Gericht | LG Potsdam 14. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 29.09.2023 | |
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Aktenzeichen | 14 T 218/21 | ECLI | ECLI:DE:LGPOTSD:2023:0929.14T218.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 02. November 2021 – Az.: 30 M 427/21 – in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 27. Dezember 2021 wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
3. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
I.
Am 16. Juni 2020 ging beim Amtsgericht - Gerichtsvollzieherverteilungsstelle - ein auf den 11. Juni 2020 datierender Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin ein. In dem hierfür verwendeten Formular war bei dem Modul E (gütliche Erledigung) das Modul E 3 (nach Ermessen des GV) angekreuzt und die Abnahme der Vermögensauskunft ohne vorherigen Pfändungsversuch und der Erlass eines Haftbefehls gemäß § 802g ZPO samt Verhaftung (Module G1, H) angekreuzt. Der Ladung des OGVZ P. – DR II 711/20 – zur Abgabe der Vermögensauskunft für Donnerstag, den 09. Juli 2020 folgten die Schuldner ohne ausreichende Entschuldigung nicht.
In seiner Kostenrechnung vom 12. August 2020 setzte der OGVZ für das VAK-Verfahren die Gebühr KV 208 GvKostG in Höhe von 8,00 €/Schuldner nebst anteiliger Auslagenpauschale an.
Am 25. Juli 2020 beantragte OGVZ P. beim Amtsgericht Zossen - Vollstreckungsgericht - den Erlass eines Haftbefehls betreffend die Schuldner. Dieses erließ am 19. August 2020 Haftbefehle gegen die Schuldner – Az. 30 M 564/20 und 565/20 - zur Erzwingung der Vermögensauskunft (Az.: 30 M 564/20), welcher dem OGVZ P. übermittelt wurde.
OGVZ P. legte zum Haftbefehl ein neues Verfahren unter dem Aktenzeichen DR II 911/20 an. Mit an die Anschrift der Schuldner gerichtetem Schreiben vom 01. September 2020 setzte er diese von dem erlassenen Haftbefehl in Kenntnis und gab ihnen Gelegenheit, das Vermögensverzeichnis am 17. September 2020 in seinem Büro auszufüllen. Die Schuldner erschienen nicht. Eine Verhaftung konnte nicht erfolgen, da die Schuldner mehrmals nicht angetroffen wurden.
Ausweislich des Zahlungsprotokolls vom 01. Oktober 2020 - DR II 911/20 - haben die Schuldner am 30. September 2020 auf das Dienstkonto des OGVZ 929,90 € gezahlt, wovon ein Teilbetrag in Höhe von 863,23 € an die Gläubigerin abgeführt wurde. Ein weiterer Teilbetrag in Höhe von 66,50 € entfiel auf die berechneten Gerichtsvollzieherkosten.
Hierzu verfasste der OGVZ folgende Kostenrechnung GVKostG:
2xNicht erledigte Amtshandl. KV 604 zu KV 270, 270 |
30,00 € |
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Hebegebühr KV 430 |
4,00 € |
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Versuch isol. gütliche Erledigung (KV 207) |
16,00 € |
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2xWegegeld KV 711 0-10 km |
6,50 € |
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Auslagenpauschale KV 716 |
10,00 € |
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Summe: |
66,50 € |
Gegen die Kostenrechnung hat der Bezirksrevisor des LG Potsdam mit Schreiben vom 31. Mai 2021 (Bl. 4 f. GA) gemäß § 5 Abs. 2 GVKostG Erinnerung – die sich gegen den Ansatz der Gebühr KV 207 (2 x 8,00 € wegen Vollstreckung gegen Gesamtschuldner/Eheleute) sowie der anteiligen Auslagenpauschale KV 716 richtet – eingelegt. Er meint, die vorgenannte Gebühr nebst anteiliger Auslagenpauschale seien nicht entstanden und daher nicht in Ansatz zu bringen. OGVZ P. hat der Erinnerung mit Schreiben vom 19. Juli 2021 (Bl. 1 f. GA) nicht abgeholfen. Wegen der Begründung wird auf vorgenanntes Schreiben Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 02. November 2021 (Bl. 13 f. GA) hat das Amtsgericht der Erinnerung des Bezirksrevisors gegen den Kostenansatz des OGVZ P. vom 01. Oktober 2020 nicht abgeholfen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dem mit der Erinnerung maßgeblich unter Bezugnahme auf die Entscheidung des LG Osnabrück, Beschluss vom 16. Februar 2021 – 9 T 18/21 (DGVZ 2021, 94) – geltend gemachten Einwand, dass in dem zugrunde liegenden Verhaftungsauftrag kein gesonderter Auftrag zum Auftrag auf Abnahme der Vermögensauskunft liege und deshalb die Gebühr KV 207 f. GvKostG nicht nochmals zu der für das Abnahmeverfahren angesetzten Gebühr berechnet werden könne, könne nicht gefolgt werden. Die vom OGVZ angesetzten Kosten seien in zutreffender Weise erfolgt. Der Verhaftungsauftrag stelle im vorliegend maßgeblichen kostenrechtlichen Sinn einen gesonderten Auftrag zum Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft dar (§ 3 Abs. 1 Satz 4 GvKostG). Das Amtsgericht hat die Beschwerde zugelassen.
Gegen den ihm am 08. November 2021 zugegangenen Beschluss richtet sich die mit Schreiben vom 08. November 2021 (Bl. 18 GA) eingelegte und mit weiterem Schreiben vom 15. Dezember 2021 (Bl. 24 f. GA) näher begründete Beschwerde des Bezirksrevisors. Im wesentlichen macht er – unter Berufung insbesondere die Entscheidung des LG Osnabrück, DGVZ 2021, 94 – geltend, zwar handele es sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 GvKostG bei einem Verhaftungsauftrag um einen besonderen Auftrag im kostenrechtlichen Sinne. Der Haftbefehl diene aber nur subsidiär der Verwirklichung des Anspruches des Gläubigers auf Abnahme der Vermögensauskunft (VAK). Somit impliziere jeder Haftauftrag einen Antrag auf Abnahme der VAK. Das Verfahren zur Abnahme der VAK werde nach der Verhaftung fortgesetzt. Zudem sei die gütliche Erledigung in diesem Zusammenhang kein eigener Auftrag, sondern gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GvKostG ein Nebengeschäft. Die Gebühr nach KV 207 GvKostG könne, was der angefochtene Beschluss verkenne, nur dann in Ansatz gebracht werden, wenn die gütliche Erledigung isoliert ohne weitere Folgeaufträge beantragt werde. Das sei vorliegend nicht der Fall. Der Ansatz einer Gebühr nach KV 208 GvKostG (Versuch einer gütlichen Einigung) scheide vorliegend aus, da die bereits im VAK-Verfahren angesetzt worden sei. Auf den Inhalt des Begründungsschreibens wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 27. Dezember 2021 (Bl. 26 f. GA) hat das Amtsgericht der Beschwerde „aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses“ nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht Potsdam zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerdekammer des Landgerichts hat die Beschwerde zunächst mit Einzelrichterbeschluss vom 24.01.2022, dem Beschwerdeführer zugestellt am 28.06.2022, als unbegründet zurückgewiesen, hierbei aber die weitere Beschwerde mit der Begründung zugelassen, es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.
Auf die daraufhin vom Beschwerdeführer eingelegte weitere Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, hat das Oberlandesgericht am 29.11.2022 den Beschluss vom 24.01.2022 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, und hierbei zur Begründung ausgeführt, angesichts der Wertung durch den Einzelrichter in seinem angefochtenen Beschluss, die Sache habe rechtgrundsätzliche Bedeutung, weshalb die weitere Beschwerde zuzulassen sei, habe er die Sache gemäß § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zwingend zur Entscheidung auf die Kammer übertragen müssen; die gleichwohl durch den Einzelrichter getroffene Entscheidung sei deshalb unter Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot des gesetzlichen Richters ergangen.
Der beim Beschwerdegericht in der Sache nunmehr zuständige Einzelrichter hat die Sache mit Beschluss vom 26.09.2023 auf die Kammer übertragen.
II.
Die gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG aufgrund ausdrücklicher Zulassung der Beschwerde durch das Amtsgericht statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist nach Rechtsauffassung der Kammer aber unbegründet.
Das Amtsgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 02. November 2021 mit in der Sache zutreffenden Erwägungen, denen sich das Beschwerdegericht anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zurückgewiesen.
Die Kammer folgt den – vom Beschwerdeführer ausdrücklich abgelehnten - Ausführungen des OLG Celle in der Entscheidung vom 13. Juli 2020 – Az.: 4 W 37/20 – (DGVZ 2020, 208), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen (und unter ergänzender Bezugnahme auf die Anmerkung von Stefan Mroß, Schriftleiter der DGVZ, zur vorgenannten Entscheidung des LG Osnabrück, DGVZ (2021, 94 a.E.) vollumfänglich Bezug genommen wird.
Nach KV 207 der Anlage zu § 9 GvKostG ist für den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache (vgl. § 802b ZPO) eine Gebühr in Höhe von 16,00 € in Ansatz zu bringen (zum Thema auch: Stefan Mroß: Gebühr für Gütliche Erledigung bei Vollziehung eines Haftbefehls? (DGVZ 2020, 118; auch: OLG Düsseldorf, NJW-RR 2014, 960).
Der Gerichtsvollzieher hat, wie sich seiner Sonderakte entnehmen lässt, mit Schreiben vom 01. September 2020 den Versuch einer gütlichen Einigung im Zusammenhang mit der (angekündigten) Vollstreckung des Haftbefehls unternommen. Das an den Schuldner gerichtete Schreiben vom 01. September 2020 enthält eine Aufforderung zur freiwilligen Zahlung bzw. Abgabe der VAK zur Vermeidung der Vollstreckung des Haftbefehls. Dies genügt für den Versuch einer gütlichen Einigung im Sinne von KV 207 (s. Mit OLG Brandenburg, Beschluss v. 07.06.2022, 6 W 39/22).
„Dass eine Gebühr nach KV 207 nur dann zu erheben wäre, wenn eine gütliche Einigung isoliert und ohne weitere Folgeaufträge beantragt wird, kann jedenfalls nach der aktuellen Fassung des Gebührentatbestandes nicht mehr angenommen werden. Vielmehr folgt aus KV 208, der bei gleichzeitiger Beauftragung mit den dort aufgeführten Vollstreckungsmaßnahmen – lediglich – eine Reduzierung der Einigungsgebühr vorsieht, im Umkehrschluss, dass die Gebühr nach KV 207 grundsätzlich auch anfällt, wenn der Gerichtsvollzieher zugleich mit weiteren Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt wird. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Gebühr und trägt den Bedürfnissen der Praxis Rechnung. Der Gerichtsvollzieher soll sich nach § 802b Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens – von Amts wegen – um eine gütliche Einigung bemühen. Das ist auch bei der Durchführung weiterer Maßnahmen mit einem gewissen Aufwand verbunden, der durch den neugefassten Gebührentatbestand abgegolten werden soll (vgl. Gesetzesbegründung zu KV 207, 208 nF in BT-Drs. 18/9698, 25). Isolierte Aufträge an den Gerichtsvollzieher, eine gütliche Erledigung herbeizuführen, dürften zudem eher die Ausnahme sein“ (vgl. LG Kassel, DGVZ 2019, 44; auch: LG Krefeld, DGVZ 2021,93 m.w.N.).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, §§ 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 8 GKG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage wird die weitere Beschwerde zugelassen.