Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat | Entscheidungsdatum | 15.10.2012 | |
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Aktenzeichen | OVG 5 L 20.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 40 Abs 1 VwGO, § 173 VwGO, § 17a GVG, ModInstRL 90, Förderungsrichtlinien "Städtebaulicher Denkmalschutz" 1991 |
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
I.
Im Dezember 1991/September 1992 schlossen das Land Berlin, vertreten durch die vormalige Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin (WBK), und die Beigeladene „auf der Grundlage des § 3 Abs. 3 Satz 5 Vermögensgesetz“ einen Förderungsvertrag über die Durchführung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf dem restitutionsbefangenen Grundstück M. Straße 32 in Berlin-Mitte. Darin verpflichtete sich das Land Berlin, sich an den Gesamtkosten der Baumaßnahmen nach Maßgabe des Förderprogramms „Städtebaulicher Denkmalschutz“ mit einem Baukostenzuschuss, einem unverzinslichen Eigenkapitalersatzdarlehen sowie Aufwendungszuschüssen zu beteiligen.
Hinsichtlich des durch die Förderung nicht gedeckten Teils der Baukosten schlossen die Beigeladene und die Beklagte, die zwischenzeitlich als Rechtsnachfolgerin der WBK errichtete Investitionsbank Berlin (IBB), am 31. August/20. September 1993 auf der Grundlage eines Vorstandsbeschlusses einen Vertrag über die Gewährung eines verzinslichen Darlehens (im Folgenden: Restfinanzierungsdarlehen).
Mit ihrer ursprünglich allein gegen das Land Berlin erhobenen Klage - VG 16 A 42.08 - haben sich die Kläger als Restitutionsberechtigte gegen ihre Inanspruchnahme aus beiden Darlehensvereinbarungen mit der Beigeladenen (Eigenkapitalersatz- und Restfinanzierungsdarlehen) gewandt und die Feststellung ihrer Nichtigkeit begehrt. Mit Schriftsatz vom 29. November 2011 haben sie ihre Klage wegen des Restfinanzierungsdarlehens auf die IBB als weitere Beklagte erstreckt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs hingewiesen, den diesbezüglichen Verfahrensteil abgetrennt und die Klage gegen das Land Berlin abgewiesen. Über den hiergegen gerichteten Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung - OVG 5 N 8.12 - ist noch nicht entschieden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich des abgetrennten, insoweit allein die IBB betreffenden Verfahrensteils den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin verwiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Streit um den Umfang der Rechte und Pflichten aus dem gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 des Vermögensgesetzes (VermG) kraft Gesetzes auf die Kläger übergegangenen Darlehensvertrages vom 31. August/20. September 1993 privatrechtlicher Natur sei, weil dessen Gegenstand die Ausreichung eines Kredits in Gestalt eines fiskalischen Hilfsgeschäfts gewesen sei und nur mittelbar zur Erfüllung des Förderungszwecks beigetragen habe.
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Kläger mit der Beschwerde, zu deren Begründung sie geltend machen: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Vertrag über das Restfinanzierungsdarlehen ebenso wie der Förderungsvertrag mit dem darin vereinbarten Eigenkapitalersatzdarlehen öffentlich-rechtlicher Natur, da beide Verträge den Eigenanteil des Förderungsnehmers bestimmt hätten, den dieser nach § 177 Abs. 4 und 5 des Baugesetzbuches zu tragen habe und dessen Rückzahlungsmodalitäten das Land Berlin auch durch hoheitliche Anordnung hätte regeln können. Ebenso wie das Eigenkapitalersatzdarlehen sei das Restfinanzierungsdarlehen zweckgebunden gewährt worden und stehe in untrennbarem Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Förderungsvertrag.
Beklagte und Beigeladene treten der Beschwerde entgegen und beantragen deren Zurückweisung.
II.
Die Beschwerde der Kläger gegen den Verweisungsbeschluss ist nach § 173 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass es sich bei dem Streit um den Umfang der Rechte und Pflichten aus dem zwischen der Beklagten und der Beigeladenen geschlossenen und gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG kraft Gesetzes auf die Kläger übergegangenen Darlehensvertrag vom 31. August/20. September 1993 um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt, die nach § 13 GVG den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist.
Die Förderung des Wohnungsbaues durch die Gewährung öffentlicher Mittel war seit jeher und so auch im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Begründung des Förderungsverhältnisses mit der seinerzeit verfügungsberechtigten Beigeladenen von Gesetzes wegen ausdrücklich zweistufig geregelt. Denn die in § 102 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - II. WoBauG - getroffene Rechtswegregelung enthielt zugleich eine rechtliche Einordnung der bei der Bewilligung und Gewährung öffentlicher Darlehen zu begründenden Rechtsverhältnisse (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 4. Juli 1979 - BVerwG 8 C 56.78 -, juris Rn. 10; vgl. hierzu auch OVG Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 4 A 264/99 -, DB 2001, 1357-1360). Dementsprechend war das Bewilligungsverfahren dem öffentlichen Recht (Absatz 1), das nach Maßgabe der Bewilligungsentscheidung zu begründende Darlehensverhältnis dagegen dem Zivilrecht zuzuordnen (Absatz 2).
Diese vom Gesetz angeordnete Zweiteilung schließt es insbesondere aus, einen Darlehensvertrag nur deshalb als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, weil er ohne Einschaltung eines Kreditinstituts unmittelbar zwischen dem Förderungsgeber bzw. der Bewilligungsstelle und dem Förderungsnehmer geschlossen worden war.
Abgesehen davon, dass im Fall der Kläger der Darlehensvertrag mit einem Kreditinstitut geschlossen worden ist (dazu unten Seite 7), lässt sich ein öffentlich-rechtlicher Charakter des Vertrages über das Restfinanzierungsdarlehen entgegen der Annahme der Beschwerde auch nicht damit begründen, dass der öffentlich-rechtliche Förderungsvertrag mit dem Vertrag über das Restfinanzierungsdarlehen in einem untrennbaren Zusammenhang stehe, so dass der öffentlich-rechtliche Charakter des Förderungsverhältnisses den Darlehensvertrag gleichsam überlagere (dazu unten Seite 6).
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang anführt, dass es hier - wenn man denn die sog. Zwei-Stufen-Theorie für anwendbar hielte - jedenfalls um das öffentlich-rechtlich zu beurteilende „Ob“ der Bewilligung gehe, verkennt sie, dass das Förderungsverhältnis zwischen dem Land Berlin und der Beigeladenen durch den Vertrag vom 3. Dezember 1991/7. September 1992 abschließend geregelt worden war, dieser Vertrag jedoch keine Bestimmung darüber enthielt, wie die zwischen den von der Beigeladenen zu tragenden Gesamtbaukosten (vgl. § 4 Abs. 1 des Förderungsvertrages) und der Kostenbeteiligung des Landes Berlin (vgl. § 4 Abs. 2 des Vertrages) bestehende Finanzierungslücke zu decken sein würde. Der Hinweis der Beschwerde, dass die Gesamtbaukosten von der IBB in späteren Schreiben als „förderungsfähige Kosten“ bezeichnet worden seien, besagt entgegen ihrer Annahme nicht, dass die Baukosten auch tatsächlich insgesamt mit öffentlichen Mitteln gefördert worden wären. Vielmehr war die Förderungsfähigkeit der Gesamtkosten (lediglich) Voraussetzung dafür, dass sich das Land Berlin überhaupt an den Kosten beteiligt.
Aber auch unabhängig davon, ob die zweistufige Ausgestaltung der Wohnungsbauförderung einen geeigneten Ansatz für die Beantwortung der Frage nach der Rechtsnatur des Restfinanzierungsdarlehens bietet, greift die Beschwerde die Auffassung des Verwaltungsgerichts zum privatrechtlichen Charakter dieses Darlehens erfolglos mit der Begründung an, der Förderungsvertrag und der das Restfinanzierungsdarlehen betreffende Vertrag bildeten eine Einheit. Das ergibt sich aus Folgendem:
Das Land Berlin hatte sich - wie erwähnt - durch den Förderungsvertrag auf der Grundlage der Förderungsrichtlinien Städtebaulicher Denkmalschutz vom 31. Oktober 1991 lediglich verpflichtet, sich an den von ihm als der „Gemeinde“ im Sinne des § 177 Abs. 4 BauGB für erforderlich gehaltenen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, deren Kosten die Beigeladene ansonsten in vollem Umfang hätte tragen müssen, durch die Gewährung von Fördermitteln zu beteiligen, wobei sich Art und Höhe der Förderung im Grundsatz nach den Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinien des Landes Berlin vom 5. April 1990 - ModInstRL 90 - (ABl. S. 684) bestimmten. Danach war die Höhe der Beteiligung des Landes Berlin an den Gesamtbaukosten wegen der nach Nr. 4 Abs. 3 Satz 3 ModInstRL erforderlichen 30 %-igen Mindesteigenbeteiligung der Beigeladenen im Grundsatz auf 70 % der förderungsfähigen Kosten begrenzt (so auch die „Ermittlung des Förderungsbetrages“ durch BSM [WBK-Hauptakte, Band I, Falz II Bl. 4 ff.]), es sei denn, dass die errechnete Mindesteigenbeteiligung aus den Mieten voraussichtlich nicht oder nicht in vollem Umfang zu erzielen sein würde. Für diesen Fall sahen die Förderungsrichtlinien „Städtebaulicher Denkmalschutz“ die zusätzliche Gewährung zinsloser Eigenkapitalersatzdarlehen vor, die jährlich mit 5 % zu tilgen waren. Den vorgenannten Maßgaben entsprach die in § 4 Abs. 2 des Förderungsvertrages vereinbarte Kostenbeteiligung Berlins an den seinerzeit veranschlagten Gesamtkosten der Baumaßnahmen.
Demgegenüber bestand der Zweck des erst später geschlossenen Vertrages über das Restfinanzierungsdarlehen darin, die trotz des bereits im Förderungsvertrag vorgesehenen Eigenkapitalersatzdarlehens nicht vollständig abgedeckte förderungsrechtliche Mindesteigenbeteiligung der Beigeladenen, die nicht zu verwechseln ist mit dem nach § 177 Abs. 4 und 5 BauGB vom Eigentümer zu tragenden und ohnehin erst nach Durchführung der baulichen Maßnahmen und Rückübertragung des Grundstücks ermittelbaren Kostenanteil, zu finanzieren. Insofern hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass Gegenstand dieses Darlehensvertrages die Ausreichung eines Kredits war, der nur mittelbar zur Erfüllung des Förderungszwecks beitrug, indem er die Beigeladene in die Lage versetzte, den verbliebenen Anteil der nach den Förderungsrichtlinien erforderlichen und im Förderungsvertrag vorausgesetzten Eigenanteil aufzubringen. Die Annahme einer eigenständigen privatrechtlichen Vereinbarung wird - worauf das Verwaltungsgericht ebenfalls bereits zutreffend hingewiesen hat - gestützt durch die Tatsache, dass dieser Darlehensvertrag nicht mit dem Land Berlin oder mit der namens und im Auftrag Berlins handelnden IBB geschlossen wurde, sondern - auf der Grundlage eines Vorstandsbeschlusses - mit der IBB selbst in ihrer Eigenschaft als besondere Abteilung der Landesbank Berlin (vgl. § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Errichtung der Investitionsbank Berlin vom 25. November 1992 [GVBl. S. 345] sowie § 3 Abs. 8 des Gesetzes über die Errichtung der Landesbank Berlin - Girozentrale - in der Fassung des Änderungsgesetzes vom gleichen Tage [GVBl. S. 346]). Anders als das auf der Grundlage des Förderungsvertrages gewährte Eigenkapitalersatzdarlehen wurde es auch nicht zinslos ausgereicht, sondern zu annähernd gleichen Darlehenskonditionen, wie sie seinerzeit auf dem Kapitalmarkt vorzufinden waren (Verzinsung mit 6,74 % jährlich vom Tag der Auszahlung an bei einem Kapitalmarktzins per 22. Juli 1993 von 6,82 % [vgl. die Beschlussvorlage für den Vorstand, WBK-Hauptakte, Band I, Falz IV Bl. 10]).
Soweit die Beschwerde dem entgegenhält, der „separate“ Vertragsschluss habe ausschließlich „banktechnische“ Gründe gehabt, übersieht sie, dass zur Durchführung der nach Maßgabe des Förderungsvertrages vorgesehenen Maßnahmen andere Mittel aus öffentlichen Haushalten von der Beigeladenen nicht hätten in Anspruch genommen werden können (vgl. § 4 Abs. 3). Das aber bedeutet, dass der Förderungsgeber, also das Land Berlin, ein weiteres Darlehen als Ersatz für den nicht gedeckten Teil der Eigenbeteiligung der Beigeladenen gar nicht hätte gewähren dürfen. Mit der Finanzierung des durch die Förderung nicht gedeckten Kapitalbedarfs der Beigeladenen ist die IBB daher in ihrer Eigenschaft als Institut der Immobilienfinanzierung (vgl. § 2 des Gesetzes über die Errichtung der Investitionsbank) und damit unabhängig vom Förderungsverhältnis tätig geworden.
Aus der Tatsache, dass der Darlehensvertrag öffentlich-rechtliche Bestimmungen wie die Wohnungsbauförderungsbestimmungen oder die Vergabegrundsätze der Senatsbauverwaltung in Bezug nimmt und die Zweckbestimmung des Darlehens an die Umsetzung der geförderten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen knüpft, kann die Beschwerde ebenfalls nichts für ihren Standpunkt herleiten. Denn die IBB hat als Anstalt des öffentlichen Rechts im Rahmen ihres Aufgabenbereichs auf die mit dem Förderungsvertrag verfolgten städtebaulichen Ziele und den Zweck der Restfinanzierung Bedacht zu nehmen. Auf deren Sicherung zielende Bestimmungen können aber auch Inhalt bürgerlich-rechtlicher Verträge sein, zumal dann, wenn sie - wie hier - der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1971 - III ZR 204/69 -, juris Rn. 24). Ebenso wenig rechtfertigt die öffentlich-rechtliche Organisationform der IBB die Annahme, dass die zum Darlehensnehmer bestehenden Beziehungen zwangsläufig öffentlich-rechtlicher Natur sein müssen (vgl. zu den Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts: OVG Münster, Beschluss vom 25. Mai 2005 - 4 E 1039.04 -, juris Rn. 9 ff. m.w.N.).
Dass und aus welchen Gründen schließlich auch die Sicherung von Eigenkapitalersatzdarlehen und Restfinanzierungsdarlehen durch eine einheitliche Grundschuld keine ihre Rechtsnatur bestimmenden Rückschlüsse zulässt, hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Eine Kostenentscheidung ist vorliegend nicht entbehrlich, weil die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu den Verfahrenskosten gehören, über die gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG im Rahmen der Endentscheidung zu befinden ist. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil in Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG bei Erfolglosigkeit der Beschwerde die Erhebung einer Festgebühr vorgesehen ist.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG) war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG vorliegt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).