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Geeignetheitsbestätigung, Spielgeräte, Änderung der Nutzungsart, bauliche Änderungen, Erledigung auf sonstige Weise


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 12.04.2024
Aktenzeichen OVG 1 S 104/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0412.OVG1S104.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 33c Abs 3 GewO, § 43 Abs 2 VwVfG, § 80 Abs 5 VwGO

Leitsatz

Die Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO erlischt gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG bei einer wesentlichen, offen zu Tage tretenden Änderung der Nutzung und baulichen Gestaltung des ihren Gegenstand bildenden Aufstellungsortes.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. November 2023 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Juli 2023 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners zwingt zur Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

1. Die Beschwerde macht zu Recht geltend, dass sich die der Antragstellerin am 27. September 2013 erteilte Geeignetheitsbestätigung i. S. d. § 33c Abs. 3 Satz 1 GewO mit der Aufgabe der Nutzung der Räume als erlaubnisfreie Gaststätte gemäß § 1 Abs. 1 BlnVwVfG i. V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG auf sonstige Weise erledigt und daher bereits ungeachtet des mit Bescheid vom 19. Juni 2023 deklaratorisch erklärten und für sofort vollziehbar erklärten Widerrufs ihre Wirksamkeit verloren hat. Der Antrag der Antragstellerin, gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ihres gegen diese Verfügung erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen, würde auch im Falle des Erfolgs hieran nichts ändern, weshalb der Antragstellerin hierfür mit der Folge der Unzulässigkeit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

a) Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der eine Bestätigung über die Geeignetheit eines Aufstellungsortes von Spielgeräten im Sinne des § 33c Abs. 3 GewO an die unveränderte Beschaffenheit der betroffenen Räumlichkeiten, namentlich an die bauliche Gestaltung und konkrete Nutzung des Betriebs, gebunden ist, soweit die tatsächlichen Verhältnisse für die Erteilung der Bestätigung bestimmend sind (Beschluss vom 12. April 2019 – 1 S 24.19 – juris Rn. 4; Beschluss vom 1. Juni 2012 – 1 S 48.12 – juris Rn. 5; ebenso Ennuschat, in: Ennuschat/Wank/Winkler, GewO, 9. Aufl. 2020, § 33c Rn. 64a; vgl. zum entsprechenden Erlöschen der Spielhallenerlaubnis etwa Beschluss vom 10. März 2017 – 1 S 9.17 – juris Rn. 12 = NVwZ-RR 2017, 655 Rn. 11 sowie Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 43 Rn. 212a und Goldhammer, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand 11/2023, § 43 Rn. 124). Dabei verkennt der Senat nicht, dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage prinzipiell kein Grund für die Annahme einer Erledigung ist, verschiedene Tatbestände der Rücknahme- und Widerrufsregelungen in §§ 48, 49 VwVfG gerade hieran anknüpfen und nicht entwertet werden dürfen (so zu Recht Goldhammer, a. a. O. Rn. 123). Er hat daher nicht jede relevante Änderung der Sachlage als ausreichend anerkannt, eine Erledigung der Geeignetheitsbestätigung anzunehmen (vgl. den bereits zitierten Beschluss vom 12. April 2019, a. a. O. Rn. 5). Erforderlich und ausreichend für die Annahme einer Erledigung der Bestätigung ist vielmehr eine signifikante, offen zu Tage tretende Änderung der Nutzungsart und/oder der baulichen Gegebenheiten der fraglichen Räume, denn beide Faktoren sind gerade der Bezugsgegenstand der Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO. Damit einhergehende Rechtsunsicherheiten lassen sich für den Aufsteller ohne Weiteres dadurch vermeiden, dass er beabsichtigte signifikante Änderungen des Nutzungskonzepts und der baulichen Gegebenheiten der Räume zuvor der Behörde anzeigt und ggf. hierfür eine weitere Geeignetheitsbestätigung einholt. Die vom Verwaltungsgericht für seine gegenteilige Ansicht zitierten Entscheidungen anderer Obergerichte (OVG Münster, Beschlüsse vom 16. Mai 2023 – 4 A 770/21 – juris, Rn. 5ff., und vom 4. Februar 2019 – 4 B 1137/18 – juris, Rn. 17ff.; VGH München, Beschlüsse vom 8. November 2021 – 23 ZB 21.1799 – juris, Rn. 25, und vom 22. Oktober 2019 – 23 CS 18.2668 – juris, Rn. 19; VGH Mannheim, Beschluss vom 19. Februar 2018 – 6 S 2610/17 – juris, Rn. 5ff.; OVG Saarlouis, Beschluss vom 15. Februar 2018 – 1 B 848/17 – juris, Rn. 9; OVG Magdeburg, Beschluss vom 18. März 2016 – 1 M 201/15 – juris, Rn. 3ff.) betreffen Fälle, in denen die Geeignetheitsbestätigung von Beginn an rechtswidrig war und daher zurückgenommen werden bzw. in denen dies offenbleiben konnte; jedenfalls erörtern diese Entscheidungen die Frage einer Erledigung auf sonstige Weise nicht.

b) Daran gemessen hat die Geeignetheitsbestätigung vom 27. September 2013 gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG ihre Wirksamkeit verloren. Die streitigen Räume in der U_____ links wurden ausweislich der Feststellungen des Antragsgegners, welche die Antragstellerin nicht durchgreifend in Frage zu stellen vermag, zuletzt nicht mehr als erlaubnisfreie Schankwirtschaft genutzt, sondern ausschließlich für den Betrieb der beiden dort befindlichen Spielgeräte. Bei der Begehung am 18. April 2023 befanden sich dort keine weiteren Sitzgelegenheiten außer den beiden vor den Spielgeräten positionierten zwei Sesseln. Hinter dem Tresen fanden sich lediglich wenige dort aufgestellte leere Gläser, jedoch weder Getränke noch Speisen. Ein Betrieb der Räume als (erlaubnisfreie) Gaststätte fand dort offensichtlich nicht statt. Es befand sich dort auch kein Personal. Freigeschaltet wurden die Spielgeräte von dem Personal der unter derselben Anschrift rechts befindlichen (erlaubnispflichtigen) Gaststätte.

Zudem wurden an den Räumen bauliche Änderungen vorgenommen, nämlich zwei Wanddurchbrüche und die Einfügung von zwei Plexiglasscheiben, um die links belegenen Räume von der rechts belegenen Gaststätte aus einsehen zu können. Überwacht wurden die links belegenen Räume mittels angebrachter Kameras vom Personal der rechts belegenen Gaststätte. Auch die Außendekoration sowie die dekorative Gestaltung der links belegenen Räume ließen keinen Zweifel an ihrer Nutzung allein zu Spielzwecken. Die Behauptung der Antragstellerin, es sei beabsichtigt gewesen, die Räume zu renovieren, weshalb das Mobiliar vorübergehend entfernt worden sei, ist offenbar unrichtig, denn es fanden sich keinerlei Hinweise auf die Durchführung einer Renovierung und es bleibt unverständlich, weshalb in diesem Fall nicht an erster Stelle die Spielgeräte vor Renovierungsschäden geschützt, also etwa mit Folien abgedeckt worden sind.

Die nach § 43 Abs. 2 VwVfG erloschene Geeignetheitsbestätigung ist durch die mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Juli 2023 geschilderten nachträglichen Maßnahmen nicht wiederaufgelebt (vgl. hierzu Ennuschat, a. a. O.). Der Umfang dieser (vermeintlichen) Maßnahmen zeigt jedoch deutlich, wie weit sich die Nutzung und Gestaltung der Räume von dem als geeignet bestätigten Zustand entfernt hatten.

2. Besaß die Antragstellerin zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 19. Juli 2023 keine gültige Geeignetheitsbestätigung für die Aufstellung der Spielgeräte mehr, durfte der Antragsgegner (mit Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides) gemäß § 17 Abs. 1 ASOG von der Antragstellerin verlangen, die Spielgeräte zu entfernen, und ihr für den Fall der Nichtbefolgung gemäß §§ 9, 12 und 13 VwVG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 BlnVwVfG ein Zwangsgeld androhen.

Der insoweit gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung bzw. (hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung als Vollstreckungsmaßnahme) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs ist unbegründet.

Der Antragsgegner hat die Anordnung des Sofortvollzugs der Beseitigungsanordnung ausreichend begründet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Die angeführten Gründe tragen die Anordnung auch in der Sache. Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug dieser Maßnahme überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen Suspendierung. Wie eingangs ausgeführt, erfolgte der Widerruf der bereits erloschenen Geeignetheitsbestätigung lediglich deklaratorisch zur Beseitigung des Rechtsscheins ihres Fortbestandes. Aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen muss der unzulässige Weiterbetrieb der Geldspielgeräte für die Dauer des Widerspruchs- und Klageverfahrens nicht hingenommen werden. Dass sich insoweit die Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs mit denjenigen für den Erlass der Beseitigungsanordnung decken, ist der Eigenart des Gefahrenabwehrrechts geschuldet.

Die Beseitigungsanordnung ist bei summarischer Prüfung auch rechtmäßig: Wie im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, stellt die Aufstellung der Geldspielgeräte ohne die erforderliche Geeignetheitsbestätigung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 4 GewO eine Ordnungswidrigkeit dar, mithin eine konkrete Störung der öffentlichen Sicherheit, die der Antragsgegner mit Ziffer 2 seines Bescheides ermessensfehlerfrei unterbinden durfte. Die Beseitigungsanordnung ist auch nicht etwa deshalb unverhältnismäßig, weil rechtmäßige Zustände inzwischen wiederhergestellt wurden und sogleich eine neue Geeignetheitsbestätigung für die Räume erteilt werden müsste. Wie der Antragsgegner zutreffend betont, ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 SpielV i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GastG die Aufstellung von Geldspielgeräten in erlaubnisfreien Gaststätten nicht mehr zulässig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).