Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 28.02.2024 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 6 A 6/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0228.OVG6A6.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 19b Abs 1 Satz 3 LuftVG, § 19b Abs 3 Nr 3 Satz 1 LuftVG, § 19b Abs 3 Nr 1 LuftVG, § 19b Abs 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG, § 19b Abs 1 Satz 3 LuftVG, § 19b Abs 1 Satz 4 Nr 2 LuftVG, Richtlinie 2009/12/EG, OPS 1.235c Verordnung (EG) 859/2008 |
1. Bei einzelereignisbezogenen Lärmentgelten erfordern Änderungen bzw. Aktualisierungen und Ergänzungen in der praktischen Umsetzung des Konzepts für die Messung und Ermittlung der jeweiligen Lärmemission keine neue Konsultation der Entgeltordnung gemäß § 19b Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und 2 LuftVG, soweit sie das Konzept in seinen wesentlichen Grundzügen nicht berühren.
2. Der Gesetzgeber räumt dem Flughafenbetreiber in § 19b Abs. 1 Satz 6 HS 1 LuftVG einen Gestaltungsspielraum bei der Differenzierung der Lärmentgelte ein, der nur eingeschränkt überprüfbar ist.
3. Einzelereignisbezogene Lärmentgelte sind im Sinne des § 19b Abs. 1 Satz 3 LuftVG zur Umsetzung des Erfordernisses des § 19b Abs. 1 Satz 6 LuftVG grundsätzlich geeignet.
4. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich der Betreiber eines Flughafens, dessen Umfeld eine dichte Besiedlungsstruktur aufweist, dafür entscheidet, einen Anreiz zur Entlastung der durch Fluglärm höchstbelasteten Anwohner im Nahbereich direkt unter den jeweiligen Flugpfaden zu setzen.
5. Ein von Lärmentgelten ausgehender Anreiz, beim Start das sog. Steilstartverfahren NADP1 zur Lärmminderung im Nahbereich zu wählen, engt die Entscheidung der Fluggesellschaften über die Wahl des Startverfahrens nicht unzulässig ein.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerinnen sind Luftverkehrsgesellschaften, die sich gegen die Genehmigung der Änderung der Entgeltordnung des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) durch den Beklagten wenden, mit der am BER zum 1. September 2022 einzelereignisbezogene Lärmentgelte eingeführt wurden. Die Klägerinnen flogen den BER im hier interessierenden Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Dezember 2023 regelmäßig an.
Nachdem der Beklagte erstmals im Jahr 2011 eine Entgeltordnung für den BER genehmigt hatte, die Ende 2017 geändert wurde, führte die Beigeladene am 18. September 2019 ein Entgeltkonsultationsverfahren zur beabsichtigten Änderung der Entgeltordnung für die zum Ende Oktober 2020 geplante Inbetriebnahme des BER durch. Das Konsultationsverfahren betraf sowohl die Änderung der in § 19b Abs. 1 Satz 1 LuftVG genannten „allgemeinen“ Flughafenentgelte (Positionsentgelte, General Aviation Entgelte und verkehrsfördernde Maßnahmen) als auch die Einführung eines einzelereignisbezogenen Systems für die Berechnung der Lärmentgelte nach § 19b Abs. 1 Satz 6 LuftVG. Im Fortsetzungstermin der Konsultation am 6. November 2019 erfolgte eine Vorstellung und Diskussion des neuen Lärmentgeltsystems. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Konsultation in den Gerichtsakten sowie auf die Konsultationsunterlagen verwiesen, die Bestandteil der Gerichtsakten im parallelen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes OVG 6 S 52/22 sind.
Die Beigeladene teilte den am Konsultationsverfahren beteiligten Luftverkehrsgesellschaften und Verbänden mit E-Mail vom 23. Dezember 2019 mit, sie wolle die Änderungen der Entgeltordnung 2017 in zwei Schritten vornehmen. Zuerst solle die Anpassung der Positionsentgelte, der General Aviation Entgelte und der verkehrsfördernden Maßnahmen mit Wirkung zur Inbetriebnahme BER am 1. November 2020 erfolgen. Erst danach sollten die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte in einem gesonderten zweiten Antrag zur Genehmigung mit Wirkung zum 1. April 2021 eingeführt werden.
Die von der Beigeladenen unter dem 21. Januar 2020 beantragte Änderung der Entgeltordnung, die noch keine einzelereignisbezogenen Lärmentgelte enthielt, genehmigte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. Juni 2020 mit Wirkung zum 1. November 2020. In einer Anlage zum Genehmigungsantrag teilte die Beigeladene auch dem Beklagten mit, sie beabsichtige, zum Ende des ersten Quartals 2020 eine weitere Änderung der Entgeltordnung, nämlich des Lärmentgelts, zu beantragen. Die Änderung der Berechnung des Lärmentgelts sei ebenfalls bereits mit den Airlines konsultiert, solle aber erst ab dem 1. April 2021 gültig werden.
In der am 10. Juni 2020 mit den Flughafennutzern durchgeführten Informationskonsultation teilte die Beigeladene mit, sie plane weiterhin die Einführung einzelereignisbezogener Lärmentgelte und werde den Antrag zeitnah bei der Behörde einreichen.
Unter dem 1. März 2021 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten mit Wirkung zum 1. September 2021 unter Zugrundelegung der 2019 konsultierten Verkehrsprognose die Genehmigung der Änderung der Entgeltordnung bezüglich der Ersetzung der bisherigen Bemessung der Lärmentgelte anhand des verwendeten Flugzeugtyps durch eine einzelfallbezogene Berechnung der Lärmentgelte, die sich nach dem bei jedem einzelnen Start und jeder einzelnen Landung gemessenen Lärmpegel bemesse (Ziffer 1.1.2 des Entwurfs der Entgeltordnung „Lärmbezogenes Start- und Landeentgelt“). Für Luftfahrzeuge bis 2.000 kg Höchstabfluggewicht (Maximum Take-Off Mass, MTOM) war ein Entgelt pro Start und Landung in Höhe von zehn Euro vorgesehen. Für Luftfahrzeuge über 2.000 kg MTOM erfolge die Zuordnung der einzelnen Landungen und Starts zu einer Lärmklasse anhand des tatsächlich gemessenen Lärmwerts, der je Lande-/Startrichtung an drei Referenzmessstellen gemessen und gemittelt werden solle. Bei jeder Referenzmessstelle solle ein Korrekturwert angewendet werden, mit dem die Maximalpegel der Referenzmessstellen an die Referenzmessstelle 18 angeglichen würden, die als Ankermessstelle dienen solle. Statt bisher sieben Lärmklassen würden für die Bemessung des Lärmentgelts elf Lärmklassen unterschieden. Diese sollten von der Lärmklasse 1 < 62,9 dB(A) (40,00 Euro) in Stufen von jeweils 2 dB(A) bis zur Lärmklasse 11 > 81,0 dB(A) (7.500 Euro) steigen. Wenn im Einzelfall kein valider Messwert zur Zuordnung des Start- bzw. Landevorgangs zu einer Lärmklasse ermittelt werden könne, solle die Lärmklassenzuordnung nach einem durchschnittlichen Lärmpegel des Flugzeugtyps anhand einer im Anhang 1 zur Entgeltordnung enthaltenen Referenztabelle erfolgen, was der früheren Praxis zur Erhebung des Lärmentgelts entspreche.
Am 3. November 2021 führte die Beigeladene eine Informationskonsultation durch, zu der alle Nutzer des BER eingeladen waren. Sie erklärte, sie rechne mit keinen Mehr- oder Mindereinnahmen durch die Einführung des ereignisbezogenen Lärmentgelts. Für einzelne Airlines könne die Einführung zu einer Mehr- oder Minderbelastung führen.
Der Beklagte machte mit Schreiben vom 2. Dezember 2021, versehentlich datiert auf den 2. November 2021, gegenüber der Beigeladenen umfassenden Aufklärungsbedarf geltend, insbesondere zur Frage der Lärmminderung durch das Steilstartverfahren NADP1. Dabei nahm der Beklagte Bezug auf eine Präsentation des Dr. Isermann vom DLR Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik vom 6./7. November 2019. Die Präsentation enthielt ein Schaubild, das für den Abflug eines Airbus A319 die Pegeldifferenzen zwischen den Startverfahren NADP1 und NADP2 darstellte. Wegen der näheren Einzelheiten der Präsentation wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
NADP steht dabei für „Noise Abatement Departure Procedure“, auf Deutsch „Lärmminderndes Startverfahren“, und bezieht sich auf das vertikale Flugprofil. NADP1 (Steilstart) und NADP2 (Flachstart) sind seitens der International Civil Aviation Organization (Internationale Zivilluftfahrtorganisation, ICAO) grundsätzlich als lärmmindernd eingestuft. Beide unterscheiden sich durch die Höhe, in der nach dem initialen Steigflug, der mit gleichbleibender Geschwindigkeit geflogen wird, die Beschleunigung eingeleitet wird, die das Einfahren der Klappen ermöglicht. Nach der Beschleunigung auf eine vorgegebene oder flugzeugspezifische Zielgeschwindigkeit wird dann erneut mit gleichbleibender Geschwindigkeit weiter an Höhe gewonnen.
Die Verbände Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) und Board of Airline Representatives in Germany (BARIG) fügten ihrer Stellungnahme vom 21. Dezember 2021 ein Gutachten der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vom 20. Dezember 2021 bei, das sich diese zu eigen machten.
Die Beigeladene nahm unter dem 13. Januar 2022 Stellung zu Fragen des Beklagten vom 2. Dezember 2021. Beigefügt war ein geänderter Entwurf der Entgeltordnung, der im Anhang 1 einen Plan mit den für die Lärmmessung auf den einzelnen Flugrouten vorgesehenen Referenzmessstellen sowie eine Tabelle mit Korrekturwerten für die einzelnen Messstellen enthielt, mit denen der jeweils gemessene Lärmpegel auf die Ankermessstelle 18 nivelliert werden sollte (Anhang 1 der Entgeltordnung, Seite 2728).
Die Fluglärmkommission sprach sich am 16. März 2022 ausdrücklich für die Einführung ereignisbezogener Lärmentgelte aus. Sie empfahl jedoch die Korrekturwerte und etwaige neue Messstellen transparent in der Entgeltordnung darzustellen.
Unter dem 18. März 2022 nahm die Beigeladene Stellung zu den vorgebrachten Einwänden der Fluggesellschaften und der Verbände einschließlich des anwaltlichen Gutachtens vom 20. Dezember 2021.
Auf Veranlassung des Beklagten legte das Umweltbundesamt (UBA) unter dem 23. März 2022 eine Stellungnahme vor. Es bezeichnete das neue Lärmentgeltsystem als grundsätzlich geeignet, um Fluggesellschaften zu lärmminderndem Flugverhalten anzuhalten. Grundsätzlich strebe man die Minimierung der Anzahl der Belästigten an. Lasse sich keine eindeutige Präferenz ableiten, sollten prioritär Höchstbelastete entlastet werden.
Nachdem der Beklagte den Klägerinnen und Verbänden nochmals Gelegenheit gegeben hatte, zum aktualisierten Antrag Stellung zu nehmen, erklärten BARIG und BDF unter dem 29. April 2022, sie lehnten einzelereignisbezogene Lärmentgelte weiterhin ab. Es hätte neu konsultiert werden müssen. Weiter sei nicht nachvollziehbar, dass die neue Regelung gegenüber der bisher gültigen und an allen anderen deutschen Flughäfen angewendeten Lärmentgeltberechnungsmethodik eine überlegene Lenkungswirkung entfalte. Die Klägerinnen machten sich diese Stellungnahme zu eigen.
Der Beklagte holte daraufhin ein Rechtsgutachten seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten ein, das zu dem Ergebnis gelangte, die Änderung der Entgeltordnung sei genehmigungsfähig.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2022 genehmigte der Beklagte die von der Beigeladenen am 1. März 2021 beantragte Änderung der Entgeltordnung mit Wirkung von zwei Monaten nach Veröffentlichung in den Nachrichten für Luftfahrer, frühestens ab 1. August 2022 (Ziffer 1), ordnete die sofortige Vollziehung von Ziffer 1 an (Ziffer 2) und setzte für diese Entscheidung eine Gebühr in Höhe von 3.000,00 Euro fest (Ziffer 3). Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Das erforderliche Konsultationsverfahren sei im Herbst 2019 fristgerecht erfolgt. Eine weitere Konsultation mit neuer Kostenprognose sei nicht notwendig gewesen. Das neue Lärmentgelt sei geeignet, objektiv, transparent und diskriminierungsfrei. Den Lärmentgelten fehle es an einem Kostenbezug, da ihnen keine Kosten seitens des Flughafenbetreibers gegenüberstünden. Gleichwohl führten vorliegend die Lärmentgelte nicht zu einer Kostenüberdeckung, da die Flughafenentgelte der Beigeladenen insgesamt nicht kostendeckend seien. Das neue Lärmentgeltsystem sei geeignet, für die Flughafennutzer einen wirksamen Anreiz zur Lärmreduktion zu setzen und den beim einzelnen Flug verursachten Lärm direkter und unmittelbarer als durch das frühere System zu bepreisen. Die Flughafennutzer könnten frei entscheiden, ob sie lärmärmere Flugzeugtypen einsetzen und/oder lärmmindernde Maßnahmen am einzelnen Fluggerät vornehmen wie z.B. die Nachrüstung mit Winglets und Wirbelgeneratoren und/oder beim Start und bei der Landung lärmärmere Abflug- bzw. Anflugverfahren nutzen. Das neue System setze auch einen Anreiz zur Verwendung des Startverfahrens NADP1, was der Lärmminderung für die Siedlungen direkt unterhalb der Flugrouten diene. Vorrangig sei dabei die Entlastung der höchstbelasteten Einwohner direkt unterhalb der Flugrouten. Die progressive Ausgestaltung der Tabelle sei nicht zu beanstanden, da sich der Anstieg nach dem Maß des verursachten Lärms bei jedem An- und Abflug am BER richte. Weiter seien die Lärmentgelte objektiv und differenziert, insbesondere führe die Erhebungs- und Berechnungsmethode dazu, dass sich in den geforderten Entgelten der tatsächlich durch den jeweiligen Flugvorgang verursachte Lärm abbilde. Die Berechnungsmethode der Entgelte sei transparent dargestellt, während es für die Transparenz nicht darauf ankomme, dass den Flughafennutzern jedes zu zahlende Entgelt der Höhe nach bereits im Voraus bekannt sei. Das neue Lärmentgeltsystem führe nicht zu einer Diskriminierung von einzelnen Nutzern oder Nutzergruppen. Die Nutzer hätten keinen Anspruch darauf, dass die neuen Lärmentgelte nicht zu einem höheren Entgeltaufkommen führen dürften. Insgesamt bestehe am BER weiterhin eine erhebliche Kostenunterdeckung im dreistelligen Millionenbereich. Die Grenze zur Überschreitung der Aufkommensneutralität, d.h. zu überschießenden Gewinnen, sei auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Steigerung des Entgeltaufkommens durch die neuen Lärmentgelte bei weitem nicht erreicht. Ein etwaiger erhöhter Rechnungsprüfungsaufwand führe ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit. Die geänderte Entgeltordnung wurde am 24. Juni 2022 unter Verweis auf die erteilte Genehmigung in den Nachrichten für Luftfahrer veröffentlicht und trat zum 1. September 2022 in Kraft.
Hiergegen richtet sich die am 3. August 2022 erhobene Klage. Zur Begründung führen die Klägerinnen im Wesentlichen aus:
Die Klage sei begründet, da der Genehmigungsbescheid rechtswidrig sei. Es fehle an einem ordnungsgemäß durchgeführten Konsultationsverfahren bezüglich der im Jahr 2022 genehmigten einzelereignisbezogenen Lärmentgelte. Für deren Einführung gäbe es keine Ermächtigungsgrundlage. § 19b Abs. 1 Satz 6 LuftVG erlaube es nicht, einen Anreiz zur Änderung des Flugverhaltens zu setzen, um auf diese Weise eine Umverteilung des Lärms im Flughafenumfeld des BER herbeizuführen. Das Entgeltsystem der Beigeladenen, das finanzielle Anreize für das Startverfahren NADP1 setze, sei ungeeignet. Die Umverteilung von Lärm erfordere eine komplexe Abwägungsentscheidung, deren Tatsachengrundlagen nicht ausreichend ermittelt worden seien. Der erforderliche Nachweis über eine tatsächliche Lärmminderung sei nicht geführt worden. Der Genehmigungsbescheid sei auch unter den Gesichtspunkten des Kostenbezugs bzw. der Aufkommensneutralität der neuen Entgelte gemäß § 19b Abs. 1 Satz 3 und Satz 5 LuftVG rechtswidrig. Es fehle es an einer Angemessenheit der Entgelte und an einer erkennbaren Orientierung an der Effizienz der Leistungserstellung. Die Entgeltregelung sei im Hinblick auf den damit einhergehenden und von dem Beklagten sogar eingeräumten CO2-Mehrausstoß rechtswidrig.
Die Klägerinnen beantragen,
die von dem Beklagten der Beigeladenen erteilte Genehmigung der Änderung der Entgeltordnung für den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg (BER) vom 22. Juni 2022, Gz. 44.1-6441/5/3/2021, bezüglich der Ziffer 1 aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führen der Beklagte und die Beigeladene im Wesentlichen aus, die Klage sei unbegründet. Das Konsultationserfordernis nach § 19b Abs. 3 Nr. 1 LuftVG sei erfüllt. § 19b Abs. 1 Satz 6 LuftVG erlaube Regelungen, die Anreize zur Veränderung des Flugverhaltens setzten, und räume einen Gestaltungsspielraum bei der Entgeltdifferenzierung nach Lärmschutzgesichtspunkten ein. Die gerichtliche Überprüfung sei darauf beschränkt, ob der Flughafenunternehmer die vom Gesetz gezogenen Grenzen des Gestaltungsspielraums überschritten habe. Dies sei hier nicht der Fall. Der notwendige Kostenbezug liege vor, da die neuen Lärmentgelte aufkommensneutral seien. Am BER sei das Verkehrsaufkommen ab 2020 pandemiebedingt erheblich hinter den Planzahlen der Konsultation von 2019 zurückgeblieben. Daher habe bei Genehmigungserteilung eine erhebliche Kostenunterdeckung vorgelegen, die auf absehbare Zeit fortbestehe. Die neuen Entgelte orientierten sich an einer effizienten Leistungsbereitstellung. Ein ggf. bei den Nutzern entstehender erhöhter Rechnungsprüfungsaufwand sei kein Kriterium für die Effizienz der Leistungsbereitstellung durch die Beigeladene.
Die Beigeladene führt ergänzend und unter Vorlage entsprechender Unterlagen aus, dass für beide Klägerinnen die neuen Lärmentgelte günstiger seien und der durchschnittliche Anteil der Lärmentgelte an der Netto-Gesamtrechnung für beide Klägerinnen von der Winterperiode 2021/2022 zur Winterperiode 2022/2023 zurückgegangen sei; der CO2-Mehrausstoß durch NADP1 bewege sich im Promillebereich. Während der Corona-Pandemie habe die Beigeladene ihre Entgelte nicht an das veränderte Verkehrsaufkommen angepasst, sondern die Prognosen aus dem Jahr 2019 bildeten weiterhin die Kalkulationsgrundlage. Dieses Vorgehen hätten die Flughafennutzer in der Informationskonsultation am 3. November 2021 ausdrücklich begrüßt. Hätte man die Prognose auf die Daten von 2020 bzw. 2021 gestützt, hätten die Entgelte wesentlich höher ausfallen müssen. Der Kostendeckungsgrad am BER habe im Jahr 2021 wegen der pandemiebedingten Verkehrseinbrüche bei ca. Prozent gelegen, im Jahr 2022 bei Prozent. Für 2023 werde mit Prozent gerechnet. Eine signifikant höhere Kostendeckung sei gegenwärtig nicht absehbar. Im Vergleich zur Entgeltordnung 2020 habe die Beigeladene vom 1. September 2022 bis zum 31. Dezember 2023 einen Einnahmerückgang von Euro pro Flugbewegung verzeichnet.
Zum 1. Januar 2024 ist eine mit Bescheid vom 24. Oktober 2023 durch den Beklagten genehmigte neue Entgeltordnung für den BER in Kraft getreten, die Gegenstand eines weiteren Verfahrens der Klägerinnen ist, über das der Senat noch nicht entschieden hat (OVG 6 A 9/23).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die ebenfalls beigezogenen Gerichtsakten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes OVG 6 S 52/22 und den Genehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2023 sowie die Entgeltordnung in der ab dem 1. Januar 2024 gültigen Fassung verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Die erhobene Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 22. Juni 2022 ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I. Die Klage ist zulässig.
1. Die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug unter anderem über sämtliche Streitigkeiten, die den Betrieb von Verkehrsflughäfen betreffen. Nach Satz 2 umfasst die Zuweisung auch Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Bei einem Streit um die Rechtmäßigkeit der einem Flughafenunternehmer auf der Grundlage von § 19b LuftVG erteilten Entgeltgenehmigung besteht der erforderliche enge räumliche und betriebliche Zusammenhang mit dem Betrieb eines Verkehrsflughafens (gefestigte Rspr. d. Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 8. Dezember 2022 – OVG 6 S 52/22 – juris Rn. 13).
2. Die Klägerinnen zu 1 und 2 sind nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie machen zu Recht geltend, dass sie durch die streitige Genehmigung der Entgeltordnung vom 22. Juni 2022 möglicherweise in ihrem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sind. Die allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne dieser Grundrechtsverbürgung umfasst die Vertragsfreiheit und damit das Recht, den Inhalt vertraglicher Vereinbarungen mit der Gegenseite frei von staatlicher Bindung auszuhandeln. Dieses Grundrecht ist nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf die Klägerinnen als juristische Personen des Privatrechts anwendbar. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung unter Beachtung der Vorgaben der Richtlinie 2009/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über Flughafenentgelte (im Folgenden: Richtlinie 2009/12/EG) kommt der Genehmigungsentscheidung nach § 19b LuftVG privatrechtsgestaltende Wirkung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2020 – BVerwG 3 C 21.19 u.a. – juris Rn. 6; EuGH, Urteil vom 21. November 2019 – C379/18 – juris Rn. 71). Die rechtsgestaltende Wirkung der Genehmigung bezieht sich auf alle Verträge des Flughafenunternehmers mit Flughafennutzern, mit denen sich dieser verpflichtet, die Nutzung des Verkehrsflughafens zu ermöglichen. Die Genehmigung legt das hierfür von den Flughafennutzern zu entrichtende Entgelt rechtsverbindlich fest und greift damit in die durch Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte Vertragsautonomie der Klägerinnen ein. Denn diese nutzten den von der Beigeladenen betriebenen Flughafen im hier interessierenden Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Dezember 2023 regelmäßig und wurden von der Beigeladenen auf vertraglicher Grundlage zur Zahlung von Flughafenentgelten in Anspruch genommen.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 22. Juni 2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Genehmigung der Entgeltordnung ist § 19b LuftVG. Nach dessen Absatz 1 Satz 3 wird diese erteilt, wenn die Entgelte in der Entgeltordnung nach geeigneten, objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien geregelt sind. Gemäß Absatz 1 Satz 6 Halbsatz 1 ist in der Entgeltordnung von Verkehrsflughäfen eine Differenzierung der Entgelte nach Lärmschutzgesichtspunkten vorzunehmen. Nach § 19b Abs. 3 LuftVG gelten für die Genehmigung der Entgeltordnung von Verkehrsflughäfen, die wie der BER jährlich mehr als fünf Millionen Fluggastbewegungen aufweisen, zusätzliche Anforderungen. Nach Nummer 1 der Vorschrift ist ein Konsultationsverfahren zwischen dem Flughafenunternehmen und den Flughafennutzern zum Zwecke der Einigung durchzuführen. Nach Nummer 3 Satz 1 ist die Genehmigung zu erteilen, wenn zwischen der Höhe der vom Unternehmer des Verkehrsflughafens festgelegten Entgelte und der Höhe der voraussichtlich tatsächlichen Kosten ein angemessenes Verhältnis besteht und die Orientierung an einer effizienten Leistungserstellung erkennbar ist. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die fragliche Entgeltordnung diese Vorgaben hinreichend beachtet und die Genehmigung deshalb zu erteilen war.
1. Die gemäß § 19b Abs. 3 Nr. 1 LuftVG vor dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung zwingend durchzuführende Entgeltkonsultation hat hier ordnungsgemäß stattgefunden. Nach dieser Vorschrift legt der Unternehmer eines Verkehrsflughafens den Flughafennutzern spätestens sechs Monate vor dem beabsichtigten Inkrafttreten der Entgeltordnung einen Entwurf mit einer Begründung zum Zwecke der Einigung vor. Gleiches gilt für Änderungen der Entgeltordnung (Satz 2).
a) Das Konsultationsverfahren erfüllt diese Vorgabe. Die Beigeladene hat in der zweiten Jahreshälfte 2019 unter Vorlage des Entwurfs der Entgeltordnung ein Konsultationsverfahren (auch) zur Einführung der einzelereignisbezogenen Lärmentgelte durchgeführt, das länger als sechs Monate vor dem damals beabsichtigten Inkrafttreten dieser Änderung der Entgeltordnung zum 1. März 2021 stattfand. Dass zu dem Konsultationsverfahren im Herbst 2019 nicht alle nach § 19b Abs. 3 Nr. 6 LuftVG erforderlichen Unterlagen vorgelegen hätten oder dass sonst Bedenken gegen die Art und Weise der Durchführung der beiden Termine im Herbst 2019 bestünden, tragen die Beteiligten nicht vor; derartiges ist auch sonst nicht ersichtlich.
Unschädlich ist, dass zwischen der Konsultation, die Ende 2019 abgeschlossen war, und dem zunächst beabsichtigten Inkrafttreten zum 1. März 2021 mehr als ein Jahr lag. Ebenso unschädlich ist auch der zeitliche Abstand bis zur tatsächlichen Antragstellung durch die Beigeladene am 1. März 2021 mit beabsichtigtem Inkrafttreten zum 1. September 2021. Denn für die zeitliche Abfolge gibt es abgesehen von der Mindestfrist von sechs Monaten zwischen der Durchführung der Entgeltkonsultation und dem beabsichtigten Inkrafttreten keine ausdrückliche gesetzliche Vorgabe. Eine zeitliche Obergrenze ist in § 19b LuftVG nicht geregelt. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für § 19b LuftVG vom 25. Januar 2012 heißt es entsprechend, es bleibe dem Unternehmer nach § 19b Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und 2 LuftVG unbenommen, den Konsultationstermin auch zu einem früheren Zeitpunkt als sechs Monate vor dem beabsichtigten Inkrafttreten der Entgeltordnung durchzuführen (BT-Drucks. 17/8467, Seite 7, rechte Spalte). Die etwa 18 Monate zwischen der Entgeltkonsultation im Herbst 2019 und der Antragstellung durch die Beigeladene am 1. März 2021 stellen vor diesem Hintergrund keinen so langen Zeitraum dar, dass dieser für sich genommen zwingend die Durchführung eines erneuten Konsultationsverfahrens erfordert hätte. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der BER erst im November 2020, d.h. vier Monate vor der Antragstellung am 1. März 2021, eröffnet worden war. Ein lediglich viermonatiger Flugbetrieb vermag regelmäßig keine neue Sachlage zu begründen, die eine erneute Konsultation erfordern würde.
Die Klägerinnen hatten auch keinen Anlass anzunehmen, dass die Beigeladene ihre 2019 bekundete Absicht, die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte einzuführen, aufgegeben hätte. Bereits aufgrund der E-Mail der Beigeladenen vom 23. Dezember 2019 waren sie darüber informiert, dass die Beigeladene noch einen zweiten Antrag beabsichtigte, der deren Einführung zum Gegenstand haben sollte. Diesen zweiten Antrag kündigte die Beigeladene den Flughafennutzern erneut am 10. Juni 2020 im Rahmen der Informationskonsultation an. Zum selben Zweck wies die Beigeladene im Sinne des Transparenzgebots seit November 2020 auf ihren Rechnungen für die Benutzung des Flughafens bereits nachrichtlich die Lärmklassen aus, die sich bei einzelereignisbezogener Abrechnung ergeben würden. Die Konsultation in der zweiten Jahreshälfte 2019 war vor diesem Hintergrund auch nicht „verbraucht“.
Unabhängig davon bestand ein sachlicher Grund für die späte Antragstellung. Auch in der Literatur wird es für möglich gehalten, die in § 19b Abs. 3 LuftVG genannten Fristen zu verkürzen oder zu verlängern, wenn im Einzelfall ausreichende Gründe vorliegen (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 75). Hier bildet der pandemiebedingte starke Einbruch des Luftverkehrs ab März 2020 einen ausreichenden sachlichen Grund dafür, dass die Beigeladene den Antrag erst im März 2021 mit beabsichtigter Wirkung zum 1. September 2021 und nicht – wie ursprünglich geplant – zum Ende des ersten Quartals 2020 mit beabsichtigter Wirkung zum 1. April 2021 gestellt hat.
Die pandemiebedingte Ausnahmesituation im Luftverkehr ab März 2020 erlaubte sozusagen aufgrund höherer Gewalt keine sinnvolle und belastbare neue Zukunftsprognose bezüglich der Entwicklung der Flugbewegungen und der Kosten- und Erlössituation am BER. In der Kommentarliteratur wird vertreten, dass der plötzliche Einbruch im weltweiten Luftverkehr als Folge der Covid-19-Pandemie nahezu allen vormaligen Prognosen, die den bestehenden Entgeltordnungen zugrunde lagen, die Basis entzogen haben dürfte. Die Flugplätze seien nicht in der Lage gewesen, die erwarteten Entgelteinnahmen zu generieren, und sie hätten durch Stellenabbau, Kurzarbeit, Teilschließungen und den Stopp von geplanten Bauvorhaben die Kosten nur ein Stück weit senken können (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 46). Es ist in der Literatur anerkannt, dass es im Hinblick auf § 19b Abs. 3 LuftVG unzweckmäßig sei, sich allein auf die statistischen Zahlen der durch die Pandemie geprägten Jahre 2020 bis 2022 zu fokussieren, da diese starke Verzerrungen aufwiesen (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 73). Die Anpassung der Entgeltordnungen an die neuen Bedingungen im Luftverkehr wird für den Fall als Option angesehen, dass keine rasche Erholung auf das Vorkrisenniveau eintritt (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 46). Diese Einschätzung leuchtet auch im vorliegenden Verfahren ein.
Die Beigeladene hat schlüssig und nachvollziehbar belegt, dass der Kostendeckungsgrad am BER im Jahr 2021 wegen der pandemiebedingten Verkehrseinbrüche bei ca. Prozent lag und im Jahr 2022 bei Prozent, während die Prognose von 2019 noch von einem Kostendeckungsgrad von Prozent ausgegangen war. Es wäre nicht angebracht erschienen, diese Kostensituation mit einem so erheblichen und unvorhergesehenen Umsatzeinbruch im Luftverkehr einer belastbaren neuen Kalkulation und Zukunftsprognose unmittelbar vor der Antragstellung im März 2021 zugrunde zu legen. Angesichts der massiven Einschränkungen des Flugverkehrs durch sog. Lockdowns und der Ausweisung internationaler Risikogebiete im März 2021 kann angenommen werden, dass alle Beteiligten damals davon ausgegangen sind, dass es sich pandemiebedingt um eine vorübergehende Sondersituation handelte, die keine belastbaren Prognosen für die Zukunft zuließ, und dass daher vorerst weiter die 2019 angestellte Prognose die Grundlage für die Kalkulation bildete. Die Klägerinnen legen nicht dar und es ist auch sonst nicht ersichtlich, was angesichts dieser Sachlage inhaltlich Gegenstand eines weiteren Entgeltkonsultationsverfahrens vor dem Antrag vom 1. März 2021 hätte sein können.
b) Aus der Dauer des Genehmigungsverfahrens ergibt sich nichts anderes. Nach § 19b Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 LuftVG soll die Entscheidung der Genehmigungsbehörde innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags auf Genehmigung der Entgeltordnung ergehen. Dass der Beklagte diese Frist hier überschritten hat, da zwischen der Antragstellung am 1. März 2021 und dem Genehmigungsbescheid vom 22. Juni 2022 mehr als ein Jahr lag, geht nicht zu Lasten der Beigeladenen und führt nicht auf einen Mangel des Konsultationsverfahrens.
c) Die Änderungen, die die Beigeladene nach der Konsultation 2019 an den Einzelheiten der Regelungen zum einzelereignisbezogenen Lärmentgelt gegenüber dem in der Konsultation vorgestellten Entwurf vornahm und die dem Beklagten und den Flughafennutzern im April 2022 mitgeteilt wurden, erforderten nicht die Durchführung einer zweiten Konsultation. Gemäß § 19b Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 LuftVG ist in der Konsultation lediglich ein Entwurf der Entgeltordnung vorzulegen. Dies zeigt, dass danach Änderungen im Detail noch möglich sein müssen; andernfalls wäre es sinnlos, einen Entwurf im Konsultationsverfahren zum Zweck der Einigung zur Diskussion zu stellen und im Genehmigungsverfahren Anhörungen durchzuführen. Daher genügt es grundsätzlich, wenn das Grundkonzept der Erhebung und Berechnung des jeweiligen Entgelts und dessen Begründung zur Konsultation vorliegen. Dies war hier der Fall. Sowohl die Art und Weise der Ermittlung des jeweils verursachten Lärms als auch die Entgeltberechnung mit der Tabelle der Lärmklassen und der entsprechenden Entgeltbeträge waren Gegenstand der Konsultation 2019.
Die Aufnahme des im Anhang 1 der Entgeltordnung 2022 befindlichen Plans mit den für die Lärmmessung auf den einzelnen Flugrouten vorgesehenen Referenzmessstellen und der Tabelle mit Korrekturwerten für die einzelnen Messstellen stellte lediglich eine Präzisierung und Aktualisierung in der praktischen Umsetzung des Lärmmessverfahrens dar, berührte das Grundkonzept jedoch nicht. Vorliegend besteht das Grundkonzept der Ermittlung des jeweils verursachten Lärms darin, die Lärmmessung pro Flugbewegung an drei Messpunkten direkt unter der Flugroute dort vorzunehmen, wo die Flugroute auf Wohnsiedlungen trifft, die Messergebnisse auf eine sog. Ankermessstelle zu nivellieren, aus den drei Werten einen Mittelwert zu bilden, diesen zu validieren und daraus die Lärmklasse abzuleiten. Dieses Konzept war schon bei der Konsultation 2019 vorgestellt und diskutiert worden (vgl. Blatt 145 der Gerichtsakten OVG 6 S 52/22). Zum Zeitpunkt der Durchführung der Konsultation 2019 mussten nach nachvollziehbarer Darlegung der Beigeladenen auf den Startrouten der Südbahn noch neue Messstellen errichtet werden. Außerdem stellten sich einzelne geplante Standorte für die Messstellen im Nachhinein als ungeeignet bzw. deren Errichtung als nicht durchführbar heraus. Die Ermittlung der Korrekturwerte erfolgte auf der Grundlage des Flugbetriebs im 2. Halbjahr 2021. Diese Änderungen bzw. Aktualisierungen und Ergänzungen in der praktischen Umsetzung des Konzepts erforderten keine neue Konsultation, weil sie das Konzept in seinen wesentlichen Grundzügen nicht berührten.
2. Die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte halten sich innerhalb des von § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG gezogenen Rahmens für eine Differenzierung der Entgelte nach Lärmschutzgesichtspunkten.
a) Ob bei der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Genehmigung im Rahmen einer Anfechtung durch Flughafennutzer nur drittschützende Kriterien des § 19b maßgeblich sind und welche dies im Lichte der Richtlinie 2009/12/EG und der Rechtsprechung des EuGH im Einzelnen ggf. sind, z.B. ob es sich bei § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG lediglich um ein die Flughafenanwohner schützendes Kriterium handelt oder ob aus der Bedeutung des Diskriminierungsverbots, der Transparenz und des Konsultationsgebots, deren uneingeschränkte Beachtung im Interesse der Flughafennutzer sicherzustellen ist und die durch § 19b in nationales Recht umgesetzt sind (EuGH, Urteil vom 21. November 2019 – C-379/18 – juris Rn. 70; BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2020 – BVerwG 3 C 21.19 u.a. – juris Rn. 12), auch eine materiellrechtliche Betroffenheit der Flughafennutzer in eigenen Rechten durch § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG folgt, da alle Nutzer diese Entgelte zu zahlen haben, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Genehmigung der in Rede stehenden Entgeltordnung erfüllt alle in § 19b LuftVG enthaltenen materiellrechtlichen Kriterien.
b) Der Gesetzgeber räumt dem Flughafenbetreiber in § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG einen Gestaltungsspielraum bei der Differenzierung der Lärmentgelte ein, der nur eingeschränkt überprüfbar ist. Dem Ziel des Lärmschutzes gemäß § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG genügt eine Entgeltordnung grundsätzlich nur, wenn darin eine Differenzierung der Entgelte nach Lärmschutzgesichtspunkten enthalten ist. Bezüglich des „Ob“ besteht kein Spielraum für den Flughafenbetreiber; eine Entgeltordnung, die dazu keine Regelung träfe, wäre nicht genehmigungsfähig. Hingegen ist ihm ein Gestaltungsspielraum bezüglich des „Wie“ eingeräumt, da § 19b auf weitere Vorgaben, wie die Entgelte zum Lärmschutz beitragen sollen, verzichtet (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2022 – OVG 6 S 52/22 – juris Rn. 21 m.w.N.). Die Ausübung eines Gestaltungsspielraums auf Tatbestandsseite wird durch das Gericht darauf überprüft, ob der Normadressat die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Gestaltung an allgemeingültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat (ständige Rspr., vgl. z.B. zum Beurteilungsspielraum BVerwG, Urteil vom 23. November 2011 – BVerwG 6 C 11.10 – juris Rn. 38).
c) Die gemäß § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG vorgenommene Differenzierung der Entgelte nach Lärmschutzgesichtspunkten bewegt sich im Rahmen des der Beigeladenen zustehenden Gestaltungsspielraums. Insgesamt besteht eine ausreichende Differenzierung.
Statt bisher sieben Lärmklassen werden für die Bemessung des Lärmentgelts jetzt elf Lärmklassen unterschieden. Dadurch wurden gegenüber dem früheren System die Spreizungen zwischen den Lärmklassen und der Anstieg der Entgelte zwischen den Lärmklassen reduziert. Für Luftfahrzeuge bis 2.000 kg MTOM ist ein Entgelt für Start und Landung in Höhe von 10,00 EUR vorgesehen. Die Lärmklassen steigen von der Lärmklasse 1 < 62,9 dB (A) (40,00 Euro) in Stufen von jeweils 2 dB(A) bis zur Lärmklasse 11 > 81,0 dB (A) (7.500 Euro). Die Spreizung von 40,00 EUR bis 7.500,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Erhöhungen gegenüber dem alten Entgeltsystem treten erst im Bereich ab 69,0 dB(A) auf (neue Lärmklasse 5, Erhöhung um 25 EUR). Bis zur Lärmklasse 5 steigern sich die Beträge des neuen Systems nur moderat von 40,00 EUR bis 105,00 EUR. Die Sprünge zu den Lärmklassen 6 (220,00 EUR) und 7 (300,00 EUR) sind zwar deutlich größer. Dies erscheint aber im Sinne der beabsichtigten Lenkungswirkung im Hinblick auf lärmärmeres Fliegen sachlich gerechtfertigt, da die absoluten Belastungen in diesen Lärmklassen mit Werten zwischen 71 dB(A) und 74,9 dB(A) schon im relativ lauten Bereich der menschlichen Wahrnehmung liegen. Jedoch liegen die absoluten Entgeltbeträge bis zur Lärmklasse 7 immer noch in einem relativ niedrigen Bereich; sie erreichen lediglich ein Zwanzigstel des höchsten Entgelts von 7.500,00 EUR.
Wie die Beigeladene in ihrem Genehmigungsantrag dargelegt hat, entfielen nach der damaligen Prognose Prozent der Flugbewegungen auf die Lärmklassen 4 bis 6, für die die Entgelte zwischen 80,00 EUR und 220,00 EUR betragen. Sowohl die sehr leisen und günstigen als auch die extrem lauten und teuren Flugbewegungen machten demnach jeweils nur einen sehr geringen Teil der Flugbewegungen aus (Lärmklassen 1-3: Prozent, davon Prozent in Lärmklasse 3; Lärmklassen 8-12: Prozent, davon Prozent in Lärmklasse 8 und Prozent in Lärmklasse 9, Flugbewegung in den Lärmklassen 10-11).
Soweit die Klägerinnen einwenden, die dem Antrag zugrunde gelegten Flugbewegungszahlen seien nicht mehr aktuell gewesen, führt dies nicht auf ein anderes Ergebnis. Denn wie sich aus der Übersicht über die tatsächliche Lärmklassenverteilung 2022 ergibt, hat sich die im Jahr 2019 für 2021 prognostizierte Lärmklassenverteilung im Wesentlichen bewahrheitet. Auch im Jahr 2022 fielen die weitaus meisten Flugbewegungen in die Lärmklassen 5 und 4 ( Prozent bzw. Prozent), während es in der Lärmklasse 6 Prozent und in der Lärmklasse 7 Prozent waren; insgesamt war eine noch größere Mehrheit aller Flugbewegungen ( Prozent) leiser als Lärmklasse 6, als dies in der Prognose aus dem Jahr 2019 für das Jahr 2021 angenommen worden war. In der Lärmklasse 8 lagen Prozent der Flugbewegungen, während in den darüber liegenden Lärmklassen Flugbewegungen verzeichnet wurden (Johannsen/Hertel, Einführung der einzelereignisbasierten Lärmentgelte am Flughafen Berlin Brandenburg, DAGA 2023 Hamburg, Abb. 6, Seite 4).
3. Die Lärmentgelte sind i.S.v. § 19b Abs. 1 Satz 3 LuftVG nach geeigneten (a), objektiven (b), transparenten (c) und diskriminierungsfreien (d) Kriterien geregelt.
a) Die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte sind gemäß § 19b Abs. 1 Satz 3 LuftVG geeignet. Das Merkmal der Geeignetheit wird in § 19b Abs. 1 Satz 3 LuftVG nicht definiert. Verlangt ist lediglich eine Differenzierung zum Zweck des Lärmschutzes gemäß § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG. Auch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2009/12/EG enthält keine inhaltlichen Vorgaben für Flughafenentgeltregelungen oder Flughafenentgelthöhen. Art. 3 Satz 2 der Richtlinie 2009/12/EG und § 19b Abs. 1 Satz 5 LuftVG erlauben eine Differenzierung der Flughafenentgelte bei Belangen von öffentlichem und allgemeinem Interesse einschließlich des Umweltschutzes. Der Lärmschutz gehört zu diesen Belangen. Eine Lärmentgeltregelung ist demnach geeignet, wenn sie einen finanziellen Anreiz zu lärmärmerem Fliegen bietet und die Entgelte entsprechend gestaffelt sind. Das trifft auf eine einzelereignisbezogene Differenzierung der Lärmentgelte problemlos zu. Es bleibt den einzelnen Fluggesellschaften überlassen, wie sie damit umgehen (Flugverfahren, Modernisierung der Flugzeugflotte, Einbau zusätzlicher Schallschutztechnik wie neue Triebwerke, bestimmte Winglets, Variation des Startschubs oder Nutzung der vollen Bahnlänge, Inkaufnehmen höherer Entgelte; vgl. Isermann, Wie kann man lärmarm fliegen?, Vortrag auf dem UBA Forum mobil & nachhaltig – Luftverkehr der Zukunft am 6./7. November 2019).
Die nähere Ausgestaltung des Lärmentgelts, z.B. ob es an die Lärmquelle, d.h. an Durchschnittswerte der Maximalschallpegel von Flugzeugtypen, oder an die am Boden gemessene Immissionsbelastung durch jedes einzelne Flugereignis anknüpft oder beides kombiniert, fällt in den vom Gericht nur eingeschränkt überprüfbaren Gestaltungsspielraum des Flughafenbetreibers. Demnach sind sowohl die frühere typenbezogene Lärmentgeltregelung als auch das neue einzelereignisbezogene System grundsätzlich als geeignet anzusehen, da beide Systeme einen finanziellen Anreiz setzen, leiser zu fliegen, und die Entgelthöhe nach dem jeweils verursachten Lärm differenziert ist.
Für welche Bereiche im Flughafenumfeld der Flughafenbetreiber in seiner Entgeltordnung schwerpunktmäßig den Anreiz zur Lärmminderung setzen will, fällt ebenfalls in seinen Gestaltungsspielraum. Wenn sich der Betreiber eines Flughafens, dessen Umfeld eine dichte Besiedlungsstruktur aufweist, durch eine entsprechende Anordnung der Messstellen dafür entscheidet, vorrangig einen Anreiz zur Entlastung der durch Fluglärm höchstbelasteten Anwohner im Nahbereich direkt unter den jeweiligen Flugpfaden zu setzen, und wenn zugleich durch die entsprechende Entgeltregelung für die Fluggesellschaften verschiedene Möglichkeiten bestehen, wie sie diese Entlastung verwirklichen können, erscheint dies sachgerecht und überschreitet die Grenzen des dem Flughafenbetreiber zustehenden Gestaltungsspielraums nicht. Das in Rede stehende Grundkonzept des neuen Entgeltsystems bietet einen solchen Anreiz zur Entlastung der Höchstbelasteten im Nahbereich des BER, denn hier sind die Messstellen direkt unter den jeweiligen Flugrouten, also im lärmintensivsten Bereich, und an den Stellen angeordnet, wo die Flugrouten auf Wohnsiedlungen treffen. Das Entgelt ist entsprechend ausdifferenziert, denn es fällt umso höher aus, je stärker die Lärmimmission ist, die die Messstellen unterhalb des jeweiligen Flugpfades in unmittelbarer Nachbarschaft der Wohnsiedlungen registrieren.
Der Übergang von dem bisherigen flugzeugtypenbezogenen Lärmentgeltsystem, das in dem neuen System lediglich noch als Auffangsystem vorhanden ist, falls der Messvorgang im Einzelfall nicht zu validen Werten geführt hat, zu dem neuen einzelereignisbezogenen System erfolgte aus sachlich gerechtfertigten, erkennbar nicht willkürlichen Erwägungen. Der Beklagte führt im Genehmigungsbescheid (Seite 17) aus, die neue Regelung solle zu einer unmittelbareren Bepreisung des beim einzelnen Flug verursachten Lärms führen. Es solle eine individuelle Betrachtung des einzelnen Fluges erfolgen, statt alle Flughafennutzer, die einen bestimmten Flugzeugtyp verwenden, gemeinsam zu betrachten. Es solle auch ein Anreiz für die Flughafennutzer gesetzt werden, beim Start und bei der Landung lärmarme Abflug- bzw. Anflugverfahren zu verwenden.
Diese Erwägungen stellen sachliche Gründe dar. Eine direktere und unmittelbarere Wirkung für den Lärmschutz kann dem neuen einzelereignisbezogenen Lärmentgelt nicht abgesprochen werden. Die bisherige, an Flugzeugtypen anknüpfende Regelung berücksichtigte die tatsächlichen Lärmemissionen beim An- und Abflug in sehr viel geringerem Umfang und hatte sich in Bezug auf Veränderungen im Ausmaß der Lärmemissionen z.B. nach Umbauten oder Modernisierungen von Flugzeugtypen als unflexibel erwiesen, was bereits zu Diskussionen in der Fachliteratur geführt hat.
Schon im Jahr 2014 formulierte der Sachverständigenrat für Umweltfragen in dem Sondergutachten „Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten“ (BT-Drs. 18/1375, Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 2. Mai 2014) Zweifel an dem flugzeugtypenbezogenen Lärmentgeltsystem. Der Sachverständigenrat stellte im Exkurs „Lärmabhängige Start- und Landeentgelte“ fest, die bislang umfangreichste Studie zu den Wirkungen lärmabhängiger Start- und Landeentgelte aus dem Jahre 2004 habe ergeben, dass die erhofften Effekte im Untersuchungszeitraum nicht nachweisbar gewesen seien. Teilweise liege dies an methodischen Schwierigkeiten, da die möglichen Auswirkungen der lärmabhängigen Flughafenentgelte von ordnungsrechtlichen Maßnahmen wie beispielsweise Nutzungsbeschränkungen für laute Flugzeuge überlagert würden. Zudem unterlägen die Flugzeugflotten unabhängig von den Flughafenentgelten einer regelmäßigen Modernisierung, die in den vergangenen Jahrzehnten zu einer deutlichen Reduktion der Lärmemissionen geführt habe. Bei einer detaillierten Untersuchung der Flughäfen Frankfurt, Köln/Bonn und Zürich habe die Studie nicht feststellen können, dass die lärmabhängigen Start- und Landeentgelte zu einer vorgezogenen Flottenmodernisierung geführt hätten. Eine Anreizwirkung, besonders leise Techniken einzusetzen, rufe diese Entgeltpraxis nicht hervor (BT-Drs. 18/1375, Seite 42-43).
Auch in der Kommentarliteratur wird angenommen, dass eine Lenkungswirkung von lärmabhängigen Start- und Landeentgelten in der Vergangenheit oftmals kaum nachweisbar gewesen sei, da zum Teil Nutzungsbeschränkungen für laute Flugzeuge auf ordnungsrechtlicher Grundlage erlassen worden seien, zum Teil die Fluggesellschaften ihre Flugzeugflotten ohnehin regelmäßig modernisierten. Dass die lärmabhängigen Start- und Landeentgelte zu einer vorgezogenen Flottenmodernisierung geführt hätten, habe nicht nachgewiesen werden können (Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand: Januar 2021, § 19b Rn. 76).
Diese Ausführungen verdeutlichen, dass die Umstellung auf das neue Lärmentgeltsystem am BER durch die Beigeladene weder willkürlich noch sachfremd ist. Es ist vielmehr schlüssig und ohne weiteres nachvollziehbar, dass das neue Konzept mit dem Anknüpfen der jeweils fälligen Entgelthöhe an den bei jedem einzelnen Flugvorgang gemessenen Lärm gegenüber dem nach Darlegung der Beteiligten an allen anderen Flughäfen praktizierten typenbezogenen System einen unmittelbareren und direkteren Anreiz zur Lärmreduktion bietet. Dass das einzelereignisbezogene System soweit erkennbar erstmals am BER praktiziert wird und diese Gestaltungsmöglichkeit weder dem nationalen Gesetzgeber noch dem EU-Verordnungsgeber bei Erlass der maßgeblichen Normen bewusst gewesen sei, rechtfertigt nicht die Annahme, es habe nicht eingeführt werden dürfen.
Überdies hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass sich am früheren Flughafen Tegel gezeigt habe, dass zeitweise baugleiche Flugzeuge unterschiedlich laut geflogen seien. Hintergrund hierfür sei das Flugverhalten einer bestimmten Fluggesellschaft beim Start gewesen. Diese habe von der Typeneinstufung der unverändert fliegenden leiseren Maschinen der anderen Fluggesellschaften profitiert. Diesen Fehler im System habe man für den BER beheben wollen.
Entgegen der klägerischen Ansicht handelt es sich vorliegend nicht um eine zwingende Einführung bzw. Festlegung des Startverfahrens NADP1 am BER unter dem Deckmantel einer bloßen Entgeltregelung. Das Ziel der neuen Lärmentgelte liegt in einem wirksameren Anreiz zu lärmarmem Fliegen nicht nur während der Starts, sondern auch während der Landungen, also während der Flugphasen, bei denen die stärksten Lärmbelastungen am Boden auftreten. Bei diesem Ziel handelt es sich um einen zulässigen Gesichtspunkt des Lärmschutzes, nicht aber um einen unzulässigen Eingriff in die Rechte der Luftverkehrsunternehmen. Dass die Verantwortung für die Festlegung geeigneter Betriebsverfahren für Start und Landung nach Abschnitt D „Betriebliche Verfahren“ der Verordnung (EG) 859/2008 der Kommission vom 20. August 2008 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates in Bezug auf gemeinsame technische Vorschriften und Verwaltungsverfahren für den gewerblichen Luftverkehr mit Flächenflugzeugen (im Folgenden: Verordnung (EG) 859/2008) ausschließlich den Flughafennutzern obliegt, steht dem nicht entgegen. Nach OPS 1.235c Nr. 1 und Nr. 2 der Verordnung (EG) 859/2008 und OPS 1.192 i.V.m. dem ICAO-Dokument 8168 handelt es sich sowohl bei NADP1 als auch bei NADP2 um zur Lärmminderung geeignete Startverfahren, die der Luftfahrtunternehmer für jeden Flugzeugtyp festzulegen hat. NADP1 ist demnach das Verfahren zur Einhaltung des Lärmminderungsziels im Nahbereich und NADP2 im Fernbereich (OPS 1.235c Ziffern 1 und 2). Ein von Lärmentgelten ausgehender Anreiz, beim Start NADP1 zur Lärmminderung im Nahbereich zu wählen, wie er am BER durch die Anordnung der Messstellen direkt unter den Flugrouten an den Stellen besteht, wo diese auf den Rand von Siedlungsbereichen treffen, engt die Entscheidung der Fluggesellschaften über die Wahl des Startverfahrens nicht unzulässig ein. Denn wie bereits dargelegt, bleibt es ihnen freigestellt, ob und wie sie eine Lärmminderung über den Messstellen erzielen. Überdies belegen diese Festlegungen die Geeignetheit der einzelereignisbezogenen Lärmentgelte.
Der Einwand der Klägerinnen, das neue Lärmentgeltsystem verleite in sachfremder Weise zu taktischem Fliegen und gefährde z.B. durch Rücknahme von Schub an Messstellenstandorten die Flugsicherheit, überzeugt nicht. Wie die Beigeladene in der Antragsbegründung nachvollziehbar ausgeführt hat, wäre taktisches Fliegen wegen der Dichte an Messstellen mit dem Risiko verbunden, ungewollt den Schallpegel an anderen Referenzmessstellen zu erhöhen. Die Entgelte seien der Höhe nach so bemessen, dass von ihnen kein unzulässiger Druck auf einen Piloten ausgehe, ein Sicherheitsrisiko einzugehen. Im Übrigen ist es grundsätzlich Sache der Fluggesellschaften, durch Piloten entstehende Risiken auszuschließen. Von dieser Pflicht sind sie durch die hier in Rede stehenden Lärmentgelte nicht entbunden.
Der Beklagte und die Beigeladene haben den Begriff der Geeignetheit nicht deshalb verkannt, weil es sich, wie die Klägerinnen meinen, bei der Einführung der einzelereignisbezogenen Lärmentgelte um eine „komplexe Abwägungsentscheidung“ in Bezug auf den Lärmschutz im Umfeld von Verkehrsflughäfen mit Interessen von Drittbetroffenen handeln würde. Derartige Abwägungen werden hinsichtlich des Flugbetriebs auf dem Flugplatz im Zuge des Planfeststellungsverfahrens und hinsichtlich der Benutzung des Luftraums in der Umgebung des Flughafens bei der Festlegung der Flugverfahren einschließlich der Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte durch Rechtsverordnung vorgenommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 – BVerwG 4 A 4001.10 – juris Rn. 147). Die hier interessierende Einführung einzelereignisbezogener Lärmentgelte berührt weder die Planfeststellung noch ändert sie die für den BER festgelegten An- und Abflugverfahren. Ein Abwägungserfordernis ist auch § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG nicht zu entnehmen.
Die Neuregelung ist nicht deshalb ungeeignet, weil dadurch, wie die Klägerinnen meinen, eine „bloße Umverteilung“ von Lärm stattfände. Der Beklagte hat den erheblichen Sachverhalt hierzu vollständig ermittelt.
Zutreffend geht die Beigeladene davon aus, dass im Nahbereich des BER eine dichte Besiedlung existiert. Das nahe Umfeld des BER ist zwar nicht so dicht besiedelt wie das innerstädtische Umfeld des früheren Berliner Flughafens Tegel mit im Jahr 2019 über 300.000 Lärmbetroffenen. Dennoch gab es im Umkreis des BER größere Siedlungen und seit der Inbetriebnahme der Südbahn ca. 21.500 Lärmbetroffene im Jahr 2021. Es ist im Übrigen allgemein bekannt, dass die dichte Besiedlung im unmittelbaren Umfeld des Flughafens schon bei der Standortwahl als problematisch eingestuft wurde. Es zeigt sich weiter an den umfangreichen und weitgehenden Regelungen zum Lärmschutz der Wohnbevölkerung im Planfeststellungsbeschluss „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 (S. 109 ff.) und im Planergänzungsbeschluss „Lärmschutzkonzept BBI“ zum Vorhaben „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 20. Oktober 2009 (S. 16 ff.). Dem Senat ist dies zudem aus zahlreichen Verfahren zu Art und Umfang des Anspruchs auf passiven Schallschutz bekannt. Dementsprechend hat er auch im Eilbeschluss vom 8. Dezember 2022 angenommen, dass im Umfeld des BER eine dichte Besiedlungsstruktur existiert (OVG 6 S 52/22 – juris Rn. 22). Weiterer Ermittlungen hierzu bedurfte es nicht.
Aus § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG lässt sich nicht die Vorgabe ableiten, die Lärmentgelte müssten so gestaltet sein, dass der Flugbetrieb für sämtliche Anwohner im Flughafenumfeld leiser werde. Wenn sich der Flughafenbetreiber wie hier die Beigeladene dazu entscheidet, den Anreiz so zu setzen, dass vorrangig die am stärksten Belasteten, d.h. diejenigen Anwohner, die in Siedlungen direkt unterhalb der jeweiligen Flugrouten leben, entlastet werden, fällt dies in den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum. Es handelt sich um eine zulässige, sachlich gerechtfertigte Erwägung, die durch die Genehmigungsbehörde und das Gericht nicht beanstandet werden kann, weil sie einen Lärmschutzgesichtspunkt darstellt. Das Gesetz schreibt nicht vor, dass nur die am besten oder flächendeckendsten geeignete Variante zulässig wäre, denn es enthält kein Optimierungsgebot.
Grundsätzlich trifft es zwar zu und stellen der Beklagte und die Beigeladene nicht in Frage, dass mit dem Flugverfahren NADP1 regelmäßig eine Zunahme der Lärmbelastung in weiter von den Flugpfaden entfernt liegenden Bereichen einhergeht. Auch dies stellt aber die Eignung nicht in Frage. Vielmehr wird, wie dargelegt, dessen Eignung für den von der Beigeladenen zulässigerweise verfolgten Zweck, unter Lärmschutzgesichtspunkten vorrangig die Höchstbelasteten direkt unter den Flugpfaden zu entlasten, durch OPS 1.235c Ziffer 1 der Verordnung (EG) 859/2008 i.V.m. dem ICAO-Dokument 8168 indiziert. Es handelt sich bei NADP1 nach dieser Vorschrift um ein anerkanntes und zugelassenes Startverfahren zur Lärmminderung im Nahbereich. Eine etwaige mit NADP1 einhergehende Lärmsteigerung in weiter entfernten Bereichen fällt demnach bei Flughäfen mit dicht besiedeltem Wohnumfeld nicht ins Gewicht. Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich und bedarf keiner weiteren Aufklärung, ob und ggf. in welchem Ausmaß durch die Verwendung von NADP1 ggf. eine Mehrbelastung von bislang weniger durch Fluglärm belasteten Anwohnern in welchen Pegelbereichen eintritt und welche Flugzeugtypen sich bei der Verwendung von NADP1 ähnlich wie der in der Isermann-Präsentation verwendete Airbus A319 verhalten. Die Ergebnisse der Isermann-Studie sind für den hier interessierenden Fall unerheblich, denn die Frage der Geeignetheit einzelereignisbezogener Lärmentgelte war nicht Gegenstand dieser Untersuchung.
Dies wird bestätigt durch die Stellungnahme des Umweltbundesamtes vom 23. März 2022 und die gesetzlichen Regelungen zum Schutz vor Fluglärm. Der durch das Umweltbundesamt formulierte Ansatz, es sollten prioritär die Höchstbelasteten entlastet werden, wenn sich bei mehreren Varianten keine eindeutige Präferenz ableiten lasse, kommt auch in den gesetzlichen Vorschriften zum Lärmschutz zum Ausdruck: Aus § 29b Abs. 2 LuftVG i.V.m. § 2 FluLärmG ergibt sich die Absicht des Gesetzgebers, dass in der Umgebung von Flugplätzen auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken ist. Die Pflicht des Flugplatzunternehmers, des Luftfahrzeughalters und des Luftfahrzeugführers, beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken, wenn dies erforderlich ist, um die Bevölkerung vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Lärm zu schützen, ist in § 29b Abs. 1 Satz 1 LuftVG festgelegt. Je näher die Lärmbelastung an der Zumutbarkeitsgrenze liegt, desto mehr entspricht es daher den Vorstellungen des Gesetzgebers, insoweit für eine Entlastung zu sorgen. Dass mit der beabsichtigten Entlastung einhergehen mag, dass der Kreis der Lärmbetroffenen erweitert wird, führt für sich genommen nicht zu einer abweichenden Einschätzung.
Diesem Ansatz wird das hier in Rede stehende neue Entgeltmodell gerecht. Gerade weil es den Fluggesellschaften nicht vorschreibt, wie sie eine Lärmminderung direkt unterhalb des überflogenen Bereichs erzielen können, sind weitere Ermittlungen zu den möglichen Auswirkungen von NADP1 entbehrlich. Denn der Anreiz zielt nach dem Grundkonzept der Beigeladenen nur darauf ab, die durch den Fluglärm bei An- und Abflügen im Nahbereich des BER maximal Belasteten zu entlasten, was durch die Erhebungs- und Berechnungsmethodik sichergestellt ist und im Einklang mit der vom Umweltbundesamt geäußerten Rechtsauffassung und der Intention der gesetzlichen Vorschriften zum Lärmschutz in § 29b LuftVG i.V.m. § 2 FluLärmG steht.
Entsprechendes gilt für den mit einer Verwendung von NADP1 wegen des steileren Starts einhergehenden Mehrverbrauch an Kerosin, der zu einem CO2-Mehrausstoß führt. Diese Tatsache führt nicht auf eine Ungeeignetheit des neuen Entgeltsystems. Denn auch in Bezug auf diesen CO2-Mehrausstoß ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerinnen keine Abwägungsentscheidung zu treffen.
Auch aus den weiteren Einwänden der Klägerinnen ergibt sich nichts anderes. Ihre Ausführungen zum Vergleich der CO2-Emissionen an den Berliner Flughäfen in den Jahren 2018 und 2023 und zum Ziel der Beigeladenen, bis zum Jahr 2030 die in eigener Verantwortung emittierten CO2-Emissionen (Scope-1- und Scope-2-Emissionen) am BER um 65 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2010 zu reduzieren, sind unschlüssig.
Ob im Vergleich zu den 2018 in TXL und SXF durchgeführten Starts die im Jahr 2023 am BER durchgeführten Starts zu höheren CO2-Belastungen führten, lässt sich schon methodisch nicht durch einen rein rechnerischen Vergleich der CO2-Emissionen von NADP1 und NADP2 feststellen, wie ihn die Klägerinnen anstellen. Denn es könnte zwischen 2018 und 2023 z.B. aufgrund sparsamerer Flugzeuge trotzdem zu einem geringeren Kerosinverbrauch und entsprechend auch zu einem Rückgang der CO2-Emissionen gekommen sein.
Der durch das neue Entgeltsystem gesetzte Anreiz steht entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht im Widerspruch zu dem Ziel der Beigeladenen, die Scope-1- und Scope-2-Emissionen am BER bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Jahr 2010 zu reduzieren. Denn das Einsparziel der Beigeladenen bezieht sich schon nach der Darstellung der Klägerinnen nur auf Scope-1- und Scope-2-Emissionen und damit auf Emissionen, die vom Flughafenbetreiber erzeugt bzw. eingekauft werden, während es sich bei den bei Starts und Landungen von Flugzeugen auf dem BER entstehenden CO2-Emissionen um Scope-3-Emissionen handelt. Dass sich die Beigeladene aber auch die Einsparung von Scope-3-Emissionen zum Ziel gesetzt hätte, behaupten selbst die Klägerinnen nicht.
Unerheblich für das vorliegende Verfahren, in dem die Entgeltordnung des BER in Rede steht, sind die Untersuchungen zu den Auswirkungen lärmarmer An- und Abflugverfahren an anderen Flughäfen wie z.B. Hamburg, Frankfurt/Main oder Leipzig/Halle. Dass aufgrund örtlicher Gegebenheiten, insbesondere der Siedlungsstruktur und der Topographie im jeweiligen Flughafenumfeld, entweder NADP1 oder NADP2 – oder möglicherweise auch keines der beiden Startverfahren – lärmmindernd wirkt, ist für die Frage, ob das einzelereignisbezogene Lärmentgelt am BER den Vorgaben einer Entgeltdifferenzierung nach Lärmschutzgesichtspunkten gemäß § 19b Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 LuftVG genügt, ohne Belang.
b) Die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte sind gemäß § 19b Abs. 1 Satz 3 LuftVG objektiv. Ein objektives Kriterium liegt vor, wenn das Entgelt auf den maßgeblichen Einrichtungen oder Dienstleistungen und ihrem besonderen Charakter sowie auf dem tatsächlichen Gebrauch beruht, den der Flugplatznutzer von ihnen macht. Maßgeblich ist demnach der Umfang der tatsächlichen Nutzung (Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand: Januar 2021, § 19b Rn. 54). Die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte sind in diesem Sinne objektiv. Sie sind Teil der Lande- und Startentgelte, die ihrerseits auf dem tatsächlichen Gebrauch der entsprechenden Flughafeneinrichtungen beruhen.
Auch die Datenerhebung für die Entgeltbemessung erfolgt nach objektiven Kriterien. Es ist nicht ersichtlich, dass das Messverfahren nach seiner Konzeption den tatsächlich verursachten Lärm der einzelnen Flugbewegung nicht hinreichend exakt abbilden würde. Die Messung erfolgt jeweils an drei Messstellen direkt unterhalb des Flugpfades und die Messwerte werden erst auf die Ankermessstelle 18 normiert und dann gemittelt. Durch die Messung an drei Punkten werden äußere Einflüsse auf das Messergebnis minimiert. Die Korrekturfaktoren wurden separat für Start und Landung anhand des Medians der Messwerte im Zeitraum vom 1. Juni bis 1. Dezember 2021 berechnet. Dabei wurden nur gültige Messwerte nach DIN-Norm für die am BER am häufigsten genutzten Flugzeugtypen und bei Starts nur Messwerte von Flugbewegungen berücksichtigt, die die volle Bahnlänge genutzt haben. Aktuellere Werte standen bei Erlass des Genehmigungsbescheides nicht zur Verfügung. Flüge, die z.B. aufgrund besonderer Wetterlagen nicht alle drei Messstellen überfliegen oder in zu großem Abstand an den Messtellen vorbeifliegen, gehen nicht in die Direktabrechnung ein. Wenn jedoch aufgrund von Faktoren, auf die die Fluggesellschaft bzw. der Pilot keinen Einfluss hat, wie z.B. Temperatur, Luftfeuchte, Windstärke oder Windrichtung, ein höherer Schallpegel auf eine Messstelle trifft, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden, sondern zeigt lediglich objektiv den an der Messstelle verursachten Lärm an. Die Messungenauigkeit, die von der Beigeladenen im Bereich von 0,7 bis 0,9 dB angegeben wurde, liegt im Bereich des Tolerablen, da eine Pauschalierung bei der Bemessung der Lärmentgelte – ebenso wie z.B. bei der Bemessung der Lande- und Startentgelte nach MTOM – zulässig und unvermeidbar ist.
Der Umgang mit invaliden Messergeben führt nicht zum Entfallen der Objektivität. Bei invaliden Messergebnissen, die überwiegend durch zu hohe Windgeschwindigkeit, aber auch durch die nach DIN 45643 vorgeschriebene tägliche Überprüfung der Mikrofonempfindlichkeit zustande kommen, wird auf die Referenztabellen im Anhang der Entgeltordnung zurückgegriffen, d.h. auf die frühere typenbezogene Regelung, bei der es sich um ein anerkanntes objektives Kriterium handelt.
c) Die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte sind gemäß § 19b Abs. 1 Satz 3 LuftVG transparent. Soweit sich das Kriterium der Transparenz auf das Konsultationserfordernis und die dort vorzulegenden Unterlagen und Informationen (§ 19b Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 5-7 LuftVG) bezieht, wird auf die obigen Ausführungen unter II. 1. Bezug genommen.
Das Kriterium der Transparenz verlangt, dass die entgoltenen Einrichtungen oder Dienstleistungen klar bestimmt sind und die Entgeltberechnungsart präzise definiert ist (vgl. § 19b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und Nr. 2 LuftVG). Eine bestimmte Kalkulationsmethode sehen weder § 19b LuftVG noch die Richtlinie 2009/12/EG vor. Zulässig ist jede sachgerechte und nachvollziehbare Methode, auf deren Grundlage die Entgelthöhe festgelegt wird. Das Prüfrecht der Genehmigungsbehörde ist insoweit eingeschränkt. Sie kann die angewandte Methode nur dahingehend eingeschränkt überprüfen, ob sie zu vertretbaren Ergebnissen führt. Insbesondere ist die Wahl nicht schon deshalb fehlerhaft, weil eine andere Kalkulationsmethode zu niedrigeren Entgelten geführt hätte (Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand: Januar 2021, § 19b Rn. 55 u. Rn. 58).
Die hier in Rede stehenden einzelereignisbezogenen Lärmentgelte sind in diesem Sinn transparent. Ihre Berechnungsmethode ergibt sich zweifelsfrei aus der Tabelle mit den einzelnen Lärmklassen. Auch die Erhebungsmethode, d.h. die Lärmmessung, die die Grundlage für die Zuordnung zu einer Lärmklasse bildet, ist aufgrund des im Anhang 1 der Entgeltordnung enthaltenen Plans der Referenzmessstellen und der Tabelle mit den Korrekturwerten transparent. Die Koordinaten der Messstellen sind im Übrigen auch auf TraVis (https://travisber.topsonic.aero/) und im Internet (https://corporate.berlin-airport.de/de/umwelt/fluglaerm/messung-und-travis/mobile-messungen.html) frei zugänglich. Auf ihrer Webseite veröffentlicht die Beigeladene zudem monatlich Fluglärmberichte. Außerdem führt sie, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, im Anhang zu ihren Rechnungen jeweils alle drei bei einem Flug gemessenen Werte auf. Die Flughafennutzer können damit erkennen, wo der Fluglärm gemessen wird, welche Werte bei welchem Flug gemessen wurden und welches Entgelt dafür zu zahlen ist.
Wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt hat, erfolgt alle zwei Jahre eine Eichung der Messstellen. Diese werden, wie sich auch aus der Webseite der Beigeladenen ergibt, regelmäßig gewartet. Die Berichte der DIN-45643-Konformitätsprüfungen sind auf ihrer Webseite abrufbar (https://corporate.berlin-airport.de/de/umwelt/fluglaerm/messung-und-travis/din-pruefung-der-messstellen.html).
Soweit die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung die Forderung erhoben hat, in jedem Einzelfall müsse die Beigeladene die Korrektheit der individuellen Messung nachweisen, findet dies im Kontext der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung gemäß § 19b LuftVG im Transparenzgebot keine Grundlage. Denn transparent muss lediglich die Methode als solche sein, was hier wie bereits ausgeführt der Fall ist. Im Übrigen würden selbst einzelne Fehler oder Pannen bei der Umsetzung des Konzepts weder dessen grundsätzliche Eignung und Objektivität noch seine Transparenz in Frage stellen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerinnen verlangt das Transparenzgebot nicht, dass die Flughafennutzer die Kosten für jede einzelne Flugbewegung, d.h. das Rechenergebnis, bereits im Voraus kennen müssten. Im Voraus festgelegt muss nach dem Wortlaut von § 19b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 LuftVG lediglich die Entgeltberechnung sein, nicht aber die Höhe des jeweils zu zahlenden Entgelts. Solange die einzelnen schriftlich festgehaltenen Entgelttatbestände die Berechnung des tatsächlich zu entrichtenden vollständigen Entgelts ermöglichen, sind sie auch transparent. Weitergehende Anforderungen enthält das Transparenzkriterium nicht (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 33).
d) Die neuen Lärmentgelte sind gemäß § 19b Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 Nr. 3 und Nr. 4 LuftVG diskriminierungsfrei. Ein Entgelt ist insbesondere diskriminierungsfrei, wenn allen Flugplatznutzern in gleicher Weise Zugang zu den Dienstleistungen und Infrastrukturen des Verkehrsflughafens oder Verkehrslandeplatzes gewährt wird (§ 19b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 LuftVG) und den Flugplatznutzern nicht ohne sachlichen Grund Entgelte in unterschiedlicher Höhe auferlegt werden (§ 19b Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 LuftVG). Insbesondere darf keine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Fluggesellschaften vorliegen (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 34). Die wirtschaftlich nachteiligen Auswirkungen einer Entgeltordnung, die in dem Geschäftsmodell einer Fluggesellschaft begründet liegen, stellen keine unzulässige Diskriminierung dar, wenn die Entgelte für alle Fluggesellschaften in gleicher Form gelten und sie unterschiedslos erhoben werden (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 36).
Hier werden die Lärmentgelte unterschiedslos und in gleicher Weise auf alle Nutzer des BER angewandt.
Es stellt keine unzulässige Diskriminierung dar, dass Einzel- oder Wenignutzer aufgrund von unterschiedlicher Flugzeugauslastung oder Wettereinflüssen auch bei Benutzung desselben Flugzeugtyps möglicherweise erheblichen Lärmentgeltschwankungen ausgesetzt sein können, während sich derartige Unterschiede bei Flughafennutzern mit einer hohen Zahl an Flugbewegungen statistisch über eine längeren Zeitraum ausgleichen werden. Denn in jedem Fall ist der jeweils bei einem einzigen Flugereignis an den jeweiligen Messstellen gemessene Lärm – oder im Ausnahmefall invalider Messergebnisse der verwendete Flugzeugtyp laut Tabelle – für die Höhe des Entgelts maßgeblich.
Die Methode der Ermittlung der Lärmwerte an Nord- und Südbahn des BER ist ebenfalls nicht diskriminierend. Denn wie oben bereits erwähnt werden die Messwerte verschiedener Messstellen vor der Mittelung unter Normierung auf die Messstelle 18 (Diedersdorf) nivelliert. Diese Normierung führt zu im Mittel gleich hohen Messwerten an allen Messstellen und gerade nicht zu Unterschieden in der Bepreisung der Flugbewegungen auf der Nord- oder Südbahn. Im Einzelfall kann es zwar zu Differenzen kommen. Diese beruhen dann aber auf der Verwendung unterschiedlicher Flugverfahren auf den beiden Bahnen und je nach Flugrichtung. Die Differenzierung zwischen unterschiedlichen Flugverfahren soll sich gerade in entsprechend unterschiedlichen Entgelten niederschlagen.
Soweit die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf die Unterschiede zwischen kleinen, mittleren und großen Flugzeugen verwiesen hat, führt auch dies nicht auf eine Diskriminierung. Denn die Lärmentgelte werden für alle Flugzeuggrößen unterschiedslos und in derselben Weise erhoben und berechnet. Wenn die Verwendung eines größeren Flugzeugs ein höheres Lärmentgelt auslöst, folgt dies aus den gemessenen höheren Lärmwerten. Dies ist dann die Folge des jeweiligen Geschäftsmodells der Luftverkehrsgesellschaft, bedeutet aber keine Diskriminierung. Denn für ein kleineres Flugzeug, bei dem die gleichen Lärmwerte gemessen wurden, wäre ein gleich hohes Lärmentgelt zu zahlen.
4. Die Berechnung der einzelereignisbezogenen Lärmentgelte verletzt nicht § 19b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 LuftVG, wonach die Entgelte kostenbezogen und im Voraus festgelegt sein müssen.
a) Hinsichtlich der Lärmentgelte und deren Differenzierung ist schon fraglich, ob ein Kostenbezug berücksichtigt werden kann. Denn dem erzeugten Lärm stehen keine Kosten des Flughafenunternehmers unmittelbar gegenüber. Auch die Binnensystematik der Norm weist in diese Richtung. Während das Erfordernis des Kostenbezugs in Satz 4 geregelt ist und damit die in Satz 3 genannten Kriterien konkretisiert, wird die Vorgabe, nach Lärmschutzgesichtspunkten zu differenzieren, erst in Satz 6 der Norm behandelt. Auf ihn bezieht sich Satz 4 daher nicht.
b) Ob auch bei Lärmentgelten zumindest mittelbar ein Kostenbezug über den sog. Grundsatz der Aufkommensneutralität herzustellen ist, kann auf sich beruhen, da dies vorliegend ohne Auswirkungen auf das Ergebnis bleibt.
Der Grundsatz der Aufkommensneutralität ist ausdrücklich weder in der Richtlinie 2009/12/EG noch in § 19b LuftVG zu finden, folgt aber aus dem Sinn und Zweck des Kostenbezugs. Er besagt, dass durch die Lärmzuschläge keine überschießenden Gewinne erwirtschaftet werden dürfen. Hielte man ihn hinsichtlich der Lärmentgelte für einschlägig, wäre demnach maßgebend, ob den Erlösen der Beigeladenen durch die Entgelte insgesamt noch zu deckende Kosten am BER gegenüberstehen.
Dies ist, wie sich aus allen Konsultationsunterlagen der Beigeladenen ergibt, der Fall, denn die Kosten des BER weisen bei weitem keine hinreichende Deckung auf. Schon auf Basis der Prognosen vor dem Pandemieausbruch ergab sich für 2022 eine Plan-Unterdeckung von Mio EUR auf Seiten der Beigeladenen. Bei der Entgeltkonsultation am 18. September 2019 prognostizierte sie für 2022 einen Kostendeckungsgrad von Prozent. Pandemiebedingt kam es jedoch ab März 2020 zu einem plötzlichen und massiven Einbruch der Erlöse, denen keine Kostenersparnis in vergleichbarem Ausmaß gegenüberstand. Nachdem die Kostendeckung im Jahr 2021 bei Prozent gelegen hatte, betrug sie nach der Prognose für 2022 laut Entgeltkonsultation vom 21. Juni 2022 Prozent und nach dem Plan für 2023 Prozent. Die Beigeladene schätzte die Differenz zwischen Erlösen und Kosten für 2023 auf über Mio EUR. Dies vermögen die Erlöse aus den einzelereignisbezogenen Lärmentgelten nach ihrer absoluten Höhe nicht ansatzweise aufzuwiegen, selbst wenn die Beigeladene dadurch Mehreinnahmen im einstelligen Millionenbereich erzielen würde.
Unerheblich ist, ob sich für eine einzelne Luftverkehrsgesellschaft eine Entgeltsteigerung im Vergleich zum früheren System ergibt. Denn die Aufkommensneutralität bemisst sich nicht nach dem (Mehr-)Aufwand, der einem einzelnen Nutzer entsteht, sondern bezieht sich auf die Gesamtentgelte und -erlöse. Eine Verpflichtung des Flughafens, die Lärmzuschläge für ein und dieselbe Fluggesellschaft an anderer Stelle zu kompensieren, ist dem Gesetz hingegen nicht zu entnehmen, zumal dies die Geeignetheit der Lärmzuschläge wieder in Frage stellen würde (Schiwek, in: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand: Juli 2022, § 19b LuftVG Rn. 55).
Die Rechtsauffassung der Klägerinnen, dass sich der Kostendeckungsgrad einer bestimmten Entgeltart, hier der Start- und Landeentgelte, zu denen die Lärmentgelte in systematischer Hinsicht gehören, durch die Einführung des neuen Systems nicht ändern dürfe, findet in § 19b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 LuftVG keine Grundlage.
Im Übrigen hat die Beigeladene – ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme – im Einzelnen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Klägerin zu 1) im Zeitraum vom 1. September 2022 bis 30. April 2023 nach Einführung der einzelereignisbezogenen Lärmentgelte gegenüber dem früheren Entgeltregime Mehrkosten im Durchschnitt in Höhe von pro Flug entstanden sind, während die Klägerin zu 2) sogar durchschnittlich pro Flug spart. Der Anteil der Lärmentgelte an den jeweiligen Rechnungsbeträgen ist nach einer Aufstellung der Beigeladenen im Vergleich zwischen der alten und der neuen Entgeltordnung sowohl für die Klägerin zu 1) (von Prozent auf Prozent) als auch für die Klägerin zu 2) (von Prozent auf Prozent) gesunken. Diesen Berechnungen der Beigeladenen sind die Klägerinnen nicht entgegengetreten. Demnach besteht selbst nach dem von den Klägerinnen angelegten Maßstab kein ernsthafter Zweifel an der Aufkommensneutralität der neuen Lärmentgelte.
c) Die Berechnung der Entgelte ist im Voraus festgelegt. Wie oben bereits ausgeführt verlangt dieses Kriterium nicht, dass der Fluggesellschaft die Entgelthöhe für jede einzelne Flugbewegung bereits im Voraus bekannt ist. Es genügt, dass in der Entgeltordnung alle Faktoren, die in die Berechnung eingehen, für jeden Nutzer erkennbar und transparent aufgeführt sind, was hier der Fall ist (vgl. II. 3. c).
5. Das nach § 19b Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 1 LuftVG erforderliche angemessene Verhältnis zwischen der Höhe der von der Beigeladenen festgelegten Entgelte und der Höhe der voraussichtlich tatsächlichen Kosten liegt vor (a). Die Orientierung der Entgelte an einer effizienten Leistungserstellung (§ 19b Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 2 LuftVG) ist hier erkennbar (b).
a) Gegenüber dem sich schon aus Absatz 1 Satz 4 Nr. 2 ergebenden Kostenbezug dürfte die Regelung in § 19b Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 1 LuftVG bezüglich des angemessenen Verhältnisses kaum einen weitergehenden Gehalt aufweisen (Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand: Januar 2021, § 19b Rn. 105). Angesichts der weiterhin bestehenden erheblichen Kostenunterdeckung am BER wird auf die obigen Ausführungen zur kostenbezogenen Berechnung der Entgelte verwiesen. Der Beklagte hat im Genehmigungsbescheid zu Recht ausgeführt, dass sich diese Kostenunterdeckung weiterhin in einer Größenordnung von über Mio EUR bewegen wird, selbst wenn die einzelereignisbezogene Lärmabrechnung im Jahr 2022 zu Mehreinnahmen für die Beigeladene in einer Größenordnung von ca. Millionen EUR führen würde (vgl. Genehmigungsbescheid, Seite 36). Die Klägerinnen haben nichts Entgegenstehendes vorgetragen; derartiges ist auch sonst nicht ersichtlich.
b) Die Orientierung der Entgelte an einer effizienten Leistungserstellung (§ 19b Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 2 LuftVG) ist erkennbar.
Über einen Maßstab, an dem die Effizienz zu messen wäre, schweigt das Gesetz. Die Regelung macht lediglich deutlich, dass die tatsächlich zu erwartenden Kosten nicht alleiniger Maßstab für die Entgelthöhe sind, sondern dies nur dann gilt, wenn der Flughafenunternehmer sich zugleich um Effizienz bei der Leistungserstellung bemüht. Fehlt es hieran, sind die tatsächlichen Kosten um erkennbare Unwirtschaftlichkeiten zu bereinigen. Gemeint ist die Leistungserstellung mit einem Minimum an Produktionsfaktoren, die für die Bereitstellung der betrachteten Leistungen unverzichtbar sind. Anders als in den anderen regulierten Sektoren hat der Gesetzgeber allerdings nicht auf die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und damit auf die minimalen Kosten abgestellt. Die Rechtsprechung zur Entgeltregulierung in diesen Bereichen kann daher schon aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht auf die Flughafenentgelte übertragen werden. Vielmehr ist die effiziente Leistungserstellung kostenunabhängig zu betrachten. Die Leistung kann theoretisch daher auch dann effizient sein, wenn sie höhere Kosten als vergleichbare Leistungen hervorbringt. Die Effizienz bestimmt sich standortbezogen anhand der Umstände des Einzelfalls und nicht in einem Vergleich mit anderen Flughäfen. Orientierung am Effizienzprinzip bedeutet, dass auch die auf sachlich gerechtfertigten Gründen oder rechtlichen Verpflichtungen beruhenden (nicht effizienten) Kosten berücksichtigt werden können. Kosten für ineffiziente Einrichtungen, Fehlinvestitionen, Überkapazitäten, Leerstände etc. sollen nicht den Nutzern über die Entgelte angelastet werden, sofern diese Kosten nicht gesetzlich geboten sind oder auf sachlichen Gründen beruhen (Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand: Januar 2021, § 19b Rn. 109-112).
Die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte genügen diesem Erfordernis. Den Lärmentgelten als solchen stehen keine Kosten für eine Leistungserstellung bzw. Leistungsbereitstellung durch den Flughafenunternehmer gegenüber. Vielmehr setzen Lärmentgelte, wie der Beklagte zu Recht ausführt, einen Anreiz zur Senkung der externen Kosten, die durch die Lärmeinwirkung verursacht werden.
Soweit die Klägerinnen einwenden, der Beklagte verkenne, dass die einzelereignisbezogenen Lärmentgelte insgesamt einen enorm hohen zusätzlichen Aufwand bei der Beigeladenen für die Ermittlung und Erhebung verursachten, der bezogen auf die Leistungserstellung des Flughafens nicht effizient sei, führt dies nicht auf ein anderes Ergebnis. Der Beklagte hält dem zu Recht entgegen, es gehe bei der Orientierung der Entgelte an einer effizienten Leistungserstellung nicht um den Aufwand, den die Ermittlung und Berechnung der Entgelthöhe möglicherweise verursache, sondern im Grundsatz darum, die Erhebung von Entgelten als Gegenleistung für sachlich nicht effiziente Aufwendungen auszuschließen. Ein mit der Messung und Berechnung der Lärmentgelte eventuell verbundener höherer Verwaltungsaufwand ist daher unerheblich. Das gilt auch für einen etwaigen erhöhten Rechnungsprüfungsaufwand, der bei den Nutzern entstehen mag.
Die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung der Klägerinnen, die Tatsache, dass der BER als einziger Flughafen weltweit einzelereignisbezogene Lärmentgelte erhebe, indiziere einen Mangel an Effizienz, und in den einzelereignisbezogenen Lärmentgelten sähen sie sozusagen „goldene Wasserhähne“, geht an der Sache vorbei. Das hier in Rede stehende Konzept zur Ermittlung und Berechnung der einzelereignisbezogenen Lärmentgelte verursacht keinen exorbitanten Mehraufwand, denn die Lärmermittlung ist gemäß § 19a LuftVG ohnehin vom Flughafenunternehmer durchzuführen. Im Übrigen kommt es wie bereits ausgeführt schon dem Grunde nach nicht auf einen etwaigen Mehraufwand bei der Messung und Berechnung der Lärmentgelte an. Dass die durch die Beigeladene bereitgestellte Infrastruktur und die Dienstleistungen am BER nicht effizient wären, sondern überhöhte Kosten verursachten, tragen die Klägerinnen nicht vor und ist auch sonst nicht erkennbar.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, den Klägerinnen die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Antrag gestellt hat und damit ein Prozessrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.