Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 7 U 175/19


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 02.02.2024
Aktenzeichen 7 U 175/19 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0202.7U175.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 30.10.2019, Az. 13 O 315/18, und vom 28.09.2020 - 13 O 337/19 werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufungsverfahren trägt der Kläger.

3. Dieses Urteil und die angefochtenen Urteile sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus den Urteilen zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 01.07.2015 eröffnete das Amtsgericht Frankfurt (Oder) auf den Eigenantrag vom 14.06.2015 hin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der („Firma 01“) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung und bestellte den Kläger als Insolvenzverwalter. In dieser Eigenschaft macht er gegenüber der Beklagten zu 1 als Geschäftsführerin und dem Beklagten zu 2 als Geschäftsführer und - nach dessen Abberufung - als faktischem Geschäftsführer der Schuldnerin Schadenersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 a InsO wegen Insolvenzverschleppung geltend.

Die Beklagte zu 1 ist Gesellschafterin der Schuldnerin und hält Geschäftsanteile, die 41 % des Stammkapitals entsprechen, weiter werden Geschäftsanteile im Umfang von 49 % von der („Firma 02“) gehalten und 10 % von („Name 01“). Die Beklagte zu 1 ist Alleingesellschafterin der („Firma 02“). Der Beklagte zu 2 war seit der Gründung der Schuldnerin bis zum 09.01.2015 eingetragener Geschäftsführer der Schuldnerin. Am 09.01.2015 wurde die Beklagte zu 1 zur Geschäftsführerin bestellt. Mit Gesellschafterbeschluss vom 14.03.2015 wurde der Beklagte zu 2 erneut zum Geschäftsführer bestellt und die Beklagte zu 1 mit Wirkung vom 16.04.2015 abberufen.

Nach Insolvenzantragstellung schloss die Schuldnerin mit der („Firma 03“) (im Folgenden: („Firma 03“)) am 11.05.2015 eine Rahmenvereinbarung, wonach sich die („Firma 03“) verpflichtete, die benötigte Liquidität zur Bezahlung der Löhne für Februar 2015 bereitzustellen. Der sich hieraus ergebende Erstattungsanspruch sollte mit späteren Forderungen der Schuldnerin verrechnet werden. Der Kläger stimmte dieser Vereinbarung als vorläufiger Insolvenzverwalter zu (vgl. Anlage K 3, Bl. 46h LG). Die („Firma 03“) verrechnete einen Betrag von 100.000 € mit Forderungen der Schuldnerin aus den Rechnungen Nr. 120/2015, Nr. 121/2015 und Nr. 122/2015 vom 03.06.201 (Anl K4, Bl. 46k ff. LG).

Auf der Grundlage dieser Vereinbarung verrechnete die („Firma 03“) ihren Erstattungsanspruch mit Forderungen der Klägerin aus den Rechnungen vom 03.06.2015 und erhielt hierdurch Befriedigung in Höhe von insgesamt 100.000,00 €. Die Löhne der Mitarbeiter der Schuldnerin für März 2015 in Höhe von 120.593,94 € wurden am 27.05.2015 aus der Insolvenzmasse bezahlt.

1.

Der Kläger hat zunächst behauptet, die Schuldnerin sei bereits im Oktober 2015 zahlungsunfähig gewesen, jedenfalls aber zum 01.01.2015. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagten hafteten für die Beträge, die für die Lohnzahlungen für Februar und März 2015 der Masse entzogen wurden. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung spätestens zum 01.01.2015 diese Kosten nicht von der Masse hätten getragen werden müssen, sondern durch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit gesichert gewesen wären, mit der Folge, dass deren Erstattungsanspruch als Insolvenzforderung die Masse nicht geschmälert hätte. Er hat die Ansicht vertreten, er sei gemäß § 92 InsO berechtigt, den auf 220.593,94 € bezifferten Schaden gegen die Beklagten geltend zu machen und hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 220.593,54 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit zu verurteilen und festzustellen, dass der Anspruch sich aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ergebe.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben eingewandt, dass die Beklagte zu 1. erst am 09.01.2015 zur Geschäftsführerin bestellt worden sei und mithin nicht für die unterlassene Insolvenzantragstellung vor diesem Zeitpunkt verantwortlich gemacht werden könne. Sie haben die Auffassung vertreten, dass der Kläger lediglich befugt sei, den Schaden der Altgläubiger geltend zu machen, der sich aus der Verringerung der Insolvenzquote ergebe. Bei der Berechnung des etwaigen Schadens müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte zu 1. der Schuldnerin am 12.02.2015 ein Gesellschafterdarlehen über 80.000 € gewährt habe und die Beklagten zudem als Geschäftsführer gemäß § 64 GmbHG (a.F.) in Anspruch genommen worden seien. Sie haben die Einrede der Verjährung erhoben.

Nach der mündlichen Verhandlung hat der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 25.09.2019 (Bl. 87 ff. LG) die Ansicht vertreten, dass in der Verkürzung der Masse um den Betrag in Höhe von 220.593,94 € ein einheitlicher Gesamtschaden gegeben sei, den die Beklagten zu ersetzen hätten. Es handele sich nicht um einen Neugläubigerschaden, weil kein Kontrahierungsschaden Gegenstand des Anspruchs sei, sondern Lohnansprüche. Er hat den genannten Schaden als jedenfalls ohne Quotenberechnung zu ersetzenden Schaden bezeichnet und auf einen in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis zu dem zum Quotenschaden vorgetragen, soweit er bereits bezifferbar sei. Es hätten danach am 01.01.2015 Altgläubigerverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 3.550.133,79 € bestanden (Bl. 93 bis 99 LG und K7, Bl. 125 ff. LG). Dem habe vorhandenes Aktivvermögen von 3.069.874,40 € zu diesem Zeitpunkt gegenübergestanden, wovon Kosten des Insolvenzverfahrens in Höhe von 182.463,56 € und 10.000 € für die Einlagerung von Unterlagen abzuziehen seien. Die Soll-Quote der Gläubiger zum 01.01.2015 betrage 81,05 %. Die Forderungen der Altgläubiger hätten sich zum 01.01.2015 auf 3.425.967,83 € belaufen (Bl. 101 bis 104 LG). Ausgehend von den Gesamteinnahmen bis zum 12.09.2019 abzüglich streitiger Absonderungsrechte der Beklagten zu 1. im Wert von 241.576,99 € und nach Abzug von Massekosten in Höhe von 519.789,52 € und unter Berücksichtigung von Forderungen, die nach dem 01.01.2015 entstanden seien (Bl. 106 bis 115 LG) hat er eine zu erwartende Quote der Altgläubiger von 11,72 % und aller Gläubiger von 7,43 % berechnet.

Er hat eine Klageerweiterung um die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Erstattung eines über den Betrag von 220.593,94 € hinaus entstandenen Quotenschadens und der darauf bezogenen Feststellung der Haftung aufgrund unerlaubter Handlung angekündigt (Bl. 87 ff. LG).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger den infolge verspäteter Insolvenzantragstellung entstandenen Schaden nicht ausreichend dargelegt habe. Die Klageerweiterung gebe keinen Anlass zur Wiedereröffnung, da der bezifferte Anspruch nicht mit den dort vorgetragenen Ausführungen begründet werde und nach dem Vortrag des Klägers der Schaden nicht beziffert werden könne. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen das am 13.11.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.12.2019 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.02.2019 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger vor, der gegen die Beklagten zu 1 und 2 geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus Insolvenzverschleppung stütze sich auf ihre Tätigkeiten als Geschäftsführer bzw. faktische Geschäftsführer der Schuldnerin, die spätestens zum 01.01.2015 zahlungsunfähig gewesen sei. Jedenfalls sei von einer Zahlungseinstellung zu diesem Zeitpunkt auszugehen.

Infolge der Insolvenzantragstellung erst am 16.04.2015 sei der erstinstanzlich dargelegte Schaden in Höhe der Lohnansprüche der Arbeitnehmer für Februar und März 2015 entstanden, der Schaden liege in der Begründung von Lohnansprüchen der Arbeitnehmer und Erstattungsansprüchen der („Firma 04“), die bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten nicht zulasten der Insolvenzmasse entstanden wären.

Innerhalb der auf die Hinweise des Landgerichtes nachgelassenen Schriftsatzfrist habe er mit Schriftsatz vom 25.09.2019 auch den Quotenverringerungsschaden der Altgläubiger ausführlich dargetan und unter Beweis gestellt. Der mit dem Verfahren 13 O 315/18 geltend gemachte Betrag stelle den Mindestschaden dar, den er konkret berechnet habe.

Das Landgericht habe jedoch verfahrensfehlerhaft keine Mindestschadensberechnung vorgenommen und die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet.

2.

Zudem hat der Kläger am 30.12.2018 in der Folge der Abweisung seiner Klage eine weitere Klage gegen die Beklagten beim Landgericht Frankfurt (Oder) - 13 O 337/19 - anhängig gemacht, mit der er einen Schaden infolge verzögerter Insolvenzantragstellung in Höhe von weiteren 2.305.173.07 € nebst Zinsen geltend gemacht hat. Zur Begründung des Anspruchs hat er entsprechend den oben dargestellten Ausführungen im Schriftsatz vom 25.09.2019 vorgetragen, er hat allerdings, ausgehend von einem etwas geringeren Kontostand des Verfahrenskontos eine derzeit zu erwartende Quote der Altgläubiger von 11,54 % und eine Quote aller Gläubiger von 7,32 % berechnet.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.305.173,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Kläger einen eventuellen weiteren Quotenverringerungsschaden zu ersetzen. Zudem haben sie beantragt festzustellen, dass die vorstehend geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung resultierten.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben die Einrede der Verjährung erhoben. Der Kläger habe bereits am 11.09.2015 in seinem Bericht an die Gläubigerversammlung angekündigt, dass Ansprüche aus Insolvenzverschleppungshaftung in Höhe von 267.000 € bestehen. Sie haben eingewandt, dass unter den dargestellten Gläubigern auch die Beklagte zu 1. als Gläubigerin oder als Alleingesellschafterin von Gläubigerinnen berücksichtigt worden sei, deren Forderungen als Gesellschafterdarlehen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht zur Insolvenztabelle anzumelden seien, solange hierzu nicht vom Insolvenzgericht aufgefordert worden sei. Zudem habe der Kläger bei seiner fiktiven Berechnung nicht berücksichtigt, dass die Agentur für Arbeit im Januar und Februar 2015 die Löhne und Gehälter ausgezahlt und eine Forderung als Neugläubigerin angemeldet hätte.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 28.09.2020 abgewiesen, da der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht hinreichend dargelegt habe. Es fehle bereits an der taggenauen Bestimmung der Insolvenzreife. Darauf komme es an, weil anderenfalls die vorgelegte Kreditorenliste von Altgläubigerforderungen ausgehe, obwohl tatsächlich Neugläubigerforderungen vorlägen. Insoweit sei er jedoch nicht klagebefugt.

Gegen das am 05.10.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.10.2020 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.01.2021 am 04.01.2021 begründet hat.

Zur Begründung seines Rechtsmittels führt er aus, dass seiner Auffassung nach das Urteil auf einer unrichtigen Würdigung streitigen und unstreitigen Vortrages beruhe. Der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit am 01.01.2015 sei erstinstanzlich nicht von den Beklagten bestritten worden.

3.

Der Senat hat durch Beschluss vom 19.10.2021 die Verfahren 7 U 175/19 und 7 U 168/20 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.305.173,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten in Bezug auf einen eventuellen weiteren Quotenverringerungsschaden und ferner die Feststellung des Anspruchsgrundes einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 30.10.2019 - 13 O 315/18 - und vom 28.09.2020 - 13 O 337/19 - abzuändern und

- jeweils in Abänderung des Urteils vom 30.10.2019 -

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 220.593,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

2. festzustellen, dass der im Klageantrag zu 1 genannte Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.

- jeweils in Abänderung des Urteils vom 28.09.2020 -

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, weitere 277.933,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. festzustellen, dass die unter 3. und 4. genannten Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrühren.

5. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger einen eventuellen weiteren Quotenverringerungsschaden zu ersetzen.

6. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, einen Quotenverringerungsschaden in Höhe von 2.027.240,05 € an den Kläger zu zahlen.

7. festzustellen, dass der Antrag zu 6. auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht.

Die Beklagten beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringen verteidigen sie die angefochtene Entscheidung vom 30.10.2019. Der Kläger sei als Insolvenzverwalter nur berechtigt, den Quotenschaden der Altgläubiger geltend zu machen und nicht einzelne konkrete Schadenspositionen.

Die im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.09.2019 dargelegte Berechnung zu einem angeblichen Mindestquotenschaden stelle im Vergleich zur Klageforderung einen völlig neuen Streitgegenstand dar, so dass vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben werde.

Zudem beanstanden sie die Berechnung des Klägers hinsichtlich der tatsächlich zu erwartenden Quote. Der Kläger habe zwar die insgesamt in dem Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen dargelegt, jedoch keine Angaben zur Höhe der von ihm tatsächlich festgestellten Forderungen gemacht. Ohne Darstellung der angemeldeten und von ihm zur Tabelle festgestellten Forderungen sei eine Berechnung der voraussichtlichen Ist-Quote nicht möglich. Die Beklagte zu 1 sei Eigentümerin und Vermieterin der Betriebsimmobilie der Schuldnerin gewesen und habe dieser in den Jahren 2013 und 2014 zwei Gesellschafterdarlehen in Höhe von 500.000,00 € und 250.000,00 € gewährt. Gesellschafterdarlehen seien nachrangige Forderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, die gemäß § 174 Abs. 3 InsO nur dann zur Insolvenztabelle anzumelden seien, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen aufgefordert habe. Dies sei bislang nicht geschehen, so dass die Forderungen der Beklagten zu 2 nicht an der Verteilung teilnehmen würden. Des Weiteren seien in der Aufstellung der Forderungen der Altgläubiger von insgesamt 4.425.987,83 € Verbindlichkeiten gegenüber der („Firma 03“) (Konto …), der („Firma 05“) (Konto … und Darlehen über 200.000,00 €) und der („Firma 02“) (Konto …) enthalten, deren Hauptgesellschafterin ebenfalls die Beklagte zu 1 sei. Auch diese Forderungen seien vom Kläger als mittelbares Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als nachrangig eingestuft worden. Der Kläger habe sowohl die genannten Forderungen der Beklagten zu 1 als auch die der genannten Firmen bestritten (vgl. Protokoll der Gläubigerversammlung vom 29.09.2015, Anlage B 3). Es werde daher bestritten, dass Altgläubiger mit festgestellten Forderungen von 3.425.967,83 € an der Verteilung teilnehmen würden.

Zudem werde bestritten, dass Gläubiger, deren Forderungen nach dem 01.01.2015 entstandenen seien in Höhe von 1.976.229,07 € an dem Verfahren beteiligt seien. Der Kläger möge diese Gläubiger ebenfalls anhand der jeweils angemeldeten und festgestellten Forderungen zur Insolvenztabelle benennen. Die von ihm in Bezug genommene interne Buchhaltung der Schuldnerin sei untauglich.

Zudem werde bestritten, dass Verfahrenskosten an Masseverbindlichkeiten in Höhe von 519.789,54 € zu berichtigen seien und eine Verteilungsmasse in Höhe von 401.534,42 € an die Gläubiger zur Ausschüttung gelange.

Soweit der Kläger angeführt habe, er habe auf einem weiteren Insolvenzverfahrenskonto ein Guthaben in Höhe von 281.581,44 € separiert, weil die Beklagte zu 1 diesbezüglich Absonderungsrechte geltend gemacht habe, mag dies zunächst zutreffend gewesen sein. Der Kläger habe aber die den Absonderungsrechten zugrunde liegende Sicherungsübereignung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO angefochten und auch die Sicherungsrechte bestritten und die Beklagte habe diese nicht weiterverfolgt.

Zur Erwiderung auf die Berufung im Verfahren 7 U 168/20 tragen sie vor: Der Vortrag des Klägers sei bereits zur Begründung seines Anspruchs nicht hinreichend gewesen, da er jeweils den Eintritt der Insolvenzreife mit dem Zusatz „spätestens“ vortrage. Er stelle den Bestand an Altgläubigerforderungen zudem unzureichend dar, da der Altgläubigerschaden anhand der in der Tabelle festgestellten Forderungen vorgenommen werden müsse. Sie verweisen auch hier darauf, dass die Forderungen der Beklagten zu 1. nachrangig seien und nicht bei den festgestellten Altgläubigerforderungen zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe es versäumt, in seine Berechnung Löhne und Gehälter als Massekosten auch bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung aufzunehmen. Er habe nicht beachtet, dass bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung die Agentur für Arbeit die Löhne und Gehälter für Januar und Februar ausgezahlt und die Forderung als Neugläubigerin angemeldet hätte.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die tatsächlichen Feststellungen in den erstinstanzlichen Entscheidungen sowie die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat die Höhe eines Schadens der Altgläubiger wegen verzögerter Insolvenzantragstellung durch die Beklagten nicht ausreichend vorgetragen.

1.

Der Klageantrag zu 1. ist gerichtet auf den Ersatz eines Schadens infolge verspäteter Insolvenzantragstellung. Der Kläger begründet den Anspruch und die Schadenshöhe damit, dass bestimmte Verminderungen der Masse nicht eingetreten wären, wenn die Beklagten rechtzeitig ihre Insolvenzantragspflicht erfüllt hätten. Er ist der Auffassung, dass die Beklagten für diese Minderung hafteten und dass der Schaden der Masse den zu ihren Lasten vorgenommenen Zahlungen entspricht. Die zur Begründung des Anspruchs vorgetragenen Tatsachen sind die Zahlungsunfähigkeit und der Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung. Der Unterschied zu dem als Antrag zu 3. formulierten Zahlungsantrag besteht in der Schadensberechnung. Es handelt sich nicht um zwei Streitgegenstände, sondern die unterschiedliche Berechnung des eingetretenen Schadens nach der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung (Antrag zu 1.) und - hilfsweise - nach der vom Landgericht und dem Senat vertretenen Rechtsauffassung, die nach dem Vortrag des Klägers zu einem weiteren Schadensbetrag in der im Antrag zu 3. benannten Höhe führt.

1.1

Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO sind nach den Feststellungen des Senats erfüllt.

Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzeröffnungsantrag zu stellen, § 15 a Abs. 1 InsO. Adressaten der Insolvenzantragspflicht sind die Geschäftsführer einschließlich der faktischen Geschäftsleiter. Der jeweilige Geschäftsleiter haftet, wenn er schuldhaft die Frist des § 15a Abs. 1 überschreitet, wobei Fahrlässigkeit ausreicht. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des objektiven Tatbestandes der Insolvenzverschleppung sowie des darauf beruhenden Schadenseintrittes obliegen dem Gläubiger bzw. dem Insolvenzverwalter; demgegenüber wird das Verschulden des zur Antragstellung Verpflichteten widerleglich vermutet (BGHZ 143, 184, juris Rn. 6; BGHZ 171, 46 Rn 8).

1.2.

Die Beklagte zu 1. haftet als Geschäftsführerin seit ihrer Bestellung am 09.01.2015 bis zu ihrer Abberufung am 16.04.2015, dem Tag der Insolvenzantragstellung (K2, Bl. 44 LG). Der Beklagte zu 2. haftet ebenfalls als Geschäftsführer und nach seiner Abberufung am 09.01.2015 als faktischer Geschäftsführer, der die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter ohne förmliche Bestellung faktisch übernommen hat und gegenüber dem formellen Geschäftsführer eine bedeutende Stellung einnimmt, die bei den zu treffenden Entscheidungen mindestens das Übergewicht hat (BGH, Urteil vom 11.06.2013 - II ZR 389/12, NJW 2013, 3303 Rn. 23). Die Beklagten haben den Vortrag des Klägers unter Bezugnahme auf die Feststellungen im Verfahren OLG Koblenz (6 U 161/18) nicht bestritten. Aus dem von den Beklagten vorgelegten Urteil (B1, zu Bl. 64 LG, dort S. 13 d. Urt.) ergibt sich, dass die Beklagten die beschriebene Verantwortung des faktischen Geschäftsführers für den Beklagten zu 2. einräumen. Abweichendes haben sie im hier geführten Verfahren nicht vorgetragen.

1.3.

Voraussetzung der Haftung ist weiter der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Es kann nicht dahingestellt bleiben, zu welchem Zeitpunkt Insolvenzreife eintrat, ob sie, wie der Kläger vorträgt, am 01.01.2015 oder aber bereits zu einem früheren Zeitpunkt begründet war. Der Kläger begründet seine Rechtsauffassung mit dem Eintritt eines Gesamtschadens. Er meint, berechtigt zu sein, für alle am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubiger denjenigen Betrag geltend zu machen, der sich daraus ergibt, dass zur Erfüllung von Lohnansprüchen der Mitarbeiter der Schuldnerin für Februar und März 2015 die Insolvenzmasse belastet werden musste. Diese Rechtsauffassung ist unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zutreffend. Der Kläger macht den Betrag geltend, um den die Insolvenzmasse wegen der notwendigen Erfüllung von Arbeitslöhnen, die vor Insolvenzantragstellung, aber nach Insolvenzreife entstanden sind, gemindert ist. Gegenstand des mit Klageerhebung vorgetragenen Schadens ist damit weder der dem einzelnen Altgläubiger entstandene Schaden, der darin liegt, dass sich infolge verspäteter Insolvenzantragstellung die Insolvenzmasse verringert und die auf seine angemeldete Forderung entfallende Quote geringer wird, noch der Vertrauensschaden des Neugläubigers. Die Schadensberechnung muss aber bei der Geltendmachung des Gesamtschadens jeweils an die Vermögenslage der Gesamtheit der Gläubiger bzw. der einzelnen Gläubiger bei der Verfolgung des Vertrauensschadens der Neugläubiger anknüpfen. Der Schaden entsteht bei Ihnen, nicht bei der Insolvenzmasse unabhängig von der Betroffenheit der Gläubiger. Daher kann die Schadensberechnung, anders als der Kläger meint, nicht unabhängig vom Schadenseintritt bei den betroffenen Gläubigern begründet werden.

1.4.

Der Kläger kann den geltend gemachten Betrag (nur) als Quotenverringerungsschaden der Altgläubiger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO, § 92 InsO geltend machen.

Nach § 15a Abs. 1 GmbHG haben die Mitglieder des Vertretungsorgans einer juristischen Person bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Haftung des Geschäftsführers für den aus der Verletzung dieser Pflicht sich ergebenden Schaden ist jedenfalls gegenüber denjenigen Gläubigern, die ihre Forderung bereits vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, auf den Betrag beschränkt, um den sich die Insolvenzquote, die sie bei rechtzeitiger Antragstellung erhalten hätten, durch Verzögerung der Antragstellung verringert (BGHZ 29, 100, juris Rn. 14; BGHZ 126, 181, juris Rn 22). Dieser Schaden ist ein Gesamtschaden im Sinn des § 92 InsO, den der Geschädigte nicht selbst geltend machen kann (BGHZ 175, 58, juris Rn. 10). Der Insolvenzverwalter ist demgegenüber nicht berechtigt, einen Schaden der Neugläubiger wegen schuldhaft verspäteter Stellung des Insolvenzantrages gegen den Geschäftsführer einer GmbH geltend zu machen, da es sich bei diesem Schaden nicht um einen Gesamtgläubigerschaden handelt (BGHZ 175, 58, juris Rn. 10; BGHZ 171, 46, Rn. 12; BGHZ 138, 211). Der Neugläubiger hat einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO. Es besteht kein einheitlicher Quotenschaden der Neugläubiger, da diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre Forderungen begründet haben und für jeden einzelnen Neugläubiger ermittelt werden muss, wie sich dessen Quote durch die Verzögerung verschlechtert hat (BGHZ 138, 211; BGHZ 175, 58). Die Aktivlegitimation für den so darzulegenden Schaden des Neugläubigers obliegt dem Gläubiger selbst, da es sich um einen Individualschaden handelt, der nicht die Verkürzung der Haftungsmasse insgesamt betrifft (BGHZ 138, 211).

Die vom Kläger erstrangig vorgetragene Begründung des Quotenverringerungsschadens resultiert auf der Annahme, dass die Masse infolge von Zahlungen auf Lohnansprüche reduziert sei und mithin Ausgaben entstanden seien, die bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung nicht entstanden wären. Dieser Anspruch betrifft gerade den Schaden der Altgläubiger, die bei rechtzeitiger Antragstellung die an Neugläubiger entrichteten Beträge als Teil der Insolvenzmasse für ihre Quote hätten berücksichtigt sehen können.

Etwas Anderes als die unterschiedliche Behandlung von Alt- und Neugläubigerschaden folgt auch nicht aus dem Umstand, dass ein „Vertrauensschaden“ für die institutionellen Gläubiger wie Krankenversicherungen oder Finanzbehörden nicht angenommen werden kann, weil ihre Ansprüche unabhängig von etwaigem Vertrauen in den Fortbestand des Unternehmens entstehen, wie der Kläger in der Berufungsinstanz geltend macht. Sozialversicherungsträger sind Neugläubigern nicht gleichzustellen, weil ihre Gläubigerstellung nicht durch die Versäumung der Insolvenzantragspflicht begründet wird, sondern infolge des Bestehens eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, dessen Bestand durch die Insolvenzeröffnung nicht unmittelbar berührt wird (BGH, Urteil vom 08.03.1999 - II ZR 159/98, ZIP 1999, 967, juris Rn. 11). Institutionelle Gläubiger können daher allenfalls einen Anspruch aus § 826 BGB geltend machen, wenn festgestellt werden kann, dass der Schuldner oder die für ihn handelnde Person der Verzögerung der Insolvenzantragstellung unter billigender Inkaufnahme einer Schädigung von Gläubigern haben geschehen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2007 - VI ZR 231/06, BGHZ 175, 58).

Zur Berechnung des Schadens, der in der vom Insolvenzverwalter allein in Gestalt der Quotenverringerung für Altgläubiger geltend gemacht werden kann, ist die zu ersetzende fiktive Quote aus dem Verhältnis der den Altgläubigern bei Insolvenzreife zur Verfügung stehenden Masse zu ihren damaligen Forderungen zu ermitteln. Dabei darf nur die freie, den damals vorhandenen Altgläubigern zur Verfügung stehende Masse berücksichtigt werden, weshalb neben bevorrechtigten Gläubigern wirksam begründete Aus- und Absonderungsrechte - unter Einschluss solcher aus Sicherungszessionen - von der Masse ebenso abzusetzen sind wie die bevorrechtigten bzw. gesicherten Forderungen von der Summe der bilanzierten Verbindlichkeiten der Schuldnerin (vgl. BGHZ 138, 211, juris Rn. 25). Diese Quote ist mit den tatsächlichen Insolvenzforderungen der in der Insolvenz noch vorhandenen Altgläubiger zu multiplizieren; von dem Ergebnis ist der auf die Altgläubiger entfallende Masseanteil abzuziehen, der sich aus dem Verhältnis ihrer Forderungen zur Summe der Insolvenzforderungen ergibt.

1.5.

Für diese Berechnung des Schadens ist nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast festzustellen, zu welchem Zeitpunkt die Insolvenzreife vorgelegen hat. Die Darlegungs- und Beweislast auch für den Zeitpunkt der Insolvenzreife obliegt dabei dem Gläubiger (BGH, Urteil vom 24.01.2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rn. 15; Urteil vom 15.03.2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007; BGH; Urteil vom 27.04.2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Rn 9). Dabei kommen dem Gläubiger Beweiserleichterungen und Indizien zugute. Die Feststellung ist nicht nur deshalb geboten, weil der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach Entstehung der Forderung und vor Insolvenzantragstellung Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs ist. Vielmehr ist der Zeitpunkt auch für die Berechnung des zu ersetzenden Schadens entscheidend (vgl. Drescher, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers, 8.A., Rn. 1313; Braun/Kroth, InsO § 92 Rn. 11). Je früher der Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife infolge Zahlungsunfähigkeit zu bemessen ist, desto mehr Gläubiger aus dem Kreis der späteren Insolvenzgläubiger sind als Neugläubiger anzusehen, deren Ersatzanspruch nicht als Quotenverringerungsschaden, sondern als Vertrauensschaden des einzelnen Gläubigers zu berechnen ist und der Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO nicht unterliegt.

1.6.

Der Kläger hat die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auf den 01.01.2015 vorgetragen. Dass jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Insolvenzreife vorgelegen hat, haben die Beklagten nicht bestritten. Sie haben indes eingewandt, dass die Schuldnerin bereits deutlich früher insolvenzreif gewesen sei. Die Einwände der Beklagten und die Erwiderungen des Klägers führen zur Feststellung, dass Zahlungsunfähigkeit bereits am 01.12.2014 vorgelegen hat.

Der darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat den Vortrag der Beklagten zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bereits am 01.12.2014 nicht durch entgegenstehenden Vortrag entkräftet. Die Beklagten haben zwar keine Liquiditätsbilanz zum 01.12.2014 vorgelegt, sie haben indes Indizien vorgetragen, die darauf hindeuten, dass die Schuldnerin bereits am 01.12.2014 zahlungsunfähig war, da auch unter Berücksichtigung der verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden finanziellen Mittel eine Lücke von 10 % oder mehr verblieb, um die fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. BGHZ 173, 286 Rn. 29). Die Beklagten wenden unbestritten ein, dass die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt auf dem Geschäftskonto ein Guthaben von 26.780,79 € bei fälligen Verbindlichkeiten von 663.641,08 € (Bl. 286R OLG) + 241.613,59 € = 905.254,67 € hatte. Sie gehen bei der Feststellung der offenen Verbindlichkeiten von den tatsächlich geleisteten Zahlungen der Schuldnerin aus, die der Kläger in einem anderen Verfahren vorgetragen hat.

Von den zuletzt genannten 241.613,59 € sind entgegen der vom Senat zunächst geäußerten Auffassung nicht Forderungen in Höhe von 165.228 € in Abzug zu bringen. Diese Forderungen der polnischen Gläubiger („Firma 06“) und („Firma 07“), hatte die Schuldnerin bestritten, sie wurden vom Kläger aber inzwischen als unstreitig zur Insolvenztabelle festgestellt. Maßgeblich für die Berücksichtigung der von den Beklagten ursprünglich bestrittenen Forderungen ist die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des Anspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO: die objektiven Voraussetzungen der Insolvenzverschleppung, darunter auch die Insolvenzreife zu einem bestimmten Zeitpunkt hat der Insolvenzverwalter darzulegen und zu beweisen.

Wenn die Beklagten der Auffassung sind, dass trotz festgestellter objektiver Insolvenzreife für sie Abweichendes gelte, weil sie Forderungen zu Recht nicht gezahlt hätten, da ihnen Einwendungen zustanden und sie diese Forderungen auch nicht bei ihrer Prüfung der Insolvenzreife berücksichtigen mussten, muss dies von den Beklagten vorgetragen und bewiesen werden. Dazu tragen die Beklagten – da sich aus ihrer Sicht die Feststellung der Insolvenzreife zu einem früheren Zeitpunkt günstig auswirkt – nicht vor.

Innerhalb von drei Wochen, gesehen ab dem 01.12.2014, wurden Forderungen fällig, die der Klage gegen die Beklagten vor dem LG Koblenz nach § 64 GmbHG a.F. zugrunde lagen, da die Beklagten Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet hatten. Sie belaufen sich auf 43.930,54 € (Bl. 287 R). Damit waren im Dezember fällige und fällig werdende Forderungen zu berücksichtigen von 949.185,21 €, denen neben der Liquidität von 26.780,79 € weitere Abschlagszahlungen aus Aufträgen in Höhe von 767.869,99 € gegenüberstehen, die im Dezember 2014 innerhalb eines dreiwöchigen Zeitraums eingingen. Ausgehend von der Liquidität von 794.650,78 € ergibt sich gegenüber den Forderungen eine Unterdeckung von 16,28 %, die den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit begründet.

1.7.

Soweit die Beklagten zu einem früheren Insolvenzeintritt vorgetragen haben, überzeugt dies nicht: Sie wenden ein, nach eigener Darstellung des Klägers in anderen Verfahren sei die Insolvenzreife tatsächlich bereits im September oder Oktober 2014 eingetreten. Hierzu wird ausgeführt, dass Sozialversicherungsbeträge für September 2014 erst am 03.11.2014 gezahlt worden seien und Löhne für September in Höhe von 105.511,45 € erst am 30.10.2014. Ebenso sei es für Oktober zu Zahlungsverzug gekommen, die Löhne seien erst am 05.12.2014 gezahlt worden und die Sozialversicherungsbeiträge am 17.12.2014. Zudem tragen sie vor, dass die Schuldnerin im Zeitraum September und Oktober 2014 nahezu keine Einnahmen gehabt hätte.

Indiz für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kann zwar das verspätete Begleichen von Löhnen und Sozialversicherungsbeiträgen sein, ein Zahlungsrückstand von zwei Monaten über den Zeitraum von zwei oder drei Monaten genügt dafür indes nicht (BGH, Urteil vom 07.05.2015 - IX ZR 95/14, ZIP 2015, 1234, Rn. 20; Urteil vom 28.04.2022 - IX ZR 48/21, NJW 2022, 2411 Rn. 31). Vielmehr bedarf es des Hinzutretens weiterer Umstände. Die Höhe der rückständigen Beträge und das Fehlen von Einnahmen sind für sich betrachtet auch nicht aussagekräftig, um den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit zu ziehen, da offen bleibt, in welcher Höhe Verbindlichkeiten im Übrigen bestanden und in welcher Höhe Zahlungen geleistet wurden. Es lässt sich aus den mitgeteilten Informationen nicht darauf schließen, dass ein erheblicher Teil der offenen Verbindlichkeiten trotz Fälligkeit nicht gezahlt wurde.

Weiter zitieren die Beklagten aus dem fünften Zwischenbericht des Klägers, in dem der Kläger über erfolgreiche Anfechtungen gegenüber Sozialversicherungsträgern und dem Finanzamt berichtet. Der Hinweis auf die außergerichtlich erfolgreich erklärten Anfechtungen ersetzt nicht den Vortrag zur Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin zu den Zeitpunkten 01.11. oder 01.09.2014. Denn es ist ebenso möglich, dass die Rückerstattung durch die Sozialversicherungsträger ohne Prüfung zum Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit im Einzelnen vorgenommen worden ist, da jeweils nur berücksichtigt worden sein kann, inwiefern der jeweilige Sozialversicherungsträger als Zahlungsempfänger subjektiv Anlass hatte, an der Zahlungsfähigkeit zu zweifeln. Die ohne Rechtsstreit erfolgreich durchgesetzte Anfechtung ist mithin nicht gleichzusetzen mit der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit.

1.8.

Ist festzustellen, dass die Beklagten – im Dezember 2014 nur der Beklagte zu 2., die Beklagte zu 1. seit ihrer Bestellung zur Geschäftsführerin – trotz Eintritts der Zahlungsunfähigkeit den Insolvenzantrag nicht gestellt haben, wird ihr Verschulden vermutet. Entgegenstehendes haben die Beklagten nicht vorgetragen.

1.9.

Ausgehend vom Eintritt der Insolvenzreife am 01.12.2014 sind die zu diesem Zeitpunkt offenen Forderungen, die auch im Insolvenzverfahren angemeldet wurden, festzustellen. Dabei sind nur die unbestritten festgestellten Forderungen zu berücksichtigen. Aus- und Absonderungsrechte sind ebenfalls von dem Bestand der Altgläubiger auszunehmen, da sie vorrangig gesichert sind und am Insolvenzverfahren nur insoweit teilnehmen, als nach Verwertung der Sicherheit eine festzustellende Forderung bestehen bleibt. Dazu ist hier nichts vorgetragen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.08.2021 (Bl. 107) ausführlich zum Bestand der zum 01.01.2015 bestehenden und zur Tabelle festgestellten Forderungen vorgetragen, die er mit 514.690,79 € beziffert hat.

a.

Von dem Forderungsbestand sind mit Blick auf den Zeitpunkt der fiktiven Insolvenzantragstellung am 01.01.2014 die unter lfd Nr. 43 von dem Finanzdienstleistungsunternehmen („Firma 08“) für die („Firma 09“) angemeldeten Forderungen, soweit sie im Dezember 2015 entstanden sind, in Abzug zu bringen. Betroffen sind (K22, lfd. Nr. 43, zum Ss vom 16.08.2021) die Forderungen aus den Rechnungen Nr. … vom 30.12.2014 in Höhe von 1.436,93 €, Nr. … vom 31.12.2014 in Höhe von 2.034,19 € und Nr. … vom 10.12.2014 über 5.474 €, insgesamt 8.945,12 €.

b.

Die Forderungen der („Firma 10“) (K22, lfd. Nr. 49, zum Ss vom 16.08.2021) sind in Höhe der Hauptforderung von 25.506,77 € und in Höhe der Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes gemäß Rechnung vom 06.11.2014 in Höhe von 1.481,43 € zu berücksichtigen, ferner reduziert sich die Zinsforderung für den Zeitraum der Fälligkeit der jeweiligen Rechnungen bis zum 01.12.2014. Sie beträgt 420,74 €.

Die Differenz zu den zum 01.01.2015 aufgestellten Forderungen beläuft sich auf (28.942,96 € + 554,18 €) – (25.506,77 + 1481,43+ 420,74 €) = 2.087,24 €, die in Abzug zu bringen sind.

c.

Die Forderungen der („Firma 05“) (lfd. Nr. 93, 94, 95, 96, Anl K22 zum Ss vom 16.08.2021) sind jeweils hinsichtlich der Zinsen, die nur bis zum 01.12.2014 entstanden wären, zu reduzieren. Es ergeben sich, berechnet ab dem Datum des Zinsbeginns aus der vom Kläger vorgelegten jeweiligen Anmeldung Differenzen für die festgestellten Zinsforderungen Nr. 93 von 79,53 € (= 3.303,54 € – 3.224,01 €), Nr. 94 von 81,11 € (2.703,04 € - 2.621,93 €), Nr. 95 von 10,53 € (= 307,87 € – 297,34 €) und Nr. 96 von 6,51 € (= 71,82 € - 65,31 €), insgesamt 177,68 €, die in Abzug zu bringen sind.

d.

Die Feststellung einer Zinsforderung zur Forderung der („Firma 06“) von 2.286,65 € ergibt sich aus dem vorgelegten Tabellenblatt nicht (K22, lfd. Nr. 122, zum Ss vom 16.08.2021) und ist daher ebenfalls nicht zu berücksichtigen.

e.

Zur lfd. Nr. 148 (K22 zum Ss vom 16.08.2021) in Höhe von 25.000 €, die die Beklagten bestritten haben, hat der Kläger vorgetragen, dass es sich um die Geschäftsführervergütung für Tätigkeit handelt, die im Wege eines Dienstleistungsauftrages, der („Firma 02“), deren Anteile die Beklagte zu 1. hält, in Rechnung gestellt worden sind. Der Kläger hat nur 25.000 € zur Tabelle festgestellt. Da die Leistungen ab November 2013 bis Juni 2015 monatlich erbracht wurden, sind auf die Gesamtforderung von 20 Monaten monatlich 1.250 € festgestellt worden. Damit entfiele auf den Zeitpunkt bis zur Insolvenzreife ein Anteil für November 2013 bis einschließlich November 2014 von 13 Monaten à 1.250 € = 16.250 €. Insoweit wäre die Forderung eine Altgläubigerforderung. Dem Vortrag des Klägers sind die Beklagten nicht mehr entgegengetreten.

f.

Die Beitragsforderung zu lfd. Nr. 172 (K22, zum Ss vom 16.08.2021) der („Krankenkasse 01“) ist ausweislich der hierzu vorgelegten Unterlagen im Dezember 2014 fällig geworden. Der Betrag von 1.397,17 € ist bei fiktiver Insolvenzantragstellung am 01.12.2014 nicht zu berücksichtigen.

Ebenso ist die Beitragsforderung der („Krankenkasse 02“) über 5.509,80 € zur lfd. Nr. 175 der Tabelle (K22, zum Ss vom 16.08.2021) für Dezember 2014 erhoben und damit nicht in die Altgläubigerforderungen einzubeziehen.

Die zu lfd. Nr. 177 (K22, zum Ss vom 16.08.2021) angemeldete Forderung der („Krankenkasse 03“) über 5.988,24 € ist ausweislich der vorgelegten Anmeldung zur lfd. Nr. 177 für den Zeitraum vom 01.12.2014 bis zum 31.12.2014 entstanden. Sie ist von den Altgläubigerforderungen zu trennen.

Die Forderung der („Krankenkasse 04“), festgestellt zur lfd. Nr. 181, ist angemeldet für Sozialversicherungsbeiträge für Oktober bis Dezember 2014. Diese Forderung wurde nach erfolgreicher Anfechtung angemeldet, wie sich aus dem Anmeldungsschreiben (K22 zum Ss vom 16.08.2021) ergibt. Nach dem von den Beklagten vorgelegten Bericht zur Gläubigerversammlung am 29.09.2015 (B5, S. 29, Bl. 154 OLG) hatte die Gläubigerin eine Zahlung für Dezember 2014 in Höhe von 32.118 € erhalten, die der Kläger für anfechtbar hielt und erfolgreich angefochten hat. Dieser auf Dezember 2014 entfallende Betrag von 32.118 € ist bei fiktiver Insolvenzantragstellung am 01.12.2014 nicht zu berücksichtigen.

Ebenso muss die Anmeldung der („Krankenkasse 05“) (lfd. Nr. 185), die Forderungen von September bis Dezember 2014 betrifft (K22 zum Ss vom 16.08.2021), nach dem Bericht zur Gläubigerversammlung vom 29.09.2015 (B5, S. 29, Bl. 154 OLG) um den für Dezember 2014 gezahlten Betrag von 7.102 € zur Bestimmung der Altgläubigerforderungen am 01.12.2014 vermindert werden.

Der Betrag der Altgläubigerforderungen von 514.690,79 € reduziert sich um 74.361,90 € auf 440.328,89 €.

1.10.

Soweit der Kläger abweichend von der eigenen Darstellung zum 01.01.2015 mit Schriftsatz vom 24.11.2023 den Forderungsbestand zum 01.12.2014 auf 1.283.291,86 € beziffert und dabei sämtliche angemeldeten Sozialversicherungsbeiträge unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung berücksichtigt, steht dies, der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Forderungen bei der Geltendmachung des Quotenschadens der Altgläubiger entgegen. Soweit darin Forderungen aufgeführt werden, die in der Darstellung zum 01.01.2015 im Schriftsatz vom 16.08.2021 nicht enthalten waren, sind diese zum Teil berücksichtigungsfähig:

Die Forderung der („Firma 11“) ist in der Tabelle vom 23.11.2023 festgestellt. Zu berücksichtigen ist aber nur die Hauptforderung von 4.272, 10 € sowie Zinsen in Höhe von 8 Prozent aus diesem Betrag für den Zeitraum vom 17.09.2014 bis zum 01.12.2014, insgesamt 37,98 €. Die weiter festgestellten Kosten sind ausweislich der Anmeldung durch einen im Jahr 2015 geführten Rechtsstreit entstanden (AG Leipzig 103 C 520/15) und sind mithin nicht zu berücksichtigen. Der Senat hat der Berücksichtigung die Anmeldung vom 04.09.2015 (Anl. zum Ss vom 28.09.2022, zu lfd. Nr. 145) zugrunde gelegt.

Zu berücksichtigen ist auch die nachträglich festgestellte Forderung der („Firma 12“) über 87.649,12 € (lfd. Nr. 169 der Tabelle (K41 zum Ss vom 24.11.2023) der Rechnungen vom 13.12.2013, vom 13.01.2014, vom 21.01.2014 und vom 29.01.2014 zugrunde liegen.

Nicht zu berücksichtigen ist eine Forderung des Amtes („Ort 01“) über 18 €, die nach der vorgelegten Anmeldung (Anl zum Ss vom 28.09.2022, zu lfd. Nr. 101) für einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister am 09.03.2015 in Rechnung gestellt wurde.

Soweit der Aufstellung im Schriftsatz vom 24.11.2023 (S. 5) Forderungen der („Firma 13“) aufgeführt werden, sind festgestellte und bis zum 01.12.2014 entstandene Forderungen über den bereits berücksichtigten Betrag von 45.722,65 € hinaus weder dargelegt, noch ergeben sie sich aus den vorgelegten Anmeldungen.

1.11.

In welcher Höhe dem Forderungsbestand am 01.12.2014 Vermögen der Schuldnerin gegenüberstand, hat der Kläger demgegenüber nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Sein Vortrag aus dem Schriftsatz vom 24.11.2023, dass der Vermögensbestand 4.289.732,22 € betragen habe unter Bezugnahme auf die Summen- und Saldenliste, gibt den unter Berücksichtigung der Durchführung des Insolvenzverfahrens seit dem 01.07.2015 feststellbaren Vermögensbestand nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend wieder und setzt sich mit den Einwendungen der Beklagten, die bereits zum Vermögensstand am 01.01.2015 vorgetragen worden sind, weiterhin nicht auseinander.

Der Kläger nimmt zuletzt Bezug auf eine Summen- und Saldenliste für November 2014 (K45, Bl 371 ff OLG) und trägt vor, dass der Vermögensbestand zum 01.12.2014 sich aus dem darin jeweils angegebenen neuen Saldo ergebe, zum Vermögensbestand gehörte danach ein Forderungsbestand von 1.311.852,74 € und bewegliches Anlagevermögen im Wert von 205.697,61 €. Der Beklagte hat die angegebenen Salden bestritten. Der vom Kläger angebotene Beweis, dass sich die Salden aus der Buchhaltung der Schuldnerin ergäben, ist nicht zu erheben, da der Kläger sich nicht mit den gegen die Ansätze aus der Buchhaltung erhobenen Einwendungen, die die Beklagten bereits gegen die von ihm vorgelegte Bilanz zum 01.01.2015 erhoben haben und die auch bei Annahme des Insolvenzeintritts einen Monat zuvor erheblich sind, auseinandersetzt. Seiner Pflicht zur Darlegung der hypothetisch zu erzielenden Masse unter Einbeziehung der inzwischen erlangten Erkenntnisse (vgl. BGHZ 138, 211) genügt der Kläger damit nicht.

Die Beklagten haben vorrangig den Einwand erhoben, dass Insolvenz bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten sei, zugleich aber vorsorglich zu den Wertansätzen des Klägers vorgetragen, dass die Werte, die sich allein auf die Buchhaltung beziehen, nicht aus einer körperlichen Bestandsaufnahme resultierten, die der Kläger jedenfalls ausgehend von seinen Feststellungen nach Insolvenzeröffnung hätte ergänzen können. So sei die Büro- und Geschäftsausstattung mit 736 € für die EDV und 214.498 € für die Sachanlagen überbewertet. Die Beklagten haben auf die Ausführungen des Klägers im Bericht zur Gläubigerversammlung vom 29.09.2015 (Bl. 145R ff. OLG) Bezug genommen und haben zudem seinen 5. Zwischenbericht vom 16.04.2019 (B12, Bl. 304 ff. OLG) vorgelegt, der ein bewegliches Anlagevermögen von 168.430 € nach freihändigem Verkauf erwähnt (Bl. 305R OLG). Auch wenn man diese Beträge der Prüfung des fiktiven Vermögensbestandes bei Beantragung des Insolvenzverfahrens am 01.12.2014 zugrunde legt, lässt sich das vorhandene Vermögen nicht zuverlässig feststellen, da die Beklagten mit Blick auf den weiteren Verlauf der Unternehmensführung im ersten Halbjahr 2015 auch den Bestand der unfertigen Erzeugnisse und den Warenbestand im Einzelnen bestritten und eingewandt haben, dass die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vorgetragen und mit Liquidationswerten angesetzt werden müssten (Bl. 134, 135 OLG). Auch insoweit haben sie auf die eigenen Ausführungen des Klägers im Bericht zum Prüfungstermin vom 29.09.2015 Bezug genommen, wonach der Warenbestand für die Ausführung laufender Aufträge benötigt wurde. Sie haben eingewandt, dies stehe einer Schadensentstehung entgegen, da auch bei Insolvenzantragstellung am 01.01.2015 mit einem Verbrauch des Warenbestandes zu rechnen gewesen wäre und der Bestand als Vermögen die Insolvenzquote für die Altgläubiger mithin nicht erhöht hätte. Es fehlt an Ausführungen des Klägers dazu, inwieweit von einer Verwertung des Warenlagers, das er mit 2.448.558,80 € zum 01.12.2014 angibt, bei Insolvenzeröffnung zu diesem Datum auszugehen gewesen wäre.

Der Kläger hat zudem nicht aufgrund der Feststellungen im Insolvenzverfahren zum Forderungsbestand vorgetragen und Beweis angeboten. Die Beklagten haben hierzu eingewandt, dass der Forderungsbestand, der mit 1.492.303,66 € zum 01.01.2015 und im Schriftsatz vom 24.11.2023 mit 1491.622,27 € angegeben worden ist, nicht nachvollziehbar sei und zudem nach dem Bericht des Klägers im Insolvenzverfahren Forderungen, da sie überfällig und nicht erfolgreich durchzusetzen waren, nur im Umfang von 194.831,92 € realisiert werden konnte, obwohl die Forderungen in der Buchhaltung mit 746.204,64 € angegeben waren (Bl. 148 OLG). Das Debitorenkonto ist in der Summen- und Saldenliste (Bl. 375) zum 01.01.2014 nur auszugsweise mit dem Endsaldo vorgelegt. Inwieweit aufgrund des späteren Geschäftsverlaufs die Bewertungen in der Buchhaltung sich bestätigten, was die Beklagten bestritten haben, bleibt offen. Der Kläger ist mit Beschluss vom 21.03.2022 (Ziff. III.5., Ziff. IV.) darauf hingewiesen worden, dass er zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und dem fiktiven Verlauf des Insolvenzverfahrens nach Liquidationswerten vortragen und auch die maßgeblichen Verhältnisse zum Schluss der mündlichen Verhandlung einbeziehen muss. Dies betrifft den Stand des geführten Insolvenzverfahrens aber wirkt sich – wie die Einwendungen der Beklagten deutlich machen – auch auf den möglichen Verlauf des fiktiv durchzuführenden Insolvenzverfahrens aus. Der Kläger trägt hierzu aber - schadenserhöhend - den idealen Fall der Verwertung des Vermögens zu Buchwerten vor, auch nachdem die Beklagten den Vortrag erheblich angegriffen haben. Sein Vortrag, auch zu Liquidationswerten ergäben sich keine nennenswerten Abweichungen, setzt sich mit den Einwendungen nicht auseinander.

Dem Senat ist es nicht möglich, eine Grundlage für die Berechnung einer fiktiven Insolvenzquote festzustellen, die den möglichen Verlauf des Insolvenzverfahrens plausibel macht. Die Schadensberechnung des Klägers führt so zu erheblichen Unterschieden im Vergleich zur Berechnung der Quote im tatsächlich geführten Insolvenzverfahren, in dem er die tatsächlich erzielten, deutlich geringeren Vermögensbestände im Vergleich zu den Buchwerten zugrunde legt und in großzügigem Umfang Abzüge für Prozesskosten einberechnet.

2.

Die Anträge auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten in Bezug auf einen möglicherweise eintretenden weiteren Quotenschaden und auf das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sind unbegründet, da der Eintritt eines Quotenschadens insgesamt nicht ausreichend dargelegt worden ist.

3.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 2, § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für die Berechnung des Quotenschadens der Altgläubiger sind vom Bundesgerichtshof entschieden.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird gemäß § 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO wie folgt festgesetzt:

Der Wert des Verfahrens 7 U 175/19 bis zum 18.10.2021 beträgt 230.000 €, der Wert des Verfahrens 7 U 168/20 2.305.173,07 €; ab dem 19.10.2021 beträgt der Wert für das verbundene Verfahren 7 U 175/19 2.120.319 €. Hinsichtlich des Feststellungsantrages zu Ziff. 6. hat der Senat feststellungsbedingt einen Abschlag von 20 % der Forderung angenommen. Einen Wert für die Feststellung der Ersatzpflicht wegen eines weiteren Quotenschadens hat der Senat nicht angesetzt, da er den Eintritt über die bezifferte Summe hinaus nicht als wahrscheinlich ansieht.