Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Streitwert, Streitwertbeschwerde, Stellenausschreibung, Stellenbesetzungsverfahren,...

Streitwert, Streitwertbeschwerde, Stellenausschreibung, Stellenbesetzungsverfahren, mehrere Anträge, mehrere Verfahrensanträge, Bescheidung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 03.04.2024
Aktenzeichen OVG 4 L 7/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0403.OVG4L7.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 39 Abs. 1 GKG, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG, § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG

Leitsatz

1. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet über eine Streitwertbeschwerde durch den Berichterstatter als Einzelrichter, wenn der angefochtene Streitwertbeschluss durch den Berichterstatter ergangen ist (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG).

2. Der sich gemäß § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG bemessende Streitwert ist nicht zu erhöhen, wenn mit Bezug auf dieselbe Stellenausschreibung und damit auf dasselbe Stellenbesetzungsverfahren ein weiterer Verfahrensantrag als Reaktion auf eine Neubescheidung angebracht wird.

3. Ist ein Begehren im Sinne von § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG (lediglich) auf Bescheidung gerichtet, ist der sich hiernach ergebende Streitwert nicht zu verringern.

Tenor

Die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Juli 2023 wird geändert. Der Streitwert wird für die erste Rechtsstufe bis zum 10. November 2021 auf 26.456,10 Euro, bis zum 13. März 2022 auf 31.456,10 Euro und danach auf 5.000 Euro festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet über die Beschwerde durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil der angefochtene Streitwertbeschluss durch den Berichterstatter ergangen ist und von der Zuständigkeitsbestimmung in § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG mitumfasst wird (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Februar 2024 – OVG 4 L 43/22 –; OVG Münster, Beschluss vom 6. Mai 2009 – 18 E 480/09 – juris Rn. 1 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 9. November 2010 – 3 So 157/10 – juris Rn. 1 f.).

Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG fristgemäß erhobene und auch sonst zulässige Streitwertbeschwerde des Beklagten ist begründet.

Soweit sich die Klägerin gegen ihre Nichtberücksichtigung im Rahmen des Auswahlverfahrens wendet und die erneute Entscheidung über die Besetzung der Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts begehrt, bemisst sich der Streitwert gemäß § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 4, § 40 GKG auf 26.456,10 Euro, wie auch die Beteiligten übereinstimmend annehmen. Das mit Schriftsatz vom 10. Mai 2021 verfolgte Begehren ist nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich auf dieselbe Stellenausschreibung und damit auf dasselbe Besetzungsverfahren bezieht, wie es bereits mit der Klageschrift zum Verfahrensgegenstand erhoben worden ist. Für die Streitwertberechnung maßgeblich ist insoweit allein die Zahl der Auswahlverfahren, die zur Überprüfung des Gerichts gestellt werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. März 2001 – OVG 4 L 3.01), und nicht die Zahl der Verfahrensanträge, die in demselben Besetzungsverfahren als Reaktion auf eine Neubescheidung angebracht werden.

Eine Verringerung des Streitwerts wegen des (lediglich) auf Bescheidung gerichteten Begehrens ist nicht angezeigt, wie das Gericht bereits entschieden hat (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 – OVG 4 L 32.17 –): Der Kläger in einem auf Neubescheidung eines Beförderungsbegehrens gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren befindet sich in keiner anderen prozessualen Situation als ein Kläger, der Beamter werden möchte. Ein Kläger wie im vorliegenden Fall hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Beförderung, sondern nur das Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung um ein Beförderungsamt bzw. die Berücksichtigung dieser Bewerbung im Auswahlverfahren. Daraus folgt, dass eine auf die Verpflichtung des Dienstherrn auf Beförderung gerichtete Klage des Bewerbers typischerweise zu keinem Erfolg führen, sondern allenfalls über ein Klagebegehren erreicht werden kann, das die Bescheidung eines entsprechenden Antrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts zum Gegenstand hat. Von dem sachlichen Geltungsbereich der in § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG enthaltenen Regelung werden nach Auffassung des Senats in erster Linie die gerichtlichen Verfahren als „Normalfälle“ erfasst, in denen ein Bescheidungsantrag des Klägers im Mittelpunkt der Entscheidungsfindung steht, weil nicht davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber als Hauptanwendungsfall der Vorschrift die für den Kläger regelmäßig von vornherein aussichtslosen Klagen auf Verpflichtung zur Verbeamtung betrachtet. Ist in § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG aber für „Neubescheidungsfälle“ keine weitere Reduzierung des Streitwertes vorgesehen, lässt sie sich auch nicht über eine Heranziehung der in Nr. 10.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen enthaltenen (generellen) Empfehlung rechtfertigen, nach welcher der Streitwert bei Klagen auf Neubescheidung eines Beförderungsbegehrens die Hälfte des sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Satz 1 bis 3 GKG ergebenden Streitwerts betragen soll.

Für das mit Schriftsatz vom 9. November 2021 – bei Gericht eingegangen am 11. November 2021 – in das Verfahren eingeführte Begehren, die Anlassbeurteilung vom 9./12. März 2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen, sind streitwerterhöhend (§ 39 Abs. 1 GKG) 5.000 Euro anzusetzen (BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2023 – 2 B 8.23 – juris Rn. 22). Denn die Klägerin hat ihre Anlassbeurteilung selbständig angegriffen und so zum eigenständigen Streitgegenstand erhoben. Anders als in einem Konkurrentenstreitverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem die Rechtmäßigkeit einer Beurteilung (unselbständige) Vorfrage der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung ist und die inzidente Anfechtung der Beurteilung den Streitwert nicht erhöht, ist die Anlassbeurteilung vorliegend explizit angegriffen worden.

Das mit der Klageschrift und dem Schriftsatz vom 10. Mai 2021 verfolgte einheitliche Neuentscheidungsbegehren ist erst durch die übereinstimmende Erklärung der Erledigung der Hauptsache – zeitlich maßgeblich ist insoweit der Eingang des Schreibens des Beklagten vom 7. März 2002 am 14. März 2022 bei Gericht – nicht mehr Streitgegenstand und der Streitwert ab diesem Zeitpunkt geringer festzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).