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abgeschlossene Ausbildung als Fleischer, Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (erfüllt), Elbe-Elster, kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, keine Gleichheit im Unrecht, Sachkundebescheinigung, Tierschutzrecht, Übergangsregelung, Untersagung des Schlachtens für Dritte


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 15.04.2024
Aktenzeichen VG 1 L 73/24 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0415.1L73.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen 16a Abs. 1 TierSchG §, 4 Abs. 1 - 3, Abs. 7 der Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang §, 4 Abs. 2 der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden §, 80 Abs. 3 S. 1 VwGO §

Tenor

  1. Der Antrag wird abgelehnt.
    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Der sinngemäße Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage (VG 1 K 1177/23) gegen die Untersagungsanordnung des Bescheides vom 03. Februar 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2023 wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 S. 1 2. Alt i. V. m. Abs. 2 S. 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]) und diese anzuordnen, soweit der Antragsgegner mit Ziffer 3. des Widerspruchsbescheides die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 € androht (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 16 und § 28 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg [VwVGBbg]), ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

II. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

1. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung vom 03. Februar 2023 entspricht den (formellen) Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer muss aus der Begründung zwar an sich hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen Gründen die Behörde im konkreten Einzelfall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen eingeräumt hat.

Sofern die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe allerdings zugleich – wie regelmäßig auch im Bereich des Tierschutzes als Teils des Gefahrenabwehrrechts – die Dringlichkeit der Vollziehung zu begründen geeignet sind, kann sich die Behörde auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen (zur Begründungspflicht vgl. etwa Beschlüsse der Kammer v. 17. April 2012 – VG 1 L 102/12 –, Beschlussabdruck S. 3 [n. v.] und v. 06. Juni 2012 – VG 1 L 126/12 –, juris Rn. 2 ff. [jew. zum Fahrerlaubnisrecht]; zuletzt: Beschl. d. Kammer v. 25. September 2023 – VG 1 L 265/23 –, juris Rn. 7 [zum Tierschutzrecht]; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 10. Juni 2009 – OVG 1 S 97.09 –, juris Rn. 3; OVG f. d. Ld. Brandenburg, Beschl. v. 05. Februar 1998 – 4 B 134/97 –, juris Rn. 10 ff.). Ob die Begründung auch inhaltlich geeignet ist, ein öffentliches Sofortvollzugsinteresse zu belegen, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO ohne Belang.

Der Antragsgegner hat den Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt.

Das Amt für Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung und Landwirtschaft des Landkreises E_____ hat dem Antragsteller ab dem 01. Mai 2023 Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Betreuung, der Betäubung und der Tötung von Tieren im Zuge einer Schlachtung für Dritte untersagt. Zur Begründung der Vollziehungsanordnung vom 18. Oktober 2023 hat es auf den Seiten 4/5 des Widerspruchsbescheids ausgeführt, ein effektiver ethischer Tierschutz gebiete es, die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen zu subspendieren. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Es gelte zu verhindern, dass der Antragsteller auch weiterhin ohne einen gültigen Sachkundenachweis Schlachttätigkeiten für Dritte ausführe. Die in § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO grundsätzlich vorgesehene aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen, insbesondere ein mehrjähriges Klageverfahren, könne angesichts der hohen Bedeutung des Tierschutzes nicht hingenommen werden. Diese Ausführungen zeigen, dass sich der Antragsgegner des Verhältnisses zwischen Regel und Ausnahme in § 80 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO bewusst war; weitere „einzelfallbezogene“ Erwägungen des Antragsgegners waren nach Aktenlage auch durch das Vorbringen des Antragstellers nicht veranlasst.

2. Die Ordnungsverfügung vom 03. Februar 2024 ist auch im Übrigen voraussichtlich nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht kann nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung unter anderem einer Klage in Fällen, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, wiederherstellen und in Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen entfällt, anordnen, wenn das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der erlassene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, weil in diesem Fall an dessen sofortiger Vollziehung ein öffentliches Interesse regelmäßig nicht bestehen kann. Dagegen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers, wenn sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist und – in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO – ein besonderes Vollzugsinteresse hinzutritt. In den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO ist in Ansehung der gesetzlichen Entscheidung für die sofortige Vollziehbarkeit von Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, zu denen auch die Zwangsmittelandrohungen, § 28 Abs. 1 VwVGBbg, gehören, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache allerdings nur dann geboten, wenn dieser offensichtlich oder doch jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird oder wenn sonstige atypische Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Aussetzung der Vollziehung der Maßnahme zu rechtfertigen vermögen.

Die Interessenabwägung fällt hier zu Lasten des Antragstellers aus.

Die Ordnungsverfügung vom 03. Februar 2023 ist offensichtlich rechtmäßig und entgegenstehende private Interessen des Antragstellers vergleichbaren Gewichts sind nicht dargelegt.

Rechtsgrundlage der Untersagung des Schlachtens für Dritte ist § 16a Abs. 1 S. 1 TierSchG, wonach die zuständige Behörde – nach § 1 Abs. 1 S. 1 der Tierschutzzuständigkeitsverordnung (TierSchZV) vom 30. November 2007 (GVBl. II 2007, S. 495) die Landkreise und kreisfreien Städte als Kreisordnungsbehörden – die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen trifft.

Die Untersagung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Betreuung, Betäubung und Tötung von Tieren im Zuge der Schlachtung für Dritte ist im Interesse der Verhütung künftiger Verstöße geboten. Der Antragsteller führt diese Tätigkeiten unter seiner Anschrift in R_____, so die Schlachtung eines Schweins am 0_____ (Bl. 13 des Verwaltungsvorgangs), unstreitig durch, ohne dass es darauf ankommt, ob er damit eine gewerbliche Tätigkeit ausübt (Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 4 TierSchlV Rn. 1). Der Antragsteller verfügt auch nicht über einen seit dem 09. Dezember 2015 erforderlichen Sachkundenachweis neuen Rechts. Die Durchführung von Schlachtungen durch eine Person, die ihre Sachkunde nicht den Anforderungen entsprechend nachgewiesen hat, beinhaltet die Möglichkeit, dass die von der Schlachtung betroffenen Tiere (vermeidbar) leiden, auch, indem bei ihnen vermeidbar Angst, Stress oder Schäden hervorgerufen werden. Diese Möglichkeit einer Leidensverursachung genügt den Anforderungen des § 16a Abs. 1 S. 1 TierSchG.

Nach § 4 Abs. 1 der am 01. Januar 2013 in Kraft getretenen Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung und zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates (Tierschutz-Schlachtverordnung - TierSchlV) vom 20. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2982) muss derjenige, der Tiere betreut, ruhigstellt, betäubt, schlachtet oder tötet, über die hierfür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) verfügen; nach § 4 Abs. 2 TierSchlV n. F. wird der Sachkundenachweis nach Artikel 21 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 von der zuständigen Behörde oder der sonst nach Landesrecht beauftragten Stelle (zuständige Stelle) auf Antrag erteilt, wenn die Sachkunde im Rahmen einer erfolgreichen Prüfung nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 oder eine nach Artikel 21 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 als gleichwertig anerkannte Qualifikation nachgewiesen worden ist.

Der Antragsteller verfügt unstreitig über keinen Sachkundenachweis nach Art. 21 Abs. 1 lit b) der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung (Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 – ABl. EU L 303/1), mit dem im Regelfall bestätigt wird, dass eine Abschlussprüfung vor einem unabhängigen Gremium absolviert wurde.

Dieser Sachkundenachweis ist auch nicht entbehrlich.

Die am 21. März 1998 auf der Grundlage von § 4 Abs. 2 der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Tierschutz-Schlachtverordnung vom 03. März 1997 (BGBl. I S. 405) ausgestellte Sachkundebescheinigung befreit den Antragsteller nicht von einer Abschlussprüfung nach neuer Rechtslage.

Das ergibt sich, wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, schon aus der Übergangsbestimmung des § 4 Abs. 7 TierSchlV n. F., wonach Sachkundebescheinigungen, die nach § 4 Abs. 2 der Tierschutz-Schlachtverordnung vom 3. März 1997 (BGBl. I S. 405) in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung bis zum 31. Dezember 2012 ausgestellt worden sind, (lediglich) bis zum 08. Dezember 2015 als Sachkundenachweis im Sinne des Art. 21 Abs.  1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 für die jeweils genannten Tätigkeiten gelten (vgl. auch den Erwägungsgrund 29 der VO (EG) Nr. 1099/2009).

Das ergibt sich im Übrigen aus den im Interesse des Tierschutzes gesteigerten Anforderungen, welche die Verordnung (EG) Nr. 1099/20 an die Sachkunde im Zusammenhang mit dem Schlachten von Tieren stellt (vgl. insb. die Erwägungsgründe 20, 22, 28 dieser Verordnung): Zwar durfte (auch) nach alter Rechtlage nur derjenige Einhufer, Wiederkäuer, Schweine, Kaninchen oder Geflügel im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit schlachten oder im Zusammenhang hiermit ruhigstellen oder betäuben, der im Besitz einer gültigen Bescheinigung der zuständigen Behörde oder der sonst nach Landesrecht beauftragten Stelle (zuständige Stelle) über seine Sachkunde (Sachkundebescheinigung) war, § 4 Abs. 2 S. 1 TierSchlV a. F. Die Sachkundebescheinigung wurde von der zuständigen Stelle jedoch auf Antrag nicht nur dann erteilt, wenn die Sachkunde im Rahmen einer erfolgreichen Prüfung nach Maßgabe des § 4 Abs. 4 und 5 TierSchlV a. F. nachgewiesen wurde, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 TierSchlV a. F. erfüllt waren, § 4 Abs. 3 S. 1 TierSchlV a. F. Nach § 4 Abs. 7 TierSchlV a. F. konnte die zuständige Stelle – wie offenbar auch vorliegend – von einer Prüfung unter anderem absehen, wenn eine bestandene Abschlussprüfung in den Berufen Fleischer/Fleischerin, Tierwirt/Tierwirtin mit dem Schwerpunkt Geflügelhaltung, Tierpfleger/Tierpflegerin der Fachrichtung Haustierpflege oder Landwirt/Landwirtin oder (Nr. 2) der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung zu einem anderen Beruf, die die erforderliche Sachkunde vermittelt (Nr. 3) nachgewiesen wurde und wenn keine Bedenken hinsichtlich der erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten bestanden.

Der Antragsteller verweist darauf, dass er 1992 die Abschlussprüfung als Fleischer bestanden hat und dass er in diesem Beruf tätig gewesen sei. Die Abschlussprüfung als Schlachter befreit den Antragsteller nach neuer Rechtslage jedoch nicht (mehr) von einer Abschlussprüfung, denn ein nach § 4 Abs. 2 2. Alt. TierSchlV n. F. erforderlicher Nachweis durch eine als gleichwertig anerkannte Qualifikation ergibt sich hieraus nicht mehr. Die als gleichwertig anerkannte Qualifikation ergibt sich vorliegend ausschließlich aus der Liste der Tätigkeiten (https://www.fli.de/de/service/nationale-kontaktstelle-nach-eu-tierschutz-schlachtverordnung/; abgerufen am 09. April 2024), die von dem Friedrich-Löffler Institut im Rahmen von dessen wissenschaftlicher Unterstützung der Tierschutzbehörden nach Art. 20 Verordnung (EG) Nr. 1099/20 mitgeteilt werden (Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 4 TierSchlV Rn. 2). Hierzu zählen für alle Tätigkeiten nach Art. 7 Abs. 2 lit. a) – f) der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 für die Tierarten Rind, Schwein, Schaf, Ziege und Pferd (lediglich) – von hier ersichtlich nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – die ab Mai 2018 in Bayern oder die ab Juli 2022 in Baden-Württemberg erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum Fleischer/zur Fleischerin mit der Wahlqualifikation Schlachten (Nr. 4 und 5). Zwar bleibt die Befugnis der nach Landesrecht jeweils zuständigen Behörde unberührt, über die Anerkennung der Gleichwertigkeit einer Qualifikation nach Art. 21 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 zu entscheiden. Der Antragsteller lässt es insoweit jedoch an jeglichem Vortrag fehlen, der darauf deuten könnte, dass er über eine auch den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 genügende Qualifikation verfügen könnte. Die „mehr als 30-jährige Erfahrung und Tätigkeit im Hausschlachtebereich“ – so der Antragsteller in seinem Antrag vom 11. August 2023 (Bl. 29 VV) – reicht hierfür ersichtlich nicht aus.

Die Untersagungsverfügung des Antragsgegners ist auch im Übrigen (offensichtlich) rechtlich nicht zu beanstanden. Ein Ermessensfehler, § 114 S. 1 VwGO, ist nicht ersichtlich.

Ein Entschließungsermessen steht dem Antragsgegner bereits dem Wortlaut des § 16a Abs. 1 S. 1 TierSchG nach nicht zu, vielmehr darf die Behörde bei festgestellten oder drohenden Verstößen gegen das Tierschutzgesetz nicht untätig bleiben, sondern m u s s einschreiten (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 07. März 2024 – 6 S 3018/19 –, juris Rn. 143; Nieders. OVG, Urt. v. 08. November 2018 – 11 LB 34/18 –, juris Rn. 57; Bayerischer VGH, Beschl. v. 08. November 2016 – 20 CS 16.1193 –, juris Rn. 26; so bereits Beschl. d. Kammer v. 25. September 2023 – VG 1 L 265/23 –, juris Rn. 32; anders noch: Beschl. d. Kammer v. 26. Juli 2023 – VG 1 L 39/23 –, juris Rn. 21).

Ein Verstoß im Rahmen des (Auswahl-)Ermessens steht vorliegend ebenfalls nicht inmitten, vielmehr erweist sich Untersagungsverfügung vom 03. Februar 2023 auch insoweit als alternativlos, als dem Schlachten durch eine Person, die nicht über die nach neuem Recht erforderliche, auf Grund einer erfolgreichen Prüfung erworbene Sachkundebescheinigung verfügt, nur durch eine Untersagung dieser Tätigkeit begegnet werden kann. Ebenfalls unterliegt die Ordnungsverfügung, die dem Antragsteller das Schlachten erst mit einem mehrmonatigen zeitlichen Vorlauf untersagt, auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach keinen Bedenken.

Das Vorbringen des Antragstellers, die Untersagungsverfügung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), liegt neben der Sache.

Eine Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragsteller auf den Umstand hinzuweisen, dass die ihm nach altem Recht erteilte Sachkundebescheinigung nach dem 08. Dezember 2015 den Anforderungen des neuen Rechts nicht mehr genügt, ist nicht ersichtlich, so dass von vornherein irrelevant wäre, wenn Behörden anderer Landkreise entsprechend informiert hätten. Im Übrigen und vor allem würde der Verstoß des Antragsgegners gegen eine Informationspflicht dem Antragsteller keinen Anspruch auf Gewährung einer Leistung verleihen, die ihm den gesetzlichen Erfordernissen nach nicht zusteht.

Auch im Übrigen ist in der Rechtsprechung unbestritten, dass sich der Gleichheitssatz außerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Ermessensermächtigungen oder Beurteilungsspielräume nicht gegen die Gesetzesbindung durchzusetzen kann, mit anderen Worten, der Gleichheitssatz keine gesetzeswidrige Behandlung rechtfertigen oder gar einen Anspruch darauf vermitteln kann. Eine „Gleichheit im Unrecht“ gibt es nicht (BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 09. Oktober 2000 – 1 BvR 1627/95 –, juris Rn. 52; BVerfG, Beschl. v. 07. April 1981 – 2 BvR 446/80 –, juris Rn. 23; BVerwG, Urt. v. 26. Februar 1993 – BVerwG 8 C 20.92 –, juris Rn. 14 m. umfangr. w. N.). Eine Grenze für die Anwendung dieses Satzes wäre allenfalls dort erreicht, wo willkürlich einige Personen herausgegriffen und durch hoheitliche Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben angehalten werden (BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 09. Oktober 2000 – 1 BvR 1627/95 –, juris Rn. 52). Diese Voraussetzungen aber legt der Antragsteller nicht hinreichend dar und sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Mit dem (allgemeinen) Hinweis auf die Voraussetzungen einer Ausnahmegenehmigung für das Schlachten ohne Betäubung (Schächten) nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG stellt der Antragsteller von vornherein auf eine nicht vergleichbare und in dem vorliegenden Zusammenhang irrelevante Sachverhaltskonstellation ab, deren Beurteilung im Übrigen auch nicht in die sachliche Zuständigkeit des Antragsgegners, sondern in die des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) fällt (§ 2 Abs. 2 TierSchZV).

Der Hinweis des Antragstellers auf seinen Antrag auf Erteilung eines Sachkundenachweises vom 11. August 2023 kann dem vorläufigen Rechtsschutzbegehren ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Antragsteller – wie ausgeführt – die materiellen Erteilungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 2 TierSchlV n. F. nicht erfüllt, sondern zunächst bei der nach § 4 Abs. 3 TierSchlV zuständigen Stelle, ebenfalls dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (§ 2 Abs. 2 TierSchZV), eine Sachkundeprüfung zu absolvieren hat. Der Antragsgegner wird im Übrigen über diesen Antrag in einem gesonderten Verwaltungsverfahren noch zu befinden haben.

Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der auf Grund der Anordnung des Antragsgegners nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbaren Untersagungsverfügung vom 03. Februar 2024 ist zweifelsfrei. Der aus Art. 20a GG ableitbare Auftrag des Staates, Tiere vor (vermeidbaren) Schmerzen und Leiden zu bewahren, gebietet es, dass der Betroffene die Folgen tierschutzrechtlicher Maßnahmen im Sinne von § 16a TierSchG hinzunehmen hat, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seinem weiteren Verhalten eine Gefahr für die Tiere resultiert. Die Durchführung von Schlachtungen für Dritte ohne die erforderliche Sachkundeprüfung aber birgt diese Gefahr. Das überwiegende Interesse an der sofortigen Vollziehung entfällt auch nicht etwa, weil der Antragsgegner – aus welchen Gründen auch immer – die sofortige Vollziehung der Regelung nicht sogleich, sondern erst nach über acht Monaten mit dem Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2023 angeordnet hat.

Ein Verstoß gegen Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsrechts ist ebenfalls nicht festzustellen. Die Androhung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, beruht auf § 3 Nr. 2 und 3, § 6 Abs. 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 sowie § 30 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 S. 1 VwVGBbg. Einer Fristbestimmung bedurfte es im Rahmen der Androhung nicht, § 28 Abs. 1 S. 1 und 3 VwVGBbg, die Höhe des Zwangsgeldes unterliegt nach § 30 Abs. 2 S. 2 VwVGBbg ebenfalls keinen Bedenken.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Ziffer 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. u. a. bei Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, Anh. § 164 Rn. 14). Die Kammer schließt sich dem im Klageverfahren festgesetzten vorläufigen Streitwert an, gegen den Bedenken nicht erhoben wurden oder veranlasst sind. Dieser Betrag ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

Rechtsmittelbelehrung: