Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 15.03.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 1129/23 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0315.3K1129.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 79 BbgBO, Bbg § 13 VwVG |
Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12. Oktober 2023 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung durch Hinterlegung in Höhe des aus dem jeweiligen Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenen Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin ist Eigentümerin des in F_____. Auf dem Grundstück befindet sich ein langgestrecktes ehemaliges Barackengebäude.
Im Rahmen einer bauaufsichtlichen Kontrolle am 12. November 2021 wurde festgestellt, dass das Barackengebäude saniert wird. Das ursprüngliche Dach wurde entfernt und das Mauerwerk ausgebessert. An diesem Tag wurde mündlich ein Baustopp ausgesprochen. Bei einer weiteren bauaufsichtlichen Kontrolle am 15. November 2021 wurde festgestellt, dass der Baustopp nicht eingehalten wurde. Es wurden Dachteile aufgelegt und Arbeiten am Dach realisiert.
Am 16. November 2021 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Ordnungsverfügung-Baueinstellung mit der ihr aufgegeben wurde, die Bauarbeiten auf dem Grundstück in 0_____ ab dem 15. November 2021 einzustellen. Der vom Sachgebietsleiter ausgesprochene Baustopp wurde bestätigt. Nach der Textziffer 2. wurde die sofortige Vollziehung angeordnet und nach der Textziffer 3. für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 € angedroht. Zur Begründung führte der Beklagte aus, gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO könne die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Bauarbeiten anordnen, wenn die Ausführung eines genehmigungspflichtigen Bauvorhabens entgegen § 72 BbgBO begonnen worden sei. Die Voraussetzungen für ein Eingreifen der Bauaufsichtsbehörde seien gegeben. Die formelle Illegalität der Baumaßnahme sei ausreichend. Die Ordnungsbehörde könne die erforderlichen Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt richten. Die Klägerin sei Eigentümerin und Zustandsstörer.
Bei einer weiteren Kontrolle am 24. November 2021 wurde festgestellt, dass der Baustopp am Barackengebäude nicht eingehalten wurde. Es wurden am hinteren Teil des Gebäudes die aufgelegten Dachteile befestigt. Ein Arbeiter sei auf der Baustelle gewesen. Bei einer weiteren Kontrolle am 25. November 2021 wurde festgestellt, dass der Baustopp nicht eingehalten wurde. Nach dem vorliegenden Protokoll wurden Dachteile befestigt.
Mit Verfügung vom 25. November 2021 wurde das in der Ordnungsverfügung vom 16. November 2021 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 € festgesetzt und ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 € angedroht.
Gegen den Bescheid vom 25. November 2021 legte die Klägerin unter dem 27. Dezember 2021 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 4. Januar 2022 informierte der Beklagte die Klägerin dahingehend, dass die Einreichung eines Widerspruchs per Mail nicht ausreichend sei. Für eine E-Mail als ein qualifiziert elektronisch signiertes Dokument wurde eine Adresse mitgeteilt. Ferner ist Inhalt des Schreibens, dass - sofern das Widerspruchsschreiben als Brief oder per Fax nachgereicht werden solle - dafür eine Frist bis zum 12. Januar 2022 vorgegeben werde. Am 12. Januar 2022 reichte die Klägerin einen handschriftlich unterschriebenen Widerspruch bei dem Beklagten ein.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2022 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung ab.
Auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin (Antrag vom 6. Dezember 2021) erteilte der Beklagte unter dem 23. März 2022 die Baugenehmigung für das Vorhaben Umbau ehemaliges Bahngebäude zum landwirtschaftlich genutzten Stall- und Lagergebäude. Mit Schreiben vom 30. März 2022 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Baugenehmigung sei nachträglich erteilt worden und gemäß dem Hinweis in Nummer 3 der Ordnungsverfügung-Baueinstellung vom 16. November 2021 dürfen nach Erteilung der nachträglichen Baugenehmigung nunmehr die Bauarbeiten durchgeführt werden. Das bauordnungsrechtliche Verfahren sei abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2023 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid über die Zwangsgeldfestsetzung und Androhung eines weiteren Zwangsgeldes vom 25. November 2021 zurück. Zur Begründung führte er aus, das verhängte Zwangsgeld diene als Beugemittel. Durch die Festsetzung werde die Klägerin angehalten, die Unterlassung durch Ordnungsverfügung einzuhalten. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung nicht im Besitz einer Baugenehmigung gewesen. Sie habe entgegen der Ordnungsverfügung vom 16. November 2021 gehandelt. Es komme auch nur darauf an, ob der Verstoß nach der Androhung und während der Zeit, in der die vollziehbare Ordnungsverfügung gegolten habe, erfolgt sei. Von daher habe das Zwangsgeld auch festgesetzt werden können. Die Höhe des Zwangsgeldes sei nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat am 10. November 2023 Klage erhoben. Sie trägt vor der Zwangsgeldfestsetzungsbescheid sei rechtswidrig, zumindest unverhältnismäßig. Ein Mitarbeiter sei am 24. November 2021 damit beschäftigt gewesen, auf dem Dach des Gebäudes an der E_____ aufgebrachte Dachteile aus Blech mit Schrauben provisorisch zu befestigen, da zu befürchten gewesen sei, dass diese lose aufliegenden Dachteile in Folge des herrschenden Windes vom Dach und im ungünstigsten Falle auf die benachbarte Straße fallen würden. Nach einem Vororttermin am 3. Dezember 2021 habe der Beklagte mit Schreiben vom 14. Dezember 2021 gestattet, die bereits auf dem Dach befindlichen Platten mit ca. 40 Schrauben zu befestigen. Bereits die Verhängung eines uneingeschränkten Baustopps sei zumindest nicht umsichtig gewesen. Bei einer Besichtigung Vorort hätte dem zuständigen Sachbearbeiter auffallen müssen, dass auf dem Dach des aufstehenden Gebäudes bis dahin unbefestigte Platten aufgelegen hätten, die bei ausreichend Wind die allgemeine Sicherheit und Ordnung hätten gefährden können. Es hätte zur Gefahrenabwehr zumindest auch eine Anordnung geben müssen, die aufliegenden Platten provisorisch zu befestigen. Eine derartige Anordnung habe der Beklagte pflichtwidrig unterlassen. Erst später nämlich am 3. Dezember 2021 habe der Beklagte die Gefahrenlage richtig eingeschätzt und die provisorische Befestigung der Dachplatten gestattet. Sie – die Klägerin - sei durch den Baustopp des Beklagten in eine unlösbare Pflichtenkollision geraten indem sie entweder zur Gefahrenabwehr hätte tätig werden müssen und damit gegen den Baustopp verstoßen hätte oder sie hätte den Baustopp befolgt und damit sehenden Auges eine Gefahrensituation nicht beseitigt. Von daher könne das verhängte Zwangsgeld unter den geschilderten Umständen keinen Bestand haben.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 25. November 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2023 aufzuheben sowie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, der Bescheid sei rechtmäßig. Bereits am 12. November 2021 sei ein Baustopp ausgesprochen worden. Zu diesem Zeitpunkt seien auf dem Gebäude noch keine Dachteile aufgelegt gewesen. Erst bei einer weiteren Kontrolle am 15. November 2021 sei festgestellt worden, dass Dachplatten aufgebaut worden seien. Auch sei es so, dass die Dachteile bereits mit Schrauben befestigt gewesen seien, es jedoch sich nicht um die richtige Verschraubung gehandelt habe, ein Austausch hätte vorgenommen werden müssen. Auch habe die Klägerin erst unter dem 26. November 2021 einen Antrag auf Objektsicherung gestellt. Die Maßnahmen am Gebäude seien nicht allein auf eine reine Gefahrenabwehr gerichtet gewesen, sondern es sei auch darum gegangen, einen Baufortschritt zu bewirken. Im Übrigen seien Einwendungen in Bezug auf die Ordnungsverfügung (Grundverwaltungsakt) im Vollstreckungsverfahren nicht zulässig. Dort könne nur gegen die Zulässigkeit beziehungsweise die Art der Vollstreckung vorgegangen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Die Klage hat nur teilweise Erfolg.
1. Die Klage ist begründet, soweit sie sich gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12. Oktober 2023 richtet. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
1.1. Der Widerspruchsbescheid kann dann Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthält, § 79 Abs. 2 S. 1 VwGO. Dies wird etwa in den Fällen angenommen, dass die Widerspruchsbehörde von der Unzulässigkeit des Widerspruchs ausgeht und eine Sachentscheidung nicht trifft oder aber eine Entscheidung zur Sache trifft, obwohl der Widerspruch nicht zulässig ist (vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 28. Auflage, Rn. 11 zu § 79). Hierzu gehört auch der Fall, dass - obwohl sich der Grundverwaltungsakt und damit der Widerspruch dagegen sich erledigt haben – die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen hat. Eine Sachenscheidung darf dann allerdings nicht mehr ergehen; das Widerspruchsverfahren ist vielmehr einzustellen. Durch einen dennoch ergehenden Widerspruchsbescheid wird der Betroffene beschwert, da mit der Zurückweisung des Widerspruchs der Eindruck erweckt wird, der (erledigte) Ausgangsverwaltungsakt sei bestandskräftig geworden. In einem solchen Fall ist der Widerspruchsbescheid aufzuheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1980 – 8 C 30/87 -, juris, Rn. 10; W.-R. Schenke, a.a.O.).
Eine Beschwer für die Klägerin ist vorliegend auch deshalb gegeben, da mit dem Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2023 und den damit im Zusammenhang stehenden Erklärungen des Beklagten nicht nur der Eindruck erweckt wird, die Zwangsgeldfestsetzung vom 25. November 2021 sei bestandskräftig geworden, sondern auch, dass dieser Bescheid Grundlage weiterer Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, insbesondere für die Beitreibung des festgesetzten Zwangsgeldes, sein kann.
Dieser Auffassung des Beklagten ist allerdings nicht zu folgen. Dem steht § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVGBbg entgegen. Danach ist die Vollstreckung einzustellen, wenn der Zweck erreicht wurde.
Nach § 3 bzw. § 27 Abs. 1 Satz 1 VwVGBbg werden Verwaltungsakte, die zu einer sonstigen Handlung, Duldung oder Unterlassung verpflichten, mit Zwangsmitteln vollstreckt. Das Ordnungsrecht gründet auf einer Dreiteilung zwischen der ordnungsbehördlichen (Grund-) Verfügung einerseits (Primärebene) sowie den darauf bezogenen Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen andererseits (Sekundärebene) und den Kostenfragen (Tertiärebene). Auf der Sekundärebene geht es um die zwangsweise Durchsetzung gegen den Willen des Ordnungspflichtigen, wenn der Adressat der Verfügung diese nicht gefolgt. Zwangsmittel sind mithin Willensbeugemittel, um gefahrenbehördlich angeordnete Verhaltenspflichten durchzusetzen. Sie sind folgerichtig auszusetzen, soweit der Betroffene/ Pflichtige die gebotene Handlung ausführt bzw. die zu dulden Handlung gestattet oder aber die Erfüllung der zu (er-)zwingenden Handlung aus sonstigen Gründen unmöglich geworden ist (vgl. Benedens, VwVGBbg, Kommentar, Stand August 2023, Textziffer 2. vor §§ 26 ff.).
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Grundlage der streitgegenständlichen Zwangsgeldfestsetzung vom 25 November 2021 ist die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 16. November 2021. Mit dieser wurde gegenüber der Klägerin auf der Grundlage des § 79 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO eine Baueinstellungsverfügung erlassen. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Bauarbeiten anordnen, wenn die Ausführung eines Vorhabens entgegen der Vorschrift des § 72 Abs. 7-9 begonnen wurde. Vorliegend wurden seitens der Klägerin Baumaßnahmen realisiert, für die – insoweit unstreitig - einer Baugenehmigung nach § 72 BbgBO erforderlich war und zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht vorlag.
Das pflichtwidrige, letztlich mit einer Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung sanktionierte Verhalten der Klägerin lag mithin darin, dass von ihrer Seite Baumaßnahmen ohne die erforderliche Baugenehmigung realisiert wurden bzw. es darum geht, weitere Baumaßnahmen zu unterlassen, bis die erforderliche Baugenehmigung erteilt wurde. Allerdings ist der Zwecke der hier in Rede stehenden Vollstreckungsmaßnahme im Nachhinein entfallen.
Die Klägerin hat nämlich unter dem 6. Dezember 2021 einen Bauantrag für das in Rede stehenden der Bauvorhaben (Umbau eines ehemaligen Wahngebäudes zum landwirtschaftlich genutzten Stall- und Lagergebäude) gestellt und unter dem 23. März 2022 eine Baugenehmigung erhalten. Der Beklagte selbst hat im Anschluss daran unter dem 30. Mai 2022 erklärt, dass nach Erteilung der Baugenehmigung nunmehr wieder Bauarbeiten durchgeführt werden dürfen und das bauordnungsrechtliche Verfahren damit abgeschlossen ist.
Die Baueinstellungsverfügung ist ein Dauerverwaltungsakt, der unter ständiger Kontrolle zu halten ist (so schon Urteil der Kammer vom 2. März 2007 – 3 K 183/06 -; Otto in Brandenburgische Bauordnung, Kommentar, 5. Aufl., Rn. 7 zu § 79; VG Würzburg, Urteil vom 15. Dezember 2022 – W 5 K 22.473 -, juris, Rn. 17 m.w.N.). Sind die Voraussetzungen für dessen Erlass - also ein Bauen ohne die erforderliche Baugenehmigung - durch die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung in Wegfall geraten, hat sich die Baueinstellungsverfügung der Sache nach erledigt. Dies hat letztlich der Beklagte mit seinem Schreiben vom 30. März 2022 auch zum Ausdruck gebracht.
Dies ist für das hier in Rede stehende Vollstreckungsverfahren von Bedeutung.
Erledigt sich nämlich der Grundverwaltungsakt, verlieren auch alle bislang erlassene Verwaltungsakte ihre Wirkung. Die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsaktes erstreckt sich auch auf die von ihm abhängigen Vollstreckungsverwaltungsakte. Die Androhung und Festsetzung des Zwangsmittels wird gegenstandslos; sie sind „voll akzessorisch“ (vgl. Sadler in VwVG, Kommentar, 8. Aufl., Rn. 100 zu § 15 m.w.N.).
Dies ergibt sich auch aus § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVGBbg. Danach ist das Vollstreckungsverfahren einzustellen, wenn der Zweck erreicht wurde.
Vorliegend ist Zweck der Baueinstellungsverfügung und den damit einhergehenden Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung es zu verhindern, dass ohne die erforderliche Baugenehmigung Arbeiten an einem genehmigungspflichtigen Vorhaben durchgeführt werden. Wird jedoch die Baugenehmigung erteilt, kann das Vorhaben formell legal realisiert und können damit im Zusammenhang stehenden Bauarbeiten ausgeführt werden.
Sofern der Beklagte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt vom 23. Oktober 2019 – 2 L 51/17 - juris, Rn. 36), jedenfalls hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzung meint, diese habe sich nicht erledigt, vielmehr könne das festgesetzte Zwangsgeld sogar noch beigetrieben werden (vgl hierzu auch: Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 10. Aufl., Rn. 219 zu § 43; U.Stelkens a.a.O., Rn. 226 zu § 35), ist ihm nicht zu folgen.
Wenn in der genannten Entscheidung unter Bezugnahme auf das dortige Landesrecht darauf abgehoben wird, dass ein verhängtes Zwangsgeld auch dann noch beigetrieben werden kann, wenn ein weiterer Verstoß gegen das Unterlassungsgebot nicht mehr droht, insbesondere eine Wiederholungsgefahr nicht bestehen muss, es entscheidend darauf ankomme, dass der Verstoß nach der Androhung und während der Zeit, in der die vollziehbare Ordnungsverfügung galt, erfolgt sei, wird damit der Charakter des Zwangsgeldes als Beugemittel verkannt. Insoweit wird in der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt entscheidend darauf abgehoben, dass das Zwangsgeld motivierend auf dem Betroffenen einwirken und ihnen zur Befolgung des Verwaltungsaktes veranlassen soll. Nur dann, sei die Androhung als Beugemittel geeignet, wenn dem Betroffenen bewusst ist, dass jede Verbotsübertretung auch (tatsächlich) zu einer Festsetzung und Beitreibung des Zwangsgeldes führt.
Dies gilt jedenfalls nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg nicht.
Die Beitreibung eines festgesetzten Zwangsgeldes stellt eine Maßnahme zur Beugung eines entgegenstehenden Willens des Pflichtigen bezüglich der auferlegten Verpflichtung dar, die diesen dazu bewegen soll, die Verhaltenspflicht zu erfüllen, die sich aus den zu vollstreckenden Verwaltungsakt ergibt. Sie ist - auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit - nur solange zulässig, als ein solcher entgegenstehender Wille vorliegt. Ist dies nicht der Fall, weil der Pflichtige dem Verhaltensgebot nachkommt, besteht keine Notwendigkeit mehr für weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dies gilt auch, wenn es um die Durchsetzung eines Unterlassungsgebotes geht, dieses Gebot befolgt wird und ein weiterer Verstoß nicht zu erwarten ist. Andernfalls hätte die nachträgliche Beitreibung des Zwangsgeldes den Charakter einer Straf- bzw. Ordnungsmaßnahme, wobei nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - hier für das Land Brandenburg - das Zwangsgeld lediglich als Beugemaßnahme ohne repressiven Charakter anzusehen ist (vgl. zu allem: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Mai 2011 – 10 B 7.10 - unter ausdrücklicher Benennung der entgegenstehenden Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen oder aber des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt).
Sofern der Beklagte darauf abhebt, dass bei der von der Kammer vertretenen Sichtweise die Vollstreckungsmaßnahmen ihre Wirksamkeit verlören, ist dem entgegenzuhalten, dass gerade der vorliegende Fall zeigt, dass die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes den gewünschten Erfolg - sogar zeitnah - herbeigeführt haben nämlich dahingehend, dass die Klägerin den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung gestellt und ihr sodann auch die erforderliche Baugenehmigung erteilt worden ist. Im Übrigen kann der entgegenstehende Wille des Betroffenen mit einer entsprechenden konsequenten Umsetzung der möglichen Zwangsmittel mit den vorliegenden Möglichkeiten auch gebeugt werden, etwa in dem es nicht nur bei der Androhung eines Zwangsmittels verbleibt, sondern ein angedrohtes Zwangsgeld festgesetzt und beigetrieben wird oder sofern eine Festsetzung nicht erforderlich ist, das Zwangsmittel entsprechend einer Androhung angewendet wird.
Im Übrigen ist anzumerken, dass das Bauen ohne Baugenehmigung nicht ohne Sanktion bleibt. Vielmehr zeigt auch hier der vorliegende Fall, dass das Bauen ohne die erforderliche Baugenehmigung im Nachhinein mit erhöhten finanziellen Aufwendungen seitens des Baubewerbers verbunden sein kann nämlich dadurch, dass für die im Nachhinein erteilte Baugenehmigung nach der Tarifstelle 5.1 der Anlage 1 zur Brandenburgischen Baugebührenordnung für die nachträgliche Prüfung von Bauvorlagen das Doppelte der jeweiligen Gebühr für die Erteilung der Baugenehmigung festgesetzt werden kann. Die Beitreibung des festgesetzten Zwangsgeldes nach Erteilung der Baugenehmigung mit der erhöhten Gebühr würde sich dann für die Betroffenen als eine rechtsstaatlich nicht hinnehmbare Doppelbestrafung darstellen.
2. Soweit sich die Klägerin gegen die Zwangsgeldfestsetzung vom 25 November 2021 wendet, ist die Klage hingegen ohne Erfolg; sie es bereits nicht zulässig.
Ein Rechtsschutzinteresse für die Aufhebung des – wie unter 1. dargestellt - erledigten Verwaltungsaktes besteht nicht. Aus diesem können nach der hier vertretenen Ansicht keine – weiteren - negativen Rechtsfolgen für die Klägerin abgeleitet werden.
Insbesondere ist die Beitreibung des festgesetzten Zwangsgeldes nach § 13 VwVG Bbg ausgeschlossen.
Es kommt mithin nicht darauf an, ob die Erwägungen der Klägerin insbesondere dazu, dass die Zwangsgeldfestsetzung deshalb rechtswidrig sein könnte, da sie - die Klägerin - in einer Pflichtenkollision bestanden habe, zutreffend sind. Freilich spricht viel für die in der Zwangsgeldfestsetzung zum Ausdruck gebrachten Auffassung des Beklagten. In der Zeit zwischen dem Erlass der Baueinstellung mit dem angedrohten Zwangsgeld und der Festsetzung des Zwangsgeldes wurde letztlich unstreitig gegen die Ordnungsverfügung verstoßen angesichts des weiteren Baufortschritts (Aufbringen von Dachelementen). Auch hat die Klägerin den von ihr angesprochenen gefahrgeneigten Umstand (lose Dachplatten) erst nach Erlass der Baueinstellungsverfügung selbst geschaffen. In einem solchen Fall kann sich der Bauherr regelmäßig nicht mit Erfolg darauf berufen, ein Zwangsgeld könne nicht festgesetzt werden, da es einer Objektsicherung bedürfe, hinsichtlich eines zuvor – rechtswidrig - ins Werk gesetzten Vorhabens. Zudem hätte es der Klägerin freigestanden, die von ihr angesprochenen Situation dadurch zu entschärfen, dass sie nicht das Vorhaben weiter baulich verfestigt, sondern z.B. die zwischenzeitlich aufgelegten Dachplatten wieder entfernt.
Die Kostenteilung beruht auf § 155 Absatz 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 ff. ZPO
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