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Entscheidung 1 Ws 30/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Strafsenat Entscheidungsdatum 21.03.2024
Aktenzeichen 1 Ws 30/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0321.1WS30.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1.1. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Potsdam gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam -Jugendschutzkammer- vom 17. November 2023 wird dieser aufgehoben und das Hauptverfahren im Sicherungsverfahren vor dem Landgericht Potsdam - große Strafkammer als Jugendschutzkammer - eröffnet.

Die Antragsschrift im Sicherungsverfahren der Staatsanwaltschaft Potsdam vom 23. Juni 2023 wird zur Hauptverhandlung zugelassen.

Gründe

I.

Mit Antragsschrift im Sicherungsverfahren vom 23. Juni 2023 legt die Staatsanwaltschaft Potsdam dem Beschuldigten zur Last, im Zustand der Schuldunfähigkeit eine sexuelle Handlung an einer Person unter 14 Jahren (Kind) vorgenommen zu haben. Am XXX soll der an einer gemischten schizoaffektiven Störung sowie unter psychischen Verhaltensstörungen durch Alkohol leidende, leicht intelligenzgeminderte Beschuldigte die folgende Straftat begangen haben:

Der Beschuldigte soll sich nur mit einer schwarzen Unterhose bekleidet gegen 17:30 Uhr in der …straße in L… zu der am XXX geborenen Zeugin L… B…, welche ihre Mutter nicht finden konnte und deswegen weinte, begeben haben. Dabei soll der Beschuldigte die Zeugin angesprochen, in den Arm genommen und sich mit ihr auf eine nahegelegene Parkbank gesetzt haben, wo er der Zeugin B… unter das T-Shirt gefasst und diese am Rücken- sowie Brust- und Bauchbereich berührt habe. Anschließend soll der Beschuldigte der Zeugin auch an den Oberschenkel, in den Intimbereich und anschließend in ihre Hose gegriffen und sie oberhalb der Unterhose abermals im Intimbereich berührt haben, wobei ihm das Alter der Zeugin ob ihres äußeren Erscheinungsbildes bekannt gewesen sein soll.

Der Beschuldigte befand sich aufgrund des Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Luckenwalde vom 01. Juni 2023 (Az.: 26 Gs 40/23) gemäß § 126a StPO zum Zeitpunkt der Antragsstellung durch die Staatsanwaltschaft Potsdam aufgrund vorstehenden Tatvorwurfs in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, das Sicherungsverfahren vor der großen Strafkammer des Landgerichts Potsdam -Jugendschutzkammer- durchzuführen.

Die große Strafkammer -Jugendschutzkammer- des Landgerichts Potsdam hat mit Beschluss vom 17. November 2023 die Eröffnung des Hauptverfahrens im Sicherungsverfahren gegen den Beschuldigten abgelehnt und den Unterbringungsbefehl des Amtsgerichts Luckenwalde vom 01. Juni 2023, Az. 26 Gs 40/23, aufgehoben sowie den Beschuldigten aus der Unterbringung entlassen. Zwar sei der Beschuldigten der ihm vorgeworfenen Tat des sexuellen Missbrauchs eines Kindes hinreichend verdächtig, indes sei die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB nicht hinreichend wahrscheinlich. Die für die Anordnung der Unterbringung gemäß § 63 StGB erforderliche Erheblichkeit der Tat sei nicht erreicht; zwar sei der sexuelle Missbrauch eines Kindes nach § 176 StGB grundsätzlich der gewichtigeren Kriminalität zuzuordnen, innerhalb der Bandbreite möglicher Verwirklichungen des Tatbestandes sei die vorliegend angeklagte Tat aber im „nahezu untersten Bereich anzusiedeln“ (S. 6 BA), so dass ob des Umstandes, dass sich eine schematische Prüfung allein anhand des vorgeworfenen Tatbestandes verbiete, im vorliegenden konkreten Einzelfall die Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht sei, zumal das geschädigte Kind nach der Tat keinen verstörten, verängstigten oder in sonstiger Weise psychisch belasteten Eindruck hinterlassen habe. Auch komme eine Unterbringung nach § 63 S. 2 StGB nicht in Betracht, da eine § 63 S. 1 StGB genügende Gefährlichkeitsprognose - auch unter Einbeziehung des beigezogenen Verfahrens der Staatsanwaltschaft Potsdam (476 Js 20143/21), in dem gegen den Beschuldigten wegen einer sexuellen Belästigung einer 13-Jährigen im März 2021 ein Ermittlungsverfahren geführt wurde, das wegen Schuldunfähigkeit eingestellt wurde, sowie des zeitlich der in Rede stehenden Tat unmittelbar vorausgehenden Diebstahls in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung am 25. Mai 2023 und eines vermeintlich schweren räuberischen Diebstahls am 27. Mai 2023, die Gegenstand eines Parallelverfahrens der Kammer sind, in dem die Staatsanwaltschaft Potsdam ebenfalls Antragsschrift im Sicherungsverfahren unter dem 04. Oktober 2023 eingereicht hat- nicht angenommen werden könne. Zudem habe der Sachverständige I... nicht konstatiert, dass mit erhöhter Wahrscheinlichkeit Gewalttaten gesteigerter Intensität zu erwarten seien, sondern habe lediglich „vergleichbare Fehlhandlungen“ in Aussicht gestellt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft Potsdam mit ihrer Beschwerde vom 21. November 2023. Das Landgericht verkenne, dass die Voraussetzungen von § 63 S. 1 StGB vorlägen. Insbesondere sei die Tat gegenüber dem besonders schützenswerten, erst sieben Jahre alten kindlichen Zufallsopfer allein durch das Einschreiten unbeteiligter Zeugen unterbunden worden; das wahre Ausmaß der tatsächlichen Schäden ohne Verfälschung durch die unmittelbar nach der Tat eintretende Erleichterung könne erst durch die Hauptverhandlung festgestellt werden. Nach dem Sachverständigengutachten sei zudem zukünftig mit vergleichbaren Taten - mithin Sexualverbrechen zum Nachteil von Kindern - zu rechnen. Die diagnostizierte schizoaffektive Störung des Beschuldigten stelle eine überdauernde Erkrankung mit Symptomcharakter dar. Die medizinischen Voraussetzungen von § 63 StGB seien seitens des Sachverständigen bejaht worden.

Unter dem 04. Januar 2024 hat das Amtsgericht Stuttgart eine einstweilige Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 126a StPO angeordnet. Gegenstand des dortigen Unterbringungsbefehls ist eine gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl. Danach soll der Beschuldigte die 87-jährige Geschädigte Bi…, in deren Fahrzeug er unter Kundgabe, es sei sein eigenes, eingestiegen ist, als diese nach wiederholter Aufforderung, das Fahrzeug zu verlassen, um Hilfe schrie, zu Boden gestoßen und auf diese eingetreten haben, wobei er einen Tritt gegen den Kopf der Geschädigten geführt haben soll. Nach Bitten um Einlenken habe er von ihr abgelassen und sich mit der Jacke der Geschädigten im Wert von circa 80 Euro, die er für sich habe verwenden wollen, entfernt. Die Geschädigte habe erhebliche Schmerzen sowie eine starke Schwellung am Kopf erlitten.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist dem Rechtsmittel unter dem Datum des 23. Februar 2024 beigetreten und hat beantragt, auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Potsdam den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Sicherungsverfahren zu eröffnen.

Dem Beschuldigten wurde über seinen Verteidiger rechtliches Gehör zum Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gewährt. Mit Anwaltsschriftsatz vom 04. März 2024 teilte dieser den Verzicht auf eine Stellungnahme mit.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 414 Abs. 1 i.V.m. 210 Abs. 2 StPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg und führt aus materiellen Gründen zur Aufhebung des Beschlusses vom 17. November 2023 und Eröffnung des Hauptverfahren im Sicherungsverfahren vor der großen Strafkammer des Landgerichts Potsdam als Jugendschutzkammer.

Die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens im Sicherungsverfahrens mit der Begründung, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB sei nicht hinreichend wahrscheinlich, hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Gefährlichkeit des Beschuldigten im Sinne des § 63 StGB verneint hat, begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Die Zulassungsfähigkeit einer Antragsschrift im Sicherungsverfahren gemäß § 413 StPO setzt voraus, dass die von der Staatsanwaltschaft beantragte selbständige Anordnung der Maßregel - hier der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB - nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist (hierzu und dem Folgenden: Gaede in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 413 StPO; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Februar 2014, Az. III-2 Ws 614/13). Danach muss zum einen wahrscheinlich sein, dass die materiellen Voraussetzungen für die Maßregelanordnung vorliegen; zum anderen dürfen keine vernünftigen Zweifel bestehen, dass der Beschuldigte zur Tatzeit schuldunfähig war, bzw. allenfalls unaufklärbare Zweifel verbleiben, ob eine nur erheblich verminderte Schuldfähigkeit oder schon Schuldunfähigkeit vorlag (vgl. Gössel, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage, § 413 Rn. 19; Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO Kommentar, 66. Auflage, § 413 Rn. 4)

Anders als das Landgericht ausführt, ist nach Auffassung des Senats bei Durchführung des Sicherungsverfahrens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Anordnung der Maßregel zu erwarten.

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme (BGH, Beschluss vom 18. März 2008, Az. 4 StR 6/08; hierzu und dem Folgenden: OLG Hamm, Beschluss vom 7. März 2023, Az. III-5 Ws 28/23). Sie darf nur angeordnet werden, wenn eine Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass von ihm infolge seines Zustands erhebliche rechtswidrige Taten mit einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, und dieser deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Dabei muss es sich bei den zu erwartenden Taten um solche handeln, die geeignet erscheinen, den Rechtsfrieden schwer zu stören sowie das Gefühl der Rechtssicherheit erheblich zu beeinträchtigen, und die damit zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sind (BGH, Urteil vom 20. Januar 2021, Az. 5 StR 390/20; BGH, Urteil vom 22. Mai 2019, Az. 5 StR 683/18; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018, Az. 4 StR 195/18).

Dabei ist die für die Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB erforderliche Gefährlichkeitsprognose auf Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens sowie der von ihm begangenen Anlasstat zu stellen und muss sich darauf erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten von dem Beschuldigten infolge seines Zustands in Zukunft drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist und welches Gewicht den betroffenen Rechtsgütern zukommt (Kammergericht, Beschluss vom 16. August 2023, Az.3 Ws 38/23 m.w.N.).

Die Voraussetzungen, unter denen die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erfolgt, liegen zur Überzeugung des Senats vor. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts überschreitet bereits die Anlasstat in ihrer konkreten Ausgestaltung die Schwelle zur Erheblichkeit gemäß § 63 S. 1 StGB.

Der Beschuldigte ist aufgrund der in der Antragsschrift genannten Beweismittel hinreichend verdächtig, die ihm dort zur Last gelegte Tat, namentlich einen sexuellen Missbrauch eines zur Tatzeit sieben Jahre alten Kindes gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB, begangen zu haben. Wenngleich sich eine schematische Einordnung verbietet, ergibt sich bei Verbrechen - wie dem vorliegenden Delikt - die erhebliche Schädigung oder Gefährdung der Opfer zumeist bereits aus dem Gewicht des Straftatbestands, welcher deswegen als Verbrechen geahndet wird (vgl. hierzu und dem Folgenden: Cirener in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 63 StGB, Rn. 94). Wenngleich Ausnahmefälle denkbar sind, in denen die zu erwartende konkrete Tatausgestaltung trotz des Verbrechenscharakters der Norm nicht schwer genug wiegt, weil sie nur zu geringen Beeinträchtigungen des Tatopfers geführt hat, so gilt diese Annahme, bei der im Übrigen Zurückhaltung geboten ist (Cirener in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 63 StGB, Rn. 94), nicht für den vorliegenden Fall.

Sexualdelikte, insbesondere, wenn sie wie vorliegend Verbrechenscharakter aufweisen, lassen zumeist erhebliche körperliche oder seelische Schädigungen oder Gefährdungen erwarten, so dass die Erheblichkeit bei diesen Delikten indiziert ist (vgl. hierzu und dem Folgenden: Cirener in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 63 StGB, Rn. 94). Da Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern, z. B. § 176 Abs. 1 und 2 a. F. - auch ohne Gewaltanwendung - regelmäßig und typischerweise eine schwerwiegende Beeinträchtigung von deren sexueller Entwicklung, mithin mindestens eine seelische Gefährdung besorgen lassen, sind sie ebenfalls erheblich. Dies gilt auch dann, wenn sie sich im unteren Bereich der denkbaren Deliktsskala bewegen (Cirener in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 63 StGB, Rn. 94). Die durch das Landgericht in Bezug genommene Rechtsprechung des BGH, wonach die Erheblichkeit auch bei Kindesmissbrauch verneint werden könne, hatte, führt zu keinem anderen Ergebnis, da dieses Verfahren nur einen Versuch zum Gegenstand hatte. Vorliegend hat der Beschuldigte das kindliche Opfer wiederholt - auch unter der Kleidung - am Oberkörper berührt. Die Berührung im Intimbereich erfolgte ebenfalls unter der Kleidung, namentlich der Hose des Kindes, wenngleich über der Unterhose. An einem Kind vorgenommene Handlungen sind Sexualhandlungen i.S.d. § 176 StGB, wenn sie nach dem äußeren Erscheinungsbild Sexualbezug aufweisen (Fischer, StGB Kommentar, 71. Auflage, § 176 Rn. 5a).

Bereits die getätigten Berührungen des Beschuldigten über jedweder Kleidung des kindlichen Opfers würden den Tatbestand erfüllen; die Einordnung des Landgerichts des „Schweregrads im nahezu untersten Bereich des Tatbestandes“ wird durch den Senat nicht geteilt. Das unmittelbare Nachtatverhalten des kindlichen Opfers als Indiz für ein erwartbares Ausbleiben massiver psychischer Folgen zu werten, erscheint im Hinblick auf mögliche Verdrängungsmechanismen und ein etwaiges Trauma verkürzt wie verfehlt. Zudem ist eine seelische Gefährdung bereits ausreichend und kann nicht im Ansatz negiert werden. Für eine seriöse Beurteilung der Folgen für das kindliche Opfer, das mit einem Alter von zur Tatzeit sieben Jahren in besonderem Maße schutzwürdig war, bedarf es der Durchführung der Hauptverhandlung im Sicherungsverfahren mitsamt zugehöriger Beweiserhebungen auch im Mindesten durch Vernehmung des persönlichen Umfelds des Kindes insbesondere zum Verhalten des Kindes in den Monaten seit der Tat und etwaiger Verhaltensänderungen, respektive Auffälligkeiten.

Die Tat ist zudem geeignet, den Rechtsfrieden empfindlich zu stören, die Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen, da das Kind ein Zufallsopfer im öffentlichen Raum ist, dessen der örtlichen Trennung von der Mutter geschuldete Verzweiflung und seine bereits dem Kindesalter geschuldete extreme Hilfslosigkeit sich der Beschuldigte zu Nutze gemacht hat. Über das anfängliche Motiv der Kontaktaufnahme des von Beginn an nur mit einer Unterhose bekleideten Beschuldigten vermag der Senat keine verlässliche Einschätzung selbst vorzunehmen. Der Abbruch der sexuellen Missbrauchshandlungen an dem Kind ist zudem auf das Einschreiten unbeteiligter Passanten zurückzuführen und basiert nicht auf einer Entscheidung des Beschuldigten, so dass der weitere Handlungsverlauf kupiert wurde und sein Ende lediglich zufallsabhängig war, was keine günstige Prognose rechtfertigt.

Ferner besteht nach den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen I vom 06. Oktober 2023 der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte bei der Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte. Der Sachverständige I... hat in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass der Beschuldigte an einer gemischten schizoaffektiven Störung (ICD-10 F 25.2), einer leichten Intelligenzminderung (ICD-10 F70.0) und einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10 F10.2) leide. Dabei erfüllte die schizoaffektive Erkrankung das Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung nach § 20 StGB, während die leichte Intelligenzminderung dem Merkmal der Intelligenzminderung nach § 20 StGB zuzuordnen sei.

Die Alkoholabhängigkeitserkrankung erlangte hingegen - ebensowenig wie der nach Hinweisen in der Exploration anzunehmende schädliche Gebrauch von Cannabis und Amphetaminen - im Hinblick auf Konstitution und Folge das Ausmaß, das für die Zuordnung zu dem Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Störung erforderlich sei. Der Sachverständige I... geht in seinem Gutachten vom 06. Oktober 2023 fazitär davon aus, dass der Beschuldigte ob der diagnostizierten schizoaffektiven Störung nicht in der Lage war, seinen eigenen - ebenfalls aufgrund der affektiven Komponente seiner Erkrankung, antriebsgesteigerten - Impulsen, das kindliche Opfer zu berühren, ausreichend Hemmungen entgegenzusetzen; dabei sei nicht ausschließbar davon auszugehen, dass es sogar zu einem vollständigen Verlust der inneren Freiheitsgrade in Bezug auf die Entscheidung für oder wider eines Verhaltens gekommen ist. Damit ist mindestens von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB und nicht ausschließbar von Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB auszugehen. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist zudem den Ausführungen des Sachverständigen I... zur Folge Ausdruck der Charakteristika der gemischten schizoaffektiven Störung des Beschuldigten.

Es ist auch überwiegend wahrscheinlich, dass der Betroffene infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Bei der Gefährlichkeitsprognose ist auch die der Anlasstat vorangegangene Delinquenz des Beschuldigten zu berücksichtigen. Ob der überdauernden Eigenschaft der gemischt schizoaffektiven Störung ist dem Gutachten des Sachverständigen I... folgend ohne angemessene Behandlung in Zukunft mit vergleichbaren Fehlhandlungen wie der vorliegenden, mithin Sexualverbrechen zu Lasten von Kindern, zu rechnen. Eine medikamentöse Therapie hat der Beschuldigte nach eigenen Angaben, die sich insoweit mit dessen grundsätzlich vorherrschender Behandlungsmotivation decken in der Vergangenheit selbst in unmittelbarem Anschluss an einen längeren stationären Aufenthalt abgebrochen. Der Beschuldigte hat zudem bereits am 26. März 2021 ein 13-jähriges Mädchen sexuell belästigt; das Verfahren wurde seinerzeit wegen Schuldunfähigkeit eingestellt. Hier zeigt sich bei den beiden sexuell enthemmten, übergriffigen Verhaltensweisen zudem eine signifikante Steigerung der Deliktserheblichkeit; sowohl im Hinblick auf das herabgesetzte Alter des kindlichen Opfers - von 13 Jahren zu sieben Jahren - als auch die konkrete Deliktshandlung, die im in Rede stehenden Fall u.a. eine Berührung im Intimbereich unterhalb der Hose, oberhalb der Unterhose des kindlichen Opfers inkludierte und Verbrechenscharakter aufweist.

Aufgrund der Gesamtwürdigung der obwaltenden Umstände sieht der Senat vorliegend die erhöhte Wahrscheinlichkeit der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten, namentlich Sexualverbrechen zu Lasten von Kindern, durch den Beschuldigten wie auch die hinreichende Wahrscheinlichkeit seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB als gegeben an.