Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 03.05.2024 | |
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Aktenzeichen | 11 U 19/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0503.11U19.24.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 09.01.2024, Az. 13 O 50/23, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I.
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit von Prämienanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung und sich daraus ergebende Ansprüche auf Rückerstattung, Feststellung und Herausgabe von Nutzungen sowie um Auskunftsansprüche in Bezug auf Beitragsanpassungen in dem Zeitraum 2017 bis 2019.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist nur hinsichtlich des Hilfsantrags, um welchen die Klage erst im Berufungsverfahren erweitert wurde, begründet. Berufungsgründe sind im Übrigen nicht gegeben; weder beruht das angefochtene Urteil insoweit auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere - für die Klägerin günstige(re) - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Die Klägerin hat in der Hauptsache weder einen Anspruch auf Rückzahlung vermeintlich zu Unrecht entrichteter, überhöhter Prämienzahlungen noch auf Feststellung der Unwirksamkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen.
Im Einzelnen:
1.
Zutreffend hat das Landgericht zunächst festgestellt, dass die Beitragsanpassung der Beklagten in 2020 in dem Tarif BS9 keinen materiellen Wirksamkeitsbedenken begegnet.
Nach dem Sach- und Streitstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist zugrunde zu legen, dass die materiellen Voraussetzungen für die in Rede stehenden Beitragsanpassung vorgelegen haben.
a)
Die Vollständigkeit der dem Treuhänder seitens der beklagten Versicherung übergebenen Unterlagen betrifft dabei allerdings nicht die materielle Rechtmäßigkeit der jeweiligen Beitragsanpassung, sondern das hierfür vorgesehene Verfahren. Die dahingehende Rechtsauffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu statt vieler Urt. v. 08.11.2023 -11 U 122/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; v. 12.07.2023 – 11 U 28/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; vgl. hierzu auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 10, juris; OLG Köln, a.a.O., Rn. 17), an der auch die Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nichts zu ändern vermögen.
Nach § 155 Abs. 1 S. 2 VAG (bzw. § 12b Abs. 1 VAG a.F.) wird dem Treuhänder im Hinblick auf die Berechnung der Prämien auferlegt zu prüfen, ob diese mit den dafür bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Ist dies der Fall, ist die Zustimmung nach Satz 5 dieser Regelung zu erteilen. Was dagegen die in § 155 Abs. 2 VAG (bzw. § 12 b Abs. 2 VAG a.F.) gesondert geregelte Verwendung der (erfolgsunabhängigen und erfolgsabhängigen) RfB-Mittel angeht, die der Zustimmung des Treuhänders bedürfen, so heißt es demgegenüber lediglich, dass er darauf zu achten habe, dass die in der Satzung und den Versicherungsbedingungen bestimmten Voraussetzungen erfüllt und die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind (Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 26.09.2023 – 11 U 65/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23, BeckRS 2023, 16581 zustimmend Günther, FD-VersR 2023, 458602, beck-online; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 21.02.2023 – 16 U 139/19, Rn. 69 ff., juris). Der Umstand, ob dem Treuhänder die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sind, betrifft demnach nicht die formelle oder materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassung als solche (Senat, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 71, juris). Dieser Umstand und die daraus resultierende Folgefrage, ob nämlich der Treuhänder auf der Grundlage der – vollständig oder nicht – vorgelegten Unterlagen seine tatsächlich erteilte Zustimmung hätte erteilen dürfen, betrifft nach mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung nicht die Wirksamkeit der Beitragsanpassung, sondern ist Teil der aufsichtsrechtlichen Aufgaben des Treuhänders. Diese zu überprüfen ist aber nicht Sache der Zivilgerichte, sondern der Aufsichtsbehörde (vgl. mit überzeugender Begründung OLG Nürnberg, Beschl. v. 05.06.2023 – 8 U 3284/22, BeckRS 2023, 12283 Rn. 44). Zwar macht § 203 Abs. 2 S. 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Neufestsetzung der Prämie davon abhängig, dass der zustimmende Treuhänder die „technischen Berechnungsgrundlagen“ überprüft hat. Allein deren Unvollständigkeit als solche vermittelt dem Versicherungsnehmer nach zutreffender Auffassung des OLG Nürnberg, der der Senat folgt, aber keine Befugnis, die Wirksamkeit der Prämienanpassung mit Erfolg zu beanstanden. Der Wortlaut des § 203 VVG gibt insoweit keinen Aufschluss darüber, ob sich der Versicherungsnehmer im Prämienanpassungsstreit mit Erfolg auf die Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen berufen kann. § 203 Abs. 2 S. 1 VVG verlangt vielmehr lediglich, dass die Unterlagen den Treuhänder in die Lage versetzen müssen, die Beitragsanpassung nach Maßgabe des in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG in Verbindung mit § 155 VAG vorgeschriebenen Verfahrens zu überprüfen. § 155 Abs. 1 S. 3 und 4 VAG ordnen ausdrücklich an, dass dem Treuhänder „sämtliche“ Berechnungsgrundlagen, die inhaltlich „vollständig“ sein müssen, vorzulegen sind (statt vieler Senat, a.a.O.). Ob § 203 VVG insoweit aber nur einen Verweis auf das einzuhaltende Verfahren beinhaltet oder dessen Nichteinhaltung – hier: betreffend die Unterlagenvollständigkeit – vom Versicherungsnehmer mit Erfolg im Prämienanpassungsstreit gerügt werden können soll, geht aus dem Wortlaut nicht hervor (OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 45). Rechtssystematische Erwägungen und die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung sprechen jedenfalls nicht dafür, dass der Versicherungsnehmer die Wirksamkeit der Prämienanpassung allein mit der behaupteten Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen angreifen könnte (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O. unter Hinweis auf OLG Hamm, Hinweisbeschl. v. 12.05.2023 – 20 U 7/23). Die Zivilgerichte haben demnach den Treuhändervorgang an sich nicht zu überprüfen (vgl. Senat, a.a.O.).
b)
Soweit es die von Klägerseite monierte, vermeintlich fehlerhafte Limitierung der Beklagten betrifft, hat der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich mit Urteil vom 20.03.2024 (IV ZR 68/22), dem der Senat ebenfalls folgt, klargestellt, dass die Fehlerhaftigkeit einer an § 155 Abs. 2 VAG zu messenden Limitierungsmaßnahme die materielle Wirksamkeit einer Prämienanpassung, die im Übrigen auf einer den Anforderungen des § 155 Abs. 1 VAG entsprechenden Nachkalkulation beruht, unberührt lässt (BGH, Urt. v. 20.03.2024 – IV ZR 68/22, BeckRS 2024, 7981 Rn. 42). Eine unterstellt fehlerhafte Limitierungsentscheidung führte daher ohnehin nur dazu, dass die von dem klagenden Versicherungsnehmer zu zahlende Prämie anzupassen wäre, soweit der Versicherungsnehmer durch die fehlerhafte Entscheidung individuell betroffen ist, mithin einen Anspruch auf die Zuweisung weiterer Limitierungsmittel hat (BGH, a.a.O., Rn. 60). Abgesehen davon, dass es der Klägerin im Streitfall gar nicht um eine solche Anpassung geht, hat sie hier schon im Ansatz keinen dahingehenden Sachvortrag unterbreitet bzw. hat sie keine individuelle Betroffenheit im vorgenannten Sinne ausdrücklich behauptet, so dass ihr Berufungsbegehren bereits aus diesem Grunde keinen Erfolg haben kann.
Der individuelle Anspruch auf tarifspezifische Limitierung ist auch nicht bereits in dem ursprünglichen klägerischen Antrag enthalten, da sich dieser unmissverständlich auf die Neufestsetzung der Prämie und nicht auf die vermeintliche Festlegung der Limitierungsmittel bezieht. Ohnehin wäre die Festlegung von Limitierungsmitteln auch mit Blick auf den begrenzten Umfang der hierfür bereitgestellten Mittel zeitlich zu beschränken.
c)
Ungeachtet dessen ist der gesamte erstinstanzliche Vortrag der Klägerin zur vermeintlichen (materiellen) Rechtswidrigkeit der Beitragsanpassungen rechtsmissbräuchlich „ins Blaue hinein“ erfolgt und damit prozessual unbeachtlich. Die Klägerin hat für die behaupteten Rechtsverstöße keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, sondern lediglich subjektive Zweifel mitgeteilt, die sie auf einen – woran auch immer festgemachten – Eindruck stützt, dass die treuhänderische Zustimmung ohne tatsächliche Prüfung der Voraussetzungen erteilt worden sei. Selbst wenn man – entgegen der vorgenannten Rechtsauffassung – etwa das Prüfungsverfahren des Treuhänders einer zivilgerichtlichen Kontrolle unterwürfe, setzt diese unabhängig von der Verteilung der Beweislast zumindest voraus, dass insoweit Fehler durch die Klägerin mit greifbarem Ansatz vorgebracht werden. Hieran fehlt es vorliegend, denn Anlass für ihren Vortrag waren - wie sie selbst zu erkennen gab - keine Ungereimtheiten, sondern bloße Spekulationen, denen ein tatsachenbasierter Vortrag nicht zugrunde lag.
Hinsichtlich der Limitierungsmaßnahmen kann sich der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Versicherungsnehmer im Zivilprozess zwar generell zunächst auf die allgemeine Behauptung beschränken, dass die Limitierungsentscheidung des Versicherers gegen die sich aus § 155 Abs. 2 VAG ergebenden materiellen Maßstäbe verstößt und sich dieser Verstoß auch individuell nachteilig auf ihn ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.2024 - IV ZR 68/22, juris Rn. 73). Etwas anderes gilt nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundprinzipien, von denen der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung erklärtermaßen gerade nicht abweichen wollte (vgl. Urt. v. 20.03.2024 - IV ZR 68/22, juris Rn. 68 f.), aber auch hier, wenn die Klägerin ihren Sachvortrag rechtsmissbräuchlich ausschließlich auf Behauptungen ins Blaue hinein stützt. Zwar obliegt es dem Versicherer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, zu den der konkret getroffenen Limitierungsentscheidung zugrunde liegenden Parametern näher vorzutragen (BGH a.a.O). Dies entbindet die Klägerin aber nicht von einem primären (Mindest-)Vortrag, der sich nicht darin erschöpfen kann, pauschal die Rechtmäßigkeit von Limitierungsmaßnahmen anzuzweifeln. Die Ausführungen müssen auf ihren eigenen Streitfall zugeschnitten sein. Ansonsten käme es – würde man dem Verständnis der Klägerin folgen – entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einer Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast. Gleichwohl reicht es aus, dass der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Versicherungsnehmer sich im Zivilprozess hinsichtlich der Limitierungsmaßnahmen zunächst auf die allgemeine Behauptung beschränkt, dass die Limitierungsentscheidung des Versicherers gegen die sich aus § 155 Abs. 2 VAG ergebenden materiellen Maßstäbe verstößt und sich dieser Verstoß auch individuell nachteilig auf ihn ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.2024 - IV ZR 68/22). Einen solchen Vortrag kann man den klägerischen Ausführungen indes nicht entnehmen. Das bloße Bestreiten der Rechtmäßigkeit der Limitierungsmaßnahmen ist ebenso wenig ausreichend wie das Vorbringen, dass die Klägerin mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon ausgehen müsse, dass der Betrag der streitgegenständlichen Beitragsanpassungen in voller Höhe hätte limitiert werden müssen. Dem klägerischen Vorbringen kann damit weder entnommen werden, dass Limitierungsmaßnahmen erfolgt sind noch hat sie dargelegt, dass sie in irgendeiner Weise von den Entscheidungen des Versicherers zu den Limitierungsmaßnahmen betroffen ist. Dass der Versicherungsnehmer im Individualprozess die Möglichkeit haben muss, dem Versicherer im Verhältnis zu anderen Versicherungsnehmern unterlaufene Fehler zu rügen oder dass Fehler bei der Limitierungsentscheidung mit einer sich auf die Wirksamkeit der Prämienänderung insgesamt erstreckenden Rechtsfolge zu versehen sind, ergibt sich aus der Garantie des effektiven Rechtsschutzes eben nicht (BGH a.a.O).
Im Ausgangspunkt tritt der Senat allerdings der klägerischen Rechtsauffassung bei, wonach die Frage einer materiell wirksamen Prämienerhöhung des privaten Krankenversicherers grundsätzlich uneingeschränkt der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die Klage auf Rückzahlung der Erhöhungsbeträge aufgrund einer behaupteten materiellen Unwirksamkeit der Prämienanpassung setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die die Klägerin anführt und der auch der Senat folgt, nämlich nur voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von einer Prämienerhöhung hat und diese für materiell nicht berechtigt hält (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, juris Rn. 51; statt vieler auch Senatsurt. v. 12.07.2023 – 11 U 28/23). Auch folgt der Senat in diesem Zusammenhang der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Prozessbeteiligten die Möglichkeiten haben müssen, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (Beschl. v. 28.12.1999 – 1 BvR 2203/98, juris). Zwar trifft den beklagten Krankenversicherer die Darlegungs- und Beweislast für die materielle Rechtmäßigkeit der von ihm geltend gemachten Beitragsanpassung (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, r+s 2022, 462 Rn. 51 m.w.N.). Im Ansatz geht die Klägerin daher zutreffend davon aus, dass ein Klagevortrag nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits dann schlüssig und erheblich ist, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Das gilt auch dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Dabei darf sie von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Der Senat folgt der klägerischen Argumentation allerdings nicht, wonach der Bundesgerichtshof bei Rückforderungsansprüchen von Prämienzahlungen im Bereich der privaten Krankenversicherung von den allgemein geltenden zivilprozessualen Grundsätzen abweichen wollte und abgewichen ist. Unbeachtlich ist danach der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei demnach dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, wobei dies einer strengen Kontrolle unterliegt (st. Rspr. BGH, z.B. Beschl. v. 10.01.2023 - VIII ZR 9/21, Rn. 14 f., juris, m.w.N.). Die Beweislast zu Lasten des Krankenversicherers wird demnach nur im Falle einer prozessual beachtlichen Beanstandung seitens des klagenden Versicherungsnehmers ausgelöst (vgl. Senatsurt. v. 08.11.2023 - 11 U 9/22; 11 U 263/21; 11 U 125/18; 11 U 172/19; 11 U 282/21; v. 18.10.2023 - 11 U 110/23; 27.09.2023 – 11 U 65/23; OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 20, juris m.w.N.). Die gilt erst recht, soweit es die Limitierungsmaßnahmen betrifft, hinsichtlich derer den Versicherungsnehmer die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Wirksamkeit der Limitierungsmaßnahmen BGH, Urt. v. 20.03.2024 - IV ZR 68/22, juris Rn. 69).
Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999 - 1 BvR 2203/98, r + s 2000, 167) ableiten, das bei einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung eine materielle Überprüfung aus rechtsstaatlichen Gründen für geboten hält, was im Grundsatz auch der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht und der auch der Senat folgt (vgl. Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Danach ist das Interesse des Versicherungsnehmers an einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen mit einem schutzwürdigen Interesse des Krankenversicherers an der Geheimhaltung der Berechnungsgrundlagen zum Ausgleich zu bringen. Von Verfassungs wegen darf daher insoweit eine sachliche Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen nicht allein mit Rücksicht auf Geheimhaltungsinteressen der Versicherung gänzlich versagt werden. Die Zivilgerichte haben deshalb zu prüfen, inwieweit einem Interesse der Krankenversicherers an Geheimhaltung durch die Anwendung der §§ 172 Nr. 2, 173 Abs. 2, 174 Abs. 3 S. 1 GVG (vgl. auch § 353d Nr. 2 StGB) Rechnung getragen werden kann. Sie haben auch zu klären, worauf dieses Interesse sich im Einzelnen bezieht (BVerfG, a.a.O.). Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Bundesgerichtshof fordern hierbei allerdings, dass dadurch die im Zivilprozess geltenden Regeln der Darlegungs- und Substantiierungslast außer Kraft gesetzt würden (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 08.11.2023 - 11 U 9/22; 11 U 263/21; 11 U 125/18; 11 U 172/19; 11 U 282/21; v. 18.10.2023 - 11 U 110/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Davon, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung unter Aufgabe langjährig etablierter Anforderungen in einem Nebensatz im Rahmen der Prüfung des Verjährungsbeginns aufgegeben haben könnte, ist völlig fernliegend.
Gemessen daran erfolgten das klägerische Bestreiten der jeweils materiell ordnungsgemäßen Beitragsanpassung sowie der Behauptung der fehlerhaften Limitierung im Streitfall offen erkennbar „ins Blaue hinein“ und ist damit prozessual unbeachtlich (vgl. hierzu bereits vgl. Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; Urt. v. 21.06.2023 - 11 U 336/22; s.a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 218/22, Rn. 11 ff. juris; dass., Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 222/22, Rn. 9 ff., juris; s.a. LG München, Urt. v. 01.06.2023 - 12 O 1228/19). Die Klägerin hat hier weder erstinstanzlich noch in der gemäß § 520 Abs. 3 ZPO maßgeblichen Berufungsbegründung Tatsachen vorgetragen, weshalb sie von der materiellen Unwirksamkeit in dem jeweiligen Tarif ausgeht; vielmehr beschränkte sie sich durchgehend auf das bloße (pauschale) Bestreiten der im Gesetz genannten Anpassungsvoraussetzungen. Auf der Grundlage des klägerischen Vortrags sind im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer materiellen Unwirksamkeit eines oder mehrerer Tarife, die Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, ersichtlich. Ein Verweis auf angeblich nicht eingehaltene Rechtsvorschriften stellt keinen Sachvortrag dar, sondern ist erst Ergebnis der Bewertung des – hier fehlenden – Sachvortrages (vgl. Senatsurt. a.a.O.; sowie v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Demzufolge ist der gleichermaßen pauschale Vortrag rein spekulativ. Greifbare Anhaltspunkte oder auch nur Vortrag zur Plausibilität bleibt die Klägerin auch hier schuldig (vgl. zum Thema auch LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 27). Allein das Bestehen von Anforderungen bietet jedoch keinen Anhalt für die Annahme, diese könnten nicht erfüllt sein (Senatsurt. v. 08.11.2023 - 11 U 9/22; 11 U 263/21; 11 U 125/18; 11 U 172/19; 11 U 282/21; v. 18.10.2023 - 11 U 110/23; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.03.2023, I-13 U 125/22, zit n. LG Duisburg, Urt. v. 23.05.2023 – 6 O 281/22, BeckRS 2023, 16631 Rn. 21).
Die Klägerin hat auch keinerlei konkrete Tatsachen vorgetragen, die einen gewissen Anhaltspunkt dafür liefern könnten, dass und aus welchem Grund die Beitragsanpassungen seitens der Beklagten in Bezug auf den Einsatz limitierender Maßnahmen nicht korrekt vorgenommen worden sein könnten (vgl. hierzu auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 22, juris). Schließlich hat sie sich nicht einmal ansatzweise mit den Darlegungen der Beklagten aus der Klageerwiderung befasst. Die Klägerin legt zwar mit der Klageschrift ausführlich abstrakt dar, welche gesetzlichen Vorgaben zu beachten sind, versäumt dann indes auf den konkreten Einzelfall bezogen mitzuteilen, was sie davon nicht eingehalten sehen will (zu einer ähnlichen Konstellation Senatsurt. v. 08.11.2023 - 11 U 9/22; 11 U 263/21; 11 U 125/18; 11 U 172/19; 11 U 282/21; v. 18.10.2023 - 11 U 110/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; vgl. auch LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 23).
Mit dieser Subsumtion liegt der Senat im Übrigen auch auf der Argumentationslinie des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Fallkonstellationen. So hat der BGH in einer Entscheidung zu Prämienanpassungen (BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20, Rn. 21) in einem gleichgelagerten Fall ausgeführt, dass der Kläger in diesem Verfahren im Wesentlichen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beitragsanpassungen, einer Abweichung der Rechnungsgrundlagen über den Schwellenwert und die Richtigkeit der Beitragskalkulation ins Blaue hinein bestritten haben könnte. Der Bundesgerichtshof hat insoweit – auch wenn er diese Frage letztendlich im genannten Bezugsfall offenlassen konnte, ausdrücklich ein Bestreiten „ins Blaue hinein“ in Erwägung gezogen. Für ein unzulässiges Bestreiten in Beitragsanpassungsprozessen sprechen im Streitfall erhebliche (weitere) Gesichtspunkte, zumal eine Erhöhung der Prämien nur mit Zustimmung des aufsichtsrechtlich überwachten Treuhänders, der in der Argumentationslinie des BGH die Interessen der Gesamtheit der Versicherten wahrnimmt, demgemäß auch nicht im Lager des Versicherers steht, möglich ist (vgl. zu einer gleich gelagerten Argumentation bereits Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Dieser ist als Kontrollinstanz an die Stelle der Finanzaufsicht getreten. Alle Argumente, die der BGH gegen die Nichtüberprüfbarkeit der Unabhängigkeit des Treuhänders angeführt hat (vgl. hierzu grundlegend BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17, NJW 2019, 919 Rn. 48, 53, 55, 71), lassen sich auch gegen die gerichtliche Prüfbarkeit aufgrund eines ausschließlich pauschalen Vortrags übertragen:
Wenn die Zivilgerichte im Bereicherungsprozess eine anhaltslose und umfassende materielle Prüfung von Voraussetzungen und Umfang der vorgenommenen Prämienerhöhung „ins Blaue hinein“ vorzunehmen hätten, wäre dadurch offensichtlich die Stabilität der Prämien gefährdet (vgl. hierzu BGH, a.a.O., Rn. 48 so auch Senat, Urt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Auch würde diese serienmäßige Prüfung die Gefahr mit sich bringen, dass eine Überprüfung ihrer Richtigkeit die Einhaltung des Äquivalenzprinzips und die dauerhafte Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen unterliefe (arg. BGH, a.a.O., Rn. 49). Auch muss eine vorübergehende Äquivalenzstörung im Interesse der Beitragsstabilität vermieden werden (BGH, a.a.O., Rn. 49). Zudem darf der Zweck der Einschaltung des Prämientreuhänders bei dieser Aufgabe keine Überprüfungsmöglichkeit der materiellen Rechtmäßigkeit durch den einzelnen Versicherungsnehmer im Rechtsstreit über eine Prämienanpassung erfordern (BGH, a.a.O., Rn. 50), denn der Treuhänder übernimmt an dieser Stelle gerade die staatlichen Aufgaben. Die Einführung des Bedingungstreuhänders verfolgte überdies den Zweck, anstelle des bisherigen aufsichtsrechtlichen Instrumentariums der Bedingungsgenehmigung ein neues vertragsrechtliches Instrumentarium zu entwickeln. Dieses Instrumentarium sollte ein Ersatz für die bisherige aufsichtsrechtliche Qualitätskontrolle darstellen. Das bedeutete, dass die Wirksamkeit der Bedingungsänderung an die Prüfung und Zustimmung des Treuhänders geknüpft sein sollte (vgl. hierzu eingehend Senat, a.a.O.; Langheid/Wandt/Boetius, MüKo VVG/Boetius; 3. Aufl. 2024, § 203 Rn. 597 m.w.N.). Aus der engen Verzahnung zwischen Vertrags- und Aufsichtsrecht, wie sie in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG zum Ausdruck kommt, folgt zudem, dass der Zweck des Anpassungsrechts nach § 155 VAG, namentlich die dauerhafte Erfüllbarkeit der vertraglichen Verpflichtungen des Versicherers sicherzustellen und damit die Belange der Versicherten zu wahren sind und nicht durch eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung konterkariert werden dürfen (Langheid/Rixecker/Muschner, VVG., 7. Aufl. 2022, § 203 Rn. 37). Zwar ist der Treuhänder kein Organ der Versicherungsaufsicht (Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 603). Allerdings verpflichtet § 155 Abs. 3 Satz 5 VAG den Treuhänder, die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu unterrichten, wenn er zu einer notwendigen Prämienanpassung mit dem Versicherungsunternehmen keine übereinstimmende Beurteilung erzielen kann (Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 606). Zudem betont der BGH die unternehmerische Entscheidung, die der Prämienerhöhung zugrunde liegt (BGH, a.a.O., Rn. 52). Im Übrigen ist dem BGH auch darin zuzustimmen, dass die Grenzen der dem Versicherer zustehenden Beurteilungsspielräume grundsätzlich im Rahmen der materiellen Überprüfung der Berechtigung des Versicherers zur Prämienanpassung gewährleistet werden müssen (BGH, a.a.O., Rn. 53).
Prinzipiell liefe es ohne Vorliegen jeglicher, objektiver Anhaltspunkte, die den Verdacht einer materiell fehlerhaften Beitragsanpassung oder Limitierung rechtfertigen, auf eine ausforschende Prozessführung hinaus, die der ZPO jedoch wesensfremd ist (vgl. Gesetzesbegründung zur ZPO-Reform zum 01.01.2002: BT-Drs. 14/6036, S. 120, 2. Sp.).
Etwas anderes würde schließlich auch dann nicht gelten, wenn man das gesamte klägerische Vorbringen zur materiellen Rechtmäßigkeit nicht als „einfaches Bestreiten“, sondern als Bestreiten mit „Nichtwissen“ im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO verstehen wollen würde. Auch in diesem Fall ist nämlich die Grenze zulässigen Bestreitens mit Nichtwissen ein „rechtsmissbräuchliches“ Vorbringen, das der Bundesgerichtshof mit einem Bestreiten „ins Blaue hinein“ gleichsetzt (st. Rspr. vgl. BGH, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468 Rn. 12) und jedenfalls bei willkürlicher Behauptung, ohne greifbare Anhaltspunkte als gegeben ansieht (BGH, Urt. v. 15.06.2000 - I ZR 55/98, NJW-RR 2000, 1635, 1638; BGH, Urt. v. 17.09.1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361; Urt. v. 07.07.1988 – III 111/87, juris Rn. 34 m.w.N.; vgl. hierzu eingehend Senatsurt. v. 08.11.2023 - 11 U 9/22; 11 U 263/21; 11 U 125/18; 11 U 172/19; 11 U 282/21; v. 18.10.2023 - 11 U 110/23).
Anders als die Klägerin meint, steht sie als Versicherungsnehmerin auch nicht schutzlos da. Geeignete Anknüpfungspunkte für das Vorliegen einer materiell-rechtswidrigen Beitragsanpassung (deren Erheblichkeitsschwelle im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes tatsächlich nicht zu hoch angehängt werden darf), können sich z.B. im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls aus einer außergewöhnlich starken Beitragsanpassung ergeben, wie der Senat dies jüngst klargestellt hat (vgl. Beschl. v. 08.11.2023 – 11 U 93/19).
2.
Mangels Anspruch in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen und Nutzungen.
3.
Der mit dem Berufungsantrag zu 4. weiterhin verfolgte Auskunftsantrag ist ebenfalls unbegründet.
Die Klägerin kann keine Auskunft über die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2017 bis 2019 unter Benennung der jeweiligen Tarife und die ihr zu diesem Zweck übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein entsprechend dem Antrag zu 4. in der Berufungsbegründung gemäß § 242 BGB verlangen (zu einer sehr ähnlichen Fallgestaltung bereits Senat, Urt. v. 28.02.2024 - 11 U 161/23).
Den Schuldner trifft im Rahmen einer Rechtsbeziehung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Die Zubilligung des Auskunftsanspruchs hat unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen (BGH, Urt. v. 27.09.2023 - IV ZR 177/22 m.w.N., juris). Innerhalb vertraglicher Beziehungen - wie hier - kann der Auskunftsanspruch auch die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Es müssen dann jedoch ausreichende Anhaltspunkte für das Bestehen eines Hauptanspruchs gegeben sein, der mit Hilfe der Auskunft geltend gemacht werden soll (BGH aaO m.w.N.). Unzutreffend führt die Klägerin an, dass die vorgenannten Grundsätze erst durch die Rechtsprechung des BGH vom 27.09.2023 (s.o.; siehe auch BGH, Urt. v. 06.02.2024 - VI ZR 15/23 und VI ZR 61/23) konkretisiert worden seien. Vielmehr wurde in der genannten Entscheidung die langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Auskunftsansprüchen nach § 242 BGB, denen der Senat bereits zuvor in ständiger Rechtsprechung gefolgt ist (wie den Klägervertretern bekannt, vgl. etwa Urt. v. 08.09.2023 - 11 U 54/23), lediglich nochmals in ihren wesentlichen Grundzügen zusammengefasst.
Derartige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich, da es an einem entsprechenden Sachvortrag der Klägerin mangelt. Auch sonst sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine Bejahung dieses Anspruches sprechen könnten.
Vor diesem Hintergrund ist zunächst zu konstatieren, dass die Klägerin diesbezüglich in erster Instanz keine substantiierten Ausführungen gemacht hat, sondern sich lediglich auf die völlig unzureichende Behauptung beschränkte, dass ihr die Unterlagen nicht mehr vorlägen.
Auch die im Rahmen der Berufungsbegründung nunmehr vorgelegte „Verlusterklärung“ vermochte daran nichts zu ändern. Ungeachtet des Umstands, dass es sich hierbei um neuen Vortrag in der Sache handelt, der bereits erstinstanzlich ohne weiteres hätte vorgebracht werden können, und damit nach den §§ 529, 531 ZPO der Zurückweisung unterliegt, handelt es sich nicht um eine Erklärung der Klägerin, sondern offen erkennbar um solche ihres Ehemannes. Darüber hinaus ergibt sich aus der Verlusterklärung ohnehin weder, welche Unterlagen nicht mehr vorliegen sollen noch dass für einen - unterstellten - Verlust ein Entschuldigungsgrund besteht. Die allgemeine Annahme, dass ein Versicherungsnehmer Schreiben des Versicherers nicht für aufbewahrungswürdig halten muss, reicht im Übrigen nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2024 - IV ZR 311/22, juris Rn. 14).
In der Gesamtschau mangelt es mithin nach wie vor an einem hinreichenden, plausiblen Sachvortrag der Klägerin.
Der Auskunftsanspruch folgt auch nicht aus § 3 Abs. 3 VVG, wie ihn zuweilen der Senat in anderen Verfahren in der Vergangenheit bei Vorliegen seiner Voraussetzungen zugesprochen hatte. Nach dieser Vorschrift kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer zwar die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins verlangen, wenn ein Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet ist. Die mit dem Auskunftsbegehren ebenfalls verlangten Anschreiben, Begründungen und Beiblätter werden davon ohnehin nicht erfasst (vgl. Senatsbeschl. v. 04.05.2022 - 11 U 239/21, juris). Aber auch soweit die Klägerin beantragt hat, ihr die Nachträge zum Versicherungsschein aus den Jahren 2017 bis 2019 zur Verfügung zu stellen, kann dies nicht auf § 3 Abs. 3 VVG gestützt werden. Der Versicherungsschein hat eine Informations-, Legitimierungs- und Beweisfunktion (vgl. BT-Drucks. 16/3945, S. 57). Damit sich der Versicherungsnehmer über die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag informieren und diese nachweisen kann, gibt ihm § 3 Abs. 3 VVG einen Anspruch auf Ersatzausstellung des Versicherungsscheins. Denn dieser erfasst nur den Versicherungsschein einschließlich solcher Nachträge, die den derzeit geltenden Vertragsinhalt wiedergeben, nicht dagegen – so wie hier – bereits überholte Nachträge (BGH, Urt. v. 27.09.2023, IV ZR 177/22).
Schließlich ergibt sich der Anspruch nach Ziffer 4 der Berufungsbegründung nicht aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 DSGVO, da die Voraussetzung, dass es sich bei den Anschreiben selbst sowie den beigefügten Anlagen (Beiblätter, Nachträge zum Versicherungsschein) jeweils in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers handelt, nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht gegeben ist. Auf die Modalitäten für die Erfüllung der Verpflichtung nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO kommt es insoweit nicht an. Gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person ("betroffene Person") beziehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff weit zu verstehen. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist (vgl. EuGH, Urt. v. 04.05.2023, - C-487/21; BGH a.a.O.). Demgemäß stellen die vollständigen Begründungsschreiben nebst den Beiblättern keine personenbezogenen Daten dar. Vielmehr enthalten die einzelnen Teile (Anschreiben, Beiblatt, Nachtrag zum Versicherungsschein) jeweils einzelne personenbezogene Daten des Klägers als Versicherungsnehmer. Eine dahingehende Beschränkung seines geltend gemachten Anspruchs und seines Antrages hat der Kläger indessen erstinstanzlich nicht vorgenommen (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2024 - VI ZR 15/23 und VI ZR 61/23).
Auch die Berufung auf § 7 Abs. 4 VVG unter Hinweis auf eine Entscheidung des Saarländischen OLG hilft nicht weiter. Der BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 27.09.2023 umfassend zu einem – wie hier geltend gemachten – Auskunftsanspruch verhalten und diesen unter Berücksichtigung sämtlicher einschlägiger Anspruchsgrundlagen erörtert. Die Vorschrift des § 7 Abs. 4 VVG hat noch nicht einmal Erwähnung gefunden. Dass die Vorschrift höchstrichterlich übersehen wurde, ist fernliegend. Abgesehen davon erstreckt sich ein Anspruch nach § 7 Abs. 4 VVG nur auf die aktuell geltenden, aber nicht auf die schon längst überholten Vertragsbedingungen und ist nicht auf die Reproduktion bestimmter Unterlagen gerichtet (so überzeugend mit ausführlicher Begründung: OLG Braunschweig, Beschl. v. 12.01.2024, 2 U 106/22, juris). Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof, dem der Senat auch insoweit folgt, zwischenzeitlich ausdrücklich klargestellt, dass er die Auffassung des Saarländischen OLG nicht für tragfähig hält (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2024 - IV ZR 311/22, juris Rn. 18).
4.
Erst mit dem Hilfsantrag zu 5. hat die Klägerin indes nunmehr die von ihr begehrten personenbezogenen Daten konkretisiert (vgl. hierzu bereits Senat, Urt. v. 28.02.2024 - 11 U 161/23).
Die Stellung des Hilfsantrags im Sinne des Antrags zu 5. erst der Berufungsbegründung stellt eine nach § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung dar. Sie wäre jedenfalls nach § 533 ZPO zulässig, weil sie sachdienlich ist und eine Entscheidung anhand der Tatsachen, die der Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen sind, möglich ist. Die Sachdienlichkeit folgt daraus, dass die Klageerweiterung eine Streitbeilegung ohne neues Verfahren ermöglicht, zumal die Klägerin einen Anspruch aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 DSGVO schon erstinstanzlich mit dem deutlich zu weit gefassten Antrag geltend gemacht hat.
Der Antrag ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Landgericht allerdings nicht gegen seine Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO verstoßen. Das Gericht hat zwar auf sachdienliche Anträge hinzuwirken. Dies darf nur insoweit erfolgen, als die Hinweise sich im Rahmen des Prozessbegehrens der Partei halten (BGH, Urt. v. 21.06.2022 - VI ZR 395/19, juris, Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 139 Rn. 15). Darunter fallen unter anderem die Klärung des Verhältnisses von Haupt- und Hilfsanträgen sowie die Anpassung des Klageantrags nach Veränderungen der Prozesslage (Zöller/Greger, a.a.O.). Mit Stellung seines Hilfsantrags, ausschließlich gestützt auf Art. 15 DSGVO, hat die Klägerin ihr Prozessziel, konkret bezogen auf bestimmte personenbezogene Daten, geändert. Derartige Änderungen des Prozessziels einer Partei abzielende Hinweise fordert § 139 ZPO von dem Gericht aber nicht (BGH aaO).
Die von der Klägerin verlangten Auskünfte, bezogen auf Zeitpunkt und Höhe des Alt- und Neubeitrages für jede stattgefundene Beitragsanpassung gemäß § 203 Abs. 2 VVG sowie auf den Zeitpunkt erfolgter Tarifwechsel unter Angabe des Herkunfts- und Zieltarifs und erfolgter Tarifbeendigungen, betreffen allesamt personenbezogene Daten im Sinne der obigen Definition, da sie mit der Person der Klägerin als Versicherungsnehmerin verknüpft sind. Auch wenn es sich um Angaben handelt, aus denen selbst nicht ohne weiteres die Identifizierung einer bestimmten Person möglich ist, fallen diese Daten in den Anwendungsbereich des Art. 15 DSGVO. Der Begriff „personenbezogene Daten“ ist weit auszulegen und erfasst – wie schon oben ausgeführt – nicht nur sensible oder private Informationen, sondern alle Arten von Informationen, die mit der Person in bestimmter Weise verknüpft sind. Der Tarifwechsel oder die Beendigung sind – anders als der auslösende Faktor – inhaltliche Informationen, die nur auf den Versicherungsnehmer zugeschnitten sind. Gleiches gilt für die Höhe des individuell errechneten Beitrags. Auch hier besteht ein konkreter Bezug zur Person des Versicherungsnehmers.
Die Geltendmachung der Auskunft durch die Klägerin scheitert schließlich auch nicht an Art. 12 Abs. 5 S. 2 DSGVO. Zwar macht der Verordnungsgeber durch die Verwendung der Formulierung „insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung“ deutlich, dass die Vorschrift nicht nur die häufige Antragsstellung, sondern auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will und insoweit nicht abschließend ist (vgl. Heckmann/Paschke, in Ehlmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl., Art. 12 Rn. 43). Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist der Schutzzweck der DSGVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DSGVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden (so auch BGH, Urt. v. 15.06.2021 - VI ZR 576/19, juris). Die Ausübung des Rechts nach Art. 15 DSGVO soll der betroffenen Person ermöglichen zu überprüfen, ob sie betreffende Daten richtig sind und auch, ob sie in zulässiger Weise verarbeitet werden (EuGH, Urt. v. 04.05.2023 - C-487/21, juris). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann hier – anders als in einigen vom Senat früher entschiedenen Fällen zu Auskunftsklagen – von einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Auskunftsrechts insoweit in dieser Fallkonstellation nicht ausgegangen werden.
Hieraus folgt zugleich, dass das Argument der Beklagten, sie habe den Anspruch im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz bereits erfüllt (vgl. Klageerwiderung S. 2) jedenfalls in Bezug auf den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO nicht verfängt. Ein Auskunftsersuchen kann danach auch wiederholt gestellt werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG nicht zuzulassen. Die entscheidenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt; der Senat weicht hiervon - wie ausgeführt - nicht ab, sondern subsumiert den Sach- und Streitstand des vorliegenden Einzelfalls im Lichte dieser Rechtsprechung. Der Senat weicht auch nicht von Rechtssätzen aus der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab, denn maßgeblich ist der jeweils zugrundezulegende Tatsachenvortrag mit Blick auf die konkret in Rede stehende Beitragsanpassung. Bei keiner der von der Klägerin angeführten Entscheidungen, die der Senat nochmals geprüft und in seine Würdigung einbezogen hat, ging es um ein vermeintlich rechtsmissbräuchliches Bestreiten, sondern um die Anwendung üblicher Beweiserhebungsregeln, die der Senat ebenfalls zugrundelegt. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. hierzu eingehend Senatsurt. v. 08.11.2023 – 11 U 263/21; 11 U 125/18; 11 U 172/19; 11 U 282/21).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren war auf bis zu 7.000,00 EUR festzusetzen. Hier war zunächst der Berufungsantrag zu 2., der auf Rückzahlung in Höhe von 3.551,52 EUR gerichtet ist, maßgeblich. Für die Feststellung der künftigen Nichtleistungspflicht ist grundsätzlich gemäß § 9 ZPO analog ein Zeitraum von 3,5 Jahren ab Anhängigkeit des Feststellungsantrags am 03.03.2023 zugrunde zu legen; eine Kürzung ist vorzunehmen, soweit sich der Feststellungsantrag mit dem Antrag auf Rückzahlung der Prämienanteile überschneidet (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2021 - IV ZR 353/19, juris Rn. 37). Dies betrifft vorliegend die Monate März 2023 bis März 2024 (= 13 Monate). Der Streitwert erhöht sich demnach um 2.435,71 EUR.
Der Einzelstreitwert für den Auskunftsantrag war mit 1.000,00 EUR zu bewerten.