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Klage unzulässig, Rundfunkbeiträge, Widerspruch verfristet


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 29.06.2023
Aktenzeichen VG 6 K 1052/21 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0629.6K1052.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 70 VwGO, § 41 Abs. 2 VwVfG

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen durch den Beklagten.

Die Klägerin wird beim Beklagten seit 1. Januar 2013 zur Rundfunkbeitragsnummer 4_____ als Inhaberin einer Wohnung unter der Anschrift V_____ als Beitragsschuldnerin geführt.

In den Zeiträumen August 2015 bis November 2016 sowie August 2017 bis Juli 2019 war die Klägerin von der Rundfunkbeitragspflicht wegen des Bezugs von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches befreit.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2019 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht zum 31. Juli 2019 ablaufe.

Die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht endete sodann zum 31. Juli 2019.

Zum 1. August 2019 war das Beitragskonto der Klägerin vollständig ausgeglichen.

Die Klägerin überwies an den Beklagten am 4. November 2019 insgesamt 52,50 €, die dem Beklagten am 5. November 2019 gutgeschrieben worden sind und am 27. Juli 2020 insgesamt 122,50 €, die dem Beklagten am 1. August 2020 gutgeschrieben worden sind.

Mit Bescheid vom 1. August 2020 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für einen Zeitraum von Mai 2020 bis Juli 2020 Rundfunkbeiträge in Höhe von 52,50 € zusammen mit einem Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 € fest.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 9. September 2020 umfänglich Widerspruch. Insbesondere widersprach sie der Erhebung von Säumniszuschlägen, da sie mit der Zahlung der Rundfunkbeiträge nicht in Verzug gewesen sei. In den Buchungen des Beklagten sei am 14. Februar 2020 der Monat Juli 2019 fälschlicherweise aufgeführt worden. Eine Rechnung im Monat Januar für November 2019 bis einschließlich Januar 2020 habe sie nicht erhalten. Im Monat April habe die nächste Dreimonatsrechnung bis einschließlich April erfolgen müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2021 wies der Beklagte den klägerischen Widerspruch zurück. Zur Begründung führt er aus, dass der Widerspruch bereits nicht zulässig sei. Der Widerspruch sei innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts schriftlich zu erheben (§ 70 Verwaltungsgerichtsordnung). Ein schriftlicher Verwaltungsakt gelte mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz). Den Unterlagen des Beklagten sei zu entnehmen, dass der Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 am 10. August 2020 bei der Post aufgegeben worden sei. Der an die Klägerin gerichtete Festsetzungsbescheid sei von der Deutschen Post AG nicht als unzustellbar zurückgesandt worden. Insofern bestünden keine Zweifel an einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Bescheides. Der Widerspruch der Klägerin sei allerdings am 16. September 2020 eingegangen, sodass die Widerspruchsfrist für den Festsetzungsbescheid demnach abgelaufen sei. Der Bescheid sei daher bestandskräftig und der Widerspruch somit unzulässig.

Mit ihrer am 18. Oktober 2021 beim Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie führt ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen aus, dass eine Beitragsbefreiung bis einschließlich 31. Juli 2019 bestanden habe und somit die Rundfunkbeiträge durch sie erst ab dem 1. August 2018 zu leisten gewesen seien. Dies habe der Beklagte nicht beachtet. Die Buchung des Monats Juli 2019 habe sie erstmals auf der Rechnung vom 3. März 2020 festgestellt. Einen rechtsmittelfähigen Bescheid habe sie diesbezüglich vorher nicht erhalten. Die ständig erhobenen Mahngebühren seien unrechtmäßig. Ihren als Überprüfungsantrag bezeichneten Widerspruch habe sie per Post am 10. September 2020 eingeworfen. Somit hätte der Brief am Samstag, den 12. September 2020 beim Beklagten eingehen müssen. Laut Schriftsatz des Beklagten gelte ein Brief am dritten Tag als zugestellt. Der Beklagte erkläre allerdings einen Posteingang am 16. September 2020. Dies erscheine kurios. Auf den Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 komme es gar nicht an, weil hier Beiträge für den Zeitraum Mai 2020 bis Juli 2020 inklusive Säumniszuschlag festgesetzt worden seien. Dieser Festsetzungsbescheid sei nicht korrekt, da er in Folge der Belastung ihres Kontos vom 14. Februar 2020 in Höhe von 17,50 € ohne rechtsfähigen Bescheid entstanden sei. Entscheidend in diesem Verfahren sei noch immer der Monat Juli 2019 und die daraus entstandenen Säumniszuschläge, die auch in diesem Festsetzungsbescheid ausgewiesen sein. Entsprechend der fachlichen Einschätzung des Beklagten sei ihr Rundfunkbeitragskonto zuletzt mit Zahlung vom 5. November 2019 in Höhe von 52,50 € bis einschließlich Oktober 2019 ausgeglichen gewesen. Sie habe am 4. November 2019 für die Monate August 2019 bis einschließlich Oktober 2019 insgesamt 52,50 € und am 27. Juli 2020 für sieben Monate bis einschließlich Mai 2020 insgesamt 122,50 € an den Beklagten gezahlt. Auch im Folgenden habe sie regelmäßig ihre Rundfunkbeiträge geleistet, sodass sie ihrer Pflicht bis einschließlich Februar 2022 nachgekommen sei. Der Monat Juli des Jahres 2019 sei noch immer offen, da es für diesen Monat keinen rechtsfähigen Bescheid zur Zahlung der Rundfunkgebühren gebe. Der vom Beklagten ausgewiesene Zahlungsrückstand in Höhe von 18,58 € bis einschließlich Oktober 2021 sei nicht korrekt.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich (sinngemäß),

den Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2021 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt er aus, dass die Klage unzulässig sei, da die Klägerin keinen fristwahrenden Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. August 2020 erhoben habe. Gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung seien Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts vor Erhebung der Anfechtungsklage in einem Vorverfahren nachzuprüfen (Vorverfahren/Widerspruchsverfahren). Die Durchführung des Vorverfahrens sei vorliegend gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 Verwaltungsgerichtsordnung nicht entbehrlich gewesen. Der Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 sei ausweislich des Verwaltungsvorgangs am 10. August 2020 in die Postauslieferung gegangen und gelte nach § 41 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz als am 13. August 2020 bekanntgegeben. Die Widerspruchsfrist habe nach § 70 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung am 14. September 2020, da der 13. September 2020 ein Sonntag gewesen sei, geendet. Der Widerspruch sei hingegen erst am 16. September 2020 bei dem Beklagten und damit verfristet eingegangen. Da dem Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen sei, habe nicht die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung gelaufen.

Mit Beschluss vom 16. Juni 2023 wurde der Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten dem Einzelrichter anstelle der Kammer zur Entscheidung übertragen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten bezüglich des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte zum Aktenzeichen VG 6 K 1046/21, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten als auch die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

Über die Klage konnte in Abwesenheit der Klägerin verhandelt und entschieden werden, weil die Klägerin auf diese Folge mit der Ladung vom 31. Mai 2023 zum Termin zur mündlichen Verhandlung, die der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 2. Juni 2023 zugestellt wurde, ausdrücklich hingewiesen wurde, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Entscheidung war gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter zu treffen, dem der Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit unanfechtbarem Beschluss der Kammer vom 16. Juni 2023 zur Entscheidung übertragen wurde.

Die nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO als Anfechtungsklage statthafte Klage ist bereits unzulässig, da die Klägerin nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Monatsfrist Widerspruch gegen den von ihr angegriffenen Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 erhoben und somit das vorgesehene Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat.

Nach § 68 VwGO sind vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des jeweiligen Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Nach § 69 VwGO beginnt das Vorverfahren mit der Erhebung des Widerspruchs, der nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) oder zur Niederschrift bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, zu erheben ist. Dies hat die Klägerin vorliegend nicht getan.

Der streitgegenständliche Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 ist ausweislich des Verwaltungsvorgangs am 10. August 2020 zur Post aufgegeben worden, so dass wegen der Wertung des § 1 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i.V.m. § 41 Abs. 2 1. HS Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) davon auszugehen ist, dass der Klägerin der Festsetzungsbescheid als am 13. August 2020 bekannt gegeben wurde.

Nach § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG gilt nämlich ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, grundsätzlich am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. In diesem Zusammenhang bleibt zwar im Grundsatz zu beachten, dass nach § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 41 Abs. 2 S. 3 VwVfG diese Zugangsvermutung ausnahmsweise dann nicht gilt, wenn der Verwaltungsakt – hier der Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 – überhaupt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Grundsätzlich obliegt es somit der Behörde, den vollen Beweis über den Zugang des Bescheides zu erbringen, da der Nichterhalt eines Abgabenbescheides eine sog. negative Tatsache, die ihrerseits eines Beweises nicht zugänglich ist, darstellt. Zumindest dann, wenn der Adressat eines schriftlichen Verwaltungsaktes behauptet, dass er den Bescheid (überhaupt) nicht erhalten habe, kann von diesem grundsätzlich nicht verlangt werden, er müsse hierzu substantiiert vortragen, insbesondere dazu, aufgrund welcher Umstände ihn die Sendung nicht erreicht habe. In den Fällen der verspäteten Bekanntgabe ist es dem Abgabenpflichtigen möglich, die Vermutung des Eingangs innerhalb dreier Tage substantiiert zu bestreiten und die Verspätung durch nähere Angaben (Poststempel des Briefumschlages, Eingangsvermerk, Zeugen) zu beweisen oder glaubhaft zu machen. Dies trifft im Falle eines unterbliebenen Zugangs aber nicht zu. Insoweit bleibt dem Abgabenpflichtigen nichts anderes übrig, als den Eingang zu bestreiten; zu einer substantiierten Darlegung ist er grundsätzlich nicht in der Lage (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2016 – 9 C 19/15 –, BVerwGE 155, 241-248, juris; BFH, Urteil vom 23. September 1966 – III 226/63; vom 5. Dezember 1974 – V R 111/74; Urteil vom 14. März 1989 – VII R 75/85 –; Beschluss vom 14. Februar 2008 – X B 11/08 –; Urteil vom 29. April 2009 – X R 35/08 –, alle juris; VG Cottbus, Beschluss vom 3. September 2020 – 6 L 630/19 –, juris; VG Cottbus, Beschluss vom 1. Juli 2020 – 6 L 39/19 –, Rn. 25 - 26, juris; VG Cottbus, Urteil vom 24. November 2010 – 6 K 103/08 –, S. 4f. des E.A.; VG Potsdam, Urteil vom 22. Oktober 2010 – 8 K 1380/09, juris; a.M. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. November 2014 – OVG 10 N 27.12; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. März 2007 – 5 LA 136/06 –, beide juris, wonach das schlichte Bestreiten des Betroffenen, der Verwaltungsakt sei ihm nicht zugegangen, regelmäßig nicht ausreiche, um die Zugangsvermutung des § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG zu entkräften). Dies spielt hier allerdings keine Rolle, da die Klägerin weder dem Vorbringen des Beklagten insoweit dieser vorgebracht hat, den Festsetzungsbescheid am 10. August 2020 zur Post aufgegeben zu haben, nicht widersprochen noch in Zweifel gezogen hat, dass der streitgegenständliche Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 bei ihr am 13. August 2020 eingegangen ist. Vielmehr hat sie ausgeführt, dass sie nicht genau wisse, wann sie der Bescheid erreicht habe. Somit streitet vorliegend insoweit die gesetzliche Vermutung des § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG gegen die Klägerin, mit der Folge, dass – wie dargelegt – der Bescheid als am 13. August 2020 bekanntgegeben gilt.

Vor diesem Hintergrund war allerdings der am 16. September 2020 beim Beklagten eingegangene Widerspruch mit Blick auf § 70 Abs. 1 VwGO verfristet. In diesem Zusammenhang überzeugt auch nicht, dass die Klägerin die Wertung des § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG für sich hinsichtlich des Zugangs ihres Widerspruchs bei Beklagten in Anspruch nimmt, da das VwVfG als Verwaltungsverfahrensgesetz das Verfahren der Verwaltungsbehörden regelt und somit die Verwaltung – hier den Beklagten als Landesrundfunkanstalt – bindet und § 41 VwVfG bereits dem Wortlaut nach ausdrücklich die Bekanntgabe von Verwaltungsakten gegenüber dem Bürger und nicht den Zugang von Schriftstücken im Allgemeinen regelt. Sofern die Klägerin ausführt, ihr Widerspruch vom 9. September 2020 sei von ihr am 10. September 2020 zur Post aufgegeben worden und habe den Beklagten am 12. September 2020 erreichen müssen, ist sie insoweit darlegungs- und beweisbelastet. Diesen Beweis hat die Klägerin allerdings nicht erbracht. So hat sie weder einen entsprechenden Telefaxbericht oder einen Nachweis über ein zur Post aufgegebenes Einschreiben zur Gerichtsakte gereicht.

Hinweise darauf, dass die Rechtsbehelfsbelehrung zum Festsetzungsbescheid vom 1. August 2020 unrichtig erteilt worden ist, bestehen nach Überzeugung des Gerichts nicht. Vor diesem Hintergrund spricht letztlich auch nichts für eine Widerrufsfrist von einem Jahr nach § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO.

Nach allem ist die Klage bereits als unzulässig abzuweisen, mit der Folge, dass es eine Begründetheitsprüfung in der Sache insoweit nicht mehr bedarf.

Dessen ungeachtet weist das Gericht darauf hin, dass die Klage – ihre Zulässigkeit unterstellt – auch aber unbegründet ist, da der angegriffene Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. August 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2021 sowohl in Hinblick auf die Festsetzung der Rundfunkbeiträge als auch in Hinblick auf die zugleich erfolgte Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von 8,00 € nicht rechtswidrig ist und die Klägerin auch nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist seit dem 1. Januar 2013 im privaten Bereich § 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages in der jeweils gültigen Fassung (RBStV).

Die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags und die Pflicht zur Leistung von Rundfunkbeiträgen sind verfassungsgerichtlich geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2018 für alle Gerichte verbindlich entschieden (§ 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG), vgl. jüngst OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. März 2019 –11 N 109.16, juris), dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag im Wesentlichen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17, juris).

§ 10 Abs. 5 RBStV erlaubt es der zuständigen Landesrundfunkanstalt – hier dem Beklagten – rückständige Rundfunkbeiträge gegenüber dem Beitragspflichtigen mit Bescheid festzusetzen.

Die Klägerin ist – was zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig ist – vorliegend als Inhaberin der im streitgegenständlichen Bescheid bezeichneten Wohnung dem rundfunkbeitragspflichtig im Sinne des § 2 Abs. 1 RBStV.

Die Klägerin war darüber hinaus auch mit der Zahlung ihrer Rundfunkbeiträge zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 1. August 2020 für den festgesetzten Zeitraum Mai 2020 bis Juli 2020 im Rückstand, da sie trotz Zahlungspflicht die Rundfunkbeiträge nicht zum Fälligkeitstermin leistete.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 RBStV beginnt die Pflicht zur Entrichtung der Rundfunkbeiträge mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat (bzw. – wie hier – nicht mehr von der Rundfunkbeitragspflicht befreit ist). Nach Abs. 3 S. 1 der bezeichneten Vorschrift ist der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet. Nach Abs. 3 S. 2 der Vorschrift ist der Rundfunkbeitrag in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten. Dies hat die Klägerin entgegen ihrer Auffassung im hier interessierenden Zeitraum nicht getan.

Die Klägerin war bis zum 31. Juli 2019 von der Rundfunkbeitragspflicht befreit und somit ab dem Monat August 2019 zur Zahlung der Rundfunkbeiträge verpflichtet. Entsprechend den oben zitierten gesetzlichen Vorgaben schuldete die Klägerin für den Dreimonatszeitraum August 2019 bis Oktober 2019 zum 15. September 2019 einen dreifachen Rundfunkbeitrag. Für den folgenden Dreimonatszeitraum November 2019 bis Januar 2020 schuldete die Klägerin zum 15. Dezember 2019 einen dreifachen Rundfunkbeitrag. Für den Dreimonatszeitraum Februar 2020 bis April 2020 schuldete die Klägerin zum 15. März 2020 einen dreifachen Rundfunkbeitrag. Und schließlich schuldete die Klägerin für den hier mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 1. August 2020 festgesetzten, unmittelbar folgenden Dreimonatszeitraum Mai 2020 bis Juli 2020 einen dreifachen Rundfunkbeitrag zum 15. Juni 2020.

Die zwischen den Beteiligten unstreitige (nach der Beitragsbefreiung) erste Zahlung in Höhe von 52,50 € erfolgte indes am 4. November 2019 und somit bereits mit Blick auf dem Fälligkeitstermin am 15. September 2019 für den Zeitraum August 2019 bis Oktober 2019 um über sieben Wochen verspätet.

Wegen des § 9 Abs. 2 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 11 Abs. 1 Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Rundfunkbeitragssatzung) – an deren formeller und materieller Wirksamkeit und insbesondere der Praxis der Festsetzung von Säumniszuschlägen durch den Beklagten nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. November 2017 – 11 A 25/13, beck-online) und der Kammer (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 5. März 2020 – 6 K 990/17 –, Rn. 54, juris) keine Zweifel bestehen – sind jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits Säumniszuschläge fällig geworden. Werden nämlich geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit – wie vorliegend – in voller Höhe entrichtet, wird gemäß § 11 Abs. 1 S.1 Rundfunkbeitragssatzung ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro fällig.

Vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 2 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 13 Satz 1 Rundfunkbeitragssatzung, wonach Zahlungen des jeweiligen Beitragsschuldners – hier: der Klägerin – jeweils mit der ältesten Rundfunkbeitragsschuld verrechnet werden, konnte die am 4. November 2019 durch die veranlasste Zahlung in Höhe von insgesamt 52,50 € auch nur zu 44,50 € auf die Rundfunkbeitragsschuld angerechnet werden, da zunächst 8,00 € mit den fällig gewordenen Säumniszuschlägen zu verrechnen waren. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 5 RBStV in Verbindung mit § 13 Satz 2 Rundfunkbeitragssatzung werden nämlich Ansprüche der Rundfunkanstalt 1. auf Erstattung von Vollstreckungskosten, 2. auf Erstattung von Kosten nach § 10 Abs. 3, 3. auf Erstattung von Kosten nach § 11 Abs. 2, 4. auf Mahngebühren, 5. auf Säumniszuschläge, 6. auf Zinsen jeweils dem Beitragszeitraum nach § 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV zugeordnet und in der genannten Reihenfolge jeweils im Rang vor der jeweiligen Rundfunkbeitragsschuld verrechnet. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 13 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung gelten die Sätze 1 und 2 der zitierten Vorschrift auch dann, wenn der Beitragsschuldner/ die Beitragsschuldnerin eine andere Bestimmung trifft.

Die Klägerin überwies – was vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird – am 27. Juli 2020 die (nach der Beitragsbefreiung) zweite Zahlung in Höhe von 122,50 €, die dem Beklagten am 1. August 2020 gutgeschrieben worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin allerdings hinsichtlich der Zeiträume November 2019 bis Januar 2020, Februar 2020 bis April 2020 sowie Mai 2020 bis Juli 2020 jeweils mit mehr als vier Wochen im Rückstand, sodass auch insoweit wegen § 11 Abs.1 Rundfunkbeitragssatzung drei Säumniszuschläge jeweils in Höhe von 8,00 € fällig geworden sind. Vor diesem Hintergrund war auch diese Zahlung zunächst in Höhe von insgesamt 24,00 € für drei fällig gewordene Säumniszuschläge zu verrechnen, sodass lediglich 98,50 € auf die Rundfunkbeitragsschuld anzurechnen waren.

Somit ergibt sich mit Blick auf die beiden vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 1. August 2020 geleisteten Zahlungen und den satzungsmäßig erfolgten Verrechnungen der fällig gewordenen Säumniszuschläge, dass die Klägerin insgesamt 143,00 € auf die Beitragsschuld geleistet hat. Unter Berücksichtigung der nach § 8 des seinerzeit geltenden Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages (RFinStV) maßgeblichen Höhe eines monatlichen Beitrags von 17,50 € ist die Klägerin insgesamt vollständig nur für acht Monate ihrer Rundfunkbeitragspflicht nachgekommen. Dies umfasst den Zeitraum von August 2019 bis März 2020.

Somit war der Beklagte vorliegend berechtigt, Rundfunkbeiträge für den Dreimonatszeitraum von Mai 2020 bis Juli 2020 mit Bescheid gegenüber der Klägerin festzusetzen, da sie hinsichtlich dieses Zeitraums im Ergebnis noch keinerlei Zahlung geleistet hat.

Auch ist gegen die im streitgegenständlichen Bescheid zugleich erfolgte Festsetzung eines Säumniszuschlags sowohl im Hinblick auf Rechtsgrund und Höhe – wie oben ausführlich dargelegt – nichts zu erinnern. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 11 Abs. 1 Rundfunkbeitragssatzung durfte der Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber 8 €, zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid festsetzen, da die geschuldeten Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit durch die Klägerin entrichtet wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostentscheidung folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 709 Satz 2, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung: