten Emissionsberichte „sinnlos“. Die grundlegende Pflicht der Anlagenbetreiber, Berechtigungen im Umfang der tatsächlich verursachten Emissionen ihrer Anlage abzugeben, wird dadurch nicht berührt. Die vom Senat für zutreffend erachtete Auslegung des Anwendungsbereichs des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG knüpft lediglich an die erforderliche quantitative Bestimmung der verursachten Emissionen an, für die nach der Konzeption des Gesetzes allein der vom Sachverständigen geprüfte Emissionsbericht in Betracht kommt. Erst der von der sachverständigen Stelle testierte Emissionsbericht verschafft dem Anlagenbetreiber die notwendige Kenntnis und Rechtssicherheit, in welchem Umfang er seiner Abgabepflicht zum Stichtag des 30. April eines Jahres nachkommen muss. Die Vorlage eines als zufrieden stellend bewerteten Emissionsberichts kann ebenso wie die Abgabe einer dem Bericht entsprechenden Anzahl von Berechtigungen im Wege der Sanktionen durchgesetzt werden. Der zunächst durch den Emissionsbericht konkretisierte Umfang der Abgabepflicht ändert auch nichts an der Befugnis der Beklagten zur inhaltlichen Überprüfung der ihr vorgelegten Berichte. Erweist sich der Bericht nachträglich als fehlerhaft, kann sie die Vorlage eines neuen „fehlerfreien“ Berichts anfordern oder - falls dieser nicht vorgelegt wird - eine Schätzung der Emissionen vornehmen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 TEHG). Liegen die anhand des neuen Emissionsberichts oder der Schätzung ermittelten Gesamtemissionen über der Anzahl der bereits zum Stichtag 30. April eines Jahres abgegebenen Berechtigungen, ist der Anlagenbetreiber nach § 18 Abs. 3 Satz 1 TEHG zur Abgabe der noch fehlenden Berechtigungen verpflichtet. Insbesondere durch die letztgenannte Regelung wird sichergestellt, dass die tatsächlichen Emissionen Grundlage der Abgabepflicht bleiben und durch eine ausreichende Anzahl an Berechtigungen abgedeckt werden. Soweit sich im Einzelfall - etwa bei vorsätzlichen Falschangaben im geprüften Emissionsbericht - Lücken in der Durchsetzung und Sanktionierung der Pflichten der Anlagenbetreiber ergeben sollten, können diese nicht durch eine richterliche Auslegung, sondern allenfalls durch den Gesetzgeber geschlossen werden.
5. Nach alledem sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung einer Zahlungspflicht gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerin hat fristgerecht eine Anzahl von Berechtigungen abgegeben, die dem von ihr erstellten und vom Sachverständigen testierten Emissionsbericht entsprechen. Sie hat damit ihre Abgabepflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG nicht verletzt. Auf die Frage, ob das Testat angesichts der geringfügigen Abweichungen zu Recht erteilt worden ist oder ob der Emissionsbericht, wie von der Beklagten geltend gemacht, nicht ordnungsgemäß war, kommt es nicht an. Ebenso kann dahinstehen, ob die Auferlegung einer Zahlungspflicht nach den konkreten Umständen des Einzelfalles mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren wäre.
Soweit die Klägerin ihre Pflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG durch Abgabe einer dem Emissionsbericht entsprechenden Anzahl von Berechtigungen erfüllt hat, kann eine Verletzung der Abgabepflicht auch nicht auf die erfolgte Schätzung der Gesamtemissionen der Anlage gestützt werden. Die Argumentation der Beklagten, die maßgeblich - in Übereinstimmung mit der vom Verwaltungsgericht vertretenen Einordnung der Schätzung als Verwaltungsakt - darauf abstellt, dass die Schätzung bestandskräftig geworden und damit nach § 18 Abs. 2 Satz 2 TEHG unwiderlegliche Basis für die Abgabepflicht sei, vermag schon im Ausgangspunkt nicht zu überzeugen. Nach dem Regelungszusammenhang des § 18 TEHG handelt es sich bei der Schätzung nicht um einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt, der in Bestandskraft erwachsen kann. Eine ausdrückliche Bestimmung zu einer Vorabentscheidung durch Verwaltungsakt hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 TEHG nicht getroffen. Soweit der Verantwortliche nicht ordnungsgemäß über die durch seine Tätigkeit verursachten Emissionen berichtet hat, ersetzt die Schätzung vielmehr - als unwiderlegliche Basis für die Verpflichtung nach § 6 Abs. 1 TEHG - den Emissionsbericht und ist damit ebenso wie dieser nur eine Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG. Erst die Festsetzung der Zahlungspflicht erfolgt durch Verwaltungsakt, wie sich sowohl aus § 18 Abs. 2 Satz 3 als auch § 18 Abs. 4 Satz 2 TEHG ergibt, die ausdrücklich auf den „Festsetzungsbescheid nach Absatz 1“ bzw. den „Zahlungsbescheid“ verweisen. Die Schätzung, die im Falle einer fehlenden ordnungsgemäßen Berichterstattung Voraussetzung für die Festsetzung einer Zahlungspflicht ist, unterliegt damit als unselbständiger Teil ohne eigene Regelungswirkung nur einer inzidenten Überprüfung im Rahmen des Rechtsbehelfs gegen den Festsetzungsbescheid (vgl. zu der vergleichbaren, ausdrücklich an die Regelung des § 18 Abs. 2 TEHG angelehnten Vorschrift des § 37c Abs. 3 BImSchG: Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 37c Rn. 5; Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: März 2010, § 37c BImSchG Rn. 11). Hat der Anlagenbetreiber - wie vorliegend die Klägerin - einen verifizierten Emissionsbericht vorgelegt und eine entsprechende Anzahl an Berechtigungen abgegeben, kann mithin auch eine nachträglich erfolgte Schätzung der Gesamtemissionen der Anlage die Festsetzung einer Zahlungspflicht nicht rechtfertigen. Die Schätzung hat in diesen Fällen, in denen erst nach Ablauf der Abgabefrist ein Fehler im Emissionsbericht festgestellt wird, nur insoweit Bedeutung, als sie unwiderlegliche Basis für die fortbestehende Abgabepflicht nach § 18 Abs. 3 Satz 1 TEHG ist.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin hat gleichfalls keinen Erfolg. Sie richtet sich, da die Klägerin die in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides festgestellte Pflicht zur Abgabe der noch fehlenden Berechtigungen anerkannt hat und eine über die erstinstanzliche Entscheidung hinausgehende Aufhebung der angefochtenen Bescheide begehrt, allein gegen die von der Beklagten vorgenommene Schätzung der Gesamtemissionen (Ziffer 1 des Bescheides). Ob für dieses auf eine gesonderte Aufhebung der Schätzung gerichtete Begehren ein anzuerkennendes Rechtsschutzinteresse der Klägerin besteht, erscheint fraglich. Einwände gegen die Höhe der Schätzung sind von der Klägerin weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren geltend gemacht worden. Soweit die Schätzung - wie vorstehend dargelegt - Grundlage für die Verpflichtung zur Abgabe der noch fehlenden Berechtigungen ist, hat die Klägerin diese Verpflichtung ausdrücklich anerkannt und ist ihr fristgerecht nachgekommen; sie war daher nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Dass das Verwaltungsgericht die Klage wegen der Annahme eines selbständig anfechtbaren Verwaltungsakts hinsichtlich der Schätzung abgewiesen hat, hat sich ausweislich des Tenors und der Entscheidungsgründe kostenmäßig nicht zu Lasten der Klägerin ausgewirkt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist ein Rechtsschutzbedürfnis mithin weder dargetan noch ersichtlich.
Unabhängig von den vorstehenden Bedenken ist die Anschlussberufung jedenfalls unbegründet. Zwar hätte das Verwaltungsgericht die Klage, soweit die Klägerin von ihrem Anfechtungsantrag nur die festgestellte Pflicht zur Abgabe weiterer Berechtigungen ausgenommen hat, nicht wegen der fehlenden Durchführung eines Vorverfahrens als unzulässig abweisen dürfen. Da die Schätzung - wie dargelegt - selbst kein Verwaltungsakt ist, bedurfte es keines gesonderten Vorverfahrens. Vielmehr hat die Klägerin zu Recht Widerspruch gegen den die abschließende Sachentscheidung enthaltenen Zahlungsbescheid eingelegt, in dessen Rahmen inzident auch die Schätzung als Bemessungsgrundlage zu überprüfen war. Dass für eine Schätzung wegen des Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Satz 1 TEHG kein Raum gewesen sei, trifft indes nicht zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Schätzung bei Vorlage eines ordnungsgemäß testierten Emissionsberichts, der sich nachträglich als fehlerhaft erweist, nicht ausgeschlossen. Nach dem Verständnis der Klägerin hätte die Beklagte bei nachträglich festgestellten inhaltlichen Fehlern im Emissionsbericht, die - wie vorliegend - auch nicht durch die Vorlage eines neuen Berichts korrigiert werden, keine Möglichkeit, die tatsächlich verursachten Emissionen zu schätzen und die fortbestehende Pflicht zur Abgabe der noch fehlenden Berechtigungen gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 TEHG durchzusetzen. Für eine derartige Einschränkung der Befugnisse der Beklagten besteht kein Anlass. Mit Blick auf die Berechtigung der Beklagten, die Emissionsberichte inhaltlich zu überprüfen, ist vielmehr davon auszugehen, dass sie bei inhaltlichen Beanstandungen die Vorlage eines neuen Berichts anfordern und - falls ein solcher Bericht nicht vorgelegt wird - die Gesamtemissionen schätzen kann. Letztlich setzt sich die Klägerin mit ihrem Vorbringen in der Anschlussberufung in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, da sie offenbar bewusst von einer Korrektur ihres Emissionsberichts abgesehen, die der Höhe nach zu keinem Zeitpunkt streitige Schätzung durch die Beklagte in Kauf genommen und ihre Verpflichtung zur Abgabe der noch fehlenden Berechtigungen akzeptiert hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da die Schätzung neben der angegriffenen Festsetzung einer Zahlungspflicht von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Kosten des Verfahrens der Beklagten in vollem Umfang aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt.