Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 25.04.2024 | |
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Aktenzeichen | OVG 7 A 33/24 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0425.OVG7A33.24.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 9 Abs 1 BlmSchG |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin, die sich mit der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen beschäftigt, erstrebt die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides. Am 21. Juli 2023 beantragte sie beim Beklagten, ihr für zwei Windenergieanlagen des Typs Nordex N163 mit einer Nennleistung von 7 MW und einer Nabenhöhe von 164 m am Standort 6_____, Gemarkung L_____ (Flur 4_____, Flurstücke 8_____ und 8_____) einen solchen Vorbescheid zu den Fragen zu erteilen,
Dabei reichte sie folgende Unterlagen ein: ein Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten dazu, dass im Verfahren auf ein vorläufiges positives Gesamturteil verzichtet werden könne, ein ausgefülltes und unterzeichnetes Antragsformular, Angaben zu Standort und Maßen der Windenergieanlagen, mehrere Lagepläne mit unterschiedlichen Maßstäben, Angaben zu den Herstell- und Rohbaukosten, einen Sachkundenachweis des Architekten, eine Vollmacht sowie eine Kostenübernahmeerklärung.
Mit Schreiben vom 31. Juli 2023 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der Vorbescheidantrag aus seiner Sicht im Hinblick auf eine erforderliche „positive Gesamtbeurteilung“ unvollständig sei. Er forderte die Klägerin auf, aussagekräftige Unterlagen zu allen standortbezogenen Aspekten des Vorbescheides sowie Unterlagen zu allen anderen genehmigungsrelevanten Belangen einzureichen. Daraufhin verwies die Klägerin mit E-Mail vom 1. September 2023 auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 21. März 2014 (- 8 B 10139/14 -), wonach eine „Einschränkung der Reichweite des positiven Gesamturteils“ zulässig sei. Sie teilte mit, sie verzichte auf ein vorläufiges positives Gesamturteil, und bat um Bescheidung des Antrags.
Nachdem der Beklagte der Klägerin in der Folgezeit die Ablehnung des Vorbescheidantrags in Aussicht gestellt, aber nicht ausgesprochen hatte, hat die Klägerin am 29. November 2023 Untätigkeitsklage erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, die Klage sei nach § 75 VwGO zulässig und begründet. Der Beklagte verkenne die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz, „wonach der Vorhabensträger auf ein sogenanntes vorläufiges positives Gesamturteil verzichten“ könne. Diese Möglichkeit liege nach Sinn und Zweck des § 9 BImSchG nahe. Denn das Erfordernis eines positiven Gesamturteils entstamme ursprünglich der Teilgenehmigung. Dort habe der Gesetzgeber „nicht nutzbare Teilbauten“ verhindern wollen. Ein Vorbescheid umfasse jedoch keine Baufreigabe. Es sei im Übrigen auch nicht ersichtlich, weshalb im Immissionsschutzrecht anderes gelten solle als im Baurecht. Dort könnten einzelne Fragen unabhängig von einem positiven Gesamturteil zum Gegenstand eines Vorbescheides gemacht werden. Entsprechend schätzten einige Behörden in anderen Bundesländern die Rechtslage ein. Dort seien Vorbescheide ohne Anforderung umfangreicher Unterlagen zu den gestellten Einzelfragen ergangen. Sinn und Zweck des Vorbescheidverfahrens sei es, den Vorhabenträger vor weitreichenden Investitionen zu schützen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn ein Windenergieanlagenbetreiber gezwungen wäre, einen hohen finanziellen Aufwand etwa für naturschutzfachliche Unterlagen aufzubringen. Dementsprechend werde in der Kommentarliteratur eine bloß überschlägige (Gesamt-)Prüfung für ausreichend erachtet.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihr gemäß ihrem Antrag vom 21. Juli 2023 einen Vorbescheid nach § 9 BImSchG betreffend die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen am Standort 6_____ zu den Einzelfragen zu erteilen, ob
1. das Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert ist,
2. dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 oder Satz 3 BauGB Ziele der Raumordnung entgegenstehen und
3. dem Vorhaben gemeindliche Bauleitplanungen gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der Antrag auf Erlass eines Vorbescheides sei abzulehnen. Der Antragsteller eines Vorbescheidverfahrens könne nicht auf ein vorläufiges positives Gesamturteil verzichten. Ein solches Gesamturteil könne nur gefasst werden, wenn der Errichtung und dem Betrieb der Anlagen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstünden. Um dies feststellen zu können, müssten die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können. Soweit hierfür erforderlich, seien dem Antrag entsprechende Unterlagen beizufügen. Die Klägerin habe die angeforderten Unterlagen jedoch nicht eingereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die als Untätigkeitsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass des von ihr begehrten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
1. Nach der für das Begehren der Klägerin einschlägigen Vorschrift des § 9 Abs. 1 BImSchG soll auf Antrag durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht. Dabei gehören die von der Klägerin gestellten Fragen nach der bauplanungsrechtlichen Privilegierung des Vorhabens im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sowie nach der Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Zielen der Raumplanung (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB) und der gemeindlichen Bauleitplanung (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) zu den im Rahmen des § 9 Abs. 1 BImSchG klärungsfähigen Fragen. Gemäß § 9 Abs. 3 BImSchG gilt im Vorbescheidverfahren nämlich u.a. die Vorschrift des § 6 Abs. 1 BImSchG sinngemäß. Danach ist eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn (1.) sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und (2.) andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die von der Klägerin formulierten Fragen betreffen das mögliche Entgegenstehen anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften und gehören damit zum Prüfprogramm einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
2. Der begehrte Vorbescheid ist gleichwohl nicht zu erteilen, weil „die Auswirkungen der geplanten Anlage“ auf der Grundlage der von der Klägerin eingereichten Unterlagen nicht im Sinne von § 9 Abs. 1 BImSchG „ausreichend beurteilt werden können“.
a. Mit dem Erfordernis einer ausreichenden Beurteilung der Auswirkungen der geplanten Anlage verlangt § 9 Abs. 1 BImSchG eine sog. „vorläufige positive Gesamtbeurteilung“ des Vorhabens (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2020 - 4 C 3.19 - juris Rn. 26; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Februar 2022 - 12 MS 172/21 - juris Rn. 52; Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, Rn. 11 m.w.N.; vgl. auch OVG Lüneburg, NVwZ 1987, 342 [343]). Hierfür bedarf es der Feststellung, dass dem Gesamtvorhaben „keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse“ im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzungen entgegenstehen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 18. September 2018 - 8 A 1886/16 - juris Rn. 73). Ob diese Feststellung auf der Grundlage einer eher überschlägigen Prüfung zu treffen ist (vgl. hierzu Dietlein in: Landmann/Rohmer, UmwR, Stand: September 2023, Rn. 38 ff. zu § 9 BImSchG; vgl. auch Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, Rn. 8a zu § 9) oder ob insoweit keine Abstriche bei der Prüfungsintensität gegenüber einem Genehmigungsverfahren zu machen sind (in diesem Sinne die h.M., vgl. z.B. Peschau in: Feldhaus, BImSchR, Stand: September 2023, Rn. 16 f. zu § 9 BImSchG m.w.N.: „hinreichend aussagekräftige und nicht durch eine mindere Intensität bedingte Prüfung“), kann vorliegend offenbleiben.
b. Denn die von der Klägerin eingereichten Unterlagen reichen für eine vorläufige positive Gesamtbeurteilung in keinem Fall aus.
aa. Zwar teilt der Senat nicht die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung bekundete Einschätzung, dass im Vorbescheidverfahren grundsätzlich vollständige Antragsunterlagen einzureichen seien und nur auf einen Nachweis der Verfügungsmöglichkeit über die für das Vorhaben erforderlichen Flächen verzichtet werden könne. Denn die Prüfung eines Antrags auf Erlass eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides betrifft, wie oben bereits ausgeführt, hinsichtlich der vorläufigen positiven Gesamtbeurteilung lediglich die Frage, ob dem Vorhaben „von vornherein unüberwindliche Hindernisse“ entgegenstehen. Alle Probleme, die der Vorhabenträger bei der abschließenden Genehmigung durch Modifikationen des Vorhabens oder ggf. die Genehmigungsbehörde durch Beifügung von Nebenbestimmungen bewältigen kann, bedürfen insoweit im Vorbescheid keiner Klärung. Die auf solche Umstände bezogenen Unterlagen muss der Vorhabenträger im Vorbescheidverfahren dementsprechend nicht einreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1985 - 7 C 65.82 - juris Rn. 13 zur Teilgenehmigung im Atomrecht; OVG Münster, Urteil vom 18. September 2018 - 8 A 1886/16 - juris Rn. 73 ff.).
bb. Die von der Klägerin eingereichten Unterlagen reichen aber für die Prüfung, ob ihrem Vorhaben unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, gleichwohl nicht aus. Denn sie enthalten z.B. keinerlei Angaben zu (möglicherweise nicht zu bewältigenden) natur- und immissionsschutzrechtlichen Fragen und sind insoweit unvollständig.
c. Der Auffassung der Klägerin, sie könne auf ein vorläufiges positives Gesamturteil verzichten, habe in diesem Fall Anspruch auf Erlass eines Vorbescheides ohne eine solche Prüfung und müsse dementsprechend keine weiteren Unterlagen einreichen, folgt der Senat nicht.
aa. Maßgeblich für die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit eines Verzichts auf ein vorläufiges positives Gesamturteil ist eine Auslegung der Vorschrift des § 9 Abs. 1 BImSchG nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck. Diese Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass ein Vorhabenträger auf eine vorläufige positive Gesamtbeurteilung seines Vorhabens nicht verzichten kann.
(1) Bereits der Gesetzeswortlaut spricht gegen eine Verzichtsmöglichkeit. Denn in § 9 Abs. 1 BImSchG heißt es ohne jede Einschränkung, der Vorbescheid solle ergehen, „sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können“. Dafür, dass es hierauf nur dann ankommen solle, wenn der Vorhabenträger dies wünscht bzw. auf diese Prüfung nicht verzichtet, gibt die Gesetzesformulierung nichts her.
(2) Auch einer systematischen Betrachtung der Norm ist nichts für eine Verzichtsmöglichkeit zu entnehmen. Die Bestimmung zum Vorbescheid befindet sich im ersten Abschnitt des zweiten Teils des Bundesimmissionsschutzgesetzes, in der die Genehmigungsbedürftigkeit von Anlagen, die Genehmigungsvoraussetzungen und die verschiedenen Arten der Genehmigung geregelt werden. In § 8 BImSchG findet sich eine Bestimmung zur Teilgenehmigung. Für die Erteilung einer solchen Teilgenehmigung muss danach eine „vorläufige Beurteilung“ ergeben, „dass der Errichtung und dem Betrieb der gesamten Anlage keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzungen entgegenstehen“ (vgl. § 8 Satz 1 Nr. 3 BImSchG). Dies ähnelt der Regelung des § 9 BImSchG, wonach die Erteilung eines Vorbescheides die Möglichkeit einer ausreichenden Beurteilung der Auswirkungen der geplanten Anlage voraussetzt. Der Gesetzgeber bringt hiermit jeweils seine Auffassung zum Ausdruck, dass bei gestuften Genehmigungsverfahren bereits in einem frühen Verfahrensstadium auch die Frage in den Blick genommen werden soll, ob die (Gesamt- bzw. Letzt-) Genehmigung erteilt werden kann. Hier wie dort verlangt er mit anderen Worten eine - inhaltlich leicht unterschiedlich ausgestaltete - Prüfung der Aussicht auf Erteilung der (späteren) Genehmigung.
Dabei rechtfertigt der Hinweis der Klägerin darauf, dass der Vorbescheid anders als die Teilgenehmigung keine Baufreigabe enthalte, nicht den Schluss, dass beim Vorbescheid auf ein vorläufiges positives Gesamturteil verzichtet werden könne. Die Klägerin verkennt, dass ein erteilter Vorbescheid ebenfalls Rechtswirkungen herbeiführt, die das Erfordernis eines vorläufigen positiven Gesamturteils begründen können. Denn zum einen entfaltet er Bindungswirkung dahin, dass die durch ihn entschiedenen Fragen für das weitere Genehmigungsverfahren bindend feststehen. Zum anderen kann er im Rahmen des Prioritätsprinzips bei konkurrierenden Vorhaben den Vorrang einer Anlage an einem bestimmten Standort sichern (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2020 - 4 C 3.19 - juris Rn. 23 ff.).
(3) Der Entstehungsgeschichte der Norm ist ebenfalls nichts für die von der Klägerin angenommene Verzichtsmöglichkeit zu entnehmen. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 7/179, S. 21 ff.) wollte der Gesetzgeber die Genehmigung von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, aus der Gewerbeordnung herausnehmen und eigenständig regeln. Dabei war es seine Absicht, die Erteilung des Vorbescheides - wie die Erteilung einer Teilgenehmigung - mit Blick auf die oben angesprochene Bindungswirkung von einem vorläufigen „Gesamturteil über die Auswirkungen der geplanten Anlage“ abhängig zu machen (vgl. BT-Drs. 7/179, S. 33).
(4) Dies bestätigt auch der Sinn und Zweck von § 9 Abs. 1 BImSchG. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 1966 (- I C 19.65 - juris) verwiesen und ausgeführt, dass ein Vorbescheid „allen Belangen gebührend Rechnung trage“. Der Antragsteller könne ohne unangemessenes Kostenrisiko weiter planen, Dritte könnten schon in einem frühen Verfahrensstadium Einwendungen gegen die Anlage erheben und die Behörde habe „keine Veranlassung, den Bau stillschweigend zu dulden und erst die Inbetriebnahme der Anlage von der Genehmigung der Errichtung der Anlage abhängig zu machen“ (vgl. BT-Drs. 7/179, S. 33). Danach dient die Bestimmung des § 9 Abs. 1 BImSchG entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur den Interessen des Vorhabenträgers, der davor bewahrt werden soll, im Vertrauen auf den ihm erteilten Vorbescheid eine Planung weiterzuverfolgen, die sich im späteren Genehmigungsverfahren als nicht realisierbar erweisen wird (vgl. hierzu Peschau in: Feldhaus, BImSchR, Stand: September 2023, Rn. 15 zu § 9 BImSchG). Sie soll vielmehr auch Dritten die Möglichkeit geben, Einwendungen geltend zu machen. Dementsprechend hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits zu den §§ 16 ff. GewO entschieden, dass die Behörde bereits „in diesem Verfahrensabschnitt die Vorschriften über die Vorlage der Unterlagen durch den Antragsteller und ihre Offenlegung, die Bekanntmachung des Vorhabens und die Erörterung der dagegen erhobenen Einwendungen einhalten“ müsse (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 28; vgl. hierzu auch § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG: „einschließlich des Vorbescheids“). Diese Möglichkeit bestünde nicht, wenn die Prüfung, ob dem Gesamtvorhaben keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzungen entgegenstehen, auf Wunsch des Vorhabenträgers entfallen könnte. Darüber hinaus dient § 9 Abs. 1 BImSchG auch dem Schutz der Genehmigungsbehörde. Hierzu gehört auch der Schutz vor unnützer Inanspruchnahme. In dieser Hinsicht handelt es sich bei dem Erfordernis des § 9 Abs. 1 BImSchG, dass die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können, um eine aus Gründen des Störpotentials der in Rede stehenden Anlagen zur Tatbestandsvoraussetzung erhobene unverzichtbare Regelung des allgemeinen Sachbescheidungsinteresse des Vorhabenträgers.
bb. Soweit die Klägerin auf das Baurecht verweist, mitteilt, dort sei anerkannt, dass Einzelfragen ohne vorläufige Gesamtprüfung durch Vorbescheid entschieden werden könnten, und vorträgt, es sei nicht ersichtlich, „warum im Immissionsschutzrecht etwas anderes gelten soll“, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Vielmehr ist die Klägerin insoweit darauf zu verweisen, dass die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen anders formuliert sind und eine Tatbestandsvoraussetzung, dass das Bauvorhaben „ausreichend beurteilt werden kann“, fehlt (vgl. z.B. § 75 BauO Bln, § 75 BbgBO). Dass der Gesetzgeber die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides auch anders hätte regeln und auf ein vorläufiges positives Gesamturteil hätte verzichten können (vgl. zu Vorschlägen für eine künftige Neufassung vom § 9 BImSchG: Raschke/Roscher, NVwZ 2021, 922 <927 f.>), rechtfertigt nicht den Schluss, dass die in Rede stehende Genehmigungsvoraussetzung entbehrlich wäre. Gleiches gilt für den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehobenen Umstand, dass für Windenergieanlagen nach alter Rechtslage lediglich eine Baugenehmigung erforderlich war.
cc. Schließlich vermag der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 21. März 2014 (- 8 B 10139/14.OVG - juris) der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Sollte diese Entscheidung dahin zu verstehen sei, dass ein Vorhabenträger auf ein vorläufiges positives Gesamturteil verzichten könne, folgte der Senat ihr aus den oben genannten Gründen nicht. Insoweit kommt es auch auf die Verfahrensweise bestimmter Behörden in anderen Bundesländern nicht an. Denn eine solche Praxis stünde nicht im Einklang mit dem Gesetz.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen.
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