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Entscheidung 7 W 107/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 25.10.2023
Aktenzeichen 7 W 107/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:1025.7W107.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. August 2023 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Antragstellerin angestrebte Berichtigung des abgeschlossenen Geburtseintrages (§ 48 I PStG) kommt nicht in Betracht. Das Standesamt hat bei der Beurkundung der Geburt des Kindes der Antragstellerin den Beteiligten zu 5, der die Vaterschaft anerkannt hat, zutreffend nicht als Vater in das Geburtenregister eingetragen.

Als Vater ist in das Geburtenregister der Mann einzutragen, dessen Vaterschaft auf der Anwendung des materiellen Abstammungsrechts beruht. Der Vaterschaft des Beteiligten zu 5 auf Grund der von ihm erklärten Anerkennung steht gemäß § 1594 II BGB entgegen, dass gewichtige, nicht widerlegte Anhaltspunkte dafür bestehen, die Antragstellerin könne zur Zeit der Geburt verheiratet gewesen sein, so dass die gegenüber der Anerkennung vorrangige Vaterschaft des Ehemannes gemäß § 1592 Nr. 1 BGB besteht.

Das Vorrangverhältnis, das nach materiellem Abstammungsrecht (§ 1594 II BGB) zwischen der Vaterschaft auf Grund einer Ehe und auf Grund eines Anerkenntnisses besteht, wirkt auch personenstands- und verfahrensrechtlich: Die Vaterschaft auf Grund eines Anerkenntnisses darf nur eingetragen werden, wenn ausgeschlossen ist, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen als dem anerkennenden Mann verheiratet war.

Bestehen über den Bestand einer Ehe Zweifel, darf der Standesbeamte den anerkennenden Vater nicht eintragen. Damit die generelle Schwierigkeit, eine Nichttatsache - hier: das Nichtbestehen einer Ehe - mit Urkunden zu belegen oder im Gerichtsverfahren zu beweisen, nicht dazu führt, gar keinen Vater einzutragen - nicht den anerkennenden Vater und nicht den etwa unbekannten Mann, mit dem die Eheschließung eventuell ebenfalls nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist -, darf die Eintragung des anerkennenden Mannes nur dann abgelehnt werden, wenn für den Bestand einer Ehe zur Zeit der Geburt konkrete Anhaltspunkte bestehen, also nicht nur ganz ungesicherte Vermutungen und nicht nur formell und inhaltlich vage Hinweise, die sich aus den geführten Akten ergeben (vgl. OLG München, FGPrax 2006, 19, 20; OLG Hamm, FamRZ 2006, 1215 f.; OLG Karlsruhe, StAZ 2014, 210; OLG Oldenburg, FamRZ 2020, 1476, 1477).

Die Eintragung des Vaters zweier in K… geborener Kinder der Antragstellerin in die dort ausgestellten Geburtsurkunden ohne Hinweis auf eine Anerkennung bieten konkrete Anhaltspunkte, die auf das Bestehen einer Ehe hinweisen. Es besteht mehr als nur eine theoretische Möglichkeit, dass diese Eintragungen zutreffen könnten.

Den entgegenstehenden, gegen eine Ehe sprechenden Aspekten kommt eine allenfalls gleichgewichtige Überzeugungskraft zu. Nach der Auskunft der deutschen Botschaft in K…, an deren Sachkunde nicht gezweifelt werden muss, weist die Eintragung eines Vaters ohne den Vermerk einer Vaterschaftsanerkennung darauf hin, die Eltern seien verheiratet; dann nämlich beruhe - wie nach § 1592 Nr. 1 BGB - die Vaterschaft auf der Ehe. Es mag rätselhaft bleiben, weshalb derselbe Mann bei zwei weiteren Kindern der Antragstellerin auf Grund einer Anerkennung als Vater in die Geburtskurkunden aufgenommen wurde und jeweils zwei Eintragungen vermeintlich anerkannter und vermeintlich auf der Ehe beruhender Vaterschaften in der Geburtenfolge abwechseln. Die dadurch begründeten Zweifel sowohl gegenüber dem einen als auch gegenüber dem anderen Rechtsgrund der Vaterschaft lassen sich indes nicht mit besserer Gewissheit zu Gunsten der Vaterschaft kraft Anerkennung auflösen als zu Gunsten der Vaterschaft kraft Ehe.

Das gilt auch, wenn zusätzlich berücksichtigt wird, dass die Aufnahme einer Vaterschaftsanerkennung irrtümlich unterblieben sein könnte und dass Eltern, wie die Botschaft es ebenfalls für möglich gehalten hat, fehlerhaft wie verheiratet in die Geburtsurkunde eingetragen werden können. Noch immer spricht danach nicht mehr oder Überzeugenderes für als gegen eine Ehe, die zur Eintragung ohne Hinweis auf eine Anerkennung geführt haben kann.

Die Angaben, die die Ausländer- und die Einwohnermeldebehörden zum Familienstand der Antragstellerin aufgenommen und in Verzeichnissen gespeichert haben, geben keine sichere Antwort auf die Frage, ob die Antragstellerin verheiratet ist oder war. Die Ausländerbehörde hat auf die Nachfragen des Amtsgerichts angegeben, welche Behörden die Angaben „ledig“ und „geschieden“ aufgenommen haben (Bl. 52 AG). Aber es ist unklar geblieben, ob Angaben der Antragstellerin oder andere vermeintliche Belege verwendet wurden. Die gespeicherten Angaben sprechen, weil ihre Herkunft und eine etwaige Überprüfung ungewiss geblieben ist, weder überzeugend für noch gegen eine Eheschließung und mithin nicht gegen die Möglichkeit, die Antragstellerin sei noch verheiratet.

Die Ledigkeitsbescheinigungen gewinnen in dieser unklaren Lage kein überzeugendes Gewicht. Sie werden - so die Auskunft der Botschaft - nicht auf Grund von Personenstandsurkunden ausgestellt, sondern beruhen auf Zeugenaussagen. Die Botschaft hat dazu mitgeteilt, es sei als verbreitete Praxis bekannt, Ledigkeitsbescheinigungen auf Grund unrichtiger Gefälligkeitsaussagen auszustellen.

Ob sich die Erklärung der Antragstellerin vom 21. August 2023 (Anlage zur Beschwerdeschrift, Bl. 106 AG) als eidesstattliche Erklärung eignet, obwohl die Verlässlichkeit der Übersetzung ins Französische nicht gesichert ist, kann offenbleiben. Die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin ist belastet durch die von der deutschen Botschaft in K…vermittelte Erkenntnis, die von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden (Geburtsurkunde, Taufbescheinigung, Schulregistereintragung) seien gefälscht oder auf verfahrensrechtlich unzulässige Weise erstellt. Bestehen schon deshalb ernste Zweifel an der Redlichkeit der Antragstellerin im Umgang mit den Behörden, die ihren und den Personenstand ihrer Kinder zu prüfen haben, so belastet sie zusätzlich die mehr als nur zu vermutende Absicht, durch unrichtige Angaben ihren aufenthaltsrechtlichen Status günstiger zu gestalten, nämlich durch die Anerkennung der Vaterschaft durch einen Deutschen - wie den Beteiligten zu 5. Diese Konstellation begründet keine Gewissheit, die Antragstellerin gebe alles Maßgebliche zu ihren Gunsten falsch an, aber sie weist doch auf ein Interesse hin, eine tatsächlich bestehende Ehe zu verschweigen, um der Vaterschaftsanerkennung so zur Wirksamkeit zu verhelfen (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2006, 1215, 1216). Die Zweifel, die darauf hindeuten, die Antragstellerin könnte verheiratet sein, werden auf diese Weise jedenfalls nicht zerstreut, und diese konkret begründeten Zweifel allein tragen die Entscheidung des Standesamtes, die Eintragung des anerkennenden Vaters abzulehnen.

Der somit fraglich gebliebene Bestand einer Ehe kann weder durch das Standesamt (§ 9 PStG) noch durch die befassten Gerichte (§§ 51 I 1 PStG, 26 FamFG) weiter aufgeklärt werden. Es sind - entgegen den mit der Beschwerde vorgetragenen Anregungen der Antragstellerin - keine erfolgversprechenden Möglichkeiten ersichtlich, durch eine Anhörung der Antragstellerin oder durch ein erneutes Auskunftsersuchen an die Botschaft zu weiteren oder besseren Erkenntnissen zu gelangen. Die Behauptungen und Erkenntnisse sind vollständig aktenkundig geworden, als aus Anlass der Beurkundung des 2017 geborenen Kindes der Antragstellerin die gleichen Aspekte aufzuklären waren wie heute. Die damals entstandenen Akten sowohl des Standesamtes als auch des Amtsgerichts sind beigezogen worden; sie sind Grundlage auch der hier getroffenen Entscheidung.

Mit dem ungewissen Bestand einer Ehe zur Zeit der Geburt des Kindes bleibt auch der Zusatz zutreffend, die Namensführung sei nicht nachgewiesen, weil offenbleiben muss, ob die Antragstellerin den Namen des Kindes allein bestimmen durfte oder ob es einer gemeinsamen Bestimmung durch beide Eheleute bedurft hätte (§ 1617 BGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 51 I 1 PStG, 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf den §§ 79 I, 36 III GNotKG.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 51 I 1 PStG, 70 II FamFG), besteht nicht.