Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 28.03.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 S 79.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 146 Abs 4 S 3 VwGO, § 146 Abs 4 S 5 VwGO, § 42a VwVfG, § 70 Abs 2 BauO BE, § 70 Abs 3 BauO BE, § 70 Abs 4 BauO BE, § 79 S 1 BauO BE, § 36 Abs 1 BauGB |
1. Die einmonatige Frist für den Eintritt der Baugenehmigungsfiktion im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 70 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 70 Abs. 3 Satz 1 BauOBln) beginnt gemäß § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln erst, sobald die notwendigen Stellungnahmen der nach § 70 Abs. 2 Satz 1 BauOBln zu beteiligenden Behörden oder sonstigen Stellen bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen sind oder deren Zustimmung gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 BauOBln als erteilt gilt.
2. Bedarf es keiner Beteiligung anderer Behörden oder sonstiger Stellen, so beginnt die Frist für die Baugenehmigungsfiktion mit der schriftlichen Bestätigung durch die Bauaufsichtsbehörde, dass der Bauantrag vollständig ist, oder mit dem Eingang der von der Bauaufsichtsbehörde nachgeforderten oder auf ihr Verlangen nachgebesserten Unterlagen. Hat die Bauaufsichtsbehörde weder die Vollständigkeit der Bauvorlagen bestätigt noch den Antragsteller zur Mängelbehebung aufgefordert, so beginnt die Frist mit dem Eintritt der Vollständigkeitsfiktion nach § 70 Abs. 4 Satz 2 BauOBln.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. August 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist aus den vom Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfenden Beschwerdegründen nicht zu beanstanden.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde zunächst gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die erforderliche Baugenehmigung für die streitige Werbeanlage gelte nicht aufgrund der Genehmigungsfiktion des § 70 Abs. 4 Satz 3 BauOBln als erteilt. Weder trifft es zu, dass § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht anwendbar ist (a), noch ist der Beschwerde darin zu folgen, Stellungnahmen des Stadtplanungsamts fielen nicht darunter (b). Letztlich kommt es auf die vom Verwaltungsgericht als maßgeblich erachtete Stellungnahme des Stadtplanungsamts indes nicht an, denn die der Bauaufsichtsbehörde eingeräumte Bearbeitungsfrist ist auch unabhängig davon gewahrt (c).
a) Zu Unrecht macht die Antragstellerin geltend, die Vorschrift des § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln, wonach die in § 70 Abs. 3 Satz 1 BauOBln geregelte Bearbeitungsfrist beginnt, sobald alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Nachweise vorliegen, sei auf die Frist für die Baugenehmigungsfiktion im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 70 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 BauOBln) nicht anwendbar.
Nach Satz 3 Halbsatz 1 des hier noch in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Bauordnung für Berlin und des Denkmalschutzgesetzes Berlin vom 8. Juli 2010 (GVBl. S. 396) geltenden Fassung zugrunde zu legenden § 70 Abs. 4 BauOBln gilt die Baugenehmigung als erteilt, wenn im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht innerhalb einer Frist nach Absatz 3 Satz 1 entschieden worden ist. Danach entscheidet die Bauaufsichtsbehörde über den Bauantrag innerhalb einer Frist von einem Monat. Auch wenn in § 70 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 BauOBln lediglich auf § 70 Abs. 3 Satz 1 BauOBln, nicht aber auch ausdrücklich auf die Bestimmung des § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln zum Fristbeginn verwiesen wird, ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, dass auch diese Regelung für den Eintritt der Genehmigungsfiktion maßgeblich ist (so auch Dageförde in: Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer/Broy-Bülow, Bauordnung für Berlin, 6. Aufl. 2008, § 70 Rn. 15). Die einmonatige Bearbeitungsfrist beginnt deshalb nicht zu laufen, solange die erforderliche Stellungnahme anderer Behörden oder sonstiger Stellen noch fehlt und ihre Zustimmung auch nicht durch eine Zustimmungsfiktion ersetzt ist. Dafür spricht bereits, dass die Regelung des § 70 Abs. 3 Satz 1 BauOBln durch die im nachfolgenden Satz enthaltene Vorschrift zum Fristbeginn ihre notwendige Ergänzung erfährt, weshalb beide Regelungen in einem engen Zusammenhang stehen. Es hätte daher der ausdrücklichen Bestimmung eines anderen Anknüpfungszeitpunkts bedurft, wenn der Gesetzgeber trotz der Bezugnahme auf § 70 Abs. 3 Satz 1 BauOBln den Fristbeginn hätte anders regeln wollen. Eine derartige Regelung ist aber nicht ersichtlich.
Für die These der Antragstellerin, der Fristbeginn für die Genehmigungsfiktion sei stets mit dem Zeitpunkt der Bestätigung der Vollständigkeit der Unterlagen durch die Bauaufsichtsbehörde bzw. mit dem Eintritt der Vollständigkeitsfiktion nach § 70 Abs. 4 Satz 2 BauOBln anzusetzen, gibt es keine hinreichende Grundlage. Die Regelung zur Vollständigkeitsfiktion dient nach der Gesetzesbegründung (AbgH-Drs. 15/3926, S. 130) dazu, die Bauaufsichtsbehörde anzuhalten, unmittelbar nach der Vollständigkeitsprüfung des Bauantrags die Bauherrin oder den Bauherrn über deren Ergebnis zu informieren und so für ein zügiges Verwaltungsverfahren zu sorgen. Allerdings ergibt die Bezugnahme in § 70 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 BauOBln auf § 70 Abs. 2 Satz 3 BauOBln, dass es im Falle eines Beteiligungsverfahrens (§ 70 Abs. 2 BauOBln) zu einer Verlängerung der Bearbeitungsfrist kommt, wenn die beteiligte Behörde oder sonstige Stelle zusätzliche Unterlagen oder Angaben nachfordert. Dies wird in der Gesetzesbegründung (a.a.O., S. 130) damit gerechtfertigt, dass die Zuständigkeit für die Frage, ob der Bauantrag für die Beurteilung durch eine beteiligte Behörde oder sonstige Stelle vollständig ist, allein bei dieser liegen soll. Mit diesem Ansatz vertrüge es sich aber nicht, die Bearbeitungsdauer bei den beteiligten Behörden oder sonstigen Stellen auf die der Bauaufsichtsbehörde eingeräumte Bearbeitungszeit anzurechnen. Zudem enthält die Bauordnung mit der in § 70 Abs. 2 Satz 2 BauOBln angeordneten Zustimmungsfiktion eine gesonderte Regelung zur Beschleunigung des Beteiligungsverfahrens, die überflüssig wäre, wenn es für den Beginn der Bearbeitungsfrist dort stets nur auf die Frist nach § 70 Abs. 4 Satz 2 BauOBln ankäme. Die Verweisung in § 70 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 BauOBln auf § 70 Abs. 2 Satz 3 BauOBln und damit auf § 70 Abs. 2 Satz 2 BauOBln zeigt aber, dass die Zustimmungsfiktion auch für das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren von Bedeutung ist.
Ebenso wenig überzeugt die Ansicht der Antragstellerin, die Frist für die Genehmigungsfiktion beginne nach § 42 a Abs. 2 Satz 2 VwVfG mit dem Eingang der vollständigen Unterlagen. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, die mit Wirkung vom 18. Dezember 2008 (4. VwVfÄndG vom 11. Dezember 2008, BGBl. S. 2418) in das Verwaltungsverfahrensgesetz eingefügte und aufgrund der dynamischen Verweisung in § 1 Abs. 1 VwVfGBln auch für die Berliner Verwaltung geltende Vorschrift des § 42 a VwVfG ergänzend neben den in § 70 Abs. 4 BauOBln getroffenen Bestimmungen zur Genehmigungsfiktion heranzuziehen. Die in § 42 a VwVfG geregelten allgemeinen Grundsätze gelten jedoch nur, wenn die Genehmigungsfiktion fachgesetzlich angeordnet und soweit dort nichts Abweichendes geregelt ist (vgl. BT-Drs. 16/10493, S. 13; Guckelberger, DÖV 2010, S. 109, 113). Die Bauordnung enthält für den Fristbeginn nach den obigen Ausführungen jedoch in § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln eine speziellere Regelung, die einem Rückgriff auf § 42 a Abs. 2 Satz 2 VwVfG entgegen steht.
Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht aus dem Hinweis der Antragstellerin auf die mit der Anknüpfung des Fristbeginns an das Vorliegen der notwendigen Stellungnahmen und Nachweise (§ 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln) möglicherweise verbundene Intransparenz für den Bauantragsteller (vgl. dazu Hullmann/Zorn, NVwZ 2009, S. 756, 758), der nach der gesetzlichen Regelung durch den gemäß § 70 Abs. 4 Satz 4 BauOBln (inzwischen § 70 Abs. 4 Satz 5 BauOBln n.F.) eingeräumten Anspruch auf schriftliche Bestätigung des Eintritts der Genehmigungsfiktion Rechnung getragen wird.
b) Nicht zu überzeugen vermag auch die Ansicht der Antragstellerin, Stellungnahmen, die das Bau- und Wohnungsaufsichtsamt des Bezirksamtes im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren bei dem ebenfalls dem Bezirksamt angehörenden Stadtplanungsamt einhole, seien nicht im Sinne des § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln notwendig.
Zwar dürfte es zutreffen, dass die Beteiligung des Stadtplanungsamts durch das Bauaufsichtsamt keinen von § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauOBln erfassten Fall einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Beteiligung darstellt (vgl. zur Unanwendbarkeit des § 36 Abs. 1 BauGB im Hinblick auf die fehlende rechtliche Trennung von staatlicher und gemeindlicher Verwaltung nach § 1 AZG Dageförde, a.a.O., § 70 Rn. 8; anders dagegen die Gesetzesbegründung, AbgH-Drs. 15/3926, S. 129). Hierauf stellt das Verwaltungsgericht, das die Möglichkeit einer Subsumtion unter § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauOBln ausdrücklich unentschieden lässt, aber nicht ab.
Soweit die Antragstellerin einwendet, das Planungsamt sei auch nicht nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauOBln zu beteiligen, setzt sie sich nicht mit der Erwägung des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach sich die Notwendigkeit einer Stellungnahme des Stadtplanungsamtes daraus ergebe, dass sonst die Genehmigungsfähigkeit der Werbeanlage im Verfahren nach § 64 BauOBln wegen des im Wesentlichen auf planungsrechtliche Gesichtspunkte beschränkten Prüfprogramms nicht beurteilt werden könne. Soweit sie geltend macht, die Stellungnahme des Planungsamtes sei zwar als Entscheidungshilfe für die Bauaufsichtsbehörde unter Umständen wichtig, diese dürfe sich aber auch ohne oder sogar gegen eine Stellungnahme des Stadtplanungsamtes entscheiden, verengt sie den Kreis der nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauOBln zu beteiligenden Stellen in einer aus der gesetzlichen Regelung nicht ableitbaren Weise. Vielmehr rechtfertigt bereits der Umstand, dass die fachliche Zuständigkeit für die Beurteilung bauplanungsrechtlicher Fragen innerhalb des Bezirksamts bei einer anderen Organisationseinheit liegt als dem die Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde wahrnehmenden Bauaufsichtsamt, die Annahme einer notwendigen Beteiligung nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauOBln.
Ebenso wenig greift der Einwand durch, bei dem Stadtplanungsamt handele es sich weder um eine Behörde noch um eine sonstige Stelle im Sinne des § 70 Abs. 2 Satz 1 BauOBln. Zwar dürfte der Antragstellerin darin zu folgen sein, dass das Stadtplanungsamt keine andere Behörde im Sinne der genannten Regelung ist, denn der dort zugrundegelegte Behördenbegriff dürfte sich mit dem des § 1 Abs. 4 VwVfG decken, wonach bei einer Behörde eingerichtete Abteilungen oder Ämter, deren Tätigkeit nach außen der Gesamtbehörde zugerechnet wird, nicht selbst Behörden sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 1 Rn. 53). Das Verwaltungsgericht hat jedoch zutreffend darauf abgestellt, dass sich das Beteiligungsverfahren nach § 70 Abs. 2 Satz 1 BauOBln auch auf sonstige Stellen beziehen kann. Darunter fallen auch fachliche Untergliederungen von Behörden (vgl. Dageförde, a.a.O., § 70 Rn. 1).
Schließlich überzeugt auch der – bereits zur Bestimmung des Fristbeginns nach § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln vorgetragene – Einwand der Antragstellerin nicht, da die Beteiligung des Stadtplanungsamtes nicht unter § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauOBln subsumiert werden könne und demnach die Zustimmungsfiktion nach § 70 Abs. 2 Satz 2 BauOBln nicht eingreife, könne dessen Stellungnahme nicht maßgeblich sein, da sonst die der Bauaufsichtsbehörde eingeräumte Bearbeitungsfrist faktisch unbegrenzt wäre. Zwar mag man in dem Fehlen einer Fiktionsregelung entsprechend § 70 Abs. 2 Satz 2 BauOBln für die Fälle des § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauOBln eine Schwäche der gesetzlichen Regelung sehen. Diese lässt sich jedoch nicht im Wege der Auslegung korrigieren.
c) Im Ergebnis ohne Erfolg wendet die Antragstellerin schließlich ein, jedenfalls sei die vom Verwaltungsgericht für den Fristbeginn zugrundegelegte, beim Bauaufsichtsamt am 18. November 2011 eingegangene zweite Stellungnahme des Planungsamts keine nach § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln notwendige Stellungnahme gewesen. Hierauf kommt es letztlich nicht an, da die der Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren eingeräumte einmonatige Bearbeitungsfrist auch dann gewahrt ist, wenn man davon ausgeht, eine erneute Beteiligung des Planungsamtes sei nicht erforderlich gewesen, und demgemäß den Fristbeginn mit dem Eintritt der Vollständigkeitsfiktion nach § 70 Abs. 4 Satz 2 BauOBln ansetzt.
Allerdings ist der Beschwerde darin Recht zu geben, dass es zu der erneuten Beteiligung des Stadtplanungsamtes überhaupt erst infolge der Anhörung der Antragstellerin zu der beabsichtigten Versagung der beantragten Baugenehmigung gekommen ist, dass aber ohne die Anhörung und die daraufhin erfolgte Stellungnahme der Antragstellerin vom 11. November 2009 eine erneute Beteiligung des Planungsamts hätte unterbleiben können. Soweit sich das Verwaltungsgericht demgegenüber darauf gestützt hat, das Planungsamt sei im Baugenehmigungsverfahren, das von dem vorangehenden Anzeigeverfahren zu unterscheiden sei, nur einmal und nicht wiederholt beteiligt worden, weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass die erste Stellungnahme des Stadtplanungsamts vom 15. September 2009 dem Bauaufsichtsamt bereits vor Beginn des durch die am 13. Oktober 2009 eingegangene Erklärung der Antragstellerin nach § 63 Abs. 4 Satz 3 BauOBln eingeleiteten vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens vorlag und von dem Bauaufsichtsamt selbst im Rahmen über die Anhörung zu der beabsichtigten Versagung der Baugenehmigung in dieses Verfahren eingeführt worden ist.
Ebenso ist der Beschwerde darin zuzustimmen, dass es im Hinblick auf die in § 28 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG enthaltene Ausnahmebestimmung, die gerade auch auf gesetzliche Handlungsfristen abzielt, deren Ablauf eine Genehmigungsfiktion zur Folge hat (vgl. Bonk/Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 28 Rn. 54), im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren wegen der dort geltenden engen Bearbeitungsfristen grundsätzlich keiner Anhörung bedarf. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs ist der Bauantragsteller im Hinblick auf die gesetzlich intendierte Beschleunigung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens vielmehr regelmäßig auf die Möglichkeit des Widerspruchs zu verweisen.
Ob die zweite Stellungnahme des Stadtplanungsamtes unter diesen Umständen im Sinne des § 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln notwendig war, kann indes unentschieden bleiben, denn die einmonatige Bearbeitungsfrist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 BauOBln wäre durch die Zustellung des Versagungsbescheides am 30. November 2009 auch sonst gewahrt gewesen. Die Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion beginnt, wenn nicht wegen der erforderlichen Beteiligung anderer Behörden oder sonstiger Stellen notwendige Stellungnahmen oder Nachweise fehlen (§ 70 Abs. 3 Satz 2 BauOBln), entweder mit der schriftlichen Bestätigung durch die Bauaufsichtsbehörde, dass der Bauantrag vollständig ist (§ 70 Abs. 1 Satz 2 BauOBln), oder – wenn die Behörde den Bauantragsteller gemäß § 70 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 70 Abs. 1 Satz 3 BauOBln zur Behebung von Mängeln aufgefordert hat – mit dem Eingang der nachgeforderten bzw. nachgebesserten Unterlagen oder Angaben. Bestätigt die Bauaufsichtsbehörde – wie im vorliegenden Fall – innerhalb der ihr durch § 70 Abs. 4 Satz 3 BauOBln zur Vollständigkeitsprüfung eingeräumten Frist nicht (ausdrücklich) die Vollständigkeit der Bauvorlagen und fordert sie den Bauantragsteller auch nicht nach § 70 Abs. 1 Satz 3 BauOBln zur Mängelbehebung auf, so beginnt die einmonatige Frist für die Genehmigungsfiktion dagegen mit dem Eintritt der Vollständigkeitsfiktion nach § 70 Abs. 4 Satz 2 BauOBln, nämlich drei Wochen nach Antragseingang (hier: 13. Oktober 2009). Das war hier der 3. November 2009, so dass die Genehmigungsfiktion erst am 3. Dezember 2009 eingetreten wäre.
2. Zu Unrecht wendet sich die Antragstellerin des Weiteren dagegen, dass das Verwaltungsgericht die Beseitigungsverfügung allein aufgrund formeller Illegalität als gerechtfertigt angesehen hat.
a) Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 13. Juni 2008 – OVG 2 S 45.08 –, juris; vgl. zuletzt Beschluss vom 2. November 2010 – OVG 2 S 74.10 –) verweist, wonach bei Werbeanlagen in der Regel allein die Erfüllung des Tatbestandes der formellen Illegalität den Erlass einer Beseitigungsanordnung rechtfertigt, ohne dass es weitergehender Ermessenserwägungen bedarf, tritt dem die Beschwerde mit der nicht näher substantiierten Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag sowie auf den Wortlaut des Gesetzes bereits nicht in einer dem Darlegungs- und Auseinandersetzungsgebot nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise entgegen.
b) Ebenso wenig zeigt die Antragstellerin mit ihren Hinweisen darauf, dass es sich nicht um eine Anlage zur Fremdwerbung handele und dass für das Plakat viele Monate vor Erlass der Beseitigungsanordnung ein Genehmigungsantrag gestellt worden sei, einen dem Rückgriff auf diese Rechtsprechung entgegenstehenden Sonderfall auf.
Dafür, dass die Beseitigung von Werbeanlagen regelmäßig bereits wegen formeller Baurechtswidrigkeit angeordnet werden darf, spricht maßgeblich, dass der in § 79 Satz 1 BauOBln enthaltene Halbsatz „wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können“ nicht etwa die Beseitigungsanordnung generell davon abhängig macht, dass die Anlage auch materiell baurechtswidrig ist, sondern als Hinweis auf die aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot abzuleitenden Anforderungen an den Erlass einer Beseitigungsverfügung verstanden werden muss (vgl. Finger/Löbbecke, VBlBW 2007, 166). Diese führen zwar bei der Mehrzahl der baulichen Anlagen zur Notwendigkeit, auch die materielle Baurechtmäßigkeit zu prüfen, da im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Abwägung mit dem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Erhaltungsinteresse des Bauherrn geboten ist, gegenüber dem allein das Ziel, die formellen baurechtlichen Anforderungen durchzusetzen, den mit einer Beseitigungsanordnung verbundenen Eingriff in die Bausubstanz im Regelfall nicht zu rechtfertigen vermag. Anders fällt die Abwägung dagegen regelmäßig bei Werbeanlagen aus, die typischerweise ohne bzw. ohne nennenswerten Substanzverlust und ohne großen Aufwand ab- und (nach erfolgreichem Genehmigungsantrag) wieder aufgebaut werden können, und bei denen eine Beseitigungsanordnung deshalb einer bloßen Nutzungsuntersagung gleichkommt.
Entscheidend ist deshalb nicht, ob es sich um eine Werbeanlage der Fremd- oder Eigenwerbung handelt und ob der Bauherr vor der formell illegalen Errichtung der Anlage vergeblich einen Bauantrag gestellt hat oder nicht. Maßgebend ist vielmehr, ob es sich – wie typischerweise bei Werbeanlagen – bei der Beseitigungsanordnung um einen weniger schwerwiegenden und deshalb – gemessen an dem Ziel, die formellen baurechtlichen Anforderungen, insbesondere die Einhaltung eines der präventiven Kontrolle dienenden Genehmigungsverfahrens durchzusetzen – verhältnismäßigen Eingriff handelt. Dies wird durch die vorgetragenen Beschwerdegründe, auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin genannten Kosten für ein Auf- und Abhängen des Plakats in Höhe von ca. drei- bis viertausend Euro, nicht überzeugend infrage gestellt.
c) Das Vorbringen der Antragstellerin genügt schließlich nicht, um die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Anlage sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig, in Zweifel zu ziehen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich die Beschwerde lediglich mit der Frage einer Verletzung des Verunstaltungsverbots, nicht jedoch mit der vom Verwaltungsgericht ebenfalls als mögliche Grundlage für eine Versagung der Baugenehmigung angesprochenen Bestimmung des § 7 Nr. 5 BO 58 auseinandersetzt. Davon abgesehen reichen die Darlegungen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht aus, den vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstoß gegen das anlagenbezogene Verunstaltungsverbot gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 BauOBln als offensichtlich unbegründet zu entkräften. So kommt es auch insoweit nicht maßgebend darauf an, ob eine Fremd- oder Eigenwerbung vorliegt. Ferner verhalten sich die allein auf das Größenverhältnis von Werbeplakat und Fassadenfläche abstellenden Erwägungen nicht zu der vom Verwaltungsgericht als repräsentativ und historisch hochwertig hervorgehobenen Qualität der Fassade.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).