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Vorläufige Besitzeinweisung, grobes Missverhältnis zwischen Einlage und Abfindung, Windernergienutzung, konkretisierte Planung, Außenbereichsgrundstück, 1000 m-Abstand zur Wohnbebauung, tierökologische Abstandskriterien, Windenergiegebiet, Regionalplanentwurf


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 70. Senat Entscheidungsdatum 10.04.2024
Aktenzeichen OVG 70 A 1/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0410.OVG70A1.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 28 Abs 1 FlurbG, § 29 Abs 1 FlurbG, § 44 Abs 1 und Abs 4 FlurbG , § 47 FlurbG , § 65 Abs 1 FlurbG , § 134 Abs 3 FlurbG , § 35 Abs 1 Nr 5 BauGB, § 35 Abs 3 Satz 3 BauGB, § 245e BauGB , § 249 Abs 9 BauGB , § 2 Nr 1 WindBG , § 3 WindBG, § 1 BbgWEAAbG

Leitsatz

Ein grobes Missverhältnis zwischen Einlage und Abfindung, das einer vorläufigen Besitzeinweisung entgegenstünde, erfordert im Hinblick auf die Windenergiegewinnung konkretisierte und verfestigte Entwicklungsmöglichkeiten. Der bloße Umstand, dass ein Außenbereichsgrundstück einen landesrechtlichen Mindestabstand im Sinne des § 249 Abs. 9 BauGB wahrt, reicht dafür nicht aus.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30,00 EUR erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig nach einem Streitwert von 5.000,00 EUR.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Eigentümer mehrerer im Gebiet des Bodenordnungsverfahrens „“ (Verfahrens-Nr. , ehemals ) gelegener Grundstücke gegen die vom Beklagten verfügte vorläufige Besitzeinweisung vom 26. Mai 2021.

Das Bodenordnungsverfahren wurde mit Beschluss des ehemaligen Landesamtes für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Prenzlau vom 6. Juli 2005 nach den Bestimmungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) und des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) angeordnet und mit bestandskräftigen Änderungsbeschlüssen vom 20. April 2007, 18. April 2018, 21. Juni 2022, 19. Januar 2023 und 27. Februar 2023 geändert.

Der Beschluss der Teilnehmergemeinschaft zur Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung erfolgte am 21. Juni 2010 mit einer 1. Änderung vom 17. Juli 2019. Die in diesem Zusammenhang erstellte gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Ing. agr. vom 5. Juni 2019 berücksichtigte, dass für Windkraftanlagen keine Tauschflächen vorgesehen seien. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgte u.a. im Amtsblatt Nr. 7 für die Stadt Prenzlau vom 14. Juli 2010.

Am 26. Mai 2021 ordnete der Beklagte die vorläufige Besitzeinweisung an. Der Zeitpunkt des jeweiligen Besitzübergangs wurde in den Überleitungsbestimmungen vom 26. Mai 2021 geregelt. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte u.a. durch Veröffentlichung im Amtsblatt Nr. 5 für die Stadt Prenzlau vom 10. Juli 2021.

 

Der Kläger wurde zum Zeitpunkt der Besitzeinweisung mit folgenden in den Gemarkungen L_____ und z_____ der Gemeinde L_____ gelegenen Einlageflurstücken (Grundbuch des Amtsgerichts, Grundbuch von , Bl. 70 und Grundbuch von , Bl. 140) unter der Ordnungsnr. als Teilnehmer des Verfahrens geführt:                                                                                                                                               

Gemarkung

Flur

Flurstück

Tatsächliche Nutzung

Buchfläche in m²

Wertzahl

     

Ackerland

53.495

100.239,95

     

Grünland

7.050

6.042,00

     

Grünland

1.699

2.253,73

     

Wald

4.408

2.866,10

SUMME

     

66.652

111.401,78

Mit der vorläufigen Besitzeinweisung wurden dem Kläger Besitz, Verwaltung und Nutzung der o.g. Flurstücke entzogen. Zugleich wurde er in Besitz, Verwaltung und Nutzung folgender Flurstücke eingewiesen:                                                                                                   

Gemarkung

Flur

Flurstück

Buchfläche in m²

Wertzahl

     

54.659

101.388,63

     

7.578

7.147,35

     

4.407

2.864,55

SUMME

   

66.644

111.400,53

Der Kläger legte mit Schreiben vom 30. Juli 2021 Widerspruch gegen die vorläufige Besitzeinweisung ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2023 zurückwies im Wesentlichen mit der Begründung, der Gesamtwert der zugewiesenen neuen Besitzstücke entspreche dem Gesamtwert der Einlageflächen des Klägers. Bezüglich des Einwandes der Ausweisung von möglichen Windeignungsgebieten im Bereich des Einlageflurstückes , Flur sowie der Flurstücke und , Flur , gesamt der Gemarkung , gebe es für die Planungsregion Uckermark-Barnim keinen integrierten Gesamtregionalplan und keine rechtsverbindlichen Vorverträge über eine Ausweisung von Windeignungsgebieten zum Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen Besitzeinweisung. Demnach handele es sich bei dem Einwand des Klägers um eine spekulative Meinung zur eventuellen Entstehung eines Windeignungsgebiets im Bereich seiner Einlageflurstücke. Im Bodenordnungsverfahren könnten aber nur weitestgehend gefestigte Planungen Berücksichtigung finden.

Der Kläger hat am 27. Februar 2023 Klage erhoben. Er beanstandet die neu zugeordnete Fläche in der Gemarkung , Flur Flurstück , weil diese im Gegensatz zur Bestandsfläche der Flur , Flurstück , durch die Nähe zur Ortslage nicht für die Windenergienutzung geeignet sei. Es liege ein Abfindungsmangel vor, weil entgegen § 44 Abs. 1 FlurbG ein grobes Missverhältnis zwischen Einlage und Abfindung bestehe. In der aktuellen Fassung des Flächennutzungsplans seien zwar aufgrund tierökologischer Abstandskriterien seine Einlageflächen nicht erfasst. Der neu abzustimmende Regionalplanentwurf 2023 habe sich aber gegenüber dem Entwurf 2022 in vielen Punkten geändert, was zeige, dass keine Rechtssicherheit bestehe. Aufgrund der Aufhebung des Teilregionalplans seien Windenergieanlagen im Außenbereich als privilegierte Bauvorhaben grundsätzlich zulässig. Flächen, die einen Abstand von weniger als 1.000 m zur Ortslage aufwiesen, seien deshalb weniger wert als Flächen, die einen größeren Abstand zur Ortslage hätten und grundsätzlich als Standort für Windkraftanlagen in Betracht kämen. Der Flächentausch bedeute für ihn einen immensen Wertverlust. Seine Befreiung von der Heranziehung gemäß § 47 Abs. 3 FlurbG sei zu prüfen. Aus § 47 Abs. 3 FlurbG, der eine Öffnungsklausel darstelle, ergebe sich, dass auch der Gesichtspunkt des § 44 FlurbG aufzugreifen und in die Prüfung einzubeziehen sei. Er habe die Möglichkeit, für das Flurstück einen Nutzungsvertrag über die Errichtung einer Windenergieanlage abzuschließen. Der Vertrag sei nur vor dem Hintergrund des angefochtenen Bescheides nicht zustande gekommen. Der Widerspruch des Klägers und seine Begründung seien als Anfechtung im Sinne des § 134 FlurbG zu verstehen.

Der Kläger beantragt,

den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30. Januar 2023 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Bescheidung an den Beklagten zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Beachtliche Mängel in der Zuteilung der neuen Flächen durch die vorläufige Besitzeinweisung lägen nicht vor. Ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen dem Wert der Einlage und der Abfindung bestehe nicht. Maßgeblich sei stets das Verhältnis zwischen der gesamten Einlage und der gesamten Abfindung, während einzelne alte oder neue Grundstücke nicht herausgegriffen werden dürften. Kein Teilnehmer eines Flurbereinigungs- bzw. Bodenordnungsverfahrens besitze einen Anspruch auf Grundstücke mit bestimmten Eigenschaften. Die streitgegenständliche vorläufige Besitzeinweisung nehme dem Kläger nicht das Recht, später den Flurbereinigungsplan gemäß §§ 59 und 44 FlurbG voll überprüfen zu lassen. Gerügt werden könne nur, dass die vorübergehende Nutzung bis zur Planausführung unzumutbar sei. Dafür trage der Kläger nichts vor. Es fehle weiterhin für das streitgegenständliche Gebiet an einem Regionalplan Windenergie der Regionalen Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim. Auch gebe es keine rechtsverbindlichen Vorverträge, die ein Windeignungsgebiet für die hier interessierenden Flächen zum Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen Besitzeinweisung ausgewiesen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die vorläufige Besitzeinweisung vom 26. Mai 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Kläger rügt keine formellen Mängel der u.a. durch Veröffentlichung im Amtsblatt Nr. 5 für die Stadt Prenzlau vom 10. Juli 2021 öffentlich bekannt gemachten vorläufigen Besitzeinweisung; solche sind auch sonst nicht erkennbar.

Die sich aus § 65 Abs. 1 FlurbG ergebenden Voraussetzungen der vorläufigen Besitzeinweisung sind erfüllt. Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG können Beteiligte eines Flurbereinigungsverfahrens in den Besitz der neuen Grundstücke vorläufig eingewiesen werden, wenn deren Grenzen in die Örtlichkeit übertragen worden sind und endgültige Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke vorliegen sowie das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht.

Hier ist die u.a. im Amtsblatt Nr. 7 für die Stadt Prenzlau vom 14. Juli 2010 bekannt gemachte Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung vom 21. Juni 2010 bestandskräftig geworden. Die auf dieser Grundlage beruhenden Nachweise für Fläche und Wert der neuen Grundstücke bilden die Grundlage des der vorläufigen Besitzeinweisung vom 26. Mai 2021 zugrunde liegenden Zuteilungsentwurfs. Aus den für die Flächen des Klägers erstellten Einlage- und Abfindungsnachweisen ergeben sich nicht nur Flächen und Wertzahlen der alten wie der neuen Flurstücke, sondern aus der Gegenüberstellung des neuen und des alten Bestandes am Ende des Abfindungsnachweises ergibt sich auch, dass ein Landabzug gemäß § 47 FlurbG in diesem Verfahren nicht erfolgt.

Auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – die Übertragung der Grenzen der neuen Grundstücke in die Örtlichkeit und die Bekanntgabe und Erläuterung der neuen Feldeinteilung gegenüber den Beteiligten – hat der Kläger nicht in Abrede gestellt.

Mängel der mit der vorläufigen Besitzeinweisung dem Kläger zugeteilten neuen Flächen, die für die Rechtmäßigkeit der Besitzeinweisung beachtlich sein könnten, liegen nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 12. November 2010 – BVerwG 9 B 41.10 – juris Rn. 4 m.w.N.; dem folgend: OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 5. November 2015 – OVG 70 A 3.14 – juris Rn. 38 und vom 30. November 2023 – OVG 70 A 2/23 – UA S. 10 f.) bezieht sich § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG mit dem Erfordernis der Wertnachweise auf die Ergebnisse der Bodenwertermittlung; mit dem weiteren Erfordernis, dass das Verhältnis der Abfindung zur Einlage feststehen muss, wird zusätzlich zur Wertermittlung der Einlage- und Abfindungsflächen der Landabzug nach § 47 FlurbG berücksichtigt. Dagegen nimmt die Vorschrift entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf die weiteren Maßgaben des § 44 FlurbG für die Landabfindung Bezug. Dementsprechend geht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die vorläufige Besitzeinweisung grundsätzlich nicht mit der Begründung angefochten werden kann, sie verletze die Bestimmung des § 44 FlurbG; Abfindungsmängel können vielmehr nur ausnahmsweise zur Rechtswidrigkeit einer vorläufigen Besitzeinweisung führen, wenn zwischen Einlage und Abfindung entgegen § 44 Abs. 1 FlurbG offensichtlich ein grobes Missverhältnis besteht oder die vorläufige Einweisung entgegen § 44 Abs. 4 FlurbG offensichtlich zu einem unzumutbaren Eingriff in die bisherige Struktur des betroffenen Betriebes führt (BVerwG, Beschluss vom 12. November 2010 – BVerwG 9 B 41.10 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Einen unzumutbaren Eingriff in seine Betriebsstruktur hat der Kläger nicht behauptet, sondern in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, dass die vorläufige Einweisung in die neuen Flächen unter landwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden sei. Für einen unzumutbaren Eingriff in die Betriebsstruktur ist auch sonst nichts ersichtlich.

Ein grobes Missverhältnis zwischen Einlage und Abfindung, um das es dem Kläger geht, liegt ebenfalls nicht vor. Es kann sich aus einem schwerwiegenden Abfindungsmangel ergeben. Dafür kommen alle Umstände in Betracht, die die Grund-sätze der Abfindung nach §§ 44 ff. FlurbG berühren, wenn sie ein entsprechendes Gewicht aufweisen. Ein gravierendes Abfindungsdefizit in diesem Sinn kann durchschlagen und bereits die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Besitzeinweisung beeinträchtigen (BayVGH, Urteil vom 2. Dezember 2021 – 13 A 19.1702 – juris Rn. 32). Bei der Prüfung der besonderen Voraussetzungen für die im Ermessen der Flurbereinigungsbehörde liegende vorläufige Besitzeinweisung ist regelmäßig nicht näher zu untersuchen, ob die zugedachten Abfindungen wertgleich sind, weil insoweit dem Verfahren über Planwidersprüche nicht vorgegriffen werden darf. Im Rahmen eines Widerspruchs gegen eine vorläufige Besitzeinweisung kann nur gerügt werden, eine auch nur vorübergehende Nutzung der Abfindung bis zur Planausführung (§§ 61, 63 FlurbG) sei unzumutbar (BayVGH, Urteil vom 2. Dezember 2021 – 13 A 19.1702 – juris Rn. 31).

Für eine derartiges offensichtliches grobes Missverhältnis fehlt es vorliegend an Anhaltspunkten. Im Bodenordnungsverfahren ist der Zeitpunkt für die Bestimmung der Landabfindung maßgebend, in dem der neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen tritt (§ 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG), hilfsweise der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 2015 – BVerwG 9 B 45.15 – juris Rn. 15 und vom 3. November 2006 – BVerwG 10 B 19.06 – juris Rn. 4).

Der von dem Kläger gerügte Wertverlust wegen der auf den Einlageflurstücken, nicht aber auf den Abfindungsflurstücken möglichen Errichtung einer Windkraftanlage greift nicht durch, weil nicht hinreichend feststeht oder wenigstens absehbar ist, dass die Errichtung einer solchen Anlage auf einem Einlageflurstück namentlich der Gemarkung gemäß §§ 35 Abs. 1 Nr. 5, 245e und 249 BauGB zulässig wäre und deshalb einen höheren Wert hätte als die Abfindungsfläche. Erforderlich wären dafür Entwicklungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Windenergiegewinnung, die bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist (OVG Magdeburg, Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2020 – 8 K 5/17 – juris Rn. 41).

Für die Einlageflurstücke gibt es keine bau- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung und auch keinen Vorbescheid für die Errichtung einer Windkraftanlage (vgl. zu dessen Bedeutung für die Wertbestimmung OVG Lüneburg, Urteil vom 28. Juli 2022 – 15 KF 5/19 – juris Rn. 103). Dass öffentliche Belange (z.B. Schallschutz, Naturschutz, Luftsicherheit usw.) nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung einschließlich des Brandschutzes gesichert ist (§ 35 Abs. 1 BauGB), ist mangels eines konkretisierten Vorhabens nicht hinreichend absehbar.

Die Einlageflächen gehören auch nicht zu einem festgesetzten oder geplanten Windenergiegebiet im Sinne des § 2 Nr. 1 WindBG. Im Flächennutzungsplan der Stadt Prenzlau sind lediglich vier Windeignungsgebiete aus dem inzwischen für unwirksam erklärten Teilregionalplan „Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung“ (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. März 2021 – OVG 10 A 2.17 u.a.) nachrichtlich übernommen worden. Die klägerischen Einlageflurstücke lagen zudem nicht in einem solchen Gebiet (vgl. Flächennutzungsplan der Stadt Prenzlau, Teil 1: Begründung, Juli 2018, Seite 94-95). Nach dem Entwurf 2023 des Integrierten Regionalplans Uckermark-Barnim vom 28. Juni 2023 fallen die klägerischen Einlageflurstücke auch weiterhin nicht in ein geplantes Vorranggebiet für Windenergienutzung (vgl. Integrierter Regionalplan der Regionalen Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim, Festlegungskarte, Entwurf 2023).

Damit bleibt planungsrechtlich zugunsten des Klägers nur der Umstand, dass namentlich das Einlageflurstück , Flur anders als die beabsichtigten Abfindungsflächen den Abstand von 1.000 m zur Ortslage gemäß § 249 Abs. 9 BauGB i.V.m. § 1 BbgWEAAbG einhält. Dieser Umstand begründet allerdings noch keine hinreichend gesicherte und verfestigte Entwicklungsperspektive in dem oben dargestellten Sinne. Nach der derzeitigen Rechtslage sind bis zum Erreichen der Flächenbeitragswerte des § 3 WindBG alle Außenbereichsgrundstücke, soweit - wie hier - keine übergangsweise noch fortbestehende Konzentrationsflächenplanung nach §§ 35 Abs. 3 Satz 3, 245e BauGB entgegensteht, im Grundsatz für außenbereichsprivilegierte Vorhaben nutzbar. Ob die damit verbundene Erwartung realisiert werden kann, erfordert aber eine Betrachtung zahlreicher Umstände, von denen der Abstand zur nächstgelegenen Wohnnutzung lediglich ein Faktor ist. Das illustriert etwa der Hinweis des Klägers, dass auf dem Einlageflurstück bislang wegen der gebotenen Einhaltung Tierökologischer Abstandskriterien keine Windenergienutzung in Betracht gekommen sei. Es ist in einer solchen Situation nicht Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde, die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit einer Windenergieanlage auf den in Frage kommenden Einlageflurstücken selbst zu prüfen. Sie darf darauf abstellen, ob eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung oder ein Vorbescheid nach § 9 BImSchG vorliegt oder das Flurstück in einem Windenergiegebiet im Sinne das § 2 WindBG liegt oder sonst eine hinreichend konkretisierte Planung vorhanden ist.

Der von dem Kläger vorgelegte Entwurf eines Pachtvertrags führt in diesem Zusammenhang nicht weiter. Er weist nur nach, dass es einen Interessenten gab, der ein klägerisches Einlageflurstück für Windenergie nutzen bzw. sich sichern wollte, belegt aber nicht, dass die hier interessierenden Flurstücke in einer hinreichend konkretisierten Weise, die über den bloßen Umstand, dass es sich um Außenbereichsflächen handelt, hinausgeht, bau-, raumordnungs- bzw. immissionsschutzrechtlich tatsächlich für Windenergie nutzbar wären.

Soweit der Kläger ausführt, dass eine Ausweisung seiner Einlageflurstücke als Vorranggebiet für Windenergienutzung bisher zwar an der Einhaltung der Tierökologischen Abstandskriterien gescheitert sei, dass aber der Regionalplanentwurf schon mehrfach und in vielen Punkten geändert worden sei und demnach noch keine Rechtssicherheit dahingehend bestehe, dass seine Einlageflurstücke nicht später doch noch zu einem Vorranggebiet gehören könnten, führt dies nicht auf ein anderes Ergebnis. Eine eher spekulative und nicht durch bestimmte Planungsschritte konkretisierte bloße Möglichkeit einer späteren Zugehörigkeit eines Grundstücks zu einem Windenergiegebiet oder der zukünftige mögliche Wegfall oder Fortzug von abstandssensiblen Tierarten hat keinen Einfluss auf die Wertbestimmung und kann kein offensichtliches grobes Missverhältnis im Hinblick auf die vorläufige Besitzeinweisung begründen.

Soweit der Kläger im Klageverfahren sinngemäß außerdem (erstmals) geltend macht, sein Widerspruch gegen die vorläufige Besitzeinweisung sei auch als Anfechtung der bestandskräftigen Wertermittlung anzusehen, für die ihm Nachsicht gem. § 134 Abs. 3 FlurbG zu gewähren sei, kann er damit nicht durchdringen. Weder war die Fristversäumung unverschuldet noch war die Behörde im Ermessenswege zur Gewährung von Nachsicht verpflichtet (vgl. zu den Voraussetzungen Urteil des Senats vom Urteil vom 30. August 2023 – 70 A 2/22 – juris Rn. 28). Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass eine offenbare Härte erkennbar zu Tage tritt, wenn die Ergebnisse der Wertermittlung Bestand behalten. Gemäß § 28 Abs. 1 FlurbG sind landwirtschaftlich genutzte Grundstücke nach dem Nutzungswert für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung zu bewerten. Eine Wertermittlung auf der Grundlage des Verkehrswertes kommt nach § 29 Abs. 1 FlurbG nur für Bauflächen und Bauland in Betracht. Zwar kann bei Grundstücken im Außenbereich die Qualität von Bau(erwartungs)land nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Sie wird nach der Rechtsprechung allerdings nur dann bejaht, wenn eine greifbare Aussicht auf die Zulassung der Bebauung besteht, d.h. der Bebauung des betreffenden Grundstücks keine gesetzlichen Hindernisse mehr im Wege stehen; rein theoretische Möglichkeiten, für die reale Grundlagen fehlen, können in der Flurbereinigung indes keine Berücksichtigung finden (OVG Koblenz, Urteil vom 10. April 2019 – 9 C 10748/18 – juris Rn. 33 m.w.N.). Wie der Kläger selbst zutreffend vorträgt, enthalten weder der aktuelle Flächennutzungsplan noch der Entwurf des Integrierten Regionalplans im jetzigen Stadium Festsetzungen oder Planungen für ein Windeignungsgebiet oder ein Vorranggebiet für Windenergienutzung bezüglich seiner Einlageflächen. Auch sonst fehlt es, wie ausgeführt, an einer greifbaren Aussicht auf die Nutzung als Standort für eine Windenergieanlage.

Dem Kläger bleibt unbenommen, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, später den Flurbereinigungsplan gemäß §§ 59 und 44 FlurbG voll überprüfen zu lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 60 LwAnpG i.V.m. § 147 Abs. 1 FlurbG. Die Gebührenpflicht richtet sich nach Nr. 5112 der Anlage I zum GKG. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Verfahrensgebühr bemisst sich mangels konkreter Anhaltspunkte für ein anders zu bewertendes wirtschaftliches Interesse des Klägers an der vorläufigen Besitzeinweisung anhand eines Streitwerts von 5.000 EUR. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 EUR erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 60 LwAnpG, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen.

Rechtsanwälte, Behörden, juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Vertretungsberechtigte, die über ein elektronisches Postfach nach § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO verfügen, sind zur Übermittlung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 55d VwGO verpflichtet.

Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. In Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen als Bevollmächtigte nicht vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.