Gericht | LG Cottbus Kammer für Handelssachen | Entscheidungsdatum | 28.06.2023 | |
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Aktenzeichen | 11 O 64/22 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2023:0628.11O64.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 231.157,50 € nebst 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 11.01.2022 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin weitere 3.247,90 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 25.01.2022 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 231.157,50 € festgesetzt.
Die Parteien streiten um die Zahlung von Maklerprovision aus der Vermittlung einer Immobilie.
Die Klägerin ist Immobilienmaklerin. Die Beklagte ist eine Objektgesellschaft, die zur ……………………-Gruppe gehört. Herr …………………… war Geschäftsführer der Beklagten und der …………………… GmbH. Gesellschafter der Beklagten und der …………………… GmbH ist die …………………… Holding GmbH.
Der Geschäftsführer der Klägerin bot dem früheren Geschäftsführer der Beklagten, Herrn ……………………, mit E-Mail vom 01.07.2021, gerichtet an die E-Mail-Adressen „……………………“ und „……………………“ den Kauf von 7 Mehrfamilienhäusern mit 60 Wohnungen in ……………………, Stadtteil ……………………, unter Hinweis auf eine mit Abschluss des Kaufvertrages fällig werdende Provision in Höhe von 4 % des Kaufpreises zzgl. Mehrwertsteuer an. Herr ..................., auftretend für die ................... GmbH, forderte mit E-Mail vom 16.07.2021 Angaben zur aktuellen Miete. Die Klägerin übersandte mit E-Mail vom 17.07.2021 die Mieterlisten des Objekts, die Aufstellung der Sanierungen, die Flurkarten und Grundrisse. Nach Übersendung dieser Unterlagen fand die Besichtigung des Objektes statt. Zudem übersandte die Klägerin eine Dropbox mit Datenraumzugang zu weiteren Informationen für das Objekt. Die ................... GmbH, handelnd durch Herrn ..................., übermittelte der Klägerin am 30.07.2021 ein Kaufangebot zu einem Kaufpreis von 5.500.000,00 € mit entsprechendem Beurkundungswunsch. Die Klägerin teilte dies dem Verkäufer mit. Mit E-Mail vom 05.08.2021 übermittelte die Klägerin die Daten des Verkäufers an Herrn …………….
Der Geschäftsführer der Klägerin übersandte mit E-Mail vom 20.08.2021 eine „Provisions/Nachweisbestätigung“ an Herrn ................... mit der Bitte, diese nach Unterzeichnung zurückzusenden. Die „Provisions/Nachweisbestätigung“ weist als Käufer der Immobilien und Provisionsschuldnerin die Beklagte und im Übrigen eine Provisionshöhe „wie besprochen“ von 3,5 % aus.
Am 24.08.2021 erfolgte die notarielle Beurkundung des Vertrages in Anwesenheit der Geschäftsführer beider Parteien zu einem Kaufpreis von 5.550.000,00 €. Herr ................... trat als Geschäftsführer für die Beklagte auf.
Die Klägerin berechnete der Beklagten am 06.10.2021 eine Provision in Höhe der Klageforderung. Herr ..................., handelnd für die ................... GmbH, bat mit E-Mail vom 02.12.2021 um erneute Übersendung der Rechnung. Die Klägerin mahnte die Beklagte zur Zahlung der Rechnung mit E-Mail vom 03.01.2022 unter Fristsetzung zum 20.01.2022 und erneut mit anwaltlichem Schreiben vom 13.01.2022 mit Frist zum 24.01.2022, zugleich für den Ausgleich der Kostennote. Auf die anwaltliche Klageandrohung vom 24.02.2022, gerichtet an die Beklagte, erklärte Herr ................... gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, auftretend im Namen der ................... GmbH, mit E-Mail vom 28.02.2022: „wir wissen, dass wir derzeit im Rückstand mit der Courtagerechnung sind“ und stellte eine Zahlung für Mitte/Ende April 2022 in Aussicht. Mit E-Mail vom 11.03.2022 erklärte Herr ................., erneut mit dem den E-Mails regelmäßig unter seinem Namen beigefügten Zusatz „...................... GmbH“: „Sobald der Kaufpreis gezahlt ist, werden wir uns dem Thema der Verzugszinsen und natürlich auch der Maklercourtage zuwenden. Auch hier werden wir umgehend die Zahlung abschließen können. ... Ganz herzliche Grüße aus ………… und nochmals vielmals um Entschuldigung der erheblichen Verzögerungen.“ Mit an den Geschäftsführer der Klägerin gerichteter E-Mail vom 06.05.2022 erklärte Herr ..................., auftretend im Namen der ................... GmbH: „ich wiederhole noch einmal, dass wir kein Interesse an einer Klageerhebung Ihrerseits haben und versichere Ihnen, dass wir Ihre Provisionsforderung zahlen. Auch wenn ich Sie immer wieder um eine Auskunft vertrösten muss, ist dies kein böser Wille. ... Mit meinen Gesellschaftern hatte ich 50.000,- € als erste Rate und dann alle zwei Wochen weitere 50.000,- € angesetzt.“
Die Klägerin zahlte an ihren Prozessbevollmächtigten für die außergerichtliche Verfolgung der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 3.247,90 €.
Die Klägerin behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihr die Daten der die Provision übernehmenden Gesellschaft, mithin der Beklagten übermittelt. Diese sollte gemäß der Vereinbarung zwischen den Beteiligten die Provision schulden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 231.157,50 € nebst 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 11.01.2022 zu zahlen.
die Beklagte ferner zu verurteilen, an die Klägerin weitere 3.247,90 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 25.01.2022 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Herr ............. sei ohne Signatur aufgetreten, i.Ü. sei er für die …………………… GmbH und nicht - wie ursprünglich in der Klageschrift bezeichnet - für die ………………… Immobilien GmbH aufgetreten.
Die Beklagte behauptet, nicht sie sei Vertragspartner der Klägerin. Sie habe - wie es üblich sei - lediglich den Immobilienkaufvertrag abgeschlossen, nicht aber den Maklervertrag. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ein Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Maklervertrages angenommen. Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten keine Maklerleistungen erbracht. Selbst wenn ein solcher Provisionsanspruch zwischen den Parteien des Rechtsstreits begründet sein sollte, wäre dieser nach § 654 BGB verwirkt, da die Klägerin die Interessen der Verkäuferseite vertreten habe und im Übrigen über die Vermietungsquote getäuscht habe. Sie habe eine Vermietungsquote von 90 % gemäß den Angaben im Exposé angegeben, tatsächlich seien es nur 30 %.
Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Die Klägerin hat die Klage ursprünglich unter der Bezeichnung ……………. Immobilien GmbH erhoben und sodann Rubrumsberichtigung beantragt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen .................. Auf das Protokoll der Beweisaufnahme vom 28.06.2023, Bl. 126ff. der Gerichtsakten, wird Bezug genommen.
I. Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Beklagte schuldet der Klägerin die begehrte Maklerprovision aus § 652 Abs. 1 BGB in Verbindung mit einem durch ihren Geschäftsführer erklärten Schuldbeitritt bzw. einer Schuldübernahme. Für die Feststellung der Schuld der Beklagten bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beklagte der Schuld der ................... GmbH beigetreten ist oder diese als alleinige Schuldnerin übernommen hat. Auch im Falle eines Schuldbeitritts haftet die Beklagte gesamtschuldnerisch in voller Höhe.
Gemäß § 652 Abs. 1 S. 1 BGB ist derjenige, der für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder für die Vermittlung eines Vertrages einen Maklerlohn verspricht, zur Entrichtung des Maklerlohnes verpflichtet, wenn der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers zustande kommt.
1. Die Klägerin ist unter der im Rubrum enthaltenen Bezeichnung aktivlegitimiert. Ausweislich des Handelsregisters ist die Klägerin unter der Firma ……………………….. GmbH eingetragen. Ein Unternehmen mit der Firma ……………………….. GmbH ist im Handelsregister nicht eingetragen. Auch außergerichtlich ist die Klägerin ausweislich der den Schriftsätzen beigefügten Anlagen unter der Firma ……………………….. GmbH aufgetreten. Es ist danach von einer irrtümlichen Fehlbezeichnung der Klägerin in der Klageschrift, die einer bloßen Korrektur zugänglich ist, auszugehen.
2. Den vorliegenden Unterlagen sind auch keine Zweifel zu entnehmen, dass der Geschäftsführer der Klägerin, Herr ............., nicht in eigenem Namen, sondern für die Klägerin aufgetreten ist. Dies ist nicht nur dem Umstand geschuldet, dass er schon der Angebots-E-Mail vom 01.07.2021 den Zusatz unter seinem Namen „Geschäftsführer“ beigefügt hatte und angesichts der namentlichen Ansprache in dieser E-Mail, davon auszugehen ist, dass sich die Beteiligten des E-Mail-Verkehrs schon zu diesem Zeitpunkt kannten und ihr geschäftliches Auftreten den dahinterstehenden Firmen zurechnen konnten. Jedenfalls hat es auch keinerlei Nachfragen der Beklagten bzw. des Herrn ................. gegeben, so dass außergerichtlich Anhaltspunkte für eine Unsicherheit, ob Herr ............. für die Klägerin auftritt, nicht erkennbar sind.
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Entstehung des Maklerlohnes nach § 652 Abs. 1 BGB sind unstreitig gegeben. Unstreitig ist der Klägerin eine Maklerprovision in Höhe von 3,5 % zuzüglich Mehrwertsteuer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages über die streitgegenständliche Immobilie und die Vermittlung desselben versprochen worden. Der Kaufvertrag ist nach Übersendung der Unterlagen und einem Besichtigungstermin auf der Grundlage der Tätigkeit der Klägerin zustande gekommen. Die Parteien streiten lediglich darum, ob die Managementgesellschaft oder die Beklagte als Objektgesellschaft die Provision schuldet.
4. Die Beklagte ist Schuldnerin der Maklerprovision. Es bestehen keine begründeten Zweifel, dass die Beklagte gemäß der Vereinbarung zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn ..................., und der Klägerin Schuldnerin des Maklerlohnes sein sollte.
Die Beklagte ist Käuferin der Immobilie. Die Klägerin hat schlüssig vorgetragen, dass die Käuferin nach den Angaben ihres damaligen Geschäftsführers die Maklerprovision tragen sollte. Dementsprechend sei die Rechnung gelegt worden.
Der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt als Geschäftsführer für die Beklagte als Objektgesellschaft und die ................... GmbH tätige Zeuge ............................ hat im Rahmen der Beweisaufnahme erklärt, dass die Maklergebühr nach dem Geschäftsmodell der ...........-Gruppe entweder von der ................... GmbH oder der jeweiligen Objektgesellschaft bezahlt worden sei. Dies sei durch die Gesellschafter entschieden worden. Er sei davon ausgegangen, dass die Management Gesellschaft die Kosten trage, bis die jeweilige Objektgesellschaft benannt sei. Wenn die Rechnung falsch adressiert worden sei, dann habe dies die Buchhaltung dem Rechnungsabsender angezeigt. Im Falle einer Mahnung habe er sich um eine Klärung mit den Gesellschaftern bemüht. Die Frage danach, ob die Rechnung richtig adressiert sei, habe er dahingehend beantwortet, dass er davon ausgehe und dies die Buchhaltung klären werde. Eine Änderung der Buchhaltung an der Rechnung sei ihm nicht bekannt.
Spätestens mit der Erklärung, die an sie adressierte Rechnung vom 06.10.2021 sei richtig adressiert, hat die Beklagte, vertreten durch ihren damaligen Geschäftsführer den Schuldbeitritt oder sogar eine Schuldübernahme erklärt bzw. nochmals bestätigt. Soweit sich der Zeuge ................. darauf zurückzieht, er sei zwar der Geschäftsführer, würde diese Entscheidung aber nicht treffen, dies würden vielmehr die Gesellschafter im Hintergrund machen, ist dieser Vortrag rechtlich unerheblich. Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten, § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Beschränkungen der Vertretungsbefugnisse der Geschäftsführer im Innenverhältnis haben gegenüber Dritten im Außenverhältnis keine rechtliche Wirkung, § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Die Beklagte muss sich mithin die Erklärung ihres Geschäftsführers zurechnen lassen. In der Erklärung, er gehe davon aus, dass die Rechnung richtig adressiert sei, bestätigt er, dass die Beklagte für die streitgegenständliche Schuld einsteht.
Ausgehend vom Inhalt der Zeugenaussage bestehen im Übrigen Zweifel, dass die Beklagte nicht auch nach dem Willen der Gesellschafter für die streitgegenständliche Maklercourtage haften sollte. Der Zeuge ................. hat mehrfach bekundet, dass im Falle dessen, dass die Rechnung über die Maklercourtage falsch adressiert worden sei, dies die Buchhaltung angezeigt hätte. In diesem Fall sei ihm eine solche Anzeige und Klärungsbedürftigkeit nicht bekannt. Dies wird von beiden Parteien auch nicht vorgetragen.
Damit einher geht, dass dieser Vortrag mit den Zahlungszusagen vom 28.02.2022 und 06.05.2022 bestätigt worden ist, indem Herr ................. eine Zahlung auf die gelegte Rechnung angekündigt hat. Soweit die Beklagte auch hier darauf verweist, Herr ................... habe nicht in ihrem Namen, sondern im Namen der ................... GmbH gehandelt, ist davon auszugehen, dass dieser unabhängig davon, für welche Gesellschaft er Erklärungen abgegeben hat, die E-Mail-Vorlage der ................... GmbH genutzt hat. In jedem Fall hat er die Zahlungsschuld auf der Grundlage der gelegten Rechnung und damit gerade der Beklagten bestätigt. Eine außergerichtliche Rüge, dass die Beklagte nicht Schuldnerin der Forderung sei, ist nicht erkennbar. Vielmehr bestätigt der Zeuge ................. in der E-Mail vom 06.05.2022 in Übereinstimmung mit seiner Zeugenaussage, dass er mit den Gesellschaftern hinsichtlich der offenen Forderung Rücksprache genommen habe und mit diesen eine Ratenzahlung vereinbart habe.
Unerheblich ist, dass die Beklagte die mit E-Mail vom 20.08.2021 übermittelte „Provisions/Nachweisbestätigung“ nicht unterzeichnet hat. Provisionsvereinbarungen können mündlich getroffen werden.
5. Die Höhe der Maklerprovision ist mit 3,5 % des Kaufpreises von 5.550.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer, mithin in Höhe von 231.157,50 € € unstreitig.
6. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Maklerprovision ist nicht verwirkt. § 654 BGB regelt eine Verwirkung des Anspruchs auf den Maklerlohn, wenn der Makler dem Inhalt des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist. Zur Verwirklichung des Tatbestandes bedarf es mithin nicht nur einer Doppeltätigkeit, diese muss vielmehr zu einer vertragswidrigen Interessenkollision geführt haben. Ein Vortrag, die Klägerin sei interessenwidrig für beide Parteien des Kaufvertrages aufgetreten, fehlt.
Auch der Vortrag der Beklagten zur Verwirkung durch eine arglistige Täuschung bleibt unschlüssig. Es fehlt schon an einer nachvollziehbaren und konkreten Darlegung, inwiefern die tatsächliche Vermietung der Immobilien konkret von den von der Klägerin übermittelten Angaben, auch unter Berücksichtigung der übermittelten Mieterlisten abwich.
7. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien geben keinen Anlass, vom Vorangegangenen abzuweichen.
8. Die Nebenforderungen folgen aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 3, 288 Abs. 1, 2, 4 BGB.
II. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 3ff. ZPO.