Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 09.01.2024 | |
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Aktenzeichen | 11 U 265/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0109.11U265.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 20.10.2023 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 15 O 472/22 - wird gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar erklärt. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 350.000,00 € festgesetzt.
I.
Die Berufung des Klägers ist offensichtlich unbegründet und daher gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss zurückzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere - für den Kläger günstige(re) - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Die hiergegen von der klägerischen Berufung vorgebrachten Punkte, mit denen er die Abänderung des Urteils und die antragsgemäße Verurteilung der weiterhin Beklagten begehrt, verfangen nicht. Auf die offensichtliche Unbegründetheit seines Rechtsmittels und die beabsichtigte Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO hat der Senat den Kläger mit Beschluss vom 15.03.2024 hingewiesen. Auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss wird zur Vermeidung von Wiederholungen umfassend verwiesen. Die hiergegen vorgebrachte Einwände des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 02.04.2024 rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht. Hierzu im Einzelnen:
1. Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der klägerischen Ausführungen im nachgelassenen Schriftsatz daran fest, dass der Kläger zumindest im hier zu entscheidenden Streitfall den Abgabezeitpunkt seiner Willenserklärung nicht nur darzulegen, sondern auch zu beweisen hatte, denn den darauf aufbauenden von der Beklagten zu erbringenden Beweis der Kenntnis für die Leistungsfreiheit kann ein Versicherer nur dann führen, wenn feststeht, wann der Versicherungsnehmer seine Vertragserklärung abgegeben hat. Da sich dieser Zeitpunkt der Wahrnehmung des Versicherers im Streitfall entzieht, war der Kläger als Versicherungsnehmer nicht nur gehalten, substanziiert und plausibel darzulegen, wann und unter welchen Umständen er seine Vertragserklärung abgegeben haben will. Er muss den Abgabezeitpunkt auch beweisen. Die vom Senat im Hinweisbeschluss angeführte und vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des OLG Saarbrücken hat diese Beweislastverteilung zwar ausdrücklich offengelassen. Mit Blick auf die tatsächlichen Beweisführungsmöglichkeiten der Parteien kann diese Frage jedoch nur so beantwortet werden, wie dies im Hinweisbeschluss erläutert wurde.
Mit dem dahingehenden Argument des Senats, wonach dem Versicherer ansonsten in einem solchen Fall keine Möglichkeit offen stünde, ihm nicht zugängliche Umstände beweisen zu müssen, befasst sich der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz nicht weiter. Die allgemeinen Ausführungen des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz zur sekundären Darlegungs- und vermeintlich nicht existierenden „sekundären Beweislast“ gehen an der Argumentation des Senats im Hinweisbeschluss vorbei. Der Senat ist dort weder von einer sekundären Darlegungs- und/oder Beweislast des Klägers ausgegangen. Im Gegenteil, der Senat hat – mit Blick auf die Besonderheiten der Beweismöglichkeiten des Streitfalls – vielmehr nach den allgemeinen Regeln der Beweislast entschieden, dass es allein der Kläger aufgrund seiner Kenntnislage darlegen und beweis kann, wann er eine auf den Vertragsschluss abzielende Willenserklärung abgegeben hat. Zweifel, die die Richtigkeit dieser Beweislastzuweisung begründen könnten, zeigt der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz nicht auf.
2. Ohne Erfolg wendet der Kläger sodann ein, der Senat habe die Ausführungen der vom Landgericht vernommenen Zeugin („Name 01“) rechtsfehlerhaft in seine Würdigungen einbezogen. Abgesehen davon, dass die Zeugin („Name 01“), den klägerischen Vortrag schon objektiv nicht bestätigt hat und bereits aus diesem Grund der Abgabezeitpunkt nicht nachgewiesen wurde, verfangen die allgemeinen Ausführungen des Klägers zu Mitteilungen über den Versicherungsstatus innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gleichermaßen nicht:
Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass es in einer solchen Lebenssituation bei dem Abschluss einer Unfallversicherung um einen eher untergeordneten Punkt des gemeinsamen Daseins handeln mag („nicht von besonderer Relevanz“). Im Streitfall allerdings bestand die Besonderheit darin, dass von der Rechtzeitigkeit des Vertragsschlusses die gesamte Existenz des Klägers als Lebensgefährten der Zeugin („Name 01“) abhing. Wenn der Vortrag des Klägers zur Abgabe der Vertragserklärung am 04.09.2017 tatsächlich zutreffend gewesen wäre, handelte es sich hierbei um einen dermaßen zentralen Punkt im Leben eines Menschen, bei dem auch unter Berücksichtigung seiner Ausführungen im nachgelassenen Schriftsatz völlig lebensfremd erscheint, dass hierüber zwischen den Lebensgefährten nicht zeitnah gesprochen worden sein soll, zumal sich der Unfall wenige Tage nach der behaupteten Abgabe der Erklärung zugetragen hat. Dass sich die Zeugin („Name 01“) an einen solchen Ablauf, hätte sie ihn tatsächlich wahrgenommen und hierbei auch noch (wie klägerseits behauptet) mitgewirkt, wäre es auch der Sicht des Senats ausgeschlossen, dass sie sich hierbei nicht – wie vor dem Landgericht bekundet – hätte erinnern können.
3. Soweit der Kläger auch im nachgelassenen Schriftsatz moniert, dass das Landgericht über den Zeitpunkt des Zugangs seiner Vertragserklärung bei der Beklagten nicht in eine Beweisaufnahme eingetreten ist, verbleibt es ebenfalls bei den Ausführungen im Hinweisbeschluss. Auf diesen Zeitpunkt des Zugangs kommt es - da schon der Zeitpunkt der Abgabe der Vertragserklärung nicht festgestellt werden kann und was zu Lasten des Klägers geht – nicht weiter an.
4. Unzutreffend ist ferner die Annahme des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz, dass die Beklagte einen früheren Zugang seines Antrags - etwa am 04.09.2017 - nicht bestritten habe. Wie bereits im Hinweisbeschluss näher ausgeführt, hatte die Beklagte sich zum Zugang der Vertragserklärung nämlich nicht nur einfach, sondern im Sinne von § 138 Abs. 2 ZPO sogar substanziiert erklärt. Die Beklagte hat insoweit vorgetragen, von welchem Sachverhalt sie im Sinne der höchstrichterlichen Substanziierungsanforderungen ausgeht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 20.02.2018 – II ZR 272/16, NZG 2018, 497 Rn. 20), indem sie konkretisierte, unter welchen Umständen die Vertragserklärung bei ihr eingegangen sei. Da sie überdies bestritten hatte, dass der Kläger das Formular bereits am 04.09.2017 unterschrieben habe, kann nicht im Sinne von § 138 Abs. 3 ZPO von einem insoweit „unstreitig“ gewordenen Vorbringen des Klägers ausgegangen werden. Ein Bestreiten kann sich nämlich - wie hier - auch aus der Gegendarstellung zu einem Vortrag ergeben. Hierfür müssen Tatsachen, die mit der Gegenerklärung unvereinbar sind, regelmäßig nicht gesondert für sich (ausdrücklich) bestritten werden (BGH, Beschl. v. 21.06.2022 – VIII ZR 285/21, NJW-RR 2022, 1144 Rn. 21 m.w.N.). Dabei kann auch in einem vorausgegangenen Vortrag der Partei ein Bestreiten nachfolgender Behauptungen der Gegenseite liegen, wenn jener Vortrag diesen Behauptungen widerspricht. Ein solches konkludentes vorweggenommenes Bestreiten hindert die Anwendung der Vorschrift des § 138 Abs. 3 ZPO (BGH, a.a.O.).
5. Die abschließenden Ausführungen im nachgelassenen Schriftsatz zur vermeintlichen Berücksichtigungsnotwendigkeit des klägerischen Vorbringens nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung sind für den Senat inhaltlich kaum verständlich. Der Umstand, dass das Landgericht den Vortrag des Klägers aus den nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht nachgelassenen Eingaben unter Heranziehung von § 296 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt gelassen hat, führt nicht dazu, dass dieses (als streitig anzusehende) Vorbringen im Berufungsverfahren zu berücksichtigen wäre, denn es ist in zweiter Instanz nicht „angefallen“. Nur wenn das erstinstanzliche Gericht das Vorbringen entgegen § 296a ZPO berücksichtigt hat, muss es vom Berufungsgericht ebenfalls berücksichtigt werden (vgl. BeckOK ZPO/Bacher, 52. Ed. 01.03.2024, § 296a Rn. 9 m.w.N.). Hier hat der Senat im Hinweisbeschluss eingehend dargetan, dass und weshalb der nicht nachgelassene Vortrag nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht zu berücksichtigen war. Hiermit befasst sich der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz nicht, so dass es bei den Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss verbleiben kann.
II.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Revision war durch den Senat - in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.