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Richterin am Arbeitsgericht (Besoldungsgruppe R 2), Direktorin des Arbeitsgerichts (Besoldungsgruppe R 2), Ausschreibung nur für Beförderungsbewerber, Organisationsentscheidung, Organisationsgrundentscheidung, Versetzungsbewerber, organisationsrechtliche Versetzung, statusberührende Versetzung, Konkurrentenstreit, einstweilige Anordnung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 05.04.2024
Aktenzeichen OVG 4 S 55/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0405.OVG4S55.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 33 Abs 2 GG, § 9 BbgRiG

Leitsatz

Die Beschränkung einer Ausschreibung durch den Dienstherrn auf Beförderungsbewerber kann zulässig sein. Ein Versetzungsbewerber darf seinen Ausschluss nur eingeschränkt gerichtlich überprüfen lassen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. Dezember 2023 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch in einem Konkurrentenstreit beschränkt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2018 – 2 BvR 1207/18 – juris Rn. 18; Beschluss des Senats vom 20. Juni 2017 – OVG 4 S 17.17 – juris Rn. 2 f.; VGH Kassel, Beschluss vom 25. Februar 2021 – 1 B 376/20 – juris Rn. 17), rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Maßgeblich sind allein die in Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss vorgebrachten Argumente, nicht der pauschal in Bezug genommene Vortrag erster Instanz (Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, Rn. 24). Daran gemessen hat es das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung die Besetzung des Amtes der Direktorin des Arbeitsgerichts mit der Beigeladenen zu untersagen.

Die Antragstellerin hält dem Verwaltungsgericht vor, es hätte sie als eine Beförderungsbewerberin ansehen müssen. Als solche werde sie von der Ausschreibung der Stelle erfasst (1.). Außerdem sei die Beschränkung der Ausschreibung auf Beförderungsbewerber nicht sachlich begründet, sondern auf die Beigeladene zugeschnitten gewesen. Die Antragstellerin selbst habe offensichtlich von einer Bewerbung auf diese Stelle ferngehalten werden sollen (2.). Die Antragstellerin beruft sich auf angebliche Absprachen bei ihrem Wechsel an das Arbeitsgericht und auf eine angebliche Zusage des Antragsgegners am 9. September 2021 (3.). Die Beigeladene hätte auch nicht mittels Anlassbeurteilung ausgewählt werden dürfen (4.). Mit dieser von der Antragstellerin näher ausgeführten Argumentation wird der angefochtene Beschluss nicht in Zweifel gezogen.

1. Die Ausschreibung der Stelle richtet sich ausdrücklich nur an Beförderungsbewerberinnen und -bewerber aus der Arbeitsgerichtsbarkeit des Landes Brandenburg. Das Verwaltungsgericht hat die Antragstellerin nicht als Beförderungsbewerberin angesehen, weil eine Beförderung voraussetze, dass ein anderes Amt mit einem höheren Endgrundgehalt angestrebt werde. Sowohl das ausgeschriebene Amt als auch das von der Antragstellerin innegehabte Amt sei eines der Besoldungsgruppe R 2.

Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts treffen zu. Gemäß § 9 BbgRiG, der sich nach der amtlichen Überschrift unter anderem mit „Beförderungen“ befasst, ist darunter die Übertragung eines Amtes mit höherem Endgrundgehalt als dem eines Eingangsamtes zu verstehen (vgl. § 9 Abs. 5 Satz 1 BbgRiG). Von der Verleihung eines Richteramtes mit höherem Endgrundgehalt als dem eines Eingangsamtes wird die Versetzung unterschieden (vgl. die Unterscheidung in § 11 Abs. 1 BbgRiG). Demgemäß erfasst die Versetzung diejenigen Fälle, in denen eine Richterin zwar eine andere Amtsbezeichnung erhält, aber ihre bisherige Besoldungsgruppe behält. Das steht im Einklang mit der allgemeinen Auffassung zum Dienstrecht. Danach ist unter einer Versetzung entweder der dauerhafte Wechsel der Behörde bzw. des Dienstherrn bei unverändertem Statusamt (organisationsrechtliche Versetzung) oder der Wechsel der statusrechtlichen Amtsbezeichnung bei gleichbleibender Besoldungsgruppe (statusberührende Versetzung) zu verstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. November 1993 – 6 B 32.93 – juris Rn. 5; Bodanowitz, in: Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl. 2020, § 4 Rn. 1 f.). Wie im Beschluss vom heutigen Tag – OVG 4 S 54/23 – näher dargelegt, würde sich für die Antragstellerin, eine Richterin am Arbeitsgericht als die ständige Vertreterin einer Direktorin oder eines Direktors (Besoldungsgruppe R 2), durch die Amtsbezeichnung „Direktorin des Arbeitsgerichts“ das Statusamt ändern, auch wenn es bei der Besoldungsgruppe R 2 bliebe. Angesichts der herrschenden Auffassung über die Beförderung einerseits und die statusberührende Versetzung andererseits ist es ausgeschlossen, die auf Beförderungsbewerbungen beschränkte Ausschreibung als offen anzusehen für eine Versetzungsbewerberin, bei der sich die Amtsbezeichnung ändern würde. Vor diesem Hintergrund führen die Erwägungen dazu, ob das Amt einer ständigen Vertreterin einer Direktorin dem Amt einer Direktorin entspreche, nicht weiter, zumal die Antragstellerin selbst erkannt hat, dass die Zuordnung beider Ämter zu derselben Besoldungsgruppe R 2 (ohne Amtszulage) von der unterschiedlich hohen Zahl der nachgeordneten Richterinnen und Richter abhängt.

2. Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Antragstellerin durch die Beschränkung des Adressatenkreises auf Beförderungsbewerbungen nicht in eigenen Rechten verletzt wurde. Dem Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist ein von der eigentlichen Auswahlentscheidung abzugrenzender Bereich der allein öffentlichen Interessen dienenden Organisationshoheit des Dienstherrn vorgelagert. Diese ist mit einem weiten Gestaltungs-, Beurteilungs- und Ermessensspielraum verbunden; Betroffenen steht keine subjektiv-rechtliche Rechtsposition zu, kraft der sie auf dem Organisationsermessen des Dienstherrn beruhende Entscheidungen zur gerichtlichen Überprüfung stellen könnten (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2020 – 2 A 2.20 – juris Rn. 13). Der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist erst auf der Grundlage einer vom Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt zur Verfügung gestellten und für die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben gewidmeten Stelle eröffnet. Es steht in dessen allein personalwirtschaftlich bestimmtem Ermessen, ob er eine freie Stelle im Wege der Beförderung und / oder Versetzung besetzen will. Die Bereitstellung und Ausgestaltung von Stellen und deren Bewirtschaftung dienen grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Hierdurch nimmt der Dienstherr keine Verpflichtung gegenüber seinen Bediensteten wahr (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2020 – 2 A 2.20 – juris Rn. 15; OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. Juli 2023 – 5 ME 44/23 – juris Rn. 14).

War der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch zu entnehmen, dass eine statusberührende Versetzung vom Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG erfasst sein könnte (so andeutungsweise BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 – 2 C 17.03 – juris Rn. 18), geht dessen jüngere Rechtsprechung von der Schutzwirkung dieses grundrechtsgleichen Rechts nur noch aus, wenn ein höherwertiges Statusamt in Rede steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 – 2 A 6.13 – juris Rn. 20; Beschluss vom 25. Mai 2023 – 1 WB 25.22 – juris Rn. 63; ebenso OVG Münster, Beschluss vom 15. Juni 2020 – 6 B 453/20 – juris Rn. 6; OVG Bautzen, Beschluss vom 4. Dezember 2023 – 2 B 210/23 – juris Rn. 17).

Der Rechtsschutz des Einzelnen gegen eine solche Organisationsentscheidung des Staates beschränkt sich auf die Frage, ob der Dienstherr die im Rahmen seines grundsätzlich sehr weiten personalwirtschaftlichen Ermessens erfolgte Begrenzung des Bewerberkreises aus unsachlichen, unvernünftigen oder willkürlichen Beweggründen getroffen hat (so VGH München, Beschluss vom 12. Januar 2022 – 6 CE 21.2833 – juris Rn. 19; OVG Bautzen, Beschluss vom 2. November 2022 – 2 B 265/22 – juris Rn. 10; OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. Juli 2023 – 5 ME 44/23 – juris Rn. 15).

Gemessen daran hat das Verwaltungsgericht die Organisationsentscheidung des Antragsgegners zu Recht nicht beanstandet. Es hat dem Verwaltungsvorgang als Grund für die Beschränkung auf Beförderungsbewerber entnommen, dass die Möglichkeit einer Personalentwicklung in der Arbeitsgerichtsbarkeit des Landes Brandenburg eröffnet werden solle und diejenigen angesprochen werden sollten, die aufgrund der Absolvierung des Trainee-Programms und eine Erprobung ein hohes Maß an Flexibilität bewiesen hätten und über vertiefte Erfahrungen und Kenntnisse in der Justizverwaltung verfügten. Das Verwaltungsgericht hält diese Zwecksetzungen für rechtens. Die Antragstellerin setzt sich nicht mit diesen Erwägungen auseinander.

Sie äußert stattdessen die Kritik, die Beschränkung der Ausschreibung auf Beförderungsbewerber sei auf die Beigeladene zugeschnitten gewesen und sie selbst habe von einer Bewerbung auf diese Stelle ferngehalten werden sollen. Die Beschränkung der Ausschreibung sei deswegen nicht von sachlichen Erwägungen getragen. Der Antragsgegner habe vor dem Problem gestanden, zwei Richter am Arbeitsgericht „unterbringen“ zu müssen, die nach der Schließung des Arbeitsgerichts __ erfolgreich gegen Ihre Versetzung vorgegangen seien. Einer der beiden Arbeitsrichter habe die Stelle einer an das Landesarbeitsgericht beförderten Richterin vom Arbeitsgericht erhalten. Die zweite Stelle am würde durch die Beigeladene freigemacht werden. Bis dahin sei der zweite Richter am Arbeitsgericht noch ohne Beschäftigung.

Mit diesem Vorbringen, das sich mit der Äußerung des Antragsgegners vereinbaren ließe, er habe eine Personalentwicklung in der brandenburgischen Arbeitsgerichtsbarkeit ermöglichen wollen, sind – sollte es tatsächlich zutreffen – unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Beweggründe des Antragsgegners nicht dargetan. Der Ausgangspunkt der Antragstellerin, sie persönlich habe verhindert werden sollen, wird mit Ihrem weiteren Vortrag nicht plausibel gemacht. Denn danach zielt der Antragsgegner mit der Beschränkung der Ausschreibung auf die Lösung eines Problems, das unabhängig von der Antragstellerin besteht. Der Ausschluss von Versetzungsbewerbern im Allgemeinen oder der Antragstellerin im Besonderen ist nicht die Absicht des Antragsgegners, sondern die Nebenwirkung der von ihm angeblich gewählten Problemlösung. Der Dienstherr verfolgt ein sachliches Ziel, wenn er beschäftigungslose Richter am Arbeitsgericht, die erfolgreich gegen Ihre Versetzung klagten, mit Dienstposten versehen möchte. Er darf anstreben, dass Richter ihre Dienstposten am Arbeitsgericht freiwillig räumen, um „Platz“ für die zwei beschäftigungslosen Arbeitsrichter zu schaffen. Die Ausschreibung von Beförderungsstellen an anderen Gerichten bietet einen entsprechenden Anreiz, der stärker ist als die bloße Bitte, sich an ein anderes Gericht besoldungsgleich versetzen zu lassen. Die Beschränkung der Ausschreibung auf Beförderungsbewerber erhöhte – so schon das Vorbringen der Antragstellerin zum Personaltableau – die Wahrscheinlichkeit, dass sich Richter des Arbeitsgerichts in der Bestenauslese durchsetzen und durch ihre Beförderung ihre bisherigen Dienstposten für die beschäftigungslosen Richter freimachen.

3. Die Antragstellerin misst auch zu Unrecht den angeblichen Absprachen über ihre zukünftige Wiederverwendung als Direktorin des Arbeitsgerichts, die vom Antragsgegner bestritten werden, rechtliche Bedeutung für den von ihr geltend gemachten Anspruch bei. Denn nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg in Verbindung mit § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Eine derart definierte Zusicherung fehlt hier.

4. Hat die Antragstellerin keinen Bewerbungsverfahrensanspruch, weil die Ausschreibung zulässigerweise nicht für sie gilt, ist es unerheblich, ob die Auswahl der Beigeladenen sich auf eine Anlassbeurteilung stützen durfte. Denn die Auswahl der Antragstellerin erscheint nicht möglich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 57).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).