Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 05.10.2023 | |
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Aktenzeichen | VG 6 K 912/21 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2023:1005.6K912.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger wendet sich gegen eine Anschlussverfügung über den Anschluss und die Benutzung der zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks H_____.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich der vom Beklagten erlassenen Schmutzwasserbeseitigungssatzung des M_____ vom 2. Dezember 2010, veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis D_____ Nr. 39/2010 vom 14. Dezember 2010 (Schmutzwasserbeseitigungssatzung).
Mit Bescheid vom 5. März 2021 verpflichtete der Beklagte den Kläger den Anschluss an die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage für das oben genannte Grundstück unverzüglich herzustellen, indem er die Verbindung zwischen der Schmutzwasserhausinstallation und dem Grundstücksanschlusskanal bis zum 26. April 2021 herstelle. Weiter wurde er verpflichtet, die zentrale Schmutzwasseranlage zu benutzen, indem jegliches auf dem Grundstück anfallende Schmutzwasser in die zentrale Schmutzwasseranlage des beklagten Verbandes einleitet werde. Ferner ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung seiner Verfügung an und drohte dem Kläger für den Fall des Nichtnachkommens ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € an. Zur Begründung gab der Beklagte an, dass anhand der Schmutzwasserbeseitigungssatzung der Kläger im Wege des Anschluss- und Benutzungszwanges verpflichtet sei, sich an die Schmutzwasseranlage des Beklagten anzuschließen. Die rechtlichen Voraussetzungen seien erfüllt. Aufgrund seiner bisherigen Nichterfüllung der Anschlussverpflichtung sei er am 24. September 2019 angehört worden. Ihm sei eine angemessene Frist bis zum 24. Oktober 2019 gesetzt worden. Die gesetzte Frist habe der Kläger verstreichen lassen. Die umgehende Umsetzung des Anschluss- und Benutzungszwanges sei erforderlich, um eine ordnungsgemäße und umweltgerechte Schmutzwasserentsorgung des Grundstücks zu gewährleisten. Die Durchsetzung diene der Sicherung der Gesundheit und dem Umweltschutz, also besonders wichtigen Schutzgütern der Allgemeinheit. Der nicht erfolgte Anschluss des Klägers erschwere in erheblicher Weise den technischen und wirtschaftlichen Betrieb der öffentlichen Schmutzwasseranlage. Des Weiteren würden durch den Kläger als Grundstückseigentümer all die Grundstückseigentümer benachteiligt, die dem Anschlusszwang sofort entsprochen hätten und somit für ein ordnungsgemäßes Funktionieren der öffentlichen Schmutzwasseranlage gesorgt hätten.
Hiergegen erhob der Kläger am 12. April 2021 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2021 wies der Beklagte den klägerischen Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen für den Anschluss vorlägen, da das Grundstück bebaut und das Gebäude zum dauernden oder vorübergehenden Aufenthalt von Menschen geeignet sei. In der anzustellenden Interessenabwägung überwiege vorliegend das öffentliche Interesse an der Dauerhaftigkeit der Entsorgungssicherheit, an den Anforderungen der Gesundheitspflege, dem Umweltschutz und an der Inanspruchnahme der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage gegenüber dem privaten Interesse des Klägers. Ausnahmen- oder Befreiungstatbestände seien nicht ersichtlich.
Daraufhin hat der Kläger am 5. September 2021 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass die Anschlussverfügung rechtswidrig sei. Sie resultiere aus Denunziationen der Nachbarn gegenüber dem Beklagten über eine angeblich unsachgemäße Schmutzwasserentsorgung. Ergänzend führt er aus, dass die H_____ nur aus dem Flurstück 1_____ bestehe und mit einer breiten Grundstückszufahrt an der H_____ belegen sei. Es sei mit einem Einfamilienhaus und einer Garage bebaut. Aus der Belegenheit folge die Zuordnung zu Versorgungseinrichtungen. Die Belegenheit bedinge ferner eine wirtschaftliche Einheit mit einer eigenen steuerrechtlichen Veranlagung sowohl bei der zuständigen Gemeinde wie beim zuständigen Finanzamt. Dieses Einfamilienhaus sei Anfang der 1950er Jahre aus vorhandenen Altbaubeständen umgebaut worden. Ferner sei eine abflusslose große Fäkalgrube Anfang der 1960er Jahre für einen Mehrpersonenhaushalt erbaut worden. Das Flurstück 1_____ grenze an das Flurstück 1_____. Das Flurstück 1_____ sei allerdings am „W_____“ belegen und bestehe aus einer Lagerfläche mit einem Scheunengebäude aus den 1920er Jahren und Holzschuppen. An die Lagerfläche schließe sich eine Brachlandfläche an, die die Belegenheit an den Weg zur Mühle herstelle. Das Flurstück 1_____ sei ebenfalls eine eigene wirtschaftliche Einheit mit einer eigenen steuerrechtlichen Veranlagung bei der zuständigen Gemeinde und dem zuständigen Finanzamt. Die vom Beklagten angenommene Belegenheit an der H_____ sei falsch. Die ursprüngliche Besitzerin sei im Jahr 2009 verstorbenen. Sie habe mit ihrem Ehemann die Gebäude erbaut und dort seit ca. 1950 gewohnt und die beiden Flurstücke 1_____ und 1_____ in eigenem Betrieb bewirtschaftet. Die Fäkalgrube sei mit Fäkalwagen von Fachfirmen seit Jahrzehnten bis 2009 geleert und gewartet worden. Das auf dem Grundstück befindliche Wohnhaus sei renovierungsbedürftig gewesen. So habe es des Einbaus einer neuen Dämmung, eines neuen Dachstuhls und der Verlegung eines neuen Dachbelags, dem Einbau einer neuen Heizung und E-Anlage bedurft. Seit dem Tod der Voreigentümerin im Jahr 2009 liefen nunmehr die Bauarbeiten, die allerdings nur in kleinen Zeitabschnitten und begrenzten Geldmitteln mit Hilfe einer polnischen Fachfirma ausgeführt werden könnten. Die Leerung der großen Fäkaliengrube habe turnusgemäß nach Füllstand bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 erfolgt. Mit anschließendem Beginn der Bauarbeiten habe die gelegentliche Toilettennutzung im Regelfall in der Arbeitszeit erfolgt. Wegen des geringen Anfalls von Fäkalien sei im Jahr 2013 ein Auftrag an den Beklagten zu Entleerung der zwischenzeitlich angesammelten Fäkalien vergeben worden. Die Bauarbeiten würden noch einige Zeit andauern. Die dabei anfallende Toilettennutzung ergebe eine anfallende Fäkalmänge, die in der großen Grube zu einem zeitlichen Füllstand führe, der erst im längeren Zeitraum durch ein mobiles Entsorgungsunternehmen entsorgt werde. Die mobile Entsorgung sei eine höherwertige Entsorgung gegenüber der zentralen Entsorgung mittels fester Leitungssegmente. Bis April 2021 habe eine gemauerte Außentoilette mit Anschluss an die Fäkaliengrube im gemauerten Schuppen zur Verfügung gestanden. In April 2021 hätten die Nachbarn des Klägers die Mauerung des Schuppens zusammen mit der Toilette in Abwesenheit des Klägers zerstört. Der Kläger habe insoweit Anzeige bei der Polizei gestellt. Darüber hinaus beruft sich der Kläger auf das Bestandsrecht für die bestehende, funktionsgeeignete Fäkalsammelgrube ohne Abfluss. Ein Eindringen der von in abflusslosen Sammelgruben gesammelten Fäkalien in das Erdreich bzw. in das Grundwasser sei aufgrund der physikalisch-chemischen Funktionsweise einer Sammelgrube und des damit verbundenen natürlichen Verseifungsprozesses ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom 5. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag vor, dass das Grundstück der Klägerseite an die öffentliche Schmutzwasseranlage anschließbar sei und dort Schmutzwasser anfalle. Die Voraussetzungen für den Anschlusszwang seien gegeben.
Mit Beschluss vom 3. Juni 2022 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. August 2022, der dem Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 9. August 2022 und dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 28. September 2022 zugestellt wurde, wurde die Klage vom 4. September 2021 umfänglich abgewiesen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28. Oktober 2022 hat der Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang und das in der Sache geführte Verfahren vorläufigen Rechtsschutz VG 6 L 297/21 sowie das Sitzungsprotokoll hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2023 verwiesen.
Über die Klage konnte in Abwesenheit des Klägers sowie seiner damaligen Prozessbevollmächtigten verhandelt und entschieden werden, weil der Kläger sowie seine damalige Prozessbevollmächtigte auf diese Folge mit der Ladung vom 4. September 2023 zum Termin zur mündlichen Verhandlung, die der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 7. September 2023 zugestellt wurde, ausdrücklich hingewiesen worden sind, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Entscheidung war gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter zu treffen, dem der Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit unanfechtbarem Beschluss der Kammer vom 3. Juni 2022 übertragen wurde.
Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO statthaft Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die im Bescheid vom 5. März 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2021 ausgesprochene Anschluss- und Benutzungsverfügung ist insgesamt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das klägerische Grundstück unterliegt dem Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlange des beklagten Verbandes.
Rechtsgrundlage des in Rede stehenden Bescheides vom 5. März 2021 ist § 3 der Schmutzwasserbeseitigungssatzung des M_____ vom 2. Dezember 2010, veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis D_____ Nr. 39/2010 vom 14. Dezember 2010. Nach § 3 Abs. 1 und 2 Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Beklagten ist der Anschlussnehmer eines Grundstückes, auf dem Schmutzwasser auf Dauer anfällt, verpflichtet, dieses an die öffentliche Schmutzwasseranlage anzuschließen. Gemäß § 3 Abs. 2 Schmutzwasserbeseitigungssatzung ist dauernder Anfall von Schmutzwasser anzunehmen, sobald das Grundstück mit Gebäuden für den dauernden oder vorübergehenden Aufenthalt von Menschen oder für gewerbliche oder industrielle Zwecke bebaut ist oder mit der Bebauung des Grundstücks begonnen wurde. Gemäß § 3 Abs. 3 Schmutzwasserbeseitigungssatzung besteht die Verpflichtung zum Anschluss an die zentrale Schmutzwasseranlage, soweit die öffentliche Kanalisationsanlage für das Grundstück betriebsbereit vorhanden ist und die Möglichkeit der Inanspruchnahme gegeben ist (Anschlusszwang). § 3 Abs. 5 Schmutzwasserbeseitigungssatzung bestimmt, dass wenn und soweit ein Grundstück an eine öffentliche Schmutzwasseranlage angeschlossen ist, der Anschlussnehmer und die sonstigen Benutzer des Grundstücks verpflichtet sind, alles anfallende Schmutzwasser – sofern nicht eine Einleitungsbeschränkung nach § 8 gilt – der öffentlichen Schmutzwasseranlage zuzuführen (Benutzungszwang).
Die Regelungen der Schmutzwasserbeseitigungssatzung unterliegen keinen formalrechtlichen Bedenken, insbesondere ist die Satzung im Amtsblatt für den Landkreis D_____ formell wirksam bekannt gegeben worden.
Auch in materieller Hinsicht sind Rechtsmängel weder vorgetragen worden, noch sonst ersichtlich. Das Gericht hat bereits mit Urteil vom 30. Oktober festgestellt, dass die Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Beklagten materiell wirksam ist (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 30. Oktober 2018 – 6 K 975/13 –, juris). Das Gericht hält insoweit an seiner Rechtsprechung fest und sieht keine Veranlassung an der materiellen Wirksamkeit der Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Beklagten nunmehr zu zweifeln.
Die Regelungen der Schmutzwasserbeseitigungssatzung über den Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich der Abwasserentsorgung in § 3 fußen auf der damals geltenden Ermächtigungsgrundlage des § 15 Gemeindeordnung des Landes Brandenburg (GO) - heute: § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf). Danach kann die Gemeinde aus Gründen des öffentlichen Wohls den Anschluss für die Grundstücke ihres Gebiets an öffentliche Einrichtungen und die Benutzung dieser Einrichtung vorschreiben. Der Zwang zum Anschluss und zur Benutzung der leitungsgebundenen Einrichtung der Abwasserentsorgung dient offenkundig dem Wohl der Allgemeinheit, nämlich in erster Linie den Belangen der Volksgesundheit, weil mit dem Anschluss und der Benutzung der öffentlichen Einrichtung eine ordnungsgemäße Entsorgung des in den Haushalten entstehenden Schmutzwassers und dessen Beseitigung in leistungsfähigen, überwachten Anlagen gewährleistet und damit primär Gesundheitsgefahren vorgebeugt wird, die sich aus nicht sachgemäßer Abwasserbeseitigung ergeben (OVG Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2003 – 2 A 316/02 –, Rn. 35 m.w.N., juris). Der Zwang hat zur Folge, dass privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte hinsichtlich der Entwässerung eines Grundstücks – soweit sie überhaupt vorliegen – nach seiner Anordnung regelmäßig gegenstandslos werden oder nicht mehr ausgeübt werden dürfen. Dabei ist die Entscheidung der Gemeinde bzw. des Zweckverbandes zugunsten einer zentralen Abwasserbeseitigung regelmäßig selbst dann rechtens, wenn sie bei den einzelnen Grundstückseigentümern zu einer deutlichen finanziellen Mehrbelastung führt (OVG Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2003 – 2 A 316/02 –, Rn. 35, juris; VG Cottbus, Urteil vom 7. Oktober 2009 - 7 K 869/08 -, S. 6 des Entscheidungsabdrucks). Für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs reicht im Übrigen die abstrakte Gefährdung des Schutzgutes im Gebiet der Kommune bzw. des Zweckverbandes aus; nicht erforderlich ist, dass sie für jedes Grundstück in gleicher Weise besteht. Der einzelne betroffene Grundstückseigentümer kann daher gegen die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs in der Satzung nicht einwenden, dass in Bezug auf sein Grundstück den Gesundheitsbelangen anderweit genügt werde, ihre abstrakte Gefährdung fehle oder mit dem Anschluss- und Benutzungszwang zusätzliche finanzielle Belastungen für ihn verbunden seien (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1986 - 7 CB 51.85, 7 CB 52.85 -, NVwZ 1986, 483; OVG Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2003 – 2 A 316/02 –, Rn. 36, juris). Maßgeblich ist allein die Entscheidung des Verbandes darüber, in welcher Weise er seiner Abwasserbeseitigungspflicht (§ 66 Abs. 1 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG)) genügen will, ob in Gestalt einer zentralen oder in Gestalt einer dezentralen Versorgungslösung (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 7. Oktober 2009 - 7 K 869/08 -, S. 7 des Entscheidungsabdrucks).
Allerdings muss die Satzung über die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs eine Möglichkeit vorsehen, von dieser Pflicht ganz oder teilweise befreit zu werden, wenn ausnahmsweise die Opfer- und Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2003 – 2 A 316/02 –, Rn. 42, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 9 S 16.09 –, Rn. 8, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – OVG 9 N 114.13 –, Rn. 11, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. November 1958 - III A 824/58 -, OVGE 14, S. 170, 180; VG Ansbach, Urteil vom 14. Juli 2015 – AN 1 K 13.00604 –, Rn. 43, juris). Diesem Erfordernis trägt die Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Beklagten durch die Befreiungsregelung ders § 5 Abs. 1 und 2 Schmutzwasserbeseitigungssatzung ausreichend Rechnung (VG Cottbus, Urteil vom 29. Mai 2018 – 6 K 291/13 –, Rn. 30 m.w.N., juris; VG Cottbus, Urteil vom 25. September 2009 – 7 K 923/07 -, Rn. 30, juris).
Die angefochtene Anschlussverfügung vom 5. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2021 erweist sich auch sonst als rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs gegenüber dem Kläger liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. insoweit VG Cottbus, Urteil vom 25. September 2009 – 7 K 923/07 -, Rn. 23, juris; VG Ansbach, Urteil vom 14. Juli 2015 – AN 1 K 13.00604 –, Rn. 45, juris) vor.
Das in der H_____ belegene, aus den Flurstücken 1_____ und 1_____ bestehende Grundstück des Klägers erfüllt – entgegen dem klägerischen Vorbringen – die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs. Sofern der Kläger ausführt, dass es sich bei dem anzuschließenden Grundstück, das aus zwei Flurstücken besteht, um zwei verschiedene Grundstücke handele und somit eine Anschlusspflicht aus rechtlichen Gründen nicht bestehe, überzeugt dies vorliegend nicht, da es auf die grundbuchrechtliche Situation nicht ankommt. Nach § 2 Abs. 3 Schmutzwasserbeseitigungssatzung ist nämlich ein Grundstück im Sinne dieser Schmutzwasserbeseitigungssatzung – unabhängig von der Eintragung im Grundbuch – der demselben Eigentümer gehörende Teil der Grundfläche, der selbständig baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Dies ist vorliegend bei dem (Gesamt-)Grundstück H_____ der Fall, wurde so auch – nach dem Vorbringen des Klägers – von der Voreigentümerin gehandhabt und wird letztlich vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt.
Darüber hinaus kommt es auch nicht darauf an, dass sich das in den 1950er Jahren errichtete oder umgebaute Gebäude in einem (noch) renovierungsbedürftigen Zustand befindet, da auf dem Grundstück des Klägers Schmutzwasser auf Dauer anfällt. Wie der Kläger selbst vorträgt, werde jedenfalls eine Toilette genutzt. Dies ist allerding im Sinne der Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Beklagten ausreichend. Auf einen nur geringen Anfall kommt es insoweit nicht an, da sich die Lebensumstände des jeweiligen Eigentümers oder aber auch die Eigentumssituation des anschlusspflichtigen Grundstücks und damit der Schmutzwasseranfall jederzeit ändern können. Gemäß § 3 Abs. 1 Schmutzwasserbeseitigungssatzung ist nämlich jeder Anschlussnehmer verpflichtet, sein Grundstück nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dann an die öffentliche Schmutzwasseranlage anzuschließen, sobald auf seinem Grundstück Schmutzwasser – wie hier – auf Dauer anfällt. Nach Abs. 2 der Norm ist dauernder Anfall von Schmutzwasser – sogar bereits – dann anzunehmen, sobald das Grundstück mit Gebäuden für den dauernden oder vorübergehenden Aufenthalt von Menschen – wie es hier bei dem in Rede stehenden mit einem Einfamilienhaus und weiteren Nebengelassen bebauten Grundstücks der Fall ist – oder für gewerbliche oder industrielle Zwecke bebaut ist oder mit der Bebauung des Grundstücks begonnen wurde. Selbst wenn sich sein Grundstück – wie der Kläger sinngemäß vorträgt – danach gegenüber der öffentlichen Abwasserentsorgung vermeintlich als nahezu „abwasserfrei“ darstellt, entfällt damit nicht der Anschluss- und Benutzungszwang. Dieser Zustand ist nämlich nur eine Folge dessen, dass anstelle der Ableitung in öffentliche Anlagen eine Abwasserbehandlung und –entsorgung vor Ort durchgeführt wird (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Juli 2005 – OVG 9 N 92.05 –, Rn. 5, juris). Insoweit kommt es auch auf die Auswertung der Anwesenheitsprotokolle der Nachbarn des Klägers und vermeintliche Denunziationen nicht an, da der Kläger einerseits selbst angibt, dass Schmutzwasser jedenfalls durch den polnischen Facharbeiter anfalle und andererseits bereits aufgrund der Bebauung des Grundstücks mit einem (ggf. renovierungsbedürftigen) Einfamilienhaus mit dem dauernden Anfall von Schmutzwasser im Sinne des § 3 Abs. 2 Schmutzwasserbeseitigungssatzung zu rechnen ist.
Auch ist der Kläger als Eigentümer dieses Grundstücks Anschlussnehmer nach § 2 Abs. 8 Satz 1 Schmutzwasserbeseitigungssatzung.
Darüber hinaus ist die öffentliche Kanalisationsanlage vor dem klägerischen Grundstück betriebsbereit und eine Anschlussmöglichkeit vorhanden, was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist, sodass auch § 3 Abs. 3 Schmutzwasserbeseitigungssatzung genüge getan wurde, wonach die Verpflichtung nach Absatz 1 sich auf den Anschluss an die zentrale Schmutzwasseranlage richtet, soweit die öffentliche Kanalisationsanlage für das Grundstück betriebsbereit vorhanden ist und die Möglichkeit der Inanspruchnahme gegeben ist.
Etwaigen unzumutbaren Folgen des Anschlusszwangs wird in einem gesonderten, antragsabhängigen Befreiungsverfahren begegnet, sodass die Frage etwaiger Befreiungsgründe die Rechtmäßigkeit einer Anschlussverfügung als solchen grundsätzlich nicht berührt; Befreiungsgründe sind vornehmlich im Befreiungsverfahren von Belang und führen nur ausnahmsweise zur Rechtswidrigkeit der Anschlussverfügung, nämlich dann, wenn eine Befreiung entweder bereits erteilt worden ist oder ein Befreiungsanspruch offensichtlich besteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – OVG 9 N 114.13 –, Rn. 11, juris). Beides ist hier nicht der Fall. Wie oben ausgeführt, unterliegt der Kläger angesichts der betriebsbereit vor dem Grundstück des Klägers fertig gestellten öffentlichen Kanalisationsanlage dem Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Schmutzwasserentsorgung gemäß §§ 3, 4 Schmutzwasserentsorgungssatzung. Der Kläger hat auch nicht offensichtlich einen Befreiungsanspruch hinsichtlich der zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage. Nach § 5 Abs. 1 und 2 der Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Beklagten kann der Zweckverband den Verpflichteten auf Antrag ganz oder zum Teil befreien, wenn dem Verpflichteten der Anschluss oder die Benutzung unter Berücksichtigung des Erfordernisses des Gemeinwohls unzumutbar ist. Dass eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Dauerhaftigkeit der Entsorgungssicherheit, an den Anforderungen der Gesundheitspflege und an der Inanspruchnahme der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage das private Interesse des Klägers, die öffentliche Anlage nicht benutzen zu müssen, überwiegt, ist mit Blick auf den insoweit nicht aussagekräftigen Vortrag des Klägers, zu verneinen. Eine die Befreiung rechtfertigende atypische Fallgestaltung (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2013 – OVG 9 N 174.13 –, Rn. 8, juris; OVG Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2003 - 2 A 316/02 -, Rn. 43, juris; OVG NW, Beschluss vom 4. September 2013 - 15 A 1171/13 -, Rn. 27 f., juris), die im Einzelfall zur Unzumutbarkeit der Befolgung des Anschluss- und Benutzungszwangs führen müsste, liegt angesichts des Vorbringens der Beteiligten und in Auswertung aller sonst erkennbaren Umstände beim Kläger nicht vor.
Der Gesichtspunkt eines höheren Umweltstandards oder einer besonderen Dichtigkeit der auf dem Grundstück betriebenen Anlage (hier: abflusslose Sammelgrube) könnte dabei nur im Rahmen der zur Feststellung des Befreiungstatbestandes erforderlichen Abwägung berücksichtigt werden. Denn die Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Beklagten nimmt die Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 2 BbgKVerf nicht auf, nach der von der Möglichkeit zur Zulassung von Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang Gebrauch gemacht werden kann, wenn auf Grundstücken Anlagen betrieben werden, die einen höheren Umweltstandard aufweisen als die von der Gemeinde vorgesehene Einrichtung (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2003 – 2 A 316/02 –, Rn. 41, juris). Der Kläger kann sich indessen nicht auf einen vermeintlich höheren Umweltstandard seiner abflusslosen Sammelgrube berufen. Dem insoweit darlegungs- und ggf. beweisbelasteten Kläger (vgl. §§ 5 Abs. 1 Schmutzwasserbeseitigungssatzung) ist es hier nicht gelungen, dazu substantiiert vorzutragen. Im Übrigen begegnet die Konzeption der Abwasserentsorgung des Klägers erheblichen Bedenken, was die dauerhafte Entsorgungssicherheit angeht. Es ist zu bezweifeln, dass der dauerhafte Betrieb der in den 1960er Jahren errichteten abflusslosen Sammelgrube, eine ordnungsgemäße hygienisch einwandfreie Entsorgung der anfallenden Fäkalienmengen für einen Mehrpersonenhaushalt auf Dauer ermöglicht und gegenüber der Ableitung und Entsorgung in einer Kläranlage eine vorzugswürdige Alternative darstellen kann (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 31. Juli 2003 – 2 A 316/02 –, Rn. 47, juris; vgl. zur Entsorgung menschlicher Fäkalien VG Meiningen, Urteil vom 5. April 2000 - 2 K 613/98.Me - juris).
Der Kläger hat auch nicht dargetan, dass mit der Herstellung des verlangten Anschlusses für ihn eine objektiv unzumutbare Belastung wirtschaftlicher oder sonstiger Art verbunden wäre; die in der Rechtsprechung in der Regel zugrunde gelegte Zumutbarkeitsschwelle von 25 000 Euro je Wohnhaus (vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. November 2011 - 15 A 1904/10 -, Rn. 11, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – OVG 9 N 114.13 –, Rn. 11, juris) wird vorliegend augenscheinlich nicht erreicht.
Der Kläger kann sich auch nicht auf einen fehlenden oder bloß geringen Schmutzwasseranfall berufen. Wie oben dargelegt handelt es sich bei dem im Haushalt des Klägers anfallenden Schmutzwasser um Abwasser im Sinne des § 54 Abs. 1 WHG. Es kommt auch nicht darauf an, wie viel Schmutzwasser anfällt. Die persönlichen Lebensgewohnheiten des Grundstückseigentümers, die sich – wie bereits oben erwähnt – jederzeit ändern können, dürfen insoweit kein Grund für eine Befreiung vom Anschlusszwang sein (vgl. m.w.N. Kluge, in Becker u. a., KAG Bbg Stand: 12/2017, § 6, Rn. 857; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – OVG 9 N 114.13 –, Rn. 11, juris).
Nach alledem unterfällt das Grundstück des Klägers dem Anschluss- und Benutzungszwang gemäß §§ 3, 4 Schmutzwasserbeseitigungssatzung, so dass der Kläger gemäß § 9 Schmutzwasserbeseitigungssatzung verpflichtet werden kann, die Verbindung zwischen der Schmutzwasserhausinstallation und dem Grundstücksanschlusskanal, welcher die Verbindung zur öffentlichen zentralen Schmutzwasseranlage darstellt, herstellen zu lassen und die zentrale Schmutzwasseranlage des Beklagten zu benutzen, in dem jegliches auf dem Grundstück anfallende Schmutzwasser in die zentrale Schmutzwasseranlage des Beklagten eingeleitet wird (§ 3 Abs. 5 in Verbindung mit § 8 Schmutzwasserbeseitigungssatzung). Entsprechendes ordnete der Beklagte in der streitgegenständlichen Anschlussverfügung an. Es ist insoweit nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass für den Kläger eine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit besteht, die Verbindung zwischen der Schmutzwasserhausinstallation und dem Grundstücksanschlusskanal herstellen zu lassen oder dass der Kläger innerhalb der bestimmten Frist die Maßnahmen und ihre Planung nicht ordnungsgemäß durchführen kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2010 – 15 B 1766/09 –, Rn. 8, juris).
Gegen die zugleich erfolgte Zwangsgeldandrohung vom 5. März 2021 ist rechtlich nichts zu erinnern. Sie beruht auf §§ 3, 27 Abs. 2 Nr. 1, 28 Abs. 1, 30 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) und erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen. Zum einen liegt jeweils ein vollstreckbarer Grundverwaltungsakt vor, der jeweils zu einer sonstigen Handlung, Duldung oder Unterlassung im Sinne von § 87 Abs. 1 S. 1 VwVfGBbg verpflichtet und infolge der angeordneten Sofortvollzugs vollziehbar nach § 3 VwVGBbg ist. Zum anderen ist die Zwangsgeldandrohung nach § 28 Abs.1 VwVGBbg ordnungsgemäß schriftlich angedroht, in zulässiger Weise mit der Anschluss- und Benutzungsverfügung nach § 28 Abs. 2 VwVGBbg verbunden und nach § 28 Abs. 6 VwVGBbg dem Kläger zugestellt worden. Die dem Kläger gesetzte Frist bis zum 26. April 2021 ist angemessen und das Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € der Höhe nach ebenfalls verhältnismäßig bestimmt, vgl. § 29 Abs. 3 VwVGBbg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung: