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Entscheidung 3 U 90/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 07.05.2024
Aktenzeichen 3 U 90/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0507.3U90.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung des Beklagten zu 2 wird als unzulässig verworfen.

3. Auf die Anschlussberufung der Beklagten zu 1 wird das am 16.5.2023 verkündete Teilurteil des Landgerichts Potsdam - 11 O 43/22 - geändert und die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden dem Kläger auferlegt

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das unter Ziff 3 genannte Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

6. Streitwert: 10.000,00 €

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von den Beklagten Auskünfte über den Nachlass des am 28.07.2019 verstorbenen G...F...G.... Der Erblasser wurde von seinen Kindern, dem Kläger, der Mutter der Beklagten zu 1 (S...K...) und einer weiteren Tochter beerbt. Letztere schlug die Erbschaft aus. S...K... schloss mit dem Kläger am 06.04.2021 einen formlosen Erbauseinandersetzungsvertrag“ mit dem sie ihren hälftigen Anteil am Nachlass auf den Kläger übertrug. Des Weiteren ermächtigte sie den Kläger zur Erhebung einer Auskunftsklage.

Der Erblasser und S...K... veräußerten am 23.09.2014 an die Beklagten mit notariellen Grundstücksübertragungsvertrag das mit einem Zweifamilienhaus bebaute Grundstück in B…, das die Beklagten bewohnen. Dem Erblasser wurde als Gegenleistung ein Wohnrecht an der Wohnung in der unteren Etage eingeräumt. Die Beklagten verpflichteten sich, den Erblasser lebenslänglich und unentgeltlich zu betreuen. Die Beklagten nutzten einen Hobbyraum in der unteren Etage und hatten Zutritt zur Wohnung des Erblassers.

Der Erblasser erteilte der Beklagten zu 1 ab 2015 eine Vorsorgevollmacht. Die dem Erblasser zustehenden Pflegegeldzahlungen wurden auf ein Konto der Beklagten zu 1 überwiesen. Von dem Konto des Erblassers wurden in den letzten 44 Monaten im Durchschnitt etwa 1.100.00 € monatlich abgehoben.

Nach dem Tod des Erblassers war der Kläger zusammen mit S...K... mehrfach in der Wohnung des Erblassers. Über einen eigenen Schlüssel zum Haus verfügte der Kläger nicht. Er nahm das Sparbuch des Erblassers an sich. Bei einem Treffen des Klägers, der S...K... und der Beklagten zu 1 im August 2019 kam es zum Streit zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. Der Kläger verschaffte sich bei diesem Besuch der Wohnung des Erblassers einen Überblick über vertragliche Beziehungen des Erblassers zu Versicherungen, Dienstleistungen etc.. Bei diesem Termin erhielt der Kläger einen Ordner mit Unterlagen. Bei einem weiteren Termin sortierten der Kläger und S...K... die Kleidung des Vaters. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.11.2019 erteilte die Beklagte zu 1 dem Kläger ein Hausverbot. Sie teilte des Weiteren mit, dass sie am Samstag, den 07.12.2019 sämtliche Möbel des Erblassers und die in der Wohnung befindlichen vom Kläger bereits zusammengepackten Gegenstände des Erblassers zur Abholung bereitstellen werde. Die Beklagten stellten die Nachlassgegenstände nach draußen auf das Grundstück zur Abholung durch den Kläger am 18.01.2020. Der Kläger nahm sie nicht mit. Die Beklagten ließen die Sachen über den Südbrandenburgischen Abfallzweckverband entsorgen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagten, wie beantragt, zur Auskunft verpflichtet seien. Dabei begehrt er insbesondere Auskunft über Kontobewegungen seit 2016.

Denn die Beklagte zu 1 habe Verfügungsmacht über das Girokonto des Erblassers gehabt und nach eigenen Angaben die Einkäufe für den Erblasser getätigt und ab 2019 eine auf ihren Namen ausgestellte EC-Karte - insoweit unstreitig - zur Verfügung gehabt. Seit Mitte 2018 sei der Erblasser nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Dem Kläger stünden zudem Auskunftsansprüche gemäß den §§ 2027, 2028 BGB zu.

Dabei begehrt der Kläger insbesondere Auskunft über folgende Nachlassgegenstände:

- drei Fernseher

- eine Waschmaschine

- ein Luftkompressor

- eine 2-teilige Ausziehleiter

- die Einbauküche des Erblassers.

Am Todestag des Erblassers sei der Kläger in der Wohnung des Erblassers gewesen, ohne Nachforschungen zu betreiben. Am 30.07.2019 habe er sich auf dem Grundstück mit seiner Schwester getroffen, ohne die Wohnung zu betreten. Dieses Treffen habe der Vorbesprechung der Formalitäten der Bestattung des Erblassers mit dem Bestattungsunternehmen gedient. Als der Kläger und seine Schwester Anfang August 2019 in der Wohnung des Erblassers waren, habe die Beklagte zu 1 dem Kläger und seiner Schwester einen Ordner mit Unterlagen auf den Tisch geworfen. Der Ordner sei blau, nicht schwarz gewesen. Am 18.01.2020 habe der Kläger festgestellt, dass die brauchbaren Gegenstände, wie z.B. die Waschmaschine hinter dem Carport der Beklagten an der Hauswand gestanden hätten, jedoch mit Müll und kaputten Schränken zugestellt gewesen seien, sodass für den Kläger und seine Begleiter keine Möglichkeit bestanden habe, an diese zu kommen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft über

- den Bestand des Nachlasses des am 29.07.2019 verstorbenen G...F...G...

- die ausgleichspflichtigen Schenkungen des Erblassers

- eigene Verfügungen über das Vermögen des Erblassers durch die Rechnungslegung seit dem Jahr 2015 und

- den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu erteilen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1), habe für den Erblasser die Einkäufe des täglichen Bedarfs getätigt und auch einen Kühlschrank, zwei Kleiderschränke und ein Bett für ihn gekauft. Die Rechnungen würden sich in dem großen schwarzen Ordner befinden. Seit 2019 sei der Erblasser jedoch körperlich nicht mehr in der Lage gewesen, seine Bank aufzusuchen. Deshalb habe er für die Beklagte zu 1 eine EC-Karte ausstellen lassen. Ab 2019 habe sie mit dieser Karte auf konkrete Weisung des Erblassers Geld von seinem Konto abgehoben und auf seine Weisung hin Einkäufe getätigt. Sie habe dem Erblasser alle Kontoauszüge übergeben, dieser habe sie selbst überprüft und für sich abgeheftet. Der Erblasser sei bis zu seinem Tod geschäftsfähig gewesen. Der Kläger habe bereits am 28.07.2019 die Schränke in der Wohnung des Erblassers insbesondere nach einer Geldkassette durchsucht. Der Kläger habe zusammen mit S...K... den Nachlass gesichtet und Nachlassgegenstände aus den Schränken wie Kleidung, Geschirr und Bücher in Säcke aus Bettbezügen verpackt und in den einzelnen Räumen abgestellt. Am 01.10.2019 habe die Beklagte zu 1 dem Kläger einen großen schwarzen Aktenordner übergeben, in dem alle Unterlagen, zum Beispiel zum Schriftverkehr mit der Pflegekasse und zu allen Anschaffungen enthalten gewesen seien. Die Beklagten hätten zum vereinbarten Termin am 18.01.2020 alle Nachlassgegenstände wie Schränke, Waschmaschinen, Bett, Geschirr usw. sauber demontiert und mit Planen abgedeckt in ihren Carport und an der Hauswand zur Abholung bereitgestellt. Der Kläger sei zwar sodann gegen 15:00 Uhr am 18.02.2020 mit Pkw und Anhänger erschienen, ohne jedoch Gegenstände mitzunehmen.

Zutreffend seien die Beklagten und der Erblasser Hausgenossen gewesen. Sie würden daher kein Bestandsverzeichnis schulden, sondern lediglich die Mitteilung zu erbschaftlichen Geschäften und zum Verbleib von konkreten Erbschaftsgegenständen. Erbschaftliche Geschäfte bis auf die Entsorgung des Nachlasses hätten sie nicht geführt. Die Fernsehgeräte und die Waschmaschine seien zur Abholung bereitgestellt worden. Der Luftkompressor, die Ausziehleiter und die Einbauküche stünden im Eigentum der Beklagten. Der Kläger sei jedenfalls mittelbarer Besitzer des Nachlasses gewesen. Denn er sei mehrfach in der Wohnung gewesen und habe den Nachlass besichtigt. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten den Nachlass unter Ausschluss des Klägers an sich genommen hätten.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 mit Teilurteil verurteilt, dem Kläger eine geordnete und vollständige Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben ab 12/2018 über die in Ausübung der Kontovollmacht erfolgten Verfügungen vorzulegen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Rechnungslegung folge aus §§ 662, 666 BGB. Der Anspruch sei nicht aufgrund Erfüllung erloschen (§ 362 BGB). Weitere Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Insbesondere stehe dem Kläger kein Anspruch gemäß § 2027 Abs. 2 BGB gegenüber den Beklagten auf Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu, weil er Zugriff auf alle Nachlassgegenstände gehabt habe. Auch ein Anspruch aus § 2028 BGB bestehe nicht. Ebenso bestehe kein Anspruch aus § 2057 BGB. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.05.2023 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.06.2023 Berufung eingelegt. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die in erster Instanz abgewiesenen Anträge weiter.

Die Beklagten seien ihm zur Auskunft gemäß § 2027 BGB verpflichtet. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger durch den mehrfachen, temporären Zugang zur Wohnung des Erblassers den Nachlass in Besitz genommen habe. Das Landgericht habe dabei übersehen, dass der Erblasser keine Schlüssel zum dauerhaften Zugang zur Wohnung des Erblassers erhalten habe. Zudem habe das Landgericht nicht beachtet, dass die Beklagten dem Kläger durch anwaltliches Schreiben vom 21.11.2019 Hausverbot erteilten. Dagegen hätten die Beklagten auch zu Lebzeiten des Erblassers dessen Wohnung nach Belieben betreten und ein Zimmer dieser Wohnung als Hobbyraum dauerhaft nutzen können, sodass sie bereits vor dem Erbfall Mitbesitzer und Hausgenossen an der Wohnung des Erblassers gewesen seien.

Der Auskunftsanspruch aufgrund der erteilten Vollmacht beschränke sich entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht auf den Zeitraum ab 12/2018. Denn unstreitig war der Beklagten zu 1 schon ab dem Kalenderjahr 2015 eine Vorsorgevollmacht erteilt worden. Mithin erstrecke sich der Anspruch auf Auskunftserteilung auf alle Verfügungen der Beklagten zu 1 am Vermögen des Erblassers seit dem Kalenderjahr 2015.

Das Landgericht habe auch rechtsfehlerhaft einen Auskunftsanspruch des Klägers gemäß § 2028 BGB verneint. Zu Unrecht nehme das Landgericht die Erfüllung dieses Auskunftsanspruchs gemäß § 362 BGB an. Es treffe zwar zu, dass die Beklagten schriftsätzlich zum Verbleib einzelner Nachlassgegenstände Angaben erstattet haben, jedoch seien diese Angaben mit dem Schriftsatz des Klägers vom 25.05.2022 ausdrücklich bestritten worden. Auf den von den Beklagten eingereichten Lichtbildern sei gerade nicht abgebildet und zu sehen, dass die Beklagten dem Kläger am 18.01.2020 Fernsehgeräte, die Waschmaschine und andere, werthaltige Nachlassgegenstände zur Abholung bereitgestellt hätten. Folglich sei die schriftsätzliche Erklärung der Beklagten, klargestellt im Termin der mündlichen Verhandlung vom 24 4. 2023, bereits in sich widersprüchlich und noch immer unvollständig, der Auskunftsanspruch damit gerade nicht erfüllt.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des am 16.05.2023 verkündeten Teilurteils des Landgerichts Potsdam, Geschäftszeichen 11 O 43/22, nach den Schlussanträgen 1. Instanz zu erkennen,

2. den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits in der Auskunftsstufe aufzuerlegen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragen sie,

das Teilurteil des Landgerichts Potsdam zum Az.11 O 43/22 vom 16.05.2023 abzuändern und die Klage auf der 1. Stufe abzuweisen.

Soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, verteidigen die Beklagten das angefochtene Urteil. Ein Anspruch des Klägers auf Auskunft bestehe nicht, weil die Beklagte zu 1 gegenüber dem Erblasser Rechenschaft über die Verwendung der seit Dezember 2018 auf ihren Namen ausgestellte EC-Karte zum Girokonto des Erblassers gelegt habe. Sie habe dem Erblasser, ihrem Großvater, die Quittungen zu den Einkäufen mit den Einkäufen zur Überprüfung übergeben. Zudem habe der Kläger einen schwarzen Ordner mit sämtlichen Belegen und Unterlagen von ihr erhalten, die den Erblasser betrafen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II.

1.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

a)

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Auskunft über den Bestand und Verbleib der Erbschaft gemäß § 2027 Abs. 2 BGB.

Die Beklagten haben schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers keine Sachen aus dem „Nachlass“ in Besitz genommen. Nach § 2027 Abs. 2 ist auskunftspflichtig der Besitzer, der, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, Sachen aus dem Nachlass in Besitz nimmt, bevor der Erbe den (unmittelbaren oder mittelbaren) Besitz tatsächlich ergriffen hat. Nicht auskunftspflichtig ist dagegen, wer vor dem Tod des Erblassers schon Besitz erlangt hat (Burandt/Rojahn/Gierl, 4. Aufl. 2022, BGB § 2027 Rn. 11 m.w.Nw.). Da der Kläger selbst vorträgt, dass die Beklagten zu Lebzeiten des Erblassers dessen Wohnung nach Belieben betreten und ein Zimmer dieser Wohnung als Hobbyraum dauerhaft nutzen konnten, sodass sie bereits vor dem Erbfall Mitbesitzer und Hausgenossen an der Wohnung des Erblassers gewesen seien, haben sie danach nicht erst nach dem Erbfall von dem Nachlass Besitz ergriffen. Der Umstand, dass die Beklagten mit dem Erblasser nach dem Vortrag des Klägers („Hausgenossen“) in einem Haushalt lebten und deshalb bereits zu Lebzeiten des Erblassers Zugang zu den Aktiva des späteren Nachlasses hatten, begründet mithin den „sonstiger Besitz“ im Sinne des § 2027 Abs. 2 BGB und damit die entsprechende Auskunftspflicht nicht (vgl. OLG Hamm ErbR 2015. 48).

b)

Auch § 2028 Abs. 1 BGB, der die Auskunftspflichten des Hausgenossen eines Erblassers nach dem Erbfall regelt, rechtfertigt die Verurteilung zu einer Auskunft über den auf den Erbfall bezogenen Aktivnachlassbestand nicht. Etwaige Auskunftsansprüche haben die Beklagten erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).

Die Rechtsfolgen aus § 2028 Abs. 1 BGB sind insoweit andere als gemäß § 2027 BGB. Die Pflicht des Hausgenossen erstreckt sich umfänglich darauf, welche erbrechtlichen Geschäfte i.S.d. § 1959 BGB er geführt hat und welche Kenntnis er über den Verbleib von Nachlassgegenständen hat. Insofern unterscheidet sich die Auskunftspflicht des § 2028 BGB von der i.S.d. § 2027 BGB, da der Hausgenosse weder Auskunft über den Bestand des Nachlasses noch ein Bestandsverzeichnis gem. § 260 Abs. 1 vorzulegen hat (vgl. Burandt/Rojahn/Gierl, 4. Aufl. 2022, BGB § 2028 Rn. 4).

Zutreffend hat das Landgericht eine Auskunftspflicht wegen der Führung erbschaftlicher Geschäfte (§ 1959 Abs. 1 BGB) verneint. Denknotwendig betrifft die Pflicht nur solche Geschäfte, die nach dem Erbfall ausgeführt wurden (vgl. OLG Hamm Urt. v. 22. 7. 2014 – 10 U 17/14, BeckRS 18338 Rn. 21). Die Beklagten haben hierzu vorgetragen, dass sie nach dem Tod des Erblassers bis auf die Entsorgung des Nachlasses keine erbschaftlichen Geschäfte ausgeführt haben. Mithin haben sie insoweit umfassend Auskunft erteilt.

Auch hinsichtlich des Verbleibs der Erbschaftsgegenstände haben die Beklagten dem Kläger umfassend Auskunft erteilt. Nachdem der Kläger als hierzu verpflichteter Erbe weder die Wohnung des Erblassers geräumt hat noch die bereit gestellten Nachlassgegenstände trotz Verabredung eines Termins bei den Beklagten abgeholt hat, haben die Beklagten alle Nachlassgegenstände nach ihrer Auskunft entsorgt. Der Kläger weiß mithin, wo die Nachlassgegenstände verblieben sind. Soweit er meint, dass zu dem Nachlass ein Luftkompressor, eine Ausziehleiter und eine Einbauküche gehören, haben die Beklagten dem Kläger ebenfalls hinreichende Auskunft erteilt, indem sie ihm mitgeteilt haben, dass diese Sachen ihr Eigentum seien und nicht in den Nachlass fielen.

c)

Zuletzt hat das Landgericht mit zutreffender Begründung einen Anspruch des Klägers auf Auskunft gegen die Beklagten gemäß § 2057 BGB verneint, weil sie nicht Miterben sind.

2.

Die unselbständige Anschlussberufung des Beklagten zu 2 war als unzulässig zu verwerfen, weil er durch das Urteil des Landgerichts nicht beschwert ist. Nur die Beklagte zu 1 ist durch das Teilurteil zur Rechnungslegung verurteilt worden.

3.

Auf die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten zu 1 war das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß §§ 662, 666, 1922 BGB gegen die Beklagte zu 1.

a.

Ein Auftragsverhältnis liegt allerdings vor. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem landgerichtlichen Teilurteil verwiesen, die die Beklagte insoweit auch nicht angreift. Soweit das Landgericht den Auskunftsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten lediglich auf den Zeitraum ab Erhalt der eigenen Girocard ab Dezember 2018 beschränkt hat, steht dem nach Ansicht des Senats entgegen, dass schon durch die Erteilung der Vorsorgevollmacht 2015 ein Auftragsverhältnis begründet wurde.

b.

Das Verlangen des Klägers auf Auskunft- und Rechnungslegung gegenüber der Beklagten zu 1 ist jedoch rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

Grundsätzlich hat der Beauftragte zwar die Auftragsausführung im Einzelnen darzulegen und zu beweisen. Im Auftragsrecht ist anerkannt, dass der Beauftragte grundsätzlich die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrages zu beweisen hat. Er trägt insbesondere die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein ihm zur Ausführung des Auftrags zugewendeter Geldbetrag bestimmungsgemäß verwendet worden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2012 – 5 U 20/12, BeckRS 2012, 18422).

Dieser Grundsatz der Beweislastverteilung ist aber nicht ausnahmslos und unbegrenzt anwendbar. Die nachträgliche Erhebung eines Anspruchs auf Rechnungslegung einschließlich der Herausgabe von Belegen kann unter Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er in Beziehungen mit familiärem oder sonstigem personalen Einschlag jahrelang nicht geltend gemacht wurde (BGH, NJW 2012, 58 Rn. 23). In solchen Fallgestaltungen, die regelmäßig von besonderen persönlichen Bindungen der Beteiligten untereinander geprägt sind, kann es das schützenswerte Vertrauen des Auftragnehmers begründen, er brauche sich nicht darauf einzurichten, künftig einmal dem Erben des Geschäftsherrn im Detail Rede und Antwort stehen und Nachweise führen zu müssen, wenn der Geschäftsherr eine Rechnungslegung über einen längeren Zeitraum nicht verlangt hat oder aber der Geschäftsherr formlos sein Einverständnis zu den einzelnen Geschäften gegeben hat. Andernfalls würden wünschenswerte Hilfeleistungen im engen persönlichen Umfeld mit unvertretbaren Risiken für den Helfer belastet und auf Vertrauen gründende zwischenmenschliche Beziehungen rechtlichen Notwendigkeiten (Quittungserfordernissen etc.) unterworfen, die im täglichen Leben insbesondere im familiären Bereich weder üblich sind noch von juristischen Laien zu überblicken wären (BGH, NJW 2012, 58 Rn. 24; OLG München Schlussurteil vom 20.6.2012 – 3 U 114/12, BeckRS 2012, 14122). Maßgebend ist die Nichtgeltendmachung durch den Erblasser oder aber – wie hier von der Beklagten zu 1 vorgetragen – die formlose Genehmigung des Geschäftsherrn, was sich dessen später die Auskünfte fordernde Erbe zurechnen lassen muss (Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, Teil 1, 22. Rn. 72).

c.

Hier hat der Erblasser die einzelnen Geschäfte nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 jeweils gebilligt, so dass danach der Anspruch erfüllt wäre. Dem steht hier auch nicht etwa eine fehlende Geschäftsfähigkeit des Erblassers entgegen. Die Beklagte zu 1 hat in erster Instanz vorgetragen, dass der Erblasser noch bis zu seinem Tod im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen sei. Der Kläger hält auch an seinem Vortrag zu Geschäftsunfähigkeit des Erblassers in der Berufungsinstanz nicht fest. Der Senat geht deshalb mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von dem Normalfall der bestehenden Geschäftsfähigkeit aus.

d.

Es ist der Beklagten zu 1 auch nicht verwehrt, sich nach Treu und Glauben auf den Verzicht des Erblassers zu berufen.

Der Beauftragte kann sich dann nicht auf § 242 BGB berufen, wenn der Auftraggeber bzw. Berechtigte Tatsachen nachweist, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Auftragnehmers und seiner Geschäftsführung zu erwecken (OLG Hamm, a. a. O.; OLG München, a. a. O.). Solche Tatsachen hat der Kläger hier nicht dargelegt.

aa)

Die Bargeldabhebungen vom Konto des Erblassers sind unauffällig. Denn diese Abhebungen bewegen sich der Höhe nach auf im Durchschnitt monatlich 1.100,00 €. Das ist – auch wenn der Erblasser keine Miete zahlen musste – kein auffälliger Betrag.

bb)

Dass das Pflegegeld auf das Konto der Beklagten zu 1 überwiesen wurde, begründet ebenfalls kein Misstrauen gegenüber der Beklagten zu 1. Der Gesetzgeber geht ohnehin davon aus, dass der Pflegebedürftige das Pflegegeld als Anerkennung für die häusliche Pflege an die pflegenden Angehörigen weitergibt (siehe entsprechende Informationen auf der Seite bundesgesundheitsministerium.de).

cc)

Die Nachweisschwierigkeiten und die fehlende Erinnerung an einzelne Abhebungen oder Überweisungen in dem Zeitraum ab Dezember 2018 seit Erhalt der eigenen Girokarte können nicht die Unzuverlässigkeit der Beklagten zu 1 begründen, da sie ja gerade daraus resultieren, dass sie aufgrund des von Vertrauen geprägten Verhältnisses zum Erblasser nicht Buch geführt hat. Es wäre ein Zirkelschluss, leitete man aus diesen Nachweisschwierigkeiten und Erinnerungslücken eine Unzuverlässigkeit der Beklagten zu 1 und daraus ihre Rechenschaftspflicht ab.

Würde man dies anders entscheiden, wären - wie bereits oben unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH dargelegt - wünschenswerte Hilfeleistungen im engen persönlichen Umfeld mit unvertretbaren Risiken für den Helfer belastet. Im Fällen wie dem vorliegenden könnte dies sogar dazu führen, dass Angehörige die ohnehin mit erheblichen Belastungen verbundene häusliche Pflege nicht mehr übernehmen, so dass Pflegebedürftige auf eine Versorgung im Pflegeheim zurückgreifen müssten.

Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagten und ihrer Geschäftsführung bestehen mithin aus den vorgenannten Gründen nicht.

4.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

5.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.