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Entscheidung 1 AR 8/24 (SA Z)


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Zivilsenat Entscheidungsdatum 11.04.2024
Aktenzeichen 1 AR 8/24 (SA Z) ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0411.1AR8.24SA.Z.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Gemeinsam zuständig ist das Amtsgericht Bad Freienwalde (Oder).

Gründe

I.

Der Kläger macht einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.065,15 € nebst Zinsen sowie die Feststellung einer weitergehenden Schadensersatzpflicht im Hinblick auf mögliche weitere Schäden in Höhe von 399,06 € und 129 € aus einem Verkehrsunfallgeschehen am 27.2.2022 in Polen geltend.

Er hat dazu das Amtsgericht Strausberg angerufen und zunächst die Klage gegen die Beklagte zu 1. erhoben. Die Beklagte zu 1. hat in der Klageerwiderung vom 17.10.2023 die fehlende Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und eine rügelose Einlassung beim Amtsgericht Mitte in Aussicht gestellt.

Mit Schriftsatz vom 3.11.2023 hat der Kläger die Klage auf die Beklagte zu 2. erweitert und die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Bad Freienwalde als deren Wohnsitzgericht beantragt. In Erwiderung darauf haben die Beklagten auf die fehlende Zuständigkeit des Amtsgerichts Bad Freienwalde für die Beklagte zu 1. hingewiesen und erneut eine rügelose Einlassung beim Amtsgericht Mitte angekündigt.

Das Amtsgericht Strausberg hat, nach Anhörung der Parteien, durch Beschluss vom 20.12.2023 dem Rechtsstreit dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO vorgelegt. Der Senat hat durch Beschluss vom 10.1.2024 die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichtes abgelehnt, da es an einem Antrag des Klägers nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gefehlt hat.

Mit Schriftsatz vom 6.3.2024 hat der Kläger die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichtes beantragt. Der Antrag ist den Beklagten zur Stellungnahme zugeleitet worden. Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 19.3.2024 erwidert und die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Mitte angeregt.

Durch Beschluss vom 21.3.2024 hat das Amtsgericht Strausberg die Sache erneut dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorgelegt.

II.

Der Antrag des Klägers vom 6.3.2024 führt zur Bestimmung des Amtsgerichts Bad Freienwalde (Oder) als gemeinsam zuständiges Gericht.

  1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO über die Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts zu entscheiden, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Gerichtsstände der Beklagten der Bundesgerichtshof wäre und im Anschluss an die Klageerhebung beim Amtsgericht Strausberg das Brandenburgische Oberlandesgericht als erstes mit der Gerichtsstandsbestimmung befasst worden ist (vgl. BGH NJW 2008, 3789; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 36, Rn. 8).
  2. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.
    1. Die Beklagten werden in einem gemeinsamen Prozess und folglich als einfache Streitgenossen in Anspruch genommen werden, §§ 59, 60 ZPO. Sie sind jedenfalls Streitgenossen im Sinne des § 60 ZPO. Das Kriterium der „Gleichartigkeit“ im Sinne dieser Vorschrift ist unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit weit auszulegen; entscheidend ist, ob zwischen den geltend gemachten Ansprüchen ein innerer Zusammenhang besteht (Zöller/Althammer, a. a. O., § 60, Rn. 7). Ein solcher Zusammenhang ergibt sich nach dem hier maßgeblichen Vortrag des Klägers (vgl. Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 28) bereits daraus, dass die geltend gemachten Ansprüche sämtlich aus demselben Verkehrsunfallgeschehen erhoben werden.
    2. Dass die Klage bereits beim Amtsgericht Strausberg eingereicht worden ist, steht der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen, weil das anhängige Verfahren noch nicht weit vorangeschritten und es insbesondere noch nicht zu einer Beweisaufnahme gekommen ist (vgl. Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 26).
    3. Die Beklagten haben ihre allgemeinen Gerichtsstände nach §§ 12, 13, 17 ZPO bei verschiedenen Gerichten, nämlich die Beklagte zu 1. – wegen der zentralen Sonderzuständigkeit für zivilrechtliche Verkehrssachen - beim Mitte und die Beklagte zu 2. beim Amtsgericht Bad Freienwalde (Oder). Ein die Gerichtsstandsbestimmung ausschließender gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand besteht nicht. Er folgt insbesondere nicht aus § 32 ZPO im Hinblick auf das Verkehrsunfallgeschehen in Polen, da ein etwaiger gemeinsamer besonderer ausländischer Gerichtsstand bei der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO außer Betracht bleibt (Senat, Beschluss vom 17.10.2023, 1 AR 29/23 (SA Z), zitiert nach juris; Beschluss vom 30.3.2010, 1 AR 5/10; BayObLG, Beschluss vom 23.7.2020, 1 AR 66/20, zitiert nach juris; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 23; vgl. auch: OLG Hamm, Beschluss vom 15.1.2019, 32 SA 64/18, zitiert nach juris).
  3. Unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 29) ist das Amtsgericht Bad Freienwalde (Oder) als gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen. In seinem Bezirk befindet sich der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten zu 2., die sich – gemeinsam mit der Beklagten zu 1. – gegen die Klage verteidigt. Dazu befindet sich von den hier in Betracht kommenden Amtsgerichten in Bad Freienwalde (Oder) und in Berlin (vgl. Zöller/Schultzky a. a. O.) das Amtsgericht Bad Freienwalde (Oder) deutlich ortsnäher zum Unfallort in („Stadt 01“) in Polen. Vor diesem Hintergrund hat das Interesse der Beklagten zu 1. an der Durchführung der Klage beim Amtsgericht Mitte hintanzustehen. Dasselbe gilt für ein etwaiges Interesse des Klägers an der Durchführung der Klage bei Gericht Strausberg, zumal sein in dessen Zuständigkeitsbereich befindlicher Wohnort unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu einer örtlichen Zuständigkeit führen kann.